ANDREW W.K. - Interview mit ihm persönlich

06.09.2021 | 14:35

20 Jahre sind seit "I Get Wet" vergangen. Doch auch nach all der langen Zeit ist Party-Experte ANDREW W.K. von seiner Marschroute nicht abgewichen, obwohl das neue Album "God Is Partying" durchaus ein paar Neuerungen aufzuweisen hat. Als Zeitzeuge des damaligen Paukenschlags ist es mir eine große Freude, den Mann in ausgewaschenem, weißem Shirt, der wilden Mähne und des immer grundzufriedenen Gesichtsausdrucks kurz persönlich sprechen und ihm ein paar Worte zu seinem neuesten Album entlocken zu können. Party on, Andrew!

Andrew, kannst du mir ein kurzes Update geben, was seit der Veröffentlichung deines letzten Albums Anfang 2018 passiert ist?
Als wir die Tournee für die Saison 2018 abgeschlossen hatten, begann ich direkt mit den Aufnahmen zu "God Is Partying". Ich wollte all die Musikideen aufnehmen, die mir auf der Tour kamen und ich seit dem letzten Album hatte. Ich habe für "God Is Partying" mit einer viel einsameren Methode gearbeitet, ähnlich wie das erste ANDREW W.K.-Material aufgenommen wurde.

Ein gutes Stichwort: Seit ich vor 20 Jahren das erste Mal 'Party Hard' auf MTV sah, ist es um mich geschehen und ich habe deine Tätigkeiten sehr gerne verfolgt. Wie denkst du nach all den Jahren noch über "I Get Wet", dein Debütalbum? Über diese bockstarke Mischung aus Heavy Metal, Glam und Party-Hymnen für die Ewigkeit.
Ich kann es noch immer nicht glauben, dass es schon 20 Jahre her ist, seitdem das erste ANDREW W.K.-Album veröffentlicht wurde. Ich erinnere mich, als ich es zum ersten Mal hörte, und ich hätte mir damals nie träumen lassen, dass ich all die Jahre später derjenige sein werde, der es noch immer tut. Das Leben nimmt einen seltsamen Lauf, denke ich.

Mit deiner kommenden Scheibe bist du Teil der großen Napalm-Records-Familie. Worin lagen deine Gründe, "God Is Partying" hierüber erscheinen zu lassen.
Der Hauptgrund, warum wir mit Napalm Records zusammenarbeiten wollten, war, dass sie sowohl ein unglaubliches Team in den USA haben als auch eine sehr starke Präsenz in Europa. Die Möglichkeit, mit Menschen zusammenzuarbeiten, die in Europa dermaßen gut vertreten sind, war für uns der ausschlaggebende Punkt und wird eine sehr spannende Entwicklung für uns mit sich bringen.

Dann lass uns doch einmal über die neue Musik aus dem Hause ANDREW W.K. sprechen. Deine Single 'Babalon' ist ein ziemlich harter Track mit toller Eröffnung und einer recht düsteren Stimmung. Ist der Song repräsentativ für das komplette Album "God Is Partying"?
Im Idealfall steht ein Werk für sich allein, aber im Kontext eines Albums kann es unterschiedliche Töne und Nuancen annehmen. Alben bieten auch die Möglichkeit der Gegenüberstellung und eine ganzheitliche klangliche Vision. Ich habe mir nicht vorgenommen, so oder so zu arbeiten. Ich folge einfach den Befehlen.

In dem Musikvideo trägst du ausnahmsweise ein schwarzes Outfit, zumal man dich üblicherweise in deinem ANDREW W.K.-typischen Look mit weißem Shirt und weißer Jeans sieht. Kann man dies indirekt mit einem neuen Kapitel in deinem Leben und der Musik von ANDREW W.K. gleichsetzen?
Weißt du, es ist eher die Morgendämmerung eines neuen Tages, und obwohl diese Morgendämmerung sehr dunkel erscheinen mag, ist das Material voller Licht. Ich habe mein ganzes Leben lang alle möglichen Kleidungsstücke getragen. Wenn du einen Blick darauf wirfst, trage ich viele weiße Jeans und T-Shirts und andere Sachen und manchmal gar nichts. Der Grund lag definitiv in der Atmosphäre, als wir an all dem arbeiteten. Es fühlte sich zwar fehlerhaft an, aber mir wurde gesagt, es sei gut. Etwas kann sowohl fehlerhaft als auch gut sein. Wie fast alles im Leben ist es zu einfach zu sagen, dass es binär ist, also entweder-oder. Die meisten Dinge enthalten sowohl das, was wir für gut halten, als auch das, was wir für schlecht halten würden, das frustriert uns. Es soll Verwirrung ausdrücken, und das ist das unglückliche Schicksal des Kopfes, der diese Phase dominiert.

