DELAIN: Interview mit Charlotte
24.04.2015 | 12:48DELAIN im Tourstress. Zwischen der Tour mit SABATON und BATTLE BEAST und einer eigenen Headliner-Tour konnten wir Charlotte für ein Interview gewinnen.
Hallo Charlotte, ich freue mich, dass ich mit Dir ein Interview machen darf. Ihr wart gerade auf Tour mit SABATON und BATTLE BEAST. Wie ist Dein Eindruck von dieser Tour?
Wir hatten jede Menge Spaß auf der Tour. SABATON und BATTLE BEAST sind großartige Bands mit großartigen Menschen. Wir können es kaum abwarten, wieder mit unseren Freunden von SABATON zusammen zu sein, wenn wir in ein paar Wochen wieder mit ihnen und NIGHTWISH auf Tour durch die USA gehen.
Als ich gelesen habe, dass ihr als Support auf dieser Tour spielt, war ich ein wenig skeptisch. Ganz so "heavy" ist euer Musikstil ja eigentlich nicht. Wart ihr auch skeptisch, hattet ihr ein bisschen Angst, dass ihr nicht ankommt, oder habt ihr es einfach als große Herausforderung betrachtet? War es während der Tour schwierig, das Publikum zu gewinnen? In Langen hatte ich das Gefühl, dass euch das gut gelungen ist.
Wir waren ausreichend darauf vorbereitet, das Publikum von unserer Musik zu überzeugen, da unser Symphonic Metal tatsächlich ein ganz anderer Musikstil ist, als der von SABATON und BATTLE BEAST. Aber wir haben bei den Konzerten viele herzliche Reaktionen bekommen und, was sehr wichtig für uns war, wir haben ein Publikum erreicht, das bisher für uns neu war. Alles in allem war das eine große Erfahrung.
Jetzt seid ihr auf Headliner-Tour in Europa unterwegs. Was ist anders für euch?
Zu allererst natürlich die Tatsache, dass wir ein komplettes Set spielen, mit unserer persönlichen Inszenierung und etwas mehr Platz auf der Bühne - keine Panzer. ;-) Auf unseren Headliner-Touren wissen wir natürlich, dass die Leute uns meistens schon kennen, deshalb können wir die Zuschauer viel differenzierter ansprechen. Wir haben eine sehr treue Fangemeinde, deshalb kennen wir an vielen Abenden fast alle Gesichter in der ersten Reihe. Das ist wirklich sehr cool.
Gleich danach geht es mit NIGHTWISH und SABATON in die USA und nach Kanada, da seid ihr ja ganz schön unterwegs. Ist das nicht schwierig, wenn man wochenlang so dicht aufeinander sitzt? Geht man sich da nicht ab und zu mal auf die Nerven?
Ich würde einfach sagen, dass wir daran gewöhnt sind - und inzwischen auch aneinander. Natürlich gibt es Momente, in denen du wirklich deinen persönlichen Freiraum und deine Privatsphäre vermisst. Aber hey, so ist halt das Tourleben und es ist halt dein Job!
Mal ganz ehrlich, wenn man sehr lange unterwegs ist, wie ist das dann so mit Partys? Hat man da überhaupt noch Lust, zu feiern oder ist eher ausschlafen angesagt?
Es kommt darauf an. Jede Tour hat epische Partys, an die man sich noch nach Jahren erinnert. Aber im Allgemeinen werden viel weniger Partys gefeiert, als die meisten Leute denken. Wenn du in einer Band bist - und ganz besonders als Sänger, wobei dein Körper ja dein Instrument ist - ist es besonders wichtig, gesund zu bleiben. Also solltest du deinen Körper nicht über Gebühr mit Feiern "verwüsten". Also ja, es wird ab und zu gefeiert, aber nicht ständig.
Seht ihr denn auf euren Touren - egal jetzt, wo - auch ein bisschen was von der Gegend?
