ANGEL BLAKE: Interview mit Marko Tervonen
15.05.2006 | 19:45Johan Lindstrand und ONE MAN ARMY & THE UNDEAD QUARTET haben vorgelegt, und Marko Tervonen zog nach. Im Gegensatz zu seinem ehemaligen Bandkollegen wählte der Ex-THE CROWN-Gitarrist mit seiner neuen Combo ANGEL BLAKE allerdings den wesentlich steinigeren Weg für den weiteren Verlauf der Karriere. Todesblei war gestern, jetzt heißt die Devise melancholischer Rock/Metal. Ein kompletter Neustart also, der wieder jede Menge Basisarbeit erforderlich machen wird. Der Schwede scheint dafür aber durchaus gewappnet zu sein, wie er uns im Interview verriet.
Oliver:
Lass uns zunächst einen Blick in die Vergangenheit werfen: Wann nahmen ANGEL BLAKE handfeste Formen an?
Marko:
Als ich ANGEL BLAKE aus der Taufe hob – das war kurz nachdem THE CROWN sich aufgelöst hatten –, wurde auch die Musik zu ANGEL BLAKE. Es gibt sicherlich Riffs oder auch komplette Songs auf dem Debüt, die auf dem nächsten THE CROWN-Album gelandet wären, aber als ich ANGEL BLAKE gründete, wurde die Musik zum Eigentum von ANGEL BLAKE. Was ich damit sagen will: Ich schreibe einfach weiterhin Musik, wie ich es immer getan habe. Ich schreibe Musik, und wenn sie gut genug ist, kommt sie auf ein Album. Mit ANGEL BLAKE kam der Luxus, dass ich alle meine Ideen auch akzeptieren konnte. Ich fühlte einfach, dass ich etwas machen wollte, was in Richtung Midtempo-Metal mit Gefühl geht. Und als dann ein Song fertig war und er mir gefiel, konnte ich ihn einfach abnicken.
Oliver:
Du hast erwähnt, dass einige Sachen auf der nächsten THE CROWN-Platte gelandet wären. Welche konkret?
Marko:
Wenn THE CROWN ein weiteres Album gemacht hätten, wären neben einigen Riffs auch 'Retaliate' und 'Self-Terminate' dort gelandet. Natürlich hätten sie auf Grund der Vocals und unserer aggressiven Art zu spielen anders geklungen.
Oliver:
Wie sind eigentlich die bisherigen Reaktionen der THE CROWN-Fans auf die ANGEL BLAKE-Scheibe? Sind sie empfänglich für diesen Sound?
Marko:
Ich bin nicht da, um die alten THE CROWN-Fans ins Lager der ANGEL BLAKE-Fans überlaufen zu lassen. Und ich bin mir sicher, dass viele Leute das, was ich jetzt mache, nicht mögen. Aber es gibt auch genug THE CROWN-Fans, die Spaß an ANGEL BLAKE haben. Ich denke, dass sie einfach meinen Stil erkennen, obwohl die Musik nicht mehr brutal ist. Das ist cool!
Oliver:
Es gibt unzählige Beispiele von Bands oder Musikern, die mit ihrer musikalischen Vergangenheit gebrochen haben und sich deshalb massiver Kritik und Nörgelei ausgesetzt sahen. Obwohl ich nicht sagen würde, dass du nun einen radikal anderen Kurs fährst, da es sich immer noch um harte Sounds handelt: Gibt es solche Stimmen? Und viel wichtiger, interessieren sie dich?
Marko:
Es wird immer Leute geben, die dich runtermachen und das alte Zeug vorziehen. Aber wie ich bereits sagte, es gibt große THE CROWN-Fans, die ANGEL BLAKE SEHR mögen. Sie merken, dass es etwas Frisches und Originelles ist. Die Meinung der Leute interessiert mich aber auf jeden Fall, nicht in der Hinsicht, dass es Einfluss auf meinen Kreativitätsprozess hätte, aber ich mag es sicherlich, ein gutes Review zu lesen oder jemanden auf mich zugehen zu sehen, der mir sagt, dass ihm meine Musik gefällt. Das macht mich natürlich stolz. Die einzigen schlechten ANGEL BLAKE-Rezensionen gab es in den megabrutalen Death-Metal-Magazinen. Und das ist nicht weiter verwunderlich, da die Musik ganz weit von Death Metal entfernt ist. Aber letztlich zählen die Reviews nicht. Wenn ich meine Gitarre zur Hand nehme und Musik schreibe, betrete ich eine Zone, wo die Außenwelt unwichtig wird. Es geht dann nur darum, meine Gefühle auszudrücken und in erster Linie natürlich Spaß am Komponieren zu haben. Das ist das, worauf es hinausläuft: Wenn ich keinen Spaß am Musikmachen hätte, würde ich es lassen.
Oliver:
Du hast dir mittlerweile auch ein eigenes Studio eingerichtet. Würdest du gerne mit anderen Bands zusammenarbeiten?
Marko:
Ich würde sehr gerne auch andere Bands produzieren und aufnehmen. Von kompletten Produktionen bis hin zum bloßen Mixen von Tapes oder DVDs, die mir Bands schicken, würde ich alles machen. Ich bin schon seit Jahren vom Produzieren oder Sound-Engineering fasziniert. Ich habe einige Kurse besucht, und mein eigenes Studio zu haben, ist die Erfüllung eines Traums. Bisher habe ich einige Projekte betreut, und ich glaube, dass sie wirklich gut klingen. Ich denke, dass die ANGEL BLAKE-Platte auch diesbezüglich gut geworden ist: dunkel, dynamisch und kraftvoll. Das wollte ich erreichen.
Oliver:
Irgendwas musst du auch mit Tony Jelencovich angestellt haben. Ich finde, er hat noch nie so gut gesungen wie auf dieser Platte.
Marko:
Yeah! Er hat einen wirklich guten Job gemacht. Ich kannte seine Arbeiten mit TRANSPORT LEAGUE und der DANZIG-Coverband GLANZIG. Eines Nachts kam mir plötzlich die Idee, dass er der perfekte Mann für den Job sein könnte. Ich analysierte die Sachen, die er zuvor gemacht hatte, um Gesangslinien zu schreiben, die in seinem Stimmspektrum liegen. Aber ja, ich stimme dir zu, er hat nie besser geklungen.
Oliver:
Kürzlich ist Tony bei MNEMIC ausgestiegen, was sicherlich kein Nachteil für deine Band ist.
Marko:
Sicherlich, für ANGEL BLAKE ist es besser. Aber auch jetzt steht es ihm frei, das zu tun, was er für richtig hält. Wenn wir alles nur sorgfältig planen, bin ich mir sicher, dass wir auf der Live-Ebene zukünftig ein paar coole Sachen auf die Beine stellen können.
Oliver:
Du hast das Debüt im Alleingang komponiert, eingespielt und aufgenommen; mittlerweile hast du aber eine komplette Band um dich geschart. Wird sich das auf's Songwriting für die nächste Platte auswirken?
Marko:
Das weiß ich nicht. Ich kann dir nur Folgendes sagen: Nachdem ich die ersten Songs für das Debütalbum geschrieben hatte, konnte ich einfach nicht aufhören, so dass es bereits neun Songgerüste gibt, die darauf warten, verunstaltet zu werden. Und es kommen immer noch weitere.
Oliver:
Beschreibe doch mal kurz deine Bandkollegen.
Marko:
Janne (Saarenpää; ebenfalls ex-THE CROWN – Anm. d. Verf.) ist mein engster Freund – und ich denke, du bist mit dieser menschlichen Drum-Maschine vertraut. Ich werde wahrscheinlich für immer mit ihm zusammen Musik machen (lacht). Tony ist der geborene Frontmann. Er ist einfach dafür gemacht. Ich kann's kaum erwarten, auf die Bühne zu gehen und zu sehen, wie die Songs live ankommen. Christian (Älvestam (g.) – Anm. d. Verf.) ist ein sehr talentierter Musiker, der einen Arsch voll Bands am Start hat. Er ist übrigens auch ein höllisch guter Sänger. Hör dir das aktuelle SCAR SYMMETRY-Album an! Ich bin mir absolut sicher, dass er in Zukunft noch zu sehr viel coolem Zeug seinen Beitrag leisten wird. Und unser Kontrabassist Örjan (Wressel – Anm. d. Verf.) – ja, Leute, kein normaler Bassist! – beherrscht dieses für Metal untypische Instrument sehr gut. Ich kann es gar nicht abwarten, den Kontrabass für die gesamte nächste Platte aufzunehmen – auf dieser ist er nur bei '...'Til The End' zu hören.
Oliver:
Ihr habt sogar ein professionelles Video zu 'The Forsaken' gedreht. Gibt es Shows bei euch, in denen der Clip gespielt wird?
Marko:
Sicher, ein paar Sendungen gibt es. Aber das sind nur diese reinen Metal- bzw. Rockshows. Es ist nicht so, dass sie Metal im Tagesprogramm zeigen, aber bei internationalen Sendern wie MTV2 und VH-1 gibt es hin und wieder coole Rockvideos.
Oliver:
Gibt es irgendwas, das du in deiner Musikerkarriere noch erreichen möchtest?
Marko:
Auf jeden Fall! Ich würde gerne ein paar Shows in Japan spielen. Und es wäre sehr cool, mal nach Australien zu kommen. Dann gibt es noch ein paar Festivals, auf denen ich gerne spielen würde. Und da ist natürlich das Bestreben, den perfekten Song zu schreiben (lacht).
Oliver:
Das ist doch ein Vorsatz für die Zukunft. Hast du außerdem irgendwelche Erwartungen oder Wünsche bezüglich ANGEL BLAKE?
Marko:
Ich wage gar nicht, mir etwas zu wünschen, weil alles wieder so neu ist. Ich möchte den Namen in kleinen Schritten etablieren und beweisen, dass ANGEL BLAKE für starke Musik stehen.
Oliver:
Wir werden dich dabei beobachten. Danke für das Interview, Marko.
Marko:
Ich danke dir. Alles Gute! Und ANGEL BLAKE werden beim Summer Breeze spielen. Kommt vorbei!
- Redakteur:
- Oliver Schneider