ASENBLUT: Interview mit Frontmann Tetzel

30.07.2024 | 18:40

Den Titel ihres fünften Albums nehmen die ASENBLUT-Mannen wortwörtlich: "Entfesselt" zeigt die Melodic-Death-Metaller noch energischer, frischer, direkter, aber auch emotionaler und tiefgründiger denn je. Dazu fette Riffs, Hymnen en masse, diese für die Band typische Berserker-Zugkraft und fertig ist das Rundum-sorglos-Paket. Doch der Fan darf sich auch auf die kommende Tour freuen, die wir von POWERMETAL.de präsentieren. Im Zuge dessen schnappen wir uns Tetzel, ASENBLUT-Frontmann, um ihn ob des neuen Bollwerkes auf den Zahn zu fühlen.

Tetzel, vielen Dank, dass du dich meinen Fragen annimmst. Wie geht es dir und der ASENBLUT-Truppe? Alles im Lot?

Danke der Nachfrage! Mir und uns geht es super – wir haben hart gearbeitet und freuen uns genau damit weiterzumachen.

Nachdem 2020 "Die wilde Jagd" stattfand, steht nun euer fünftes Langeisen in den Startlöchern. Doch magst du mir ein kleines Update geben, was in der Zwischenzeit bei dir und ASENBLUT passiert ist?

Zwischendurch haben wir natürlich, wie wir alle, mit den Corona-Jahren und ihren Nachwirkungen gekämpft. Besetzungswechsel und Orientierungslosigkeit waren ein paar der Symptome davon. Zum Glück haben wir uns gefasst und mit neuer Kraft und Energie beschlossen, weiterzumachen und vorwärts zu blicken. Ein Stück reifer, professioneller und stärker als zuvor.

Mit "Entfesselt" steht die neue Scheibe in den Startlöchern – ein starkes Stück Viking-/Melodic Death Metal. Seid ihr auch mit dem Hintergrund der vergangenen Coronajahre mit dieser "Jetzt erst Recht"-Haltung an die Arbeiten herangetreten oder welche Zielsetzung habt ihr zu Beginn verfolgt?

Das siehst du ganz richtig. Die verlorene Zeit hat natürlich den Rahmen gegeben sich selbst zu reflektieren und wir müssen ganz ehrlich eingestehen, dass wir viele Jahre einfach haben verfliegen lassen. In allen Belangen haben wir uns daher gerafft und sind nicht mehr bereit uns von internen Querelen aufhalten zu lassen. Auch nach außen wollen wir professioneller auftreten. In den letzten Monaten haben wir viel Zeit, Energie und auch Geld investiert, um die Livepräsentation auf ein neues Level zu bringen.

Der Titel strotzt nur so vor Kraft, lässt aber auch die Frage zu, weshalb ihr erst jetzt "Entfesselt" agieren könnt, also ob es überhaupt zuvor etwas gab, was euch Ketten angelegt hat. Weshalb habt ihr euch ausgerechnet jetzt für diesen und keinen anderen Titel entschieden?

Nun, wir haben uns selbst in Ketten gelegt und toxische Umstände und Menschen zugelassen, die im privaten und Bandumfeld jeden Schritt unnötig erschwert haben. Daran haben am Ende nur wir selbst schuld und nun blicken wir vorwärts. Allerdings geben die Songs auch Raum zurückzuschauen und denen zu gedenken, die den Weg nicht weiter mit uns gehen können. Wir haben viel Schönes erlebt und sind auch Stolz auf die kleinen und großen Errungenschaften der Vergangenheit.

Doch auch die Musik ist angriffslustig, steckt voller Spielfreude, Energie und Entschlossenheit – habt ihr eine Art Ritual, mit dem ihr ins Studio geht, um Musik aufzunehmen, oder gar die Bühne entert? Wie entfesselt ihr euch?

Das läuft in dem Fall doch eher unzeremoniell ab, wir wärmen uns auf, bringen die Technik an den Start und legen los. Was die Studioarbeit angeht, ist das heute ein verstreuter Prozess im Vergleich zu früher. Jeder hat die Möglichkeit, seine Parts individuell aufzunehmen und dann per Filesharing rüberzuschicken. Alle Songtexte stammen aus meiner Feder und werden, nachdem der erste Funke der Inspiration da ist, geschrieben. Meist höre ich die Songs ein paar Mal in Schleife und nutze die entstehenden Bilder, um sie auszuformulieren.
Bei beidem kann man also vor allem sagen, dass wir uns nicht haben zurückhalten lassen – wir haben alles so umgesetzt, wie wir es wollten und sind uns sehr schnell einig geworden. Was nicht gepasst hat flog raus, was gut ist wurde genutzt – einfach aber effizient.

Vor allem die 'Unbesiegbar'-Single hat mich beeindruckt, eine grandiose Nummer, die auf keiner künftigen Live-Show fehlen darf. Thematisch geht es in diesem Song um die Unbesiegbarkeit des Gemeinsamen. Magst du das etwas ausführen? Was hat dich zu dem Text verleiten lassen bzw. inspiriert?

Ganz ohne politisch werden zu wollen, haben wir in der heutigen Zeit doch oft nur einen Blick auf das Schlechte des Menschen. Egal ob es um die Gestaltung der Gesellschaft oder Umwelt geht. Doch ich finde das engstirnig und es ist auch nur ein Teil des Bildes. Die Menschen sind zu Großem fähig und haben schon Großes geschaffen. Daran sollten wir uns orientieren und an einem Strang ziehen. Genau das macht uns, individuell und gemeinsam, unbesiegbar.

