ANTHENORA: Interview mit Luigi Bonansea

01.01.1970 | 01:00

Am 22.03.2004 ist Streetdate. Italiens bekannteste IRON MAIDEN-Tributeband ANTHENORA veröffentlicht ihren ersten abendfüllenden Longplayer "The Last Command". Ich war gespannt, wie sehr dieser Release musikalisch von den Helden der New Wave of British Heavy Metal beinflusst wurde. Oder wenden sich ANTHENORA trotz ihrer Vergangenheit anderen Gefilden zu? Die Vergangenheit heißt im Falle ANTHENORA: Drei Demos in den Neunzigern, zig Shows als IRON MAIDEN-Tributeband, die dem Fünfer eine Einladung von IRON MAIDEN-Drumgott himself, Nicko McBrain, einbrachte, ihn auf seiner "Total McBrain Damage"-Tour als Support zu begleiten. Der Erfolg, der im November 2002 über die Bühne gegangenen Gastspielreise und ihre nicht minder erfolgreiche Wiederholung im April 2003 wird im Frühjahr/Sommer 2004 mit wahrscheinlich ebenfalls großem Zuspruch zum dritten Mal absolviert werden. Nun wird es aber Zeit, den Sänger der Band, Luigi Bonansea, selber zu Wort kommen zu lassen.

Alex Straka:
Ich habe in der Einleitung bereits kurz euren musikalischen Werdegang beschrieben. Kannst du uns noch mehr über eure musikalischen und nicht-musikalischen Roots erzählen?

Luigi Bonansea:
Du musst wissen, dass ANTHENORA keine neue Band ist. Wir haben eine fünfzehnjährige Bandhistorie, in der wir stets Musik machten, die immer mit Metal zu tun hatte. Wir haben mit den Demos angefangen zu komponieren und seitdem nicht mehr damit aufgehört. Das Engagement als IRON MAIDEN-Coverband enstand aus einem "Unfall" im Jahre 1998. Weil alle Mitglieder der Band grundverschiedene Musikgeschmäcker haben, konnten wir uns auf keine Richtung einigen. Der kleinste Nenner war diesbezüglich IRON MAIDEN. Es ist ein recht glücklicher Umstand gewesen, der uns jede Menge Aufmerksamkeit einbrachte und immer noch bringt.

Alex Straka:
Ihr seid Italiens bekannteste IRON MAIDEN-Tributeband und habt Show für Show Klassiker des britischen Metalflagschiffs live gespielt. Welche Nummern standen dabei in euren Sets?

Luigi Bonansea:
Durch unsere Liebe für die Klassiker spielen wir eher die älteren Sachen von IRON MAIDEN. Begonnen bei 'Killers' und 'Wrathchild', nehmen wir uns das Beste jeder Scheibe, bis einschließlich "Fear Of The Dark" vor. Dann gehen wir zu "Dance Of Death" über...

Alex Straka:
Besonders interessant ist die Tatsache, dass Nicko McBrain (IRON MAIDEN-Drummer) gerade euch als Support für seine "Total McBrain Damage"-Tour gewählt hat. Kannst du uns aufklären, wie Nicko auf ANTHENORA kam.

Luigi Bonansea:
Der Tourmanager, der Nickos Gastspielreise 2002 organisierte, rief alle italienischen IRON MAIDEN-Tributebands dazu auf, Videos eines kompletten Konzertes einzusenden. Von da aus gingen die Tapes zu Nicko und der wählte uns... ganz einfach. Als die erste Tour beendet war und es an die Planung der zweiten ging, rief uns dieser Manager wieder an und offenbarte uns, dass er keine andere Band außer ANTHENORA mit dabei haben wollte. Versuch dir mal vorzustellen, wie glücklich wir waren.

Alex Straka:
Eure Musik hat meiner Meinung nach nur einen leichten IRON MAIDEN-Touch und klingt insgesamt eher rifflastiger als die Briten. Mich erinnert das Material viel mehr an die Musik, die Dickinson-Produzent Roy Z. komponiert. Wie siehst du das?

Luigi Bonansea:
Ich denke, ANTHENORA ist einfach nur klassischer Heavy Metal.
"Klassisch" ist dabei zu unterstreichen. Inspiriert durch die Achzigerjahre, kannst du in unserer Musik mehr oder weniger alle Metaleinflüsse finden, die du willst. Tatsache ist, jeder hört einen anderen Einfluss heraus, was auch wieder zu einem unserer Markenzeichen zu werden scheint.

Alex Straka:
Ihr habt in den Neunzigern bereits drei Demos veröffentlicht. In wie weit schlugen "Bring me to hell" (1991), "Heretical Symphonies" (1994) und "Demons" (1998) schon den musikalischen Weg ein, der auf "The Last Command" perfektioniert wird?

Luigi Bonansea:
Wir haben immer versucht, unsere musikalische Identität zu finden. Tatsache ist, dass die Klangfarben aller bisherigen ANTHENORA-Werke sich ziemlich unterscheiden. Wir wählten die derzeitige mit der Veröffentlichung von "The General´s Awaking" (2002) und wir denken, dass sie genau richtig für uns ist.

Alex Straka:
Ungewöhnlich klingt zumindest für meine Ohren die für italienische Metalacts ungewöhnliche Brutalität der Riffs. Wenn ich an Italien denke, denke ich an HELLOWEEN-Klone und RHAPSODY. Musik, die voller plakativer Melodien im Breitwandformat alles zukleistern. Gibt es in der italienischen Metalbewegung weitere Bands, die sich diesem Klischee entziehen? Wie ist es um den italienischen Underground bestellt?

Luigi Bonansea:
Der italienische Underground ist ein wahrer Vulkan aus tollen und frischen Ideen. Das Problem: Es ist wahrer und allertiefster Underground und nicht massenkompatibel. Es ist nicht leicht, ein italienischer Metalhead zu sein.

Alex Straka:
"The Last Command" ist ein Konzeptalbum geworden, dessen rauer Heavy Metal die Geschichte der Vergangenheit und der Zukunft Europas erzählt. Kannst du mehr dazu sagen?

Luigi Bonansea:
Die Idee des Konzeptes ist einfach. Die Geschichte der Menschen beginnt sich ständig zu wiederholen und wir machen trotzdem immer wieder die gleichen Fehler. ANTHENORA stellt sich eine Zukunft vor, in der das Drama des Zweiten Weltkriegs erneut auflebt. Die Grundaussage der Lyriks ist dabei: Lasst es nicht noch einmal geschehen! Eine Sache muss klar sein: Es ist alles pure Phantasie. Wir haben kein politisches Interesse.

Alex Straka:
Das Cover von "The Last Command" ist betont kitschig und typisch oldschoolig ausgefallen. Täuschen mich meine Sinne, oder ist das Artwork entfernt an IRON MAIDENs "Somewhere In Time" angelehnt?

Luigi Bonansea:
Wir haben nie darüber nachgedacht, aber es kann durchaus sein. Wir lieben diese kitschige, vor allem in den Achzigern übliche Art von Coverartwork.

Alex Straka:
Songs wie 'Operation Sea Lion' könnten ebenso jede IRON MAIDEN-Scheibe veredeln. Was meinen eigentlich die eisernen Jungfrauen persönlich zu eurer Mucke?

Luigi Bonansea:
Wir haben IRON MAIDEN während ihrer "Dance Of Death"-Tour getroffen und ihnen "The Last Command" zugesteckt. Nach ein paar Tagen rief uns Nicko an, um uns zu unserer Arbeit zu gratulieren. Er mag den rohen Sound der CD.

Alex Straka:
Auf eurer Hompage kann man auch Fotos mit Szenegrößen wie Paul Di´Anno oder Kiko Loureiro (ANGRA) begutachten. Wie und wann seid ihr mit ihnen in Kontakt gekommen?

