CHAOSWAVE: Interview mit Henrik, Raphael, Marco, Fabio & Giorgia

16.02.2006 | 23:05

Nachdem CHAOSWAVE mit ihrer EP und ihrem Debütalbum in unserer Redaktion einige Freunde gefunden haben, sind wir stolz darauf, euch ihre erste richtige Europa-Tour präsentieren zu dürfen, welche die modernen Thrasher durch Italien, Deutschland, die Niederlande, Schweden und Dänemark führen wird. Um euch richtig auf die Tour einzustimmen und euch die Band noch mal näher vorzustellen, hab ich mich mit allen fünf Musikern unterhalten, die einiges zu erzählen hatten.

Rüdiger:
Hallo alle miteinander! Euer Debütalbum "The White Noise Within" ist jetzt schon eine Weile draußen, wie war das Feedback von Magazinen und Fans bisher?

Marco:
Hi! Bisher war es fantastisch, wir haben bis jetzt nur vier Reviews, und die Fans, die das Album gekauft haben sind wirklich sehr glücklich damit. Lass uns hoffen, dass es noch lange so weitergeht!

Henrik:
Sieht so aus, als bekämen wir immer 8 oder 9 von 10 Punkten in den Reviews. Ich kann mich also nicht beschweren...

Rüdiger:
Das Album wurde über das holländische Label DVS Records veröffentlicht. Habt ihr einen längerfristigen Vertrag oder geht der nur über ein Album?

Henrik:
Das ist ein Deal über ein Album. Sozusagen sind wir schon wieder auf Labelsuche, bevor das Album überhaupt auf allen Märkten erhältlich ist, haha. Nun, wir sind mit dem Deal glücklich und DVS auch. Sie machen ohne Wenn und Aber einen guten Job und wir sind froh, dass wir uns alle Möglichkeiten offen halten können. Ich bin mir sicher, dass sich etwas ergibt.

Rüdiger:
Vor dem Debüt gab es eine selbst finanzierte EP. Wie war die Nachfrage in der internationalen Metalszene?

Marco:
Ja, wir hatten eine Menge Unterstützung aus dem Underground und von kleinen Vertrieben. Wir werden ihnen immer dankbar sein! Es war erstaunlich zu sehen, wie sehr sie an eine kleine Band wie CHAOSWAVE glaubten.

Rüdiger:
Drei der vier EP-Stücke sind auch auf dem Album gelandet. Warum habt ihr 'From The Stare To The Storm' weg gelassen? Sollten die EP-Besitzer was Besonderes haben?

Marco:
Wir habe eigentlich auch 'From The Stare...' neu aufgenommen. Aber bisher kann man es nur auf meinem Computer finden. Wir heben das Stück für spätere Neuauflagen oder als Bonustrack für Lizenzpressungen außerhalb Europas auf.

Henrik:
Wie Marco sagte: Hoffentlich wird es irgendwann auf einer Special Edition oder ähnlichem das Tageslicht erblicken. Und ja, wir wollten auch, dass die Besitzer der EP etwas ganz Besonderes haben. Wenn 'From The Stare...' auch auf dem Album wäre, dann hätte die EP weniger Wert, wenn du verstehst, was ich meine.

Rüdiger:
Ja, das verstehe ich sehr gut. Henrik, du bist von deiner Heimat Dänemark nach Italien gezogen, war es schwer sich dort einzuleben?

Henrik:
Es ist immer noch schwer. Zu viel Pasta, zu viel Gerede, nicht genug zum Trinken. Aber ich bin ein Metaller, ich werde damit fertig.

Rüdiger:
Was bedeutet dein Umzug für deine andere Band SINPHONIA, die immer noch ihren Sitz in Dänemark hat?

Henrik:
Viele Verzögerungen und viel Geduld. SINPHONIA ist momentan mehr ein Projekt, das immer nur dann weiterläuft, wenn unsere anderen Bands (EVIL MASQUERADE, CHAOSWAVE, THE DOWNWARD CANDIDATE) uns ein wenig Freiraum lassen.

Rüdiger:
Für diejenigen, welche nur eine deiner Bands kennen: Vergleiche doch mal SINPHONIA und CHAOSWAVE miteinander. Was ist ähnlich, und wo unterscheiden sich beide Bands?

Henrik:
Nun, ich will es kurz machen. Diejenigen, die CHAOSWAVE kennen, können sich SINPHONIA mit mehr Keyboards, etwas komplexer und mit einer opernhafteren Sängerin, sowie ohne männlichen Gesang vorstellen. Die SINPHONIA-Fans können sich an den härteren Songs von SINPHONIA orientieren, die Keyboards wegdenken, dafür zwei Sänger hinzufügen und sich alles ein wenig heftiger vorstellen. Ich schreibe die meiste Musik für beide Bands, also denke ich, dass man in beiden Bands Elemente der jeweils anderen Truppe wiederfindet.

Rüdiger:
Giorgia, Fabio, wart ihr in früheren Bands oder Projekten immer Solisten oder hattet ihr schon früher Duett-Erfahrung? Ist es nicht sehr aufwändig, Duette für zwei gleichberechtigte Stimmen zu schreiben, die sich nicht nur gegenseitig antworten, sondern auch wirklich gemeinsam singen? Das erfordert doch sicher viel Feinarbeit...

Giorgia & Fabio:
Wir singen beide zum ersten Mal als Duett. Man kann nur schwer erklären, wie die ganze Dynamik funktioniert, weil alles als Resultat eines natürlichen Prozesses entstand. Wir hatten dabei sehr viel Glück. Das Arrangieren von Gesangslinien zu unserer Musik kann manchmal ein sehr langwieriger und ermüdender Kampf sein; besonders wenn man bedenkt, dass wir im Gegensatz zu den anderen Jungs keine klassische musikalische Ausbildung hatten. Aber meistens geht der Prozess doch recht flüssig und natürlich vonstatten, wie wenn wir dafür geschaffen wären, miteinander zu singen.

Rüdiger:
Ich finde euren Stil sehr originell. Es ist nicht das übliche "Die Schöne und das Biest"-Zeug, nicht das abgedroschene Sopran-Gegrunze-Wechselspiel. Tolle Entscheidung, darauf zu verzichten. Mich würde interessieren, wer oder was euch beeinflusst hat, so zu singen, wie ihr singt.

Giorgia & Fabio:
Danke für das nette Kompliment. Unser Gesangsstil entwickelt sich im Grunde aus dem Gedanken, dass ein Großteil der Atmosphäre und Melodie in der Musik CHAOSWAVEs durch den Gesang transportiert wird und dass beide Stimmen gleich wichtig sind. Weil es nur wenige Bands gibt, die so funktionieren, ist es schwer, einen Einfluss zu nennen. Wir mussten mehr oder weniger unseren eigenen Stil erfinden.

Rüdiger:
Henrik, dein Gitarrenspiel, besonders das schwere Riffing ist sowohl technisch als auch hart und modern, weshalb ich deinen Stil mit NEVERMORE vergleichen würde. Das heißt jetzt nicht, dass du sie kopieren würdest, aber es würde mich doch interessieren, ob du dich gerne mit der Seattle-Legende vergleichen lässt?

Henrik:
Es gab zwei Bands, die meine Art zu spielen und den Anfang von CHAOSWAVE beeinflusst haben: NEVERMORE und STRAPPING YOUNG LAD. Ich mag das Genre, das beinahe Death-Metal-artige Intensität mit Melodie mischt und ich habe NEVERMORE seit SANCTUARY-Tagen verfolgt. Ich würde also sagen: Ja, ich mag den Vergleich. Trotzdem versuche ich meine Riffs und Ideen sehr persönlich zu halten und ich lasse mich von allem inspirieren, was Metal ist.

Rüdiger:
Marco, du spielst sowohl Bass als auch Keyboards, und du hast das Album koproduziert. Du spielst also sicher eine ganz besondere Rolle, was den Sound von CHAOSWAVE angeht. Während manche Bands mit ihrer zeitgemäßen Produktion gleich in die Nu-Metal-Ecke gesteckt werden, scheint es euch gelungen zu sein, trotz des modernen Sounds auch die traditionellen Metaller anzusprechen. Was ist euer Geheimrezept?

Marco:
Nun, im Grunde haben wir nur den Bass nach vorne gerückt und seinen Sound besser ausdefiniert, damit er im Kontext der Musik organischer wirkt. Ich denke, dass im letzten Jahrzehnt der Bass oft zwischen Gitarre und Schlagzeug aufgerieben wurde und zu so was wie zum "Subwoofer" des Gitarrensounds wurde. Wir haben dagegen den Bass als eigenständiges Instrument behandelt. Was unseren Sound zudem so speziell macht, ist der Kontrast zwischen der tighten, thrashigen Rhythmusgruppe und dem klaren Gesang oben drauf.

Rüdiger:
Du hast das Album zusammen mit Jacob Hansen produziert. Wie war die Zusammenarbeit und die Aufgabenverteilung?

