DESTRUCTION: Interview mit Schmier
01.01.1970 | 01:00Am 22. September wird knapp zwei Jahre nach "The Antichrist" das neue Album der deutschen Thrash-Institution DESTRUCTION erscheinen, welches auf den schönen Namen "Metal Discharge" hört. Ich plauderte mit Bandkopf Schmier ausführlich über die Scheibe und noch vieles mehr.
Stephan:
Ist das neue Album soweit fertig oder muss noch daran herumgefeilt werden?
Schmier:
Es ist alles fertig. Wir wollten diesmal alles sehr ursprünglich lassen und nicht zu lange daran herumdoktern, nicht zu viel mit Computern und modernen Aufnahmeverwurstungen arbeiten. Das kommt DESTRUCTION als Liveband entgegen, wenn wir nicht 50 Gitarren aufnehmen und alles korrigieren. Darauf haben wir diesmal Wert gelegt und ich bin ganz zufrieden damit.
Stephan:
Mit "The Antichrist" habt ihr die Messlatte natürlich sehr hochgelegt. Hat das von vornherein auch einen gewissen Druck auf euch ausgeübt?
Schmier:
Eigentlich nicht. Letztendlich macht man die Musik aus dem Bauch heraus. Es wäre sicherlich einfach gewesen wieder eine Platte zu machen, die wie "The Antichrist" von vorne bis hinten schnell durchgeht, aber das wollten wir eben nicht. Man muss als Musiker auch selbst von der Musik überzeugt sein. Für uns war dieses Mal wichtig, dass wir das Ganze variabler gestalten und verschiedene Tempi reinbringen, was es einfach auch ein bisschen interessanter macht. Und wenn ein neuer Drummer kommt, dann hat man auch automatisch einen neuen Background und auch eine etwas andere Herangehensweise an gewisse Phasen der Produktion.
Stephan:
In welcher Hinsicht toppt oder übertrifft die neue Platte "The Antichrist" oder kann man das so nicht miteinander vergleichen?
Schmier:
Das kann man, glaube ich, nicht miteinander vergleichen. "The Antichrist" war für die Zeit auf jeden Fall eine sehr kompromisslose Platte. Die Neue ist ein bisschen mehr "back to the roots" und bietet mehr Abwechslung. Das haben die Leute auch an "The Antichrist" kritisiert, dass sie wenig Abwechslung geboten hat, dafür war sie halt ziemlich brutal. Die Neue ist trotzdem noch sehr brutal und offeriert meiner Meinung nach ein bisschen mehr Musikalität. Vor allem hat sie einen warmen, natürlichen Sound und nicht diesen überproduzierten Schweden-Sound. Ich meine, die Tägtgren-Produktion war super auf "The Antichrist" und wir waren sehr zufrieden, nur die Band reproduziert das nicht wirklich, denn DESTRUCTION klingen eigentlich anders. Wir wollten halt so nah wie möglich an den Live-Sound herankommen und das haben wir versucht so umzusetzen. Ich glaube, beide Platten haben ihre Stärken, aber man kann es nicht wirklich vergleichen und es ist auch wichtig für die Band, dass wir uns weiterentwickeln und trotzdem DESTRUCTION bleiben. Sprich: Die Roots sind bei uns ganz wichtig, dass man hört, wer da am Werke ist und dass man sich nicht irgendwelchen Trends anbiedert.
Stephan:
Welche Songs könnten deiner Meinung nach am ehesten die Nachfolge des letzten Hits 'Thrash Till Death' antreten?
Schmier:
Schwierige Frage. Der Titelsong 'Metal Discharge' ist im Moment einer der Favs von mir, den haben wir in Japan und beim Gods Of Metal in Italien auch schon live gespielt und der kam in Japan zum Beispiel extrem gut an. Ich glaube, dass 'Metal Discharge' einer der neuen Klassiker sein wird. Es ist schwer zu sagen, ich glaube, es sind ein paar gute Songs drauf auf der Platte. Durch die größere Abwechslung ist es schwieriger einen Song als das totale Highlight herauszupicken. Ich finde, es sind mehr als nur ein Song dabei, die wirklich ins Liveset gehören. Aber das wird sich zeigen, wir sind gerade erst mit Allem fertig geworden, da ist das schwer zu beurteilen. Ich glaube, wir werden es so machen, dass wir mit den Fans zusammen die Songs für die Liveshows auswählen.
