BLUE BLOODS, THE: Interview mit T.J. Welch
01.01.1970 | 01:00Schon lange habe ich keine so coole Punk Rock Scheibe mehr gehört (das mag auch daran liegen, dass ich dieser Musik normalerweise nicht gerade besonders viel Beachtung schenke). Aber wie es der Zufall (oder Georg *g*) wollte, ist die THE BLUE BLOODS Promo bei mir gelandet und das war auch gut so. Nach der Review folgt also hier das ausführliche Interview mit Gitarrist T. J. Welch. Und dieser Typ hat echt was zu sagen..
Stefan: Was bedeutet „The Blue Bloods“, wie seid ihr darauf gekommen euch so zu nennen?
T.J.: In der Umgebung von Neu-England sind die „Blue Bloods“ eine sehr vornehme Klasse von Leuten, die von den ursprünglichen europäischen Aussiedlern abstammen. „Blue Blood“ hat aber auch noch eine andere, lokale Nebenbedeutung. Das fanden wir cool. Wie auch immer, niemand der Bandmitglieder ist momentan einer der Blue Bloods. Wir alle sind in der Arbeiterklasse aufgewachsen und leben noch heute da und ziehen keine Sonderrechte in irgend einer Form für uns in Betracht.
Stefan: Warum habt ihr ein Cover gewählt mit den toten Kennedys drauf, hat das noch eine besondere Bedeutung, bzw. ist das auch eine Anspielung auf die DEAD KENNEDYS?
T.J: Nun, sie sind nicht alle tot. Ted atmet immer noch, im Gegensatz zu Jello Biafra und den DEAD KENNEDYS. Es soll keine Respektlosigkeit gegenüber der Kennedy Familie darstellen. Wir haben sie auf dem Cover, um ihnen Respekt zu zollen. Es war so, dass Tim und Goose (Sänger und Bassist) in einer Bar waren und einige Biere tranken. Goose schaute an die Wand und sah ein Bild der Kennedys. Sie dachten, dass dies eine gute Idee wäre, diese auf das Cover zu tun und ich stimmte ihnen zu. Wir sind stolz auf die Kennedys, sie sind Helden für uns. Besonders John und Bobby. Sie waren großartige Politiker in einer sehr turbulenten Zeit in diesem Land. Sie hatten Mut und Durchsetzungsvermögen und es ist eine Schande, dass John und Bobby getötet wurden, für das an was sie glaubten. Die Tatsache, dass sie aus unserer Umgebung stammen ist außerdem cool.
Stefan: Bist du mit euerer neuen CD zufrieden?
T.J.: Ja, sehr zufrieden. Die Aufnahmen sind großartig geworden. Wir waren im „Outpost“ Studio mit der Absicht, einen sehr guten Sound zu bekommen, wie ihn die DROPKICK MURPHIES dort auch geschaffen haben. Jim Siegal besitzt diesen Ort. Wir ließen ihn aufnehmen, mixen und die Technik überwachen. Wir haben sie dann selbst produziert. Das haben wir alles in zwei Tagen gemacht, am dritten Tag haben wir alles abgemischt. Punk Rock ist am besten, wenn´s live im Studio aufgenommen wird. Dazu eine kleine Anzahl von Overdubs. Wir haben für diesen Moment sehr engagiert geprobt, um auf einem guten Level zu rocken. Wenn du deine Scheiße nicht beisammen hast und in´s Studio gehst, verschwendest du letztendlich einen Haufen Geld. Unsere Philosophie für den Aufnahmeprozess ist: „Laß es einfach, spontan und auf einem guten Level.“
Stefan: Wie sieht´s heutzutage mit der Punk Rock Szene aus, gibt es noch immer viele Bands und Fans?
T.J.: Wie ich es sehe, ist die Punk Rock Szene sehr wohl am Leben! Der Fakt, dass Punk Rock im Undergound ist und nicht verdorben von kommerziellen Einflüssen, hat geholfen, dass Punk Rock überlebt hat und floriert, seit über 25 Jahren. Die „do it yourself“ Einstellung ist eine der guten Seiten dieser Szene. In Boston kann ich dir mindestens drei großartige Leute nennen, die ein gutes Beispiel für diese Einstellung sind. Ein Typ heißt Paul Scorpisces und er bringt jedes Wochenende Punk Shows auf die Bühne der “Various V.F.W. Halls” (VFW bedeutet Veterans Of Foreign Wars), die für jedes Alter bestimmt sind. Es ist schön, dass die Kids einen Ort haben, wo sie hingehen können, um eine Show zu sehen. Als ich 14 war, konnte ich nicht in irgendwelche Clubs gehen (man darf erst ab 21 Jahren Alkohol trinken). Diese Shows sind also etwas ganz besonderes für mich. So habe ich MINOR THREAT, SSD, 7 SECONDS, usw. sehen können. Und es ist toll zu sehen, dass es immer weiter geht. Wir haben einen Song, der heißt „The More Things Change“ und dieser handelt davon.