Marco:
Die Zusammenarbeit mit Jacob Hansen war eine logische Konsequenz des Produktionsprozesses. Wir haben in Italien in dem Studio aufgenommen, dessen Miteigentümer ich bin, und in Dänemark alles abgemischt. So habe ich mich vor allem auf die grundlegenden Sounds, die Arrangements der einzelnen Tracks und die musikalische Performance konzentriert, während Jacob zu dem Ganzen seinen magischen Hansen-Touch und einige nette Keyboard-Parts beigesteuert hat. Dabei darf man nicht vergessen, dass jemand von außerhalb der Band oft Dinge bearbeiten kann, die man als Bandmitglied gar nicht sieht. Hansen hat dem Werk mehr Persönlichkeit verliehen.

Rüdiger:
Was bei der Produktion besonders positiv auffällt, ist der sehr präsente Basssound. Es ist schade, dass der Bass bei vielen Bands fast komplett untergeht. Findest du, dass öfters mal der Bassist für den Sound verantwortlich sein sollte?

Marco:
Wie ich bereits gesagt habe, wurde der Bass meiner Meinung nach in letzter Zeit oft nur dazu benutzt, den Gitarren tiefere Frequenzen hinzuzufügen. Ich stelle mir meinen Bass aber lieber als unabhängiges Instrument vor. Das muss man bereits in der Vorproduktion bedenken. Man muss die Songs so verfassen, dass man stets daran denkt, dass Gitarre und Bass verschiedene Parts spielen. Dem Bass mehr Präsenz zu verleihen, ist eine Kombination dreier Faktoren: Dein Sound, deine musikalischen Ideen und deine Unbefangenheit beim Mix.

Rüdiger:
Raphael, du spielst eine Menge sehr komplexer Schlagzeug-Figuren und Fills; so scheint es mir zumindest, der ich von Trommeln nicht allzu viel Ahnung habe. Das bringt einige sehr interessante Elemente mit sich, die besonders die atmosphärischen Parts aufwerten. Wie wichtig ist es dir als Schlagzeuger den Songs mehr zu geben, als nur Rhythmus, Geschwindigkeit und "den Punch"?

Raphael:
Danke für die netten Worte! Ich glaube, dass es wichtig ist, etwas beizusteuern, das die Songs besser werden lässt, aber dabei nicht zu übertreiben. Ein Schlagzeuger kann - wie jeder Musiker - den Song besser, aber auch schlechter machen. Das hängt nur von seinem Geschmack ab. Ich versuche, die Sachen interessanter zu gestalten. Ich folge nicht immer den Gitarrenparts, sondern ich versuche so kreativ zu sein wie möglich, ohne dabei zu vergessen, dass ich die Gesangslinien, die Melodien und das Feeling des Songs respektieren muss. Es ist mir als Drummer sehr wichtig der Musik etwas Zusätzliches zu geben. Die Leute sollen hören, dass hier ein Drummer sitzt, der etwas Interessantes und Musikalisches spielt. Das ist manchmal gar nicht so leicht, weil ein Schlagzeuger auch immer daran denken muss, dass weniger manchmal mehr ist. Er sollte also in der Lage sein, den Punch, die Geschwindigkeit und die Fills zu bringen - aber nur, wenn der Songs sie braucht.

Rüdiger:
Was hältst du davon, wenn dein Drumsound mit FEAR FACTORY verglichen wird? Mir ist der Vergleich eingefallen, wobei ich damit nicht die Art zu spielen meine, sondern den Sound an sich.

Raphael:
Ja, das ist wahr. Ich geb dir total recht, dass der Sound mit dem von FEAR FACTORY vergleichbar ist. Aber ich bin nicht vergleichbar mit Herrera. [lacht] Ich habe viele Inspirationsquellen, und FEAR FACTORY gehört dabei nicht zu den wichtigsten. Ich liebe zum Beispiel den Sound von SYL, DAGOBA, MNEMIC, DEVIL DRIVER usw... Ich mag einfach sehr viele verschiedene Musikstile und finde eigentlich an jeder Scheibe, die ich mir anhöre, etwas Interessantes. Der Schlagzeugsound auf der CD muss einfach zum Stil von CHAOSWAVE passen, und deshalb klingt er sehr digital und voll auf die Zwölf.

Rüdiger:
Nachdem ich Guf bereits zu SINPHONIA befragt habe, würde es mich natürlich auch interessieren, ob sonst jemand von euch noch andere Bands oder Nebenprojekte hat oder hatte...