Stephan:
Ihr habt diesmal nicht im Abyss-Studio von Peter Tägtgren aufgenommen, sondern im Little Creek-Studio in der Schweiz. Warum kam der Wechsel?
Schmier:
Naja, wenn man immer das Gleiche macht, wird es monoton und macht keinen Spaß mehr. Zweimal in Schweden aufzunehmen war gut, aber die Impulse sollten immer andere sein. Wir wollten mit neuen Leuten ein anderes Feeling kreieren und auch anders produzieren. Es sollte mehr "back to the roots" gehen und mehr in einer Livesituation aufgenommen werden. Peter Tägtgren hat sich im Moment als Produzent, glaube ich, ein bisschen zurückgezogen und hat gerade viel zu tun. Wir werden bestimmt mal wieder mit Tägtgren produzieren, weil die Zeit einfach sehr geil war und er auch ein sehr guter Freund von uns ist. Aber dieses Mal war die Zeit reif mal etwas anderes zu probieren. Aber Tägtgren ist nach wie vor ganz klar einer der besten Leute in Europa.
Stephan:
Ihr habt wie schon auf "The Antichrist" wieder den Spagat hingekriegt oldschooligen Thrash Metal mit einer fetten, allen momentanen Standards entsprechenden Produktion zu veredeln, ohne dass das Achtziger-Feeling verloren geht. Ist es dir wichtig, dass man trotz deutlich besser produziertem Sound als bei euren früheren Scheiben immer auch eure Wurzeln heraushören kann?
Schmier:
Auf jeden Fall. Ich glaube, damals konnte man auch noch nicht so gut produzieren wie heute, denn die Leute, die heute in der Szene drin sind, sind alles selber Musiker und haben viel Erfahrung, wie z.B. Andy Sneap. Früher gab es diese Leute noch nicht und die ganzen Produzenten damals konnten mit Heavy Metal nichts anfangen. Ich fand die Produktionen damals auch ein bisschen lahm und ich wollte diesmal einfach eine Produktion haben, die up to date ist. Wenn man viel Geld für eine CD bezahlt, dann soll sie auch gut klingen und dir die Birne weich blasen.
Stephan:
Feilt ihr im Studio lange an euren Songs herum oder werden die einfach spontan und unverfälscht eingebolzt?
Schmier:
Normalerweise machen wir kein großes Theater. Die Zeiten haben wir hinter uns und deshalb ist die Band ja auch mal zerstört worden und daran kaputt gegangen. Wir sind eigentlich schon sehr spontan und wenn wir gute Ideen haben, werden die schnell verarbeitet. Musikalisch sind wir mittlerweile auch alle auf einem Nenner, so dass wir ziemlich schnell arbeiten können. Die Aufnahmen ziehen sich normalerweise nicht länger als zwei Wochen hin, dann wird noch ein paar Tage gemischt und das war's dann. Ich sehe keinen Sinn darin 5000 Chöre aufzunehmen und die Band überzuproduzieren und dann klingt es live total beschissen. Ich finde, bei drei Mann muss man im Studio so produzieren, dass das auch live reproduzierbar ist. Das war eigentlich bei allen Produktionen bisher der Fall, nur weil wir im letzten Jahr extrem viel live gespielt haben, war es diesmal noch wichtiger.
Stephan:
Worauf legst du beim Songwriting neben Härte und Schnelligkeit noch Wert?
Schmier:
Auf jeden Fall auf Eingängigkeit. Wir sind keine Band, die absolute Ohrwürmer schreibt, aber die Hooklines und Vocals müssen einfach hängen bleiben. Nach dem zweiten oder dritten Mal hören muss schon was hängen bleiben, sonst sind es keine guten Songs. Aber wie du schon gesagt hast, die Beats und die Härte sind auf jeden Fall auch wichtig.
Stephan:
Wenn man sich die Songs so anhört, dann scheint es, als würdet ihr noch ziemlich viel Wut mit euch herumtragen. Wo nehmt ihr die her?
