DARKNESS: Interview mit Arnd Klink

24.04.2024 | 14:30

Knapp zwei Wochen vor dem Release der neuen DARKNESS-Scheibe, versammelten die Ruhrpott-Thrasher ein paar Redakteure um sich, um gemeinsam den wuchtigen, brutalen, aber auch abwechslungsreichen Klängen von "Blood On Canvas" zu lauschen. Herausgekommen ist ein Bilderbuch-Thrash-Metal-Album, das nicht unverdient auf unserem Soundcheck-Plätzchen gelandet ist. Ehre wem Ehre gebührt. Und nachdem wir uns die Ohren beschallen ließen, schnappten wir uns Arnd Klink, den DARKNESS-Gitarristen, um mit ihm die einzelnen Songs und deren Bedeutung, aber auch die des Thrash Metals generell, Revue passieren zu lassen. Herausgekommen ist ein sehr schönes Gespräch, das wir euch nicht vorenthalten möchten.

Arnd, aufgrund des EP-Titels "Over And Out" hatte ich leichtes Magengrummeln. Aber ihr seid jetzt wieder da. Und das mit einem sehr starken Album, das bei uns auch auf dem Soundcheck-Treppchen gelandet ist.
Ja, ich hörte davon und das freut uns wirklich sehr.

Ihr hattet in den letzten Jahren mit einem Besetzungswechsel zu kämpfen. Warum ist Meik gegangen?
Nun, besser gesagt haben wir uns voneinander getrennt. Ich betrachte das wie in einer Ehe, in der man manchmal an einen Punkt kommt, an dem man nicht mehr in die gleiche Richtung geht. Das ist einfach passiert. Seine Maßstäbe und Zielrichtungen waren andere als unsere und das kollidierte. Wir haben einige Zeit geschaut, ob es funktioniert, und irgendwann hat es nicht mehr gereicht. Und wenn alle nicht an einem Strang ziehen und auf beiden Seiten Unzufriedenheit besteht, dann macht es auch keinen Sinn mehr.

Aber inmitten der Aufnahme-Sessions?
Ja, das war leider etwas unschön. Es war kein Fortschritt, keine Besserung zu sehen. Dann haben wir darüber geredet und letztendlich musste ich dann einspringen und seine Parts einspielen.

Du hast zukünftig sehr tatkräftige Unterstützung mit Dominik, den man von TASKFORCE TOXICATOR und neuerdings auch SCANNER kennt. Was bringt er mit? Um welche Punkte bereichert er DARKNESS?
Er zieht natürlich den Altersdurchschnitt etwas nach unten und macht uns alle mathematisch jünger, haha. Er hat sich da unglaublich reingefuchst und innerhalb von zwei Monaten knapp 20 Songs reingeprügelt. Ich hab ihn zwar mit Lehrvideos etwas unterstützt, aber sein Arbeitseifer ist schon enorm. Sonntags bekam er die Sachen und dienstags konnte er sie nahezu fehlerfrei im Proberaum spielen. Das war schon sehr beeindruckend. Es funktioniert auch zwischen uns, wenn wir zusammen spielen. Großes Lob an Dominik.

Kommen wir zu "Blood On Canvas", eurem neuen Album. Was hat es mit dem Titel auf sich?
"Oil On Canvas", Öl auf Leinwand. Die Idee ist mir tatsächlich im Museum gekommen und "Blood On Canvas" ist in dem Zusammenhang auch schön plakativ. Im Text zum Titeltrack hierzu wird ein Gemälde aus Blut gemalt, die Welt und Menschheit betreffend. Überall brennt es, überall gibt es auf die Fresse, und da passen Titel und auch das Artwork zum aktuellen Geschehen.

Wir haben IRON MAIDEN mit Eddie, SODOM mit Knarrenheinz - wie heißt denn euer Maskottchen, der schon seit einiger Zeit eure Artworks ziert?
Der hat keinen Namen, haha. Für mich inoffiziell heißt er allerdings Rudi. Irgendjemand hat ihn damals einmal "Ruhrpott-Eddie" getauft und daher sein Spitzname. Er wird uns auch weiterhin begleiten. Beispielsweise konnte man ihm auf der "Over And Out"-EP direkt ins Auge blicken. Und zur aktuellen Scheibe haben wir unserem Designer vorgegeben, dass Rudi zeichnen soll. Da gab es verschiedene Ideen: Rudi in einer Galerie, vor einer Leinwand, in einem Studio. Und das hat Timon (Kokott - Anm. d. Red.) sehr gut hinbekommen.

Ein Dreamteam durch und durch. Wie auch mit Cornelius, eurem Produzenten?
Ja absolut. Ich glaube, die persönliche Note macht die Arbeit mit Conny so besonders. Wir sind auf einer Wellenlänge, auf einer Frequenz, und das ist enorm wichtig für die Scheibe und die generelle Zusammenarbeit. Er kommt aus der Szene, macht selbst zumindest live mit BONDED Musik, hat viele Jahre bei ONKEL TOM getrommelt und ist Drum-Tec bei großen Bands. Er lebt die Metal-Szene einfach und aufgrund dieser Basis kommt man auch von Beginn an sehr gut miteinander klar. Die Chemie muss einfach stimmen.

Und das hört man "Blood On Canvas" heraus. Straighter und abwechslungsreicher, so höre ich - auch im Vergleich zu "First Class Violence" - das neue Album. Der Bass bekommt mehr Raum, ihr variiert mehr, tobt euch noch spielfreudiger aus, ohne jedoch die Brutalität zu verlieren.  Wie siehst du das?
"First Class Violence" ist holpriger entstanden. Mit Meik und Dirk, unserem ehemaligen Bassisten, hatten wir auch noch eine andere Konstellation. "Blood On Canvas" hingegen ist aus einem Guss entstanden. Ein kleiner Vorteil der Corona-Krise war, dass man einmal schauen konnte, welchen Kurs die Band fahren möchte. Und man hört aus der Scheibe heraus, dass wir alle an einem Strang gezogen haben. Vom Sound und der Musik her ist das Album jedenfalls das Brutalste, was DARKNESS jemals veröffentlicht hat.  

Ihr startet mit 'Wake Up In Rage'. Montags morgens, der Wecker klingelt und man hat direkt schlechte Laune?
Genau das ist der Punkt. Der gängigste Arbeitstag ist immer Montag und es soll auch Menschen geben, die fröhlich und gut gelaunt aufwachen. Doch ich gehöre nicht dazu, weil man sich Tag für Tag immer wieder mit einer neuen Scheiße beschäftigen muss. Jeder von uns geht auch noch einer bürgerlichen Arbeit nach und wenn man acht Stunden mit einem Scheiß verbringt, um Miete und den Gitarrenbauer zu bezahlen. Und bedenkt man, dass man die Zeit doch besser mit Songwriting, Lyrics oder Üben nutzen kann, man es aber nicht kann, dann stimmt mich das nicht unbedingt fröhlich. Ich selbst bin morgens kein angenehmer Mensch, haha.

Ich kenne das tatsächlich auch von mir. In 'A Couple Of Kills' geht es wahrscheinlich nicht um eine Runde Paintball, oder?
Tatsächlich habe ich viele Sachen verklausuliert. Und so handelt der Song, wie man es sich vielleicht denken kann, eher um die Jagd.

'This And My Heart Beside' hat einen sehr emotionalen Hintergrund. Der emotionalste Text, den DARKNESS jemals geschrieben hat?
Ich denke schon, da wir zuvor niemals solche Themen, die einen direkt betreffen und berühren, mitaufgenommen haben. Der Tod der eigenen Mutter ist natürlich ein hartes Thema, eigentlich auch Stoff für eine Ballade. Aber das wäre nicht unser Sänger Lee und das wäre nicht DARKNESS. Insofern definitiv der persönlichste Text, den wir gemacht haben, ja.

Eine sehr bedeutungsschwangere Sache. Kommen wir zu 'Truth Is A Whore', als zunächst reizende Schönheit, die dann zu einer Summe aus Lügen wird, denen wir dann zustimmen, damit sie zur Wahrheit wird. Ist es deiner Meinung nach denn manchmal auch besser, nicht immer die Wahrheit zu wissen?
Es gab einen Spruch in früheren Zeiten, der lautete: Stell dich dumm und du lebst besser. Ich glaube, manche Dinge nicht zu wissen, ist tatsächlich besser, weil du dann automatisch ein geruhsameres Leben führst. Andererseits würde dann solch ein Album wie "Blood On Canvas" nicht existieren. Ich ziele da auch ein wenig auf die alternativen Wahrheiten, viele Dinge, die im Netz kursieren und aus unzähligen Blickwinkeln durchleuchtet werden. Du hast nicht nur Schwurbler, Idioten und Esoteriker, sondern auch Menschen, die nicht unbedingt der Tagesschau nachsprechen und trotzdem Recht haben könnten. Die Wahrheit ist immer das, was gebogen wird. Das ist im Privaten so, wenn wir uns darauf einigen, eine glückliche Beziehung zu führen, aber auch in der Politik: Wir einigen uns darauf, eine gute Regierung zu haben, weil es bequemer ist.

'Defcon Four' hat mir auch extrem gut gefallen, um bei der Wahrheit zu bleiben, hehe. Aber es gibt doch verschiedene Defcon-Stufen, oder?
Richtig, die vierte Stufe ist die letzte, bevor es knallt. Und Lacky hat den Text dazu geschrieben: Klima-Kollaps, Kriege, Aufstände - obwohl es uns gut geht, ist es eine nicht gerade angenehme Situation. Und viele verstehen nicht, dass wir kurz vor dem kompletten Kollaps stehen, wir fahren weiter Benziner, ballern Scheiße in die Umwelt und machen so weiter als wäre nichts, wo wir wieder bei der 'Truth Is A Whore'-Thematik wären. Auch ich habe viele Sachen, die Strom ziehen, und fahre einen Verbrenner-Motor, wir sind da alle etwas unbedacht und machen so weiter, bis es knallt.

Wenn wir die EP dazuzählen, ist "Blood On Canvas" eure dritte Scheibe bei Massacre Records. Welche Möglichkeiten haben sich für DARKNESS eröffnet?
Das Label dreht nun noch mehr auf als bei den letzten Alben. Ich will jetzt nicht orakeln, woran das liegt, aber bei Massacre gibt es extrem viel Unterstützung. Das merke ich an vielen Reviews und den Interviewanfragen, die uns erreichen und von den Kollegen bei Massacre kommen. Die hängen sich da enorm rein und ermöglichen uns viele Sachen.

Die Festivalsaison steht vor der Tür. Was hält die denn für DARKNESS bereit?
Leider nicht so viel. Da wir bis vor Kurzem noch kein aktuelles Produkt am Start hatten und damit nicht allzu präsent waren, ist da leider nicht allzu viel passiert. Da wir uns auch von unserem Booker getrennt haben, sind wir da im Hintertreffen. Ich hoffe sehr, dass aufgrund der neuen Veröffentlichung wieder vermehrt Anfragen reinkommen und wir so für die nächste Saison gut ausgelastet werden.

Am 26. April ist im Oberhausener Kulttempel dennoch eine DARKNESS-Show angekündigt, die Release-Show eures neuen Albums. Tatsächlich sehe ich euch das erste Mal. Auf was kann sich ein DARKNESS-Frischling einstellen?
Das ist schwierig zu sagen, da ich ja oben auf der Bühne stehen, haha. Ich denke aber, dass die Zuschauer Spaß haben, es sehr positiv aufnehmen und sich das auch auf andere Teile Deutschlands oder Europas überträgt. Wir sind live recht gnadenlos. Irgendwann haben wir einmal mit einer Supportband gespielt und die Mutter eines Mitglieds war deshalb auch vor Ort und sah uns live. Und die war restlos begeistert, weil der Funke ab der ersten Sekunde überspringt und wir ein hohes Energielevel auf die Bühne bringen. Wenn ich mir auch Videos anschaue, kann ich mir gut vorstellen, dass es zündet, hehe. Hier und da ein Moshpit und speziell, da wir bei der Release-Show ein Heimspiel haben, solltest du als Frischling nicht unbedingt in der ersten Reihe stehen, haha. Es sei denn, du hast Bock drauf.

Ich gucke sehr gerne Dokus. "Total Thrash" war für die Thrash-Metal-Szene extrem wertvoll. Was persönlich hat die Doku der Band DARKNESS oder auch dem Thrash Metal gebracht?
Daniel hat damit wirklich einen erstklassigen Job abgeliefert, keine Frage. Die Doku ist auch in der Mediathek von ARTE verfügbar und es hat Spaß gemacht, daran mitgewirkt zu haben. Zumal sie auch in die Welt hinausgetragen wurde, aber messbar ist das für uns nicht gewesen. Darüber hinaus tut es aber gut, dass die Fackel weitergegeben wird. Neben den alten Recken wie SODOM, KREATOR und DARKNESS konnten sich auch viele junge Bands dort verewigen und sind nicht zu unterschätzen. Sie sind agil, hungrig, spielfreudig...

Gerade im Thrash Metal brauchen wir uns also keine Sorgen um die Zukunft zu machen?
Nein, das glaube ich nicht. Generell um Heavy Metal nicht, obwohl es früher totgesagt wurde. Obwohl wir eine Phase wie die 1990er Jahre hatten, lebt der Heavy Metal immer weiter. In den 80ern hatte ich meine ersten Berührungspunkte mit SAXON und war von "Strong Arm Of The Law" komplett weggeblasen. Seitdem höre ich zwar auch andere Musik, aber Heavy Metal ist der rote Faden, an dem ich mein Leben entlanghangele. Heutzutage hört man noch immer die Wurzeln wie LED ZEPPELIN oder DEEP PURPLE, du bekommst den Heavy Metal nicht kaputt. Getreu dem Motto "Heavy Metal Never Dies" wird die Szene mit den Leuten, die Bock darauf haben, auch immer weiterleben. Du musst keine langen Haare oder Kutte tragen, du kannst auch ein normal bürgerliches Leben leben und trotzdem Heavy-Metal-Fan sein - mit Leib und Seele, gehst auf Konzerte, hast CDs und Platten, trägst Bandshirts - und das ist der Spirit. Bands wie IRON MAIDEN, METALLICA, SODOM, aber auch wir werden irgendwann aufhören und verschwinden, aber trotzdem immer da sein, weil die Leute diesen Spirit, das Engagement, die Szene leben und weitertragen. Wir von DARKNESS sind vielleicht nur ein kleines Rad, aber wir haben eine Geschichte, die immer da sein wird, und die wird auch nicht untergehen. Die Fackel wird weitergetragen.

Ein wunderbares Schlusswort, Arnd. Möchtest du noch etwas über "Blood On Canvas" loswerden?
Kauft es fleißig, damit ich meinen bürgerlichen Job hinschmeißen kann, haha. Nein, Spaß. Ich freue mich, wenn es den Fans gefällt, sie zu den Konzerten kommen. Ich bin immer wieder stolz, wenn wir mit den Fans die Köpfe schütteln können. Danke schön an euch da draußen!

Fotocredits: Henriette Tressin

Wake Up In Rage



https://www.youtube.com/watch?v=xKq5ZdD3vw8

Redakteur:
Marcel Rapp

Login

Neu registrieren