Meiner Meinung nach ist "God Is Partying" zwar dunkler und nachdenklicher als die letzten Scheiben, steckt allerdings dennoch voller positiver und lebensbejahender Vibes, die dich in eine gute Stimmung versetzen. Aber worin liegen deiner Meinung nach die Gründe für diese doch epischere und bisweilen düstere Art auf der neuen Scheibe?
Es ist toll zu hören, dass das neue Album solch einen Einfluss auf dich hat und gute Laune mit sich bringt. Das ist immer das Hauptziel. Maximale Intensität, die in eine Art blendende und überwältigende transzendente Positivität ausbricht. Das ist die Richtung, auf die ich zusteuere, egal wie verwinkelt die Tunnel sein mögen, die uns dorthin führen. Letztendlich möchte ich, dass das Publikum diese Arbeit als intensiv empfindet. Sehr intensiv und interessant. Ich persönlich finde, dass dies der Bereich ist, aus dem die tiefe Freude kommt.

Worin liegen denn deiner Meinung nach die Hauptunterschiede zwischen der letzten Scheibe "You're Not Alone" und dem neuesten Album? Mit welcher Zielsetzung bist du an die Arbeiten herangetreten?
Jeder einzelne Song entsteht auf die gleiche Art und Weise: Ich schließe meine Augen und stelle mir vor, wie das Intensivste klingen würde, und dann versuche ich, diesen Sound aufzunehmen. Und dann schließe ich meine Augen und versuche, mir einen anderen intensiven Klang oder einen Akkordwechsel oder eine Gesangslinie vorzustellen. Dann nehme ich auf, was ich mir vorgestellt habe und arbeite weiter daran. Und das geht weiter und weiter und irgendwann ist der Song schließlich fertig. Und dann mache ich es noch ein paar Mal und dann ist ein Album fertig. Es ist immer der gleiche Prozess, aber immer anders und völlig unzuverlässig. Die ganze Erfahrung fühlt sich ziemlich instabil an, aber unwiderstehlich aufregend.

Und gerade diese Emotionalität und kraftvolle Aura sind es, die mich an dem Album sehr beeindrucken. Woher nimmst du diese durch und durch positive Energie?
Vielen Dank für diese netten Komplimente, es ist schön, dass du das genauso siehst wie ich. Das ist, was ich anstrebe, aber ich habe nicht das Gefühl, dass ich so oft erfolgreich bin, wie ich möchte. Aber das ist auch die Motivation, weiterzumachen und mehr zu machen. Das ergibt sich einfach von selbst.

Hast du eventuell das eine oder andere Wort für diejenigen unter uns, die mit düsteren Gefühlen und Gedanken zu kämpfen haben? Eine Art Mutmacher oder Ratschlag?
Mach einfach weiter. Allein das ist schon heroisch. Und es ist auch heroisch, kein Held zu sein. In den meisten Situationen – und das kommt in der Musik und Kunst sehr häufig vor – sagt dir die Essenz deiner inneren Stimme, dass du mit deinen Erfahrungen scheitern kannst und genau das macht die Erfahrung per se irrelevant. Was aber noch wesentlich schlimmer ist, sich von dieser inneren und eben auch unbewussten Stimme zu sehr lenken zu lassen, sich dadurch davon abzubringen, sich selbst zu reflektieren und seine Persönlichkeit dadurch nicht entfalten zu können, was uns das Leben bedeutet. Das Gefühl, das Leben zu erleben, über Mehrdeutigkeiten zu staunen und über die Begegnungen im Leben zu resultieren, ist der wahre Sinn des Lebens. Oder so ähnlich...

Eine interessante Sichtweise. Im vergangenen Jahr kam eine spezielle Doku auf den Markt. Vielleicht magst du uns auch etwas über den 2020er Film "Your Friend ANDREW W.K." erzählen.
Diese Doku wurde von einem Mann namens Flavio De Feo gedreht. Ich habe überhaupt nichts damit zu tun, aber als ich endlich sah, was er tat, war ich sehr demütig, dass er sich die Zeit genommen hat, so etwas zu erschaffen. Ich fand es auch störend, aber nicht wegen des Films selbst, sondern eher wegen mir. Aber das ist eine andere Geschichte.

Lass uns das Interview noch mit einer lockeren Frage beenden: Worin liegen die Unterschiede zwischen den Partys von heute und damals?
Partys werden von Tag zu Tag, je älter man wird, einfach schwieriger. Das Schwierigste am Feiern ist, dass es eigentlich recht simpel ist, und das Einfachste am Feiern ist, dass es Spaß macht.

Und wieder eine wunderbare Doppeldeutigkeit. Andrew, vielen Dank für die Worte und viel Erfolg mit "God Is Partying".
Vielen Dank für das Gespräch mit dir und für die Gelegenheit, auch einige Worte an eure Leser zu richten. NEVER STOP PARTYING!

Redakteur:
Marcel Rapp

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