Schmier:
Schau dir die beschissene Welt an, in der wir leben. (lacht) Ich glaube, die Momente, wo man ausflippen könnte, die hat man jeden Tag. Ich bin froh, dass ich ein Ventil habe, indem ich Texte schreiben kann und die Musik ist schon eine Art Therapie für mich. Ich finde die Welt momentan ziemlich beschissen, vor allem wenn man sich die momentane Weltpolitik anschaut - die Globalisierung, wie die Leute behandelt werden und dass der kleine Mann nichts mehr zählt. Und jeder wird vom Staat ständig beschissen und in die Ecke gedrängt. Irgendwie erinnert mich die ganze Situation an den ersten "Matrix"-Film. Ich glaube, diese Wut und Aggression, die war schon immer da, aber die können wir jetzt besser kanalisieren. Auch weil wir musikalisch wissen, wo wir hingehören und was wir wollen. Ich glaube schon, dass DESTRUCTION mittlerweile härter klingen als jemals zuvor.
Stephan:
Wird es wieder eine besondere Limited Edition wie bei "The Antichrist" geben und wie wird die aussehen?
Schmier:
Die wird es geben und darauf werden sich viele Bonustracks befinden, nämlich zunächst einmal alle Coverversionen, die wir in letzter Zeit gemacht haben. Dazu kommt eine neue Version vom alten Klassiker 'Bestial Invasion' und diverse Demotracks. Es werden sechs, sieben Songs auf einer Extra-CD sein. Da sind Songs dabei, die wir später in einer anderen Version veröffentlicht haben mit anderen Texten und anderem Titel. Das dürfte ganz interessant sein.
Stephan:
Was sind das für Coverversionen? Ist da dieser METALLICA-Tribute ('Whiplash') mit dabei?
Schmier:
Genau, METALLICA ist mit dabei, der EXPLOITED-Song ('Fuck The U.S.A.' - d. Verf.) und eine IRON MAIDEN-Coverversion von 'Killers'. Diese drei plus 'Bestial Invasion' und noch drei oder vier interessante Demotracks.
Stephan:
Habt ihr aus den Problemen, die es mit der Limited Edition beim letzten Mal gab, irgendwelche Konsequenzen gezogen?
Schmier:
Die Plattenfirma haben wir nicht gewechselt. (lacht) Wir haben halt einfach gelernt, dass man sich in bestimmten Produktionsphasen doppelt absichern muss. Auch die Firma hat uns versprochen, dass sie diesmal einen sicheren Weg gehen werden. Letztendlich waren wir gevögelt, die Plattenfirma war unzufrieden und die Fans hatten auch nichts davon. Ich hab jetzt vor Kurzem zum ersten Mal diese originalen schwarzen Pappschuber in der Hand gehabt, diese braunen "Kackschuber", die da in Umlauf gebracht wurden, waren gar nicht lustig. Aber wir hätten den ganzen Release verschieben müssen, wenn wir die Dinger gestoppt hätten und das haben wir auch nicht gewollt. Es war halt eine beschissene Sache, aber sowas passiert nun mal. Aber man kann davon ausgehen, das so etwas dieses Mal nicht passieren wird.
Stephan:
Glaubst du, dass deine sehr markanten Vocals euch etwas von anderen Thrash-Bands abheben?
Schmier:
Ich glaube schon, dass die Vocals wichtig sind und ich bin auch jemand, der darauf steht, wenn ein Sänger anders klingt. Ich finde es schon etwas enttäuschend, wenn man sich die ganzen Power Metal-Bands anschaut, die in den hohen Regionen rumquietschen und alle gleich klingen und keine Identität mehr haben. Genauso ist es im Black oder Death Metal; da gibt es auch nicht so viele Sänger, die man sofort erkennt. Ich glaube schon, dass es im Thrash sehr wichtig ist, dass man einen markanten Sänger hat; ob das jetzt Araya, Baloff oder Chuck Billy sind oder auch Mille von KREATOR oder Tom von SODOM. Ich glaube, die Bands mit einem markanten Sänger haben sich auch früher oder später durchgesetzt, weil das schon ein Trademark ist.
Ich glaube, dass die Vocals bei uns mittlerweile in einem Bereich sind, wo sie überzeugen können. Ich habe mich in den letzten Jahren auch als Sänger weiterentwickeln können, ohne mich jetzt selber loben zu wollen. Ich glaube, dass wir auch früher das Problem hatten, dass Viele den Gesang von mir zu extravagant fanden. Ich bin mit dem Gesang auf der neuen Scheibe sehr zufrieden, weil er extrem abwechslungsreich geworden ist.
Stephan:
Die typischen DESTRUCTION-Trademarks treten wieder überdeutlich zu Tage. Ist es eine Grundbedingung für dich, dass ihr eurem ureigenen Stil auf jedem weiteren Album treu bleibt?