Das kommt ganz auf die Tour an: Wie viele freie Tage es gibt und wie weit die Veranstaltungsorte voneinander entfernt sind. Wir legen tatsächlich Wert darauf, etwas zu sehen. Wenn wir also die Zeit dafür haben, findest du uns auf Erkundungstour, wo auch immer wir uns befinden.
Was gefällt dir auf Tour gut, was weniger gut und was hasst du wirklich?
Ich liebe es, zu reisen und überall auf der Welt neue Leute kennenzulernen, während ich die Musik spiele, die ich liebe. Ich mag es nicht, dass ich im Tourbus nicht richtig schlafen kann und ich hasse es wirklich, dass ich einen Nervenzusammenbruch wegen jedem kleinen Husten bekomme. Mein größter Albtraum ist es, auf einer Tour krank zu werden.
Wenn man so oft auf Tour ist, wie wirkt sich das auf dein Privatleben aus?
Es hat tatsächlich ernsthafte Auswirkungen auf dein Sozialleben und auf deine Beziehungen. Ich sehe meine Familie nicht so oft, wie ich es gerne möchte und es ist manchmal sehr hart, weil ich meinen Partner und meine Freunde vermisse. Andererseits habe ich natürlich meine Bandkumpels die ganze Zeit um mich herum und das wiederum bedeutet, dass einige meiner Freunde mit mir reisen. ;-)
Woher kennt ihr Merel Bechtold, die euch auf der Tour gitarrentechnisch unterstützt hat? Ich muss sagen, ich fand sie richtig toll.
Holland ist so ein kleines Land, dass es fast unmöglich ist, sich in der Metalszene NICHT zu kennen. Wir hatten mit ihr zusammen auf Tour eine großartige Zeit!
Gibt es irgendwelche lustigen Begebenheiten, die auf euren Touren passiert sind und die du erzählen darfst?
Die lustigsten Begebenheiten werden wir mit ins Grab nehmen. ;-)
Auf welches Event in diesem Jahr seit ihr am meisten gespannt?
Am meisten freuen wir uns auf das Bloodstock-Festival in England (6.-9. August, http://www.bloodstock.uk.com). Dort werden wir freitags Headliner auf der Sophie Lancaster Stage sein. Das ist eine tolle Sache für uns, in Anbetracht des Hintergrundes unseres Songs 'We Are The Others'.
Wo spielt ihr lieber: In kleinen Clubs mit eingeschworenen Fans, oder auf großen Festivals?
Festivals sind sehr wichtig, aber sie machen mich auch nervös. ;-) Ich mag kleinere Clubs sehr gerne.
Jetzt kommen ein paar Fragen, die du sicher schon ganz oft beantwortet hast...
Woher stammt der Name DELAIN und was ist seine Bedeutung?
Martijn kam mit dem Namen DELAIN an. Er fand ihn in Stephen Kings Buch "The Eyes Of The Dragon" (deutscher Titel: Die Augen des Drachen). Dort ist es der Name eines Königreiches. Außer der Tatsache, dass er den Klang des Namens mochte, hat er keine besondere Bedeutung.
Gibt es andere Bands, die euch inspirieren/inspiriert haben?
Na klar, sogar mehr als eine! Alle Bandmitglieder haben Listen von Lieblingsbands und Einflüssen auf ihren persönlichen Profilen (siehe auch www.delain.nl). Für mich gehören RADIOHEAD, KATE BUSH und NICK CAVE zu den Top Ten.
Wer ist bei euch für das Songwriting verantwortlich?
Die meisten Songs werden von Martijn Westerholt, Guus Eikens und mir geschrieben. Wir treffen uns regelmäßig zu Schreibsessions und dabei geht es immer sehr dynamisch zu! Während wir einen Großteil der Songs schreiben, machen andere Bandmitglieder mit und werden natürlich mit einbezogen. Ich selbst schreibe alle Lyrics, mit einigen Ausnahmen auf unserem ersten Album "Lucidity".
Wie würdet ihr selbst eure Musik beschreiben?
Symphonic Metal ist für mich in Ordnung.
Erzähl doch mal etwas über das Video zum Track 'Stardust'. Mein Kollege meint, es könnte einen Zusammenhang zu Stanislaw Lems "Sterntagebücher" ("The Star Diaries") geben.
Ich habe die "Sterntagebücher" nicht gelesen, deshalb besteht dazu kein Zusammenhang, zumindest kein bewusster. Tatsächlich gibt es aber einen absichtlichen Zusammenhang zu Foucaults Ankündigung auf das Ende der Menschheit in "The Order Of Things" (Michel Foucault: Die Ordnung der Dinge).
Wurde dein weißes Kleid im Video zu 'We Are The Others' aus Papier hergestellt?
Ja, das stimmt.
Wie kommt ihr überhaupt auf die Ideen zu euren Videos?
Manchmal haben wir schon eine klare Vorstellung, wie das Video werden soll. Manchmal geben wir auch den Videokünstlern/-firmen viel freie Hand, um sich mit der Thematik des Songs zu befassen und es optisch so umzusetzen, dass es uns gefällt.
Welche Bedeutung hat die Feder auf deinem Arm?
Das ist privat, tut mir leid!
Ich habe euch ja schon öfter gesehen, meistens als Support von WITHIN TEMPTATION. Ihr kommt beide aus den Niederlanden, seid ja auch durch Martijn Westerholt sozusagen miteinander "verbunden". Seid ihr auch privat befreundet?
Wir sind nicht nur quasi verbunden: Neben Martijns Vorgeschichte als ehemaliger Keyboarder von WITHIN TEMPTATION, ist er außerdem der Bruder von Robert Westerholt und somit sind er und Sharon nicht nur Freunde, sondern außerhalb der Show auch familiär verbunden.
Was machst du denn am liebsten, wenn du nicht auf Tour und nicht im Studio bist, also Freizeit hast?
Was bedeutet die Sache, die man "Freizeit" nennt? Ich mag es, zu schreiben, Zeit mit lieben Menschen zu verbringen, draußen zu sein und vielleicht ein bisschen Sport zu treiben.
Wolltest du schon immer Musik machen?
JA!!
Welchen Beruf könntest du dir vorstellen, wenn du nicht Musikerin geworden wärst?
Wenn ich kein ausübender Musiker wäre, würde ich gerne Musik schreiben. Wenn das für die Beantwortung der Frage nicht ganz reicht, würde ich sagen, dass ich ansonsten Schriftsteller geworden wäre. Entweder für Romane oder Sachbücher. Oder ich würde irgendwelche merkwürdige zeitgenössische Kunst machen.
Welchen Kontakt hast du zu deinen Fans? Schaffst du es z.B. noch, nach den Shows Autogramme zu geben?
Wir kommen fast nach jedem Konzert raus zu den Fans. Wir lassen das eigentlich nur aus gesundheitlichen Gründen ausfallen. Es ist ein wichtiger und auch spaßiger Teil unserer Arbeit und ich liebe es, mit unseren Zuschauern nach der Show herumzuhängen und zu schwatzen.
Wirst du eigentlich auf der Straße erkannt und dann auch schon einmal um ein Autogramm gebeten? Und wenn ja, stört dich das, nimmst du es als Preis der Bekanntheit hin oder findest du das sogar schön?
Manchmal, und um ehrlich zu sein, ich mag es. Ich denke mal, ich würde es nicht mögen, wenn es ständig passiert. Aber bei den Gelegenheiten, bei denen es momentan passiert, fühle ich mich geehrt und bin stolz darauf. Es ist natürlich besonders cool, wenn ich in Begleitung bin. ;-)
Zu guter Letzt noch die Frage: Was möchtest du einen Fans noch sagen?
Ich möchte allen für ihre vorbehaltlose Unterstützung danken. Es bedeutet uns wahnsinnig viel!!! Ich liebe euch!!!!
Vielen Dank für das Interview und noch viel Spaß und Erfolg auf allen Touren.
- Redakteur:
- Hannelore Hämmer