Eine andere großartige „do it yourself“ Person ist ein Typ namens Sean Huck. Er produziert eine monatliche Live-Punk-Rock-Fernseh-Show, sie heißt „The Life We Lead“. Sie wird in Boston übertragen. Ein anderer Kerl ist Pay Clement. Er betreibt FNS PUBLISHING. Sie bringen klasse Punk Rock Magazine und Bücher heraus. Keiner dieser Typen verdient eine Menge Geld mit dem was er tut. Das tun sie nur, weil sie den Punk Rock lieben und genau das hält die Musik am Leben.
Stefan: Wie bezahlt ihr euere Rechnungen, welche Jobs habt ihr so, oder seid ihr reich durch die Band ;-) ?
T.J.: Wir verdienen wirklich nicht viel mit der Band. Jedenfalls nicht genug um davon leben zu können. Wir tun das aber auch nicht für´s Geld. Solange du nicht bei einem Major Label unter Vertrag bist (wie z. B. AFI), wirst du mit dieser Musik auch nicht viel Geld verdienen können. Meiner Meinung nach spielen AFI auch keine Punk Musik mehr. Der neue AFI Song, den ich im Radio gehört habe, hat mich an U2 erinnert. Das ist ja nichts schlechtes, ich sage nur, dass sie ihren Stil geändert haben, um mehr Leute anzusprechen.
Die meisten Punk Bands gehen richtigen Jobs nach, keine Musik-typischen Jobs. Das trifft auf viele große Punk Bands zu. SLAPSHOT, BLOOD FOR BLOOD und die Liste könnte immer weiter gehen. Sie touren wohl für eine Weile, aber dann müssen sie zurück Autos verkaufen oder Briefe austragen. Leute, die Punk Rock spielen, sind genau wie ihre Hörer und das trägt dazu bei, dass die Musik integriert wird. Die Barrieren zwischen Fans und Künstler ist nicht vorhanden. Jeder fühlt sich eingeschlossen. Das ist cool. Wie wir unsere Rechnungen bezahlen? Ich habe eine Frau und zwei Söhne und ich habe zwei Jobs um zu überleben. Ich bin Verkäufer. Ich verkaufe Informationstechnik. Außerdem lege ich Musik auf Hochzeiten auf. Das mache ich gelegentlich an Wochenenden. Tim (Sänger) verkauft das Gleiche wie ich. So haben wir uns kennen gelernt. Wir sind im gleichen Geschäft. Goose (Bass) ist ein Grafiker. Er hat unser Cover gemacht. Anthony (Gitarre) ist Kellner und Bob (Drums) verkauft Autos.
Stefan: Mit welchen Bands habt ihr schon live gespielt und mit welchen würdest du gerne auftreten?
T.J.: Die vergangenen vier Jahre über haben wir mit tollen Bands gespielt. MDC waren klasse. Sie sind eine Old School, 80er Hardcore Band aus Kalifornien. Außerdem haben wir gerade mit SLAUGHTER und THE DOGS gespielt. Sie sind eine britische Punk Rock Band, die in den 70ern angefangen haben. Hier gibt es einige gute lokale Bands, mit denen wir gespielt haben, wie z. B. UNSEEN, TOMMY AND THE TERRORS, DIRTY WATER. Die Liste geht stets weiter. Es wäre genial, wenn ich die Möglichkeit hätte mit meinen Idolen aufzutreten. Das sind IAN MICKAY und FUGAZI. Ich hörte, das BLACK FLAG wieder zusammen sind, das ist eine andere Band, mit denen ich sehr gerne spielen würde. Früher oder später werden wir mit den DROPKICKS spielen. Wir sind aus der gleichen Stadt und sind auch Irisch.
Stefan: Was sind deine Lieblings-CDS und welche CDS hast du dir als letztes zugelegt?
T.J.: Ich habe darüber keine Kontrolle mehr. Ich besitze über 8000 CDS. Ich mag alle Stilrichtungen. Von Klezmer bis Jamaican Dance Hall. Zuletzt habe ich viel Bebop Jazz in meiner Anlage gehabt. Jeden Monat drucke ich eine „Favorite CD of the Month“ auf unserer Website. Die letzte CD, die ich mir gekauft habe, war die neue HIGH ON FIRE CD. Sie sind die härteste, lauteste christliche Wikinger Metal Band im Universum. Ich sah sie live in einem kleinen Club in Boston und ich konnte drei Tage lang nichts mehr hören.
Stefan: Wie wichtig sind euch euere Texte?
T.J.: Tim (Sänger) schreibt die meisten Texte. Sie sind ihm sehr wichtig. Er versucht positiv zu bleiben und konstruktiv. Ich weiß, dass er Bands wie STAIND und KORN hasst, weil sie darüber weinen, wie schrecklich ihr Leben ist. Dann springen sie in ihren komfortablen Mercedes und poppen ihre Groupies. Wen interessiert´s? Ich kann mich nicht mit diesen Nu Metal Arschlöchern identifizieren. Außer mit den DEFTONES. Diese Leute sind ein wenig tiefgründiger als der Rest. Wir versuchen vom negativen fern zu bleiben. Weiterhin versuchen wir eine klare politische Richtung zu fahren, weil wir nicht alle politisch einer Meinung sein sollten. Und übrigens, was zur Hölle wissen wir überhaupt über Politik?