Schmier:
Was sind für dich die typischen Trademarks?
Stephan:
Ganz einfach: Wenn man einen Song hört, dann erkennt man schon nach fünf Sekunden, dass der von DESTRUCTION stammt, selbst wenn man es nicht wüsste.
Schmier:
Das hört man gerne. Ich glaube, wenn man so lange zusammen spielt und jeder seinen eigenen Stil hat - Mike hat seinen Gitarrenstil und ich meinen Gesangsstil, dass man, wenn die beiden Faktoren zusammenkommen, schon meistens den DESTRUCTION-Stil am Start hat. Wir sagen nicht, lass uns jetzt mal DESTRUCTION-Songs schreiben, sondern wir komponieren drauflos und irgendwann kommen DESTRUCTION-Songs dabei heraus. Es kann schon vorkommen, dass wir uns mal fragen, ob das wohl passt und ob wir das nicht noch mal überarbeiten sollten. Aber im Großen und Ganzen wissen wir schon wo es langläuft und wir müssen uns nicht darüber unterhalten, wie ein DESTRUCTION-Song zu klingen hat. Das ist sehr spontan, die Eier müssen vibrieren.
Stephan:
Ist bei solch alten Hasen wie euch das Schreiben eines neuen Albums eher schwieriger, weil ihr mit den bisherigen Platten bereits ein relativ hohes Niveau vorgegeben habt oder eher leichter, weil ihr einfach die Erfahrung habt, dass ihr wisst, wie eine DESTRUCTION-Scheibe zu klingen hat?
Schmier:
Ich glaube, es ist eine Mischung aus beidem. Teilweise überlegt man sich schon, ob man sich verändern oder mal was anderes machen will. Letztendlich hast du immer die Kritiker, die dir vorwerfen, dass du ständig das Gleiche machst. Aber du hast halt auch einen eigenen Stil, den du verteidigen musst. Am Anfang ist es immer ziemlich schwer, aber wenn es mal nicht flutscht, kommt die Erfahrung zur Geltung und dann werden in einer Woche schon mal drei oder vier Songs geschrieben. Es hat sich bei uns auch festgesetzt, dass dieses Verkünsteln und lange Herumdoktern an Songs nichts für uns ist. Das ist eher was für diese Monumental-Bands oder Progressive Rock-Bands. Wir haben mehr Spaß an der Sache, wenn wir spontan drauflos komponieren und hinterher hoffentlich ein guter Song dabei herauskommt.
Stephan:
Würdest du sagen, dass du mit Mike jetzt ein besser eingespieltes Team bildest als vor deinem Ausstieg aus der Band?
Schmier:
Auf jeden Fall. Vorher hatten wir sehr viele Dispute und sehr viele unterschiedliche Meinungen, wie Songs sein sollten und auch wie die Richtung der Band weitergehen sollte. Das war schon sehr frustrierend damals und wir haben da eine Zeit lang sehr schlecht miteinander kooperiert. Bei der "Release From Agony" (1988 - d. Verf.) war das schon so und bei den Aufnahmen zu "Cracked Brain" (1989 - d. Verf.), bei denen ich ja noch dabei war, haben wir uns dann überhaupt nicht mehr verstanden. Im Moment ist es schon so, dass jeder den anderen respektiert und dass die Meinungen von Beiden gleich viel wiegen. Wir haben Beide viele Ideen, wenn es an eine neue Platte geht und jeder kann auch die Ideen des Anderen vernünftig verarbeiten und das war früher nicht so. Ich glaube, das Teamwork ist mittlerweile so gut wie niemals zuvor und ich hoffe, das kann man den Songs auch anhören. Das ist auch sehr wichtig, denn wenn die Chemie in einer Band nicht stimmt, dann kann man keine guten Songs schreiben.
Stephan:
Warum habt ihr Drummer Sven vor anderthalb Jahren ausgetauscht?
