ANAEL: Interview mit Primeumathon
05.02.2021 | 19:24Eine alte Liebe rostet auch nicht unter Wasser.
13 Jahre lang war es still um die Black-Metaller aus Thüringen. Deren neues Album "Mare" ist konzeptioneller Abschluss und musikalischer Neubeginn zugleich. Schlagzeuger Primeumathon gibt uns einen Einblick in die Entstehungsgeschichte des neuen Albums, das mit trvem Black Metal nicht mehr viel zu tun hat.
Vielen Dank für deine Zeit und die Beantwortung meiner Fragen. Lasst mich mit der wohl offensichtlichsten Frage beginnen: Was habt ihr zwischen "From Arcane Fires" (2008) und "Mare" gemacht? War die Band zwischenzeitlich gestorben oder wieso kam es zu dieser langen Pause?
Vielen Dank für dein Interesse an ANAEL. ANAEL war nie gestorben, sondern wurde von Seraphackh aus persönlichen Gründen Anfang 2009 auf Eis gelegt. Chris und ich widmeten unsere Aufmerksamkeit in den letzten zehn Jahren erstmal anderen Projekten/Bands, u.a. ALCHEMYST, ORAE und natürlich für Chris: HELLISH CROSSFIRE. Ende 2017 fragte mich Seraphackh, ob wir das noch ausstehende vierte Album zum Element Wasser schreiben und abschließen möchten und somit kam der Stein wieder ins Rollen...
Ihr habt eure Alben den vier Elementen gewidmet, "Mare" bildet jetzt den Abschluss. Habt ihr eure initialen Vorstellungen so umgesetzt oder gab es außer dem Element erst einmal kein Konzept?
Natürlich liegt der Fokus des Konzeptes seit der "Necromantic Rituals" auf den vier Elementen, welche für den außenstehenden Betrachter als eine Leitlinie betrachtet werden können. Allerdings sind seit der Entstehung der ersten Songs für das erste Album auch fast 20 Jahre ins Land gegangen. Entsprechend spielen die persönlichen Erfahrungen und Entwicklungen der letzten Jahre von jedem einzelnen von uns eine große Rolle.
Mir liegen keine Texte vor, daher die banale Frage: Welche archaischen Ängste soll denn "Mare" heraufbeschwören? Womit setzen sich die sechs Songs genau auseinander?
Schade, dass dir die Lyrics nicht vorliegen. Ich erkläre die Texte ungern, da sich der Hörer selbst ein Bild machen kann, und definitiv auch soll. Ich denke nicht, dass wir Ängste "heraufbeschwören" müssen, die meisten Menschen haben auch so genügend davon. Es gibt in mindestens fünf der Songs, die wir für das Album aufgenommen haben, eine Ebene in der Angst/Ängste eine Rolle spielen. Sei es Angst vor Verlust, Orientierungslosigkeit, dem Schatten, der Zeit, Isolation... Die Songtitel geben da eine ganz gute Hilfestellung. Ansonsten stehen die Lyrics auf der LP, und auch sonst für alle Interessierten, bereit.
Die Musik scheint sich im Lauf der Jahre ähnlich entwickelt zu haben wie bei KETZER oder SECRETS OF THE MOON. Oder höre ich zu viel Gothic und Post-Punk heraus?
Nein, ganz und gar nicht. Für uns spielen schon immer Einflüsse aus den Gothic, Dark Wave/Rock und Post Punk eine große Rolle. Gerade Bands aus den 80ern beeinflussen uns da sehr. Ob die Entwicklung jetzt ähnlich zu SECRETS OF THE MOON oder KETZERs letzten Werken ist, kann ich nicht beurteilen, dazu haben wir uns zu wenig damit beschäftigt. Wenn ich frühere Alben beider Bands auch grandios finde.
Mir persönlich gefällt 'The Darkness Within' am besten - die dezenten Keyboards passen wirklich gut (wie auch bei 'Sophia'). Wer hatte die Idee dazu?
Bei beiden Songs, bei 'The Darkness Within' am Ende und bei 'Sophia' im Refrain, gab es noch freie Räume für Instrumentierungen durch die Lead-Gitarre oder eben durch ein anderes Instrument. Da hatten wir die Idee, dass anstatt der Lead-Gitarre der Einsatz einer Hammond-Orgel passen würde, was durch einen guten Freund von uns auch optimal umgesetzt wurde.
"Mare" wurde bereits 2019 aufgenommen. Hattet ihr gehofft, das neue Material direkt live präsentieren zu können?
Die Aufnahmen zu "Mare" sollten Ende 2019, Anfang 2020 abgeschlossen sein. Es fehlten eigentlich nur noch ein paar Textzeilen, die eingesungen werden mussten plus der Mix und das Mastering. Nachdem es Anfang 2020 noch zu ein paar Verzögerungen kam, war es ab März durch die pandemiebedingten Kontaktbeschränkungen erstmal nicht mehr möglich ins Tonstudio nach München-Gilching zu fahren. Somit konnten wir das Album erst im Mai/Juni 2020 fertigstellen. Und klar, wie die meisten Bands würden auch wir gerne das neue Material live präsentieren. Wir hoffen darauf, dass dies alles Ende 2021 oder 2022 nachgeholt werden kann.
In einem HELLISH CROSSFIRE-Interview habe ich gelesen, dass ihr große Teile des letzten Albums live aufgenommen habt. Habt ihr das Prozedere für "Mare" wiederholt?
Nein, "Mare" wurde wieder in der "klassischen Variante" aufgenommen. Das Schlagzeug nahmen wir mit Unterstützung von Birger Schwidop in unserem Proberaum auf. Danach fuhren wir in das Five Lakes Studio nach Gilching, wo Rhythmus- und Lead-Gitarren, Bass und Gesang nacheinander eingespielt wurden. Die Hammond-Orgel wurde wieder im Proberaum aufgenommen.
Apropos Interviews: Viel findet man nicht über ANAEL im Netz, obwohl ihr im Underground ein gutes Standing habt. Macht ihr euch rar?
Nein, ANAEL agierte noch nie so wie andere Bands in der Black-Metal-Szene. Uns hat es noch nie interessiert, wie "true" oder "rar" wir für irgendjemanden sind. Hinzu kommt noch die lange Pause, so dass die letzten Interviews schon über ein Jahrzehnt zurück liegen. In unseren Anfangstagen wurden noch Interviews für Fanzines wie das Ablaze, Horrible Eyes oder Ancient Spirit Terror geführt, da war das Netz noch nicht so relevant. ;)
Bisher kamen eure Alben ja über Barbarian Wrath und dann Paragon Records raus, soweit ich das sehe immer erst als CD. Jetzt kommt "Mare" über Into Endless Chaos zunächst nur als Vinyl. Haben die Dinge sich schlichtweg so ergeben oder hat das ein Kalkül?
Das Medium CD wird heutzutage immer uninteressanter. In erster Linie werden Vinyls gekauft oder die Musik wird online gestreamt. Für die meisten Labels, gerade im Underground, lohnt es sich schlichtweg einfach nicht mehr CDs zu veröffentlichen. "Mare" wird übrigens im April 2021 noch auf Tape erscheinen.
Ein beinahe 20 Jahre andauerndes Projekt habt ihr mit der Beendigung des Elemente-Zyklus hinter euch gebracht. Habt ihr vor, weiter neue Musik zu schreiben? Angesichts der Klasse eures Katalogs kann ja die Geschichte ANAELs noch nicht geschrieben sein, oder?
In erster Linie wollten wir den Zyklus der vier Elemente/Alben abschließen. Nun wo dies vollbracht wurde, haben eigentlich alle Beteiligten Lust auf eine Fortführung. Durch den Abschluss der Konzeptalben können wir in Zukunft auch freier agieren. Momentan arbeiten wir auch schon an neuem Material, können jedoch noch nicht genau sagen wo die Reise hingehen wird...
- Redakteur:
- Nils Macher