Stefan: Wie oft probt ihr mit der Band?
T.J.: Zur Zeit einmal die Woche. Ich wünschte, wir hätten mehr Zeit. Wenn wir an unserer nächsten CD arbeiten werden, dann wird´s wieder mehr.
Stefan: Ist bei euch jeder in der Band mit dem Songwriting beschäftigt, oder wie läuft das bei euch ab?
T.J.: Alle in der Band tragen irgendwas zu den Songs bei. Es ist wichtig für jeden in der Band, dass er etwas von dem Song „besitzen“ kann, den wir geschrieben haben. Es hilft der Band auch, einen anderen Sound zu haben, wenn viele daran beteiligt sind. Tim schreibt die meisten Lyrics. Goose und ich kommen mit vielen Melodien, Harmonien und Gitarren-Riffs an. Wir kommen gerne mit Song-Stücken an und diese werden dann bei den Proben ausgearbeitet.
Stefan: Gehst du oft auf Underground Konzerte und warum?
T.J.: Ja, ich habe gerade VAN MORRISON gesehen letzte Nacht. Er ist live großartig. Ich denke, ich werde mir als nächstes FLOGGING MOLLY am GUINESS IRISH FESTIVAL ansehen. Ich gehe mir lieber eine Band ansehen, als eine Sportveranstaltung. Das kostet das gleiche. Ich gehe zu vielen Jam Band Festivals. Der Höhepunkt im Sommer ist MOTORHEAD, DIO und IRON MAIDEN. Sie spielen zusammen im nächsten Monat und da gehe ich hin.
Stefan: Wenn du wählen könntest, in welchem Zeitalter würdest du leben wollen?
T.J.: Das ist eine schwere Frage. Wahrscheinlich 1000 Jahre in der Zukunft. Ich denke, dass wir voranschreiten, wie in einem Rennen. Wir haben viele Probleme aus der Welt geschaffen, die unsere Vorfahren geplagt haben. Das ist der Grund, warum jetzt vier Billionen von uns Menschen auf der Erde leben. Sicher, wir töten uns immer noch gegenseitig, aber es tötet nicht jeder jeden die ganze Zeit. Menschen sind clever. Wir werden uns weiterhin entwickeln und eine bessere Welt für die meisten schaffen. Ich hätte keine Kinder gewollt, wenn ich nicht so fühlen würde. Wenn ich in irgendeinem Zeitalter leben könnte, dann denke ich, wäre es die Zukunft. Ich bin ein Optimist.
Stefan: Wie nutzt du das Internet?
T.J.: Wir haben eine Website, die ich instand halte. Sie ist nicht sehr „flashig“, aber es gibt MP3´s und viel sonstiges. Die Adresse ist http://www.thebluebloods.net. Wir verkaufen Shirts und CDS auf der Seite. Du brauchst PAYPAL um sie kaufen zu können. Es gibt noch eine andere amerikanische Punk Rock Band mit dem Namen THE BLUEBLOODS. Manchmal klicken die Leute auf deren Homepage und denken, es wäre unsere. Unser Label, I SCREAM RECORDS, haben eine tolle Seite. Das Internet ist ein sehr gutes Mittel für eine Punk Band.
Stefan: Was macht die verschiedenen Bandmitglieder so besonders und wichtig bei den BLUE BLOODS?
T.J.: Der Kern der Band besteht aus den Gründern, Tim, Goose und mir. Wir sind wie Brüder. Wir feiern zusammen und werden auch ernst, wir gehen zusammen arbeiten. Zur Zeit haben wir Bob an den Drums. Er war früher bei REACH THE SKY. Er ist ein klasse Drummer. Wir haben dann noch gerade einen zweiten Gitarristen hinzugenommen. Er heißt Anthony und sein harter Stil und seine Hingabe passen in die Band. Er schreibt auch und wir freuen uns darauf, zusammen mit ihm neues Material herauszubringen.
Stefan: Welche Pläne hast du mit der Band in Zukunft?
T.J.: Unser Label in den Staaten ist GMM Records. Sie haben ihr großes jährliches Punk Festival, das THE BEER OLYMPICS IN AUGUST heißt. Es ist in Atlanta. Wir werden wahrscheinlich eine kleine Ost-Küste-Tour spielen zu dieser Zeit. Ich weiß, dass Laurens von I SCREAM und Mad Booking ihr bestes geben, um ein paar im Raum stehende Europa Tour Dates im September für uns, SLAPSHOT und BLOOD FOR BLOOD möglich zu machen. Wir hoffen, dass das klappt.
Stefan: Noch irgendwelche Kommentare?
T.J.: Wir möchten jedem in Europa danken für euere Unterstützung für die BLUEBLOODS. Wir freuen und darauf, bald bei euch zu spielen. TJ
- Redakteur:
- Stefan Lang