Luigi Bonansea:
Eigentlich immer auf deren Gastspielreisen, wann immer sie in der Nähe sind. ANTHENORA spielten zweimal als Support für Paul Di´Anno und Kiko Loureiro brauchte einen Sänger für eine Show in Turin. Wir waren recht glücklich.

Alex Straka:
Ihr kündigt auf der Hompage einen Videomitschnitt mit dem Titel "A Night On Stage With IRON MAIDEN" an. Klär uns mal auf, was dieses Video für Impressionen enthalten wird.

Luigi Bonansea:
Ich hoffe, es kann die Emotion transportieren und rüberbringen, die ich an einem Abend als Gast hinter den Kulissen und hinter der Bühne während einer IRON MAIDEN-Show verspürte. Es war ein großartiger Tag, im letzen Sommer, als IRON MAIDEN in Imola das Heineken Jammin' Festival headlinte.

Alex Straka:
Werdet ihr im Zuge des "The Last Command"-Releases eine Tour spielen? Wenn ja, wird man euch auch in absehbarer Zeit in Deutschland sehen können?

Luigi Bonansea:
Wir spielen jetzt die Italientour, die in der ersten Märzwoche beginnt und bis Sommer andauern wird. Dann beabsichtigen wir auch in anderen Länder zu gastieren. Wie es aussieht, zuerst in Deutschland.

Alex Straka:
Was erwartet ihr von der Zusammenarbeit mit eurem Label Locomotive Music, die ihr im Januar 2004 mit einem Deal besiegelt habt?

Luigi Bonansea:
Zunächst einmal sind wir sehr stolz drauf, bei Locomotive unter Vertrag zu stehen. Das ist ein wahrer Glücksfall für uns. Sie leisten hinsichtlich der Promotion sehr gute Arbeit und unterstützen uns auch sonst in allen Belangen.

Alex Straka:
Auf http://www.anthenora.com kann man in der News-Sektion den Namen Chris Boltendahl (Grave Digger) entdecken, dem ihr für seine Unterstützung dankt. Kannst du uns mehr darüber erzählen?

Luigi Bonansea:
Das ist ganz einfach. Es war Chris, der uns bei Locomotive vorstellte. Wir können nichts anderes tun, als ihm dafür noch mal zu danken. Wir sind alle große GRAVE DIGGER-Fans und fühlen uns geehrt, mit ihm gearbeitet zu haben.

Alex Straka:
Euer Material ist eingängig, melodiös und purer, straighter Heavy Metal. Würdest du zum Abschluss in deinen eigenen Worten beschreiben, wie ANTHENORA klingt und was den geneigten Hörer auf einem Gig von euch erwartet.

Luigi Bonansea:
Das Album ist nicht zu brutal. Aber es ist dennoch aggressiv. Und zwar genau so aggressiv, wie wir es zu diesem Zeitpunkt, aus dem Bauch raus, machen konnten. Wir denken, dass Musik in erster Linie Emotionen ausdrückt. Diese Gefühlstour ist wiederum genau das, was wir dem Zuhörer weitergeben wollen. Was ihr auf einem unserer Gigs erwarten könnt? Fünf schwitzige Männer, die das Beste geben, um sich selbst und alle anderen zu unterhalten.

Alex Straka:
Vielen Dank für das Gespräch und den Einblick, den wir zu Italiens IRON MAIDEN-Tributeband Nummer Eins erhalten haben. Viel Glück für "The Last Command" und grüß Nicko von mir...

Luigi Bonansea:
Danke dir und machen wir. Wir hoffen, ihr erinnert euch aber nicht nur wegen unserer Arbeit als Tributeband an uns. Unsere Natur ist nicht die einer IRON MAIDEN-Tributeband. Das war nur ein glücklicher "Unfall". Ich grüße alle Powermetal.de-Leser und erwarte euch auf Tour in Deutschland. Wie ihr mich erkennt? Kein Problem, ich bin der Schwitzigste der Fünf...

Redakteur:
Alex Straka

Login

Neu registrieren