Beim Song und Titel 'Wie ein Berserker' habe ich gedacht: "Das passt zur gesamten Platte!" Was macht für dich den Berserker aus, worin liegen die Zusammenhänge zwischen seinen Eigenschaften und der Musik ASENBLUTs?

Der "mythologische" Berserker ist ein in Trance und Rausch versetzter Krieger, der ungeachtet von Schmerz und Verletzung völlig wild bis zur Erschöpfung kämpft. Hier haben wir eine klare Analogie zum heutigen Leben. Wir alle tragen unsere Schlachten und Kämpfe aus, Tag für Tag, mit uns selbst und der Umwelt. 'Wie ein Berserker' ist ein Appell an Eigenverantwortung und Selbstbewusstsein. Du willst etwas? Arbeite dafür! Es gibt nichts geschenkt, aber dennoch steht vor dem Erfolg nur dein eigener Einsatz. Genau so ist es natürlich mit der Musik, Kunst will gehört, gesehen, erlebt werden. Das bedeutet harte Arbeit als Künstler und vor allem Konstanz.

Ich musste bei dem Titel 'Dagon' forschen und hatte gehofft, dass schlichtweg ein "r" untergegangen ist. Aber vielleicht kannst du mir sagen, was es mit 'Dagon' auf sich hat und wie weit der Song mit Lovecraft in Verbindung steht...?

Dagon erzählt eben jene Kurzgeschichte von Lovecraft musikalisch nach. Wenig überraschend oder subtil. Dabei passte der Gastbeitrag von Matze von DELIVER THE GALAXY mit ihren Prä-Astronautik-Themen perfekt. Lovecraft findet sich in unseren Songs schon in der Vergangenheit ja immer wieder mal. Zum Beispiel bei 'Wahn und Chaos' und 'Schatten über Arkham'.

Das Album endet sehr atmosphärisch mit 'Nox Nostra Est' – bist du ohnehin eher ein Kind der Nacht oder was macht die Nacht für dich womöglich wertvoller als den Tag?

Halb scherzhaft sage ich schon lange, dass ich statt Tag- oder Nacht- einfach prinzipiell-aktiv bin. Viele Erlebnisse und Erinnerungen wurden in den Nächten der Vergangenheit geschaffen. Sei es bei Feiern, Missgeschicken oder Konzerten – daher passt die Nacht als Rahmen hier perfekt.

"Entfesselt" ist euer erstes Album bei Massacre Records. Weshalb der Wechsel von AFM Records und was ermöglicht euch die neue Label-Heimat?

Unser Vertrag mit AFM war schlicht und einfach zu Ende und mit Massacre haben wir uns sofort verstanden. Grundsätzlich denken wir, dass wir bei einem Extrem-Metal-Label durchaus gut aufgehoben sind. Für AFM waren wir doch immer ein etwas außenstehendes Thema.

Wir sind sehr froh, dass wir eure Deutschlandtour im September präsentieren dürfen. Hand aufs Herz – ich habe euch noch nie live gesehen. Auf was kann ich mich bei einer ASENBLUT-Show einstellen?

Wir sind wiederum sehr froh, dass ihr die Tour mitpräsentiert! Es ist auf jeden Fall großartig, dass du und viele andere ASENBLUT endlich live erleben können. Das Ganze dann noch bei einer Headliner-Tour ist doch umso besser, oder? Es wird kompromisslosen Viking Death Metal der zum Mitmachen einlädt geben. Eine neue Bühnenshow und jede Menge Potential zum Headbangen.

Und was liegt dir persönlich eher? Open Airs, bei denen ihr wohlmöglich neue Krieger rekrutieren könnt, oder kleinere Clubshows, bei denen Blut und Schweiß förmlich von der Decke tropfen?

Beides hat seine Magie und es spielt eigentlich keine große Rolle. Solange das Publikum den Spaß von der Bühne spürt und teilt ist alles gewonnen. Am Ende der Show soll es für alle ein Erlebnis sein!

Wie stehst du persönlich eigentlich zur Begrifflichkeit "Viking Metal"? Ist es streng genommen nicht melodischer Death Metal mit Wikingerthematik? Und Apropos: Ein absoluter Vorreiter der Szene ist definitiv Quorthon, dessen 20. Todestag vor wenigen Tagen war. Welchen Einfluss hatte BATHORY generell auf ASENBLUT und den Musiker Tim Schmidt?

Genau auf den Kopf getroffen. Es ist Melodic Death mit Wikinger-Thematik und das ist auch gut so. Am Ende ist die Schublade und ihr Name doch zweitrangig. Wir lieben alle Doublebass, harte Riffs und fliegende Melodien. Welchen Namen du dem ganzen gibst, darfst du dir aussuchen. Zu BATHORY muss ich gestehen, dass ich nie ein großer Fan war. Daher ist sein Einfluss - zumindest was ASENBLUT angeht auch nicht vorhanden. Musikalisch sind wir auch ziemlich weit weg davon. Schade ist, dass wir nie wissen werden, wie sich seine Musik weiterentwickelt hätte.

Absolut. Tetzel, wir sehen uns auf der Tour und euch alles Gute mit "Entfesselt"! Was möchtest du unseren Lesern und euren Fans noch mit auf den Weg geben?

Vielen Dank für das Interview! Wir freuen uns auf die Sommershows, Wacken und die Tour und hoffen euch gefällt "Entfesselt" genau so gut wie uns. Support ist kein Mord, also holt euch das Ding und wir sehen uns live!


Fotocredits: Daniela Dreiling


Entfesselt



https://www.youtube.com/watch?v=wg6I9NzqXR0

Redakteur:
Marcel Rapp

Login

Neu registrieren