Raphael:
Bevor ich bei CHAOSWAVE einstieg, hatte ich viele Bands, von Grindcore bis Hard Rock, aber nichts, was wirklich ernsthaft gewesen wäre. Momentan spiele ich noch bei BLU INFINITO: Ich bin dort erst vor einigen Monaten eingestiegen, also habe ich noch nichts mit ihnen aufgenommen. Die Musik war ursprünglich eine Art schwedischer Death Metal, aber nun sieht die Sache anders aus; die neue EP wird komplett akustisch werden. Wir haben eine Webseite unter http://www.bluinfinito.com . Außerdem hab ich die Drumtracks für die letzte MISBELIEVING-EP aufgenommen ( http://www.misbelieving.com ) und außerdem für Bands wie SANISICKATION (Metalcore) und MUTILATED SOUL (Death/Black Metal). Ich versuche alle möglichen Sachen zu machen, um Erfahrungen zu sammeln und besser zu werden.

Fabio & Giorgia:
Unsere ganze Zeit und Energie fließen momentan in CHAOSWAVE. Davor hatten wir keine langfristigen Band-Erfahrungen.

Marco:
Ich spiele Gitarre für eine Prog-Rock-Band namens KTL. Ich bin gerade dabei die Gitarrenaufnahmen, um eine 5-Song-Promo-CD fertig zu stellen, die ich dann auch bald abmischen werde. Wahrscheinlich kurz nach der kleinen Europatour mit CHAOSWAVE. Daneben bin ich mit dem Studio beschäftigt, in dem ich lokale Bands produziere und ich arbeite an meinem Abschluss in elektroakustischer Komposition.

Rüdiger:
Zurück in die Zukunft. Powermetal.de präsentiert eure Europatour 2006. Die Italien-Dates sind schon vorbei, wie ist es gelaufen?

Henrik:
Sehr gut, würde ich sagen. Die ersten drei Dates waren wirklich großartig. Wir haben viele CDs und T-Shirts verkauft, und es war cool zu sehen, wie viel Unterstützung wir und MINDLOCK - unsere dänische Support-Band - bekamen. Das letzte Konzert in Udine war ein bisschen enttäuschend, nur wenige Leute. Trotzdem hatten wir einen spaßigen Abend und konnten gut Merchandise verkaufen.

Rüdiger:
Was erwartet ihr jetzt von den Dates in Deutschland, den Niederlanden, Dänemark und Schweden?

Henrik:
Wir erwarten nichts weiter als eine gute Zeit. Wir wissen, dass zu manchen Gigs nur wenige Zuschauer kommen werden, während andere vor 300-400 Leuten stattfinden werden. Aber wir lieben es einfach zu spielen und wir können es nicht erwarten zu zeigen, was wir drauf haben. Weißt du, es sieht so aus, als würden wir die Leute jedes Mal positiv überraschen. Ich bin mir sicher, dass wir mit der Tour viele neue Fans gewinnen werden.

Rüdiger:
Was kannst du uns über eure Vorgruppe MINDLOCK sagen?

Henrik:
MINDLOCK sind eine ungesignte, aber sehr professionelle Thrash-Metal-Band. Wir haben mit ihnen bisher zwei Mini-Touren gespielt und glaub mir, die regieren die Bühne. Ein Act mit großartiger Musik und einem gesunden Maß an Selbstvertrauen.

Rüdiger:
Es ist ungewöhnlich, dass eine Band schon mit ihrem Debüt die Chance bekommt, eine relativ große Europa-Tour zu fahren. Musstet ihr das selbst organisieren oder hat euch das Label dabei stark geholfen?

Henrik:
Ich habe einen Großteil der Tour selbst organisiert, aber sowohl das Label, wie auch andere gute Kontakte in der Metalszene haben mir dabei geholfen. Es war manchmal sehr schwer und es bedarf endlos viel Geduld und Selbstvertrauen. Aber anders geht es heutzutage nicht. Um dich zu beweisen und deinen Namen bekannt zu machen, musst du so viel live spielen wie möglich. Ein wenig finanzielle Unterstützung bekamen wir von unserem Label und vom Hauptsponsor der Tour: Hansen Futz Drum Pedals.

Rüdiger:
So, das war's. Danke für das Interview. Wenn du noch was loswerden willst, nur zu...

Henrik:
Ich hoffe, es war nicht zu langweilig... Wenn ihr die Möglichkeit habt, uns live zu sehen, dann schaut vorbei. Wenn ihr uns trefft, dann sagt uns, dass ihr dieses Interview gelesen habt, und ihr bekommt einen Rabatt auf die CD. [lacht]

Redakteur:
Rüdiger Stehle

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