BEYOND TWILIGHT: Interview mit Finn Zierler

01.01.1970 | 01:00

Mit "The Devil's Hall Of Fame" hat die skandinavische Formation um Bandkopf/Songwriter/Keyboarder Finn Zierler einen richtigen Überraschungserfolg gelandet. Ein Grund mehr, dem Exzentriker mal genauestens auf den Zahn zu fühlen. Finn erwies sich als überaus sympathischer, redseliger und offener Gesprächspartner - aber lest selbst:

Rouven: Finn, was gab's bisher an Feedback für "The Devil's Hall Of Fame"?

Finn: Hey, durch die Bank weg nur grossartige Reaktionen! Das ist fast zu schön um wahr zu sein, weil wir alle sehr viel Arbeit in die Platte gesteckt haben, und wir sind echt dankbar, dass es anscheinend so gut bei den Leuten ankommt. Mich persönlich freut's natürlich auch sehr, weil ich mich so mit meinem Werk auch bestätigt fühle.

Rouven: Wieso bist du für das Songwriting in die Wüste Sahara (!) und ins Atlasgebirge (!!) gegangen?

Finn: Da gab es mehrere Gründe für. Zum einen ist man an solchen Plätzen zu 100% isoliert, d.h. man hat nur sich selbst und kann sich so intensiver mit Gedanken beschäftigen. Zum anderen sind diese Orte auch gewisse Extreme, es gäbe keine besseren Orte, an denen man sich intensiver mit sich selbst auseinandersetzen kann. Das Storybook für das Album war bereits geschrieben, es ging nur noch darum, die Songs an sich, das Instrumentale fertigzustellen. Einen Song zu schreiben, das ist, als würde man ein Gemälde malen oder ein Gedicht schreiben. Es ist etwas, mit dem man sich sehr genau beschäftigt, und die Wüste und das Gebirge bietet keinerlei Ablenkung von diesen Aufgaben.

Rouven: Könntest du das Konzept des Albums in kurzen Worten beschreiben?

Finn: Ich kanns versuchen: Das Ganze ist eine vierdimensionale Story, in der Fiktion und Realität ziemlich miteinander vermischt sind. Der Protagonist hackt sich per Computerterminal in sein eigenes Gehirn und findet dort im weiteren Storyverlauf einen implantierten Computerchip. Er reist in seinen Träumen umher und reist auch durch die Zeit, wodurch er dann seinen Eigenen Tod sieht. Er reist sogar noch weiter in die Zukunft, in die Zukunft hinter der uns bekannten und fragt sich schlussendlich, ob die Realität, die er erlebt, nicht nur eine Illusion ist. Denn in seiner Realität sterben die Menschen, wenn er sie mit der Wahrheit konfrontiert, wodurch er der einzige Mensch ist, der die absolute Wahrheit kennt. So erkennt er, dass die reine Wahrheit selbstzerstörerisch ist.
Die Geschichte behandelt natürlich auch das Thema Religion und Philosophie, wobei ich immer noch denke, dass Religion nichts weiteres als ein Zweig der Philosophie ist.

Rouven: Wo hast du eigentlich diese sensationellen Musiker aufgetrieben?

Finn: Thomas, den Schlagzeuger, kannte ich noch von unseren gemeinsamen TWILIGHT (Formation, aus der BEYOND TWILIGHT hervorgegangen sind - Anm. d. Verf.) Tagen, als ich ein neues Projekt gestartet habe, hat er sofort zugesagt. Anders, den Gitarristen, habe ich in Schweden kennengelernt. Er ist noch sehr jung und besucht eine Schule für talentierte Musiker. Ich glaube, der bringt's nochmal ganz weit. Der andere Anders, der Bassist, war ebenfalls an dieser Schule. Und als es nur noch den Posten des Sängers zu besetzen galt, hab' ich mich einfach bei einem Kumpel durch dessen Metal-Sammlung gehört. Als wir dann eine Scheibe von ARK im Player hatten, wusste ich, dass ich Jörn Lande als Sänger haben wollte!

Rouven: Gibt es für dieses doch recht aussergewöhnliche Albumkonzept irgendwelche Gründe? Hast du vielleicht Erfahrungen gemacht, die in den Stücken auftauchen oder ist dir die Story einfach so eingefallen?

Finn: Es ist ein äusserst persönliches Album geworden, allerdings möchte ich über die personellen Dinge nicht zu viel sagen. Es hat eine Menge mit meinem Leben zu tun, mit einer Menge Dinge, die mich interessieren: Technologie, intellektuelle Sachen, Philosophie, die Gesellschaft. Und dazu kommt noch, dass mich diese Reise auch persönlich weiterentwickelt hat. Abgesehen davon: Wenn ich die Gelegenheit hätte, mich in mein eigenes Gehirn zu hacken, ich würde es sofort tun!

Rouven: Wenn ich mir "The Devil's Hall Of Fame" so anhöre, dann fallen mir auf Anhieb AYREON wegen der musikalischen Dichte und der Atmosphäre, aber auch SHADOW GALLERY und TEN ein. Kannst du mit diesen Vergleichen leben?