Schmier:
Der hat sich halt irgendwo selbst disqualifiziert. Dadurch, dass er keinen Bock mehr hatte auf Tour zu gehen und einfach ein bisschen geschwächelt hat. Wir waren das ganze Jahr weg und er wollte lieber zu Hause bei seiner Perle sein. Die wollte, dass er gar nicht mehr auf Tour geht. Wir wollten ihn eigentlich schon vor der "Antichrist" austauschen, aber damals hat er noch gefleht, dass wir ihm eine zweite Chance geben sollen. Das haben wir auch gemacht, aber es hat sich einfach irgendwann herausgestellt, dass das Rock'n'Roll-Leben nicht sein Ding ist. Bei DESTRUCTION geht es auch hart her, wir spielen jede Menge Shows und haben einen hohen Anspruch und wenn du dann Heimweh hast und ständig an eine Frau denkst, bist du einfach fehl am Platz. Es ist schade gewesen, denn er war ein junger Mann und ein talentierter Trommler, aber nur wenn man ein Ziel vor Augen hat, kommt man irgendwo hin und dann darf da auch nichts im Weg stehen.
Stephan:
Ihr wart kürzlich in Japan und habt am Sonntag auf dem Gods Of Metal gespielt. Wie war's da? Du hast gesagt, ihr habt da schon neue Songs gespielt...
Schmier:
Ja, wir haben 'Metal Discharge' vorgestellt, der kam sehr gut an, wobei das bei neuen Songs ja immer ein bisschen gefährlich ist. Es waren unsere erste Japan-Shows überhaupt, denn wir hatten uns ja gerade aufgelöst als es in Japan zu boomen begann. Ich war mit meiner Nachfolgeband HEADHUNTER zwar schon mal da, aber eben nie mit DESTRUCTION. Das war auch sehr cool, es gibt dort jede Menge Fans und gerade junge Kids, die auf harte Musik stehen. Ich hätte gedacht, zu den Shows kommen ein Haufen alte Säcke, aber das Gegenteil war der Fall. Es ist schön zu sehen, dass die Metal- bzw. Underground-Szene wieder am wachsen ist.
Das Gods Of Metal war auch gut, wir haben nur leider am falschen Tag gespielt, nämlich zwischen SAXON, QUEENSRYCHE und WHITESNAKE, was nicht gerade unser Publikum war. Dafür ging es aber echt gut ab mit Moshpit und Stagedivern. Allerdings haben sich die WHITESNAKE-Fans relativ schnell verkrümelt, als wir da losgebrettert haben. (lacht)
Stephan:
In ein paar Wochen steht mit dem With Full Force-Gig ein weiteres Highlight an, bei dem ihr laut Vorab-Running Order (ist mittlerweile bestätigt - d. Verf.) am Samstag direkt vor SEPULTURA auftreten werdet...
Schmier:
Ja, hoffen wir es mal. Die haben uns auf jeden Fall versprochen, dass wir unter den letzten drei Bands sein werden. Da unser 20-jähriges Jubiläum ansteht und das With Full Force das einzige Festival in Deutschland ist, auf dem wir diesen Sommer auftreten, haben wir uns schon viel vorgenommen. Es soll auf jeden Fall eine fette Show werden mit viel Bombast und vielen Knalleffekten.
Stephan:
Ist es eine Ehre für euch, dass ihr quasi Stammgast bei den großen deutschen Festivals seid?
Schmier:
Es ist auf jeden Fall schön, dass man wieder bei uns anfragt. Wir hätten dieses Jahr auch auf anderen Festivals spielen können, aber wir haben uns für das With Full Force entschieden, weil wir da immer eine gute Zeit hatten, die Veranstalter sehr professionell arbeiten und das mittlerweile auch sehr bekannt ist. Ich finde es cool, da es zeigt, dass wir mittlerweile einen Status erreicht haben, wo wir einfach respektiert werden. Das erste Jahr nach der Reunion war schon ständig dieser Reunion-Mief da, aber wir haben uns diese Sache mit viel Schweiß erarbeitet. Wir haben letztes Jahr fast überall auf der Welt gespielt und es war eine sehr geile Tour, die auch zeigt, dass die Band mittlerweile mehr Fans hat als jemals zuvor.
Stephan:
Kann man sagen, dass es durch das Wiederaufleben der alten, klassischen Bands im Thrash-Sektor eine allgemeine Rückbesinnung auf den Old School-Thrash in der hiesigen Metallandschaft gegeben hat?
Schmier:
Ich glaube schon, dass die "großen" Bands ein bisschen davon profitiert haben, allerdings ist es sehr schwer von einem Thrash-Revival oder Thrash-Comeback zu sprechen, was einige gemacht haben. Ich sehe, was die kleineren Bands verkaufen und ich sehe auch unsere Verkaufszahlen realistisch an und da ist schon noch ein bisschen Luft nach oben. Es ist schön anzuschauen, dass die Thrash-Szene in den letzten Jahren wieder gewachsen ist und dass jede Menge junge Nachwuchs-Metaller den Thrash für sich entdeckt haben, die vorher vielleicht nur Death oder Black Metal gekannt haben. Man sieht mittlerweile auch, dass viele gute, junge Bands nachkommen und das ist auch sehr wichtig für die Szene.
Stephan:
Würdest du sagen, dass ihr mit euren ersten drei, vier Alben Szene-Standards gesetzt bzw. mit bestimmt habt?
Schmier:
Wir hatten das Glück zur richtigen Zeit am richtigen Ort zu sein. Wir waren eine der ersten europäischen Bands, die richtig harte Musik gespielt hat und dadurch bist du automatisch irgendwie Kult. Wir haben mit "Infernal Overkill" und teilweise auch mit "Eternal Devastation" Platten gemacht, die jede Menge gute Songs beinhalten, die ich auch heute immer noch gerne live spiele.
Ich glaube, dass es im Leben immer so ist, dass man zum richtigen Zeitpunkt das richtige machen muss. Wir hatten das Glück nie eine "Zweite-Welle-Band" zu sein. Es gibt bestimmt viele Bands, die besser und talentierter waren als wir, aber wir hatten einfach diesen Biss unser Ding durchzuziehen. Das hat die Band immer stark gemacht und als wir damals auseinander gebrochen sind, war das eben nicht mehr der Fall. Ich glaube schon, dass wir damals ein paar Klassiker geschrieben haben und ein paar Sachen erfunden haben, die auch heute noch in der Metalszene wichtig sind, z.B. das Outfit oder diverse Songtitel-Schlagwörter.
Stephan:
Lässt du dich von fundierter Kritik überzeugen oder interessiert es dich nicht, was die Kritiker so von sich geben?
Schmier:
Du weißt ja, wie das mit den Kritikern und den Meinungen ist. Jeder hat eine Meinung und das ist auch richtig so, aber ich muss mich daran nicht wirklich orientieren. Es ist immer mal ein Ohr offen für Kritik, aber wenn wir jedem Kritiker zuhören würden, müssten wir mittlerweile wahrscheinlich progressiven Nu Metal spielen und das braucht kein Mensch. Ich glaube, dass DESTRUCTION auch mit gewissen Scheuklappen durch die Landschaft gehen müssen. Ich bin selber ein sehr kritischer Typ und versuche mit dem was ich habe, so perfekt wie möglich zu arbeiten. Ich habe einen sehr breit gefächerten Musikgeschmack und weiß, was in der Metalszene abgeht, deswegen brauch ich keinen Typen, der sich für einen Schreiber-Messias hält und mir sagt, was ich machen muss.
Stephan:
Ist es manchmal etwas stressig für dich ständig im Rampenlicht zu stehen und als Mittelpunkt von DESTRUCTION betrachtet zu werden?
Schmier:
Ab und an möchte man auch gerne seine Ruhe haben. Aber wenn man das schon so lange macht, dann ist das einfach ein Bestandteil des Lebens und man hat auch Spaß dabei. Ich habe dadurch viele coole Leute kennen gelernt und habe viele Freunde in der Szene. Ich freu mich auch immer auf die Festivals, weil ich da die ganzen Leute treffe, die ich das ganze Jahr nicht sehen kann. Es ist ein Job wie jeder andere und als Profi wäre es fatal, wenn man es nicht genießen würde.
Stephan:
Gibt es irgendwelche Anzeichen dafür, dass DESTRUCTION in den nächsten Jahren nicht mehr die Bühnen der Welt unsicher machen werden?
Schmier:
Die körperliche Verfassung bzw. der körperliche Zerfall ist die einzige Sache, die sich bei unserer intensiven Musik sicherlich irgendwann mal bemerkbar machen wird. Wir sind halt eine aggressive Liveband und geben körperlich voll Gas. Da ist halt die Frage, wie lange wir das machen können. Letzte Woche in Italien bei 60 Grad auf der Bühne, da habe ich mich schon gefragt, wie lange geht sowas noch. Aber wir haben eine gute Einstellung dazu und können das Ganze bestimmt noch einige Jahre auf dem gleichen Level durchziehen.
Stephan:
Also momentan läuft bei euch noch alles wie geschmiert?
Schmier:
Genau, es läuft alles wie geschmiert. (lacht)
Stephan:
Dann hab vielