CALIGULA'S HORSE: Interview mit Jim Grey

19.10.2015 | 07:17

Nachdem Jim Greys ARCANE Anfang des Jahres mit "Known/Learned" ein wahres Prog-Monster von der Leine gelassen hat, folgt nun mit "Bloom" von CALIGULA'S HORSE das neue Werk seiner zweiten Spielwiese. Wir sprachen mit dem Sänger über beide Bands und die australische Prog-Szene im Allgemeinen.

Mit etwas Überraschung nimmt Jim die Nachricht auf, dass ich CALIGULA'S HORSE bereits seit den Anfangszeiten verfolge, auch wenn es dafür gute Erklärungen gibt. "Dass du uns auf Triple J Unearthed (tolle australische Website, die Musik zu zehntausenden australischen Bands bereit hält - PK) entdeckt hast, ist für einen Deutschen schon etwas ungewöhnlich, aber es zeigt auch, wie viel kleiner die Welt dank des Internets geworden ist. Früher hätten wir es nicht so einfach bis in dein Wohnzimmmer geschafft." Der Song 'The City Has No Empathy' war vor einigen Jahren auch gleich ein kleiner Untergrundhit. "Ja, das ist richtig. Der Song hat im Untergrund schon für einigen Wirbel gesorgt und hat überhaupt erst dazu geführt, dass CALIGULA'S HORSE eine echte Band wurde. Zu Beginn war es noch mehr ein Projekt von unserem Gitarristen Sam Vallen und ich hatte nur den Part des Gastsängers, aber das überragende Feedback hat uns schnell dazu animiert, weiterzumachen.", erläutert der sympathische Sänger die Anfangszeiten des Pferdes.

Caligula's Horse Bloom Cover

Mittlerweile ist CALIGULA'S HORSE eine echte Band geworden, was sich auch beim Songwriting bemerkbar macht. "Genau richtig. Zu Beginn hat Sam die Musik alleine geschrieben und ich habe nur die Texte verfasst, mittlerweile aber schreiben wir die Musik ebenfalls zusammen. Die Chemie zwischen uns stimmt da einfach und es ist auch eine echte Freude mit Sam zu schreiben, denn er ist in meinen Augen ein echtes musikalisches Genie.", lobt Jim seinen Mitstreiter.

Obwohl "Bloom" immer noch modern tönt, wurden die Djent-Anteile aus dem Sound der Band verbannt. "Ja, das war eine ganz bewusste Entscheidung. Wir hatten dieses Mal eine ganz klare Vision davon, wie "Bloom" klingen sollte und da war kein Platz für Djent oder andere Sounds, die man heute offensichtlich einbauen muss, um modern zu klingen. Wir wollten uns verändern. Man kann nicht behaupten eine progressive Band zu sein und dann stillstehen.", stellt Jim fest. Dazu gehört auch, dass es dieses Mal kein Konzeptalbum gibt, sondern die Songs auch für sich stehen können. "Auch das war eine bewusste Entscheidung. Ich habe mmanchmal den Eindruck, dass ein lyrisches Konzept beinahe erwartet wird, von einer Band wie uns. Aber warum sollte das so sein? Von daher war auch da schnell klar, dass wir dieses Mal ohne roten Faden an die Sache herangehen, obwohl es das Texten etwas erschwert. Es ist natürlich viel leichter Texte zu schreiben, wenn man einen klaren Rahmen hat, aber das war auch eine Herausforderung, die ich genossen habe." Dennnoch gibt es etwas, was sich durch die Texte von "Bloom" zieht. "Ich finde, dass auf "Bloom" mehr als sonst eine positive Note in den Texten mitschwingt. Eine gute Portion Optimismus, der als Kontrastpunkt zu dem dient, was auf der Welt so los ist."

Caligula's Horse Band

Mein einziger echter Kritikpunkt ist, dass "Bloom" mit 45 Minuten vielleicht einen Song zu kurz ausgefallen ist. "Nun, was soll ich sagen? Ich finde natürlich, dass das die perfekte Länge für ein Album ist.", schmunzelt Jim, der meinem Verweis auf die zwei Stunden ARCANE auch gleich vorgreift. "Natürlich wirst du jetzt sagen, dass "Known/Learned" viel länger ist, aber das ist für mich eine komplett andere Geschichte. "Bloom" haben wir sehr schnell, sehr spontan geschrieben. Und diese Spontanität wollten wir nicht kaputt machhen, in dem wir alles analysieren, überdenken und wieder analysieren. Im Gegenteil, wir haben jeden Part herausgeschmissen, von dem wir dachten, dass er nur egozentrisches Show-off ist. Und genau für diese Spontanität sind 45 Minuten genau die richtige Länge. "Known/Learned" ist hingegen ein über fünf Jahre gewachsenes und penibel ausgearbeitetes Werk geworden. Das darf dann auch gerne über zwei Stunden verteilt werden.", begründet Jim nachvollziehbar.

Für mich eines der wichtigsten Markenzeichen beider Bands sind die zum Teil sehr ungewöhnlichen Gesangslinien, die Jim hervorzaubert. "Vielen Dank für das Kompliment. Ich denke, dass das viel damit zu tun hat, dass ich schon professionell singe, seit ich neun Jahre alt bin. Begonnen habe ich in einem Chor und das hat mich sehr geprägt, gerade was die Harmonielehre betrifft, ist es ungeheuer hilfreich. Ich finde, jeder Sänger sollte mal Choräle singen, es ist eine enormme Bereicherung. Dazu kommt natürlich über die Jahre viel Training, viel Erfahrung, viele Experimente und viel harte Arbeit. Sicher habe ich auch ein gewisses Talent in die Wiege gelegt bekommen, aber ohne Arbeit nützt das nichts.", erläutert Jim.

Caligula's Horse Logo

Ein anderes Phänomen ist die enorme Szene gerade im progressiven-alternativen Bereich in Australien. "Ja, da geht es bei uns schon sehr, ähm, familiär zu. Viele Musiker spielen in zwei oder mehr Bands und ich habe den Eindruck, dass sich dadurch viele Bands untereinander beeinflussen. Dazu kommt, dass es hier absolut keinen Neid gibt und jeder den anderen Bands mögliche Erfolge gönnt und diesen sogar noch unterstützt. Wir posten bei uns auf der Facebook-Seite immer wieder Stofff von anderen Bands, die es verdient haben, gehört zu werden. Ich würde dir beispielsweise FLYNN EFFECT ans Herz legen. Eine Band aus Brisbane, die ich wirklich sehr gerne höre. Tolle Sängerin, leichte elektronische Einflüsse, darüber aber wundervolle Rock-Songs.", gibt Jim einen wertvollen Tipp, der hier gleich zur nächsten Bestellung australischer Musik führt.

Überhaupt scheint australische Musik in Deutschland, ja in Europa, immer populärer zu werden. Ein Trend, den auch Jim sieht. "Ja, das scheint so zu sein, sonst hätten wir vielleicht nicht den Vertrag mit InsideOut bekommmen. Ich habe gehört, dass KARNIVOOL bei euch mittlerweile sehr erfolgreich ist, dazu waren auch schon andere befreundete Bands wie TWELVE FOOT NINJAS oder DEAD LETTER CIRCUS bei euch unterwegs und wussten nur Bestes zu berichten. Ich freue mich bereits sehr auf unsere Tour mit SHINING (den Norwegern - PK) im Oktober und November." Leider war diese Tour der Grund für die Absage des ProgPower Festivals im holländischen Barlo am ersten Oktober-Wochenende. "Ja, das ist für uns auch wirklich schade, aber zwei Mal konnten wir uns den Trip nach Europa in so kurzer Zeit leider nicht leisten. Wir haben geschaut, ob wir die Zeit bis zur Tour  mit einigen Einzelgigs überbrücken können, aber das hat nicht funktioniert, weil dann doch zu viel Zeit zwischen Festival und Tour lag. Zudem haben wir alle Jobs und Familie und können deshalb natürlich auch nicht ewig weg sein. Von daher mussten wir da eine Entscheidung treffen und die fiel pro Tour und gegen das Festival aus.", begründet Jim nachvollziehbar.

Redakteur:
Peter Kubaschk

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