Finn: Sicherlich. Wir wurden mit so vielen Bands verglichen, unter anderem auch DIO oder MARILLION. Mir macht das nichts aus, und es ist auch eine Ehre. Aber ich weiss, dass wir etwas eigenes geschaffen haben, dass wir absolut eigenständig sind. Viele der Bands, mit denen wir verglichen werden sind auch Einflüsse für uns, von daher ist das nicht so abwegig.

Rouven: Meinst du, dass ihr Erfolg haben werdet mit dem Album? Immerhin ist das Teil eine recht komplexe Angelegenheit, die zwar viele Stile vereint, aber dem Hörer durch die Detailvielfalt doch einiges an Einarbeitungsarbeit abverlangt.

Finn: Hmm, darüber hab ich mir noch nicht so viele Gedanken gemacht. Denn eigentlich interessiert uns der Erfolg nicht so - wobei es natürlich cool wäre, wenn wir viele Alben unter die Leute brächten. Aber ich denke, die Musikindustrie unterschätzt die Leute immer noch. Es gibt genügend, die sich nicht den Scheiss aus dem Radio oder aus den Charts oktroyieren lassen wollen. Und für diese ist "The Devil's Hall Of Fame" was, denn es ist keineswegs ein Album nur für Musiker geworden! Aber es ist Musik mit der man sich ausgiebig beschäftigen kann und sollte, und die einen auch dafür belohnt. Immerhin steckt in der Platte mehr als ein Jahr an Arbeit, und das hört man in jedem kleinen Detail.

Rouven: Was sind denn so die musikalischen Haupteinflüsse von BEYOND TWILIGHT?

Finn: Ohjeh...Thomas hört viel aus den Siebzigern, insbesondere Sachen wie GENESIS oder GABRIEL. Jörn mag natürlich Prog und ausserdem auch 70's-Zeug, Anders an der Gitarre mag besonders MESHUGGAH und viel Klassik, Anders am Bass hört eigentlich alles, genau wie ich. Ausser Volksmusik! (lacht)

Rouven: Wenn du die Chance hättest, ein Traum-Line-Up zusammenzustellen, welche Musiker würdest du wählen?

Finn: Mit BEYOND TWILIGHT bin ich ja wirklich zufrieden, also gehen wir von dem Fall aus, dass ich eine Band zusammenstelle, in der ich nicht selbst spiele. Hm, am Schlagzeug entweder Mike Portnoy (DREAM THEATER) oder den Drummer von STING. Kevin Moore (FATES WARNING, CHROMA KEY) an den Keyboards, den MESHUGGAH-Gitarristen und als Sänger entweder Mike Patton (FAITH NO MORE) oder Russel Allen (SYMPHONY X). Hmm...hey, da fehlt noch ein Bassist! Irgendeine Ahnung?

Rouven: John Myung? Steve DiGiorgio?

Finn: Ja genau, einer von beiden. Auf dem hohen Niveau schenken die sich eh nich viel...

Rouven: Hast du momentan eine Top-5 in deinem Player?

Finn: Schwierig...also von MR.BONGO "California", TORI AMOS' "Little Earthquakes", MESHUGGAH mit "Nun", das ist eine EP...dann DREAM THEATER's Meisterwerk "Images And Words" sowie klassische Werke von GANACEK.

Rouven: Als Technologiefreak dürftest du ja auch das Internet ziemlich klasse finden, oder?

Finn: Auf jeden Fall! Ich liebe das Internet, und ich liebe Technologie! Der technische Fortschritt ist etwas sehr wichtiges für die Menschheit, und ich denke mal, dass viele Science-Fiction-Sachen durchaus bald Realität sein könnten. Vom Klonen halte ich allerdings nichts, denn schau dir die Menschen an, dann weisst du, dass das nur ein schlechtes Ende nehmen kann.
Es haben mich auch schon einige Amerikaner angesprochen, ob ich denn wüsste, was ich da den Protagonisten tuen lasse; eine Reise ins eigene Gehirn, das wäre ja gefährlich und vor allem moralisch verwerflich! (lacht)

Rouven: Last and least, wo siehst du Musik wie die von BEYOND TWILIGHT z.B. in zehn oder zwanzig Jahren?

Finn: Solche Musik, Musik mit der man sich beschäftigen muss, die Aussagekraft hat, wir immer weiterleben. Weil es immer Leute geben wird, die sich nicht irgendeine Musik aufdrücken lassen wollen und statt dessen lieber Thinking Man's-Musik machen oder hören. Momentan gibt es sowieso einen großen Umbruch auf dem Musikmarkt, die ganze Download-Sache lässt Musik zu Pay-Per-View verkommen, wenn Napster das realisiert, was sie vorhaben. Aber glücklichwerweise gibt es immer noch Anspruch...

Rouven: ...was auch hoffentlich so bleibt. Vielen Dank für das Interview!

Redakteur:
Rouven Dorn

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