CRYPT SERMON: Brooks Wilson über westliche Esoterik und den passenden Untergrund für seine Ölgemälde.

09.06.2024 | 12:09

Papier, Pappe oder Leinwand? Im Interview mit CRYPT SERMON-Sänger Brooks Wilson erfahren wir mehr über Stundenbücher, Grimoires und natürlich das Doom-Highlight "The Stygian Rose".

Ganze fünf Jahre haben die Ostküsten-Doomer gebraucht, um "The Ruins Of Fading Light" einen würdigen Nachfolger zu bescheren. Mit "The Stygian Rose" zeigen die Amis erneut, wie unverkopft Doom Metal klingen kann.


Danke, dass du dir Zeit für das Interview nimmst! Euer letztes Album wurde kurz vor der Pandemie veröffentlicht. Viele waren damals der Meinung, dass es vor allem kleinere Bands hart treffen würde. Ihr seid zum Glück immer noch dabei. Wie waren die letzten Jahre für euch?

Wir hatten schon eine harte Zeit mit Covid. Nicht nur die Liveshows waren betroffen, wir haben uns auch personell innerhalb der Band verändert. Ohne Konzerte waren wir andererseits aber auch motiviert, neues, besseres Material zu schreiben.

Mir gefällt der Sound auf "The Stygian Rose" sehr. Die Produktion klingt so, als kämen Fäuste aus meinen Lautsprechern, um mir eine reinzuhauen. Und einen Song wie 'Down In The Hollow' gab es von euch bisher auch nicht.

Wir wollten von Anfang an mehr von allem machen, das Album gefährlicher und düsterer klingen lassen. Aber auch verletzlicher und zerbrechlicher. Wir wollten uns ganz bewusst mit Stimmungen und Songwriting-Styles auseinandersetzen, die neu für uns waren.

Deine Vocals sind absolut vielfaltig, klingen dabei aber immer nach Doom. Ehrlich gesagt gilt das auch für die Instrumente. Ist das soundtechnisch der Sweet Spot von CRYPT SERMON?

Ich behaupte, dass wir Musik spielen, die fest im Doom Metal verwurzelt ist, aber wir fühlen uns nicht darauf beschränkt, ausschließlich diesen zu spielen. Ich sehe mich selbst nicht als "Doom-Sänger". Wir werden von all der Musik beeinflusst, die uns begegnet und die wir hören. Es gibt also Einflüsse aus einer Vielzahl von Metal-Stilen, aber auch eine große Menge an Musik, die wir nicht aus dem Metal- oder Rock-Kosmos hören. Manchmal sind diese Einflüsse nicht unbedingt offensichtlich.

Das Cover-Artwork sieht wie ein echtes Gemälde aus (noch mehr als das von "The Ruins..."). Wurde es tatsächlich so gemalt oder nur auf sehr kunstvolle Weise digital bearbeitet? Außerdem ruft das Motiv ein KING DIAMOND-Gefühl hervor. Hast du dich bei der Gestaltung des Albums von ihm inspirieren lassen?

Das Bild ist in der Tat ein echtes Ölgemälde, wie alle unsere anderen Bilder auch. Ich bin für unser Cover und einen großen Teil der anderen visuellen Ausrichtungen der Band verantwortlich. "Ruins" wurde auf Papier gemalt, was dem Ganzen ein bisschen das Aussehen eines ausgetrockneten Stundenbuchs (mittelalterliches Gebet- und Andachtbuch für das Stundengebet - NM) verleiht, während "Out Of The Gardens" auf Leinwand gemalt wurde. Dieses Bild jetzt ist auf Karton gemalt. Ich kann definitiv eine Parallele zu der Kunst für "Them" ziehen, und wir waren schon immer von MERCYFUL FATE und KING DIAMOND beeinflusst. Mit diesem Album waren wir bereit, diese Verbindung ein wenig deutlicher zu machen.

'Heavy Is The Crown Of Bone' hat ein düsteres und interessantes Video bekommen. Die Lyrics lassen viel Raum für Interpretationen. Würdest du uns mehr über die "Krone der Knochen" erzählen?

COIN (Künstlerkollektiv, das für das Video verantwortlich zeichnet - NM) hat es uns wirklich angetan und das Video mit vielem verbunden, das weit über das hinausgeht, wovon der Song handelt. In dem Video sind tonnenweise Verweise auf die anderen Texte des Albums versteckt. Der Song folgt insbesondere dem namenlosen Protagonisten, der den Dämon "Furfur" aus der "Ars Goetia" (Grimoire aus dem 17. Jahrhundert - NM) beschwört, in einem vergeblichen Versuch, sich mit dem göttlichen Weiblichen zu verbinden.

In einem Interview zum letzten Album sagtest du, die Band habe keine Pläne für aufwendige Musikvideos. Hat sich eure Meinung dazu geändert?

Ich glaube, wir haben uns immer sehr beschützerisch bei allen visuellen Aspekte unserer Musik gefühlt und ich kümmere mich selbst um das meiste davon. Es hat uns viel Vertrauen gekostet, dass uns jemand anderes dieses Element aus den Händen nimmt. Jetzt denke ich, dass es ein Medium ist, das ich mehr erforschen möchte.

Bezüglich der "Stygian Rose" und dem Text dieses Liedes: Ich vermute, es geht um eine Frau? Ist sie diejenige, die antworten sollte, während der Erzähler "mit den Ketten an den Himmelstoren rasselt", wenn "sie meinen Ruf nicht hören kann"?

Die "Frau", auf die hier Bezug genommen wird, ist eher ein Konzept als ein bestimmtes Wesen. Es handelt sich eher um eine göttliche, weibliche Figur, die wir in Persephone, Sophia, der göttlichen Weisheit sehen.

Das ganze Album ist von einem Konzept umrahmt. War das von Anfang an deine Absicht? Was kommt zuerst, die Musik oder die Texte?

Das Konzept und die Konsistenz der Thematik des Albums haben sich schon früh herauskristallisiert, ich wusste, dass ich mich im weiteren Sinne auf die westliche Esoterik konzentrieren würde. Dennoch hat sich erst später beim Schreiben der Texte eine kohärente Erzählweise herauskristallisiert.

Der Bass spielt eine wichtigere Rolle als früher, und ihr habt auch einen neuen Bassisten. Habt ihr ihm mehr Freiheiten gelassen? Wie schreibt ihr als Band die Songs?

Ja, Matt hatte seit dem letzten Album etwas mehr Zeit, um mit der Band an der Musik zu arbeiten, und Frank wechselte auf die Gitarrenposition. Wir haben den größten Teil des Albums gemeinsam geschrieben, mit ein paar Songs, die von einem Mitglied geschrieben wurden. Meistens haben Frank, Steve oder ich uns ein paar allgemeine Riffs ausgedacht, die zusammenpassen, und dann haben wir uns hingesetzt und aus den Riffs einen Song gemacht. Tanner hat auch einiges zum Schreiben beigetragen.

Gibt es schon Pläne für eine Europatour?

Eine Tour ist bislang nicht geplant, aber einzelne Termine sind bereits im Kalender.

Wir bedanken uns für das Gespräch und würden uns freuen, ein Konzeptalbum wie "The Stygian Rose" auch auf der Bühne bewundern zu dürfen.

Photo-Credit: Scott Kinkade

Heavy is the Crown of Bone



https://www.youtube.com/watch?v=Edx1tziAbZA

Redakteur:
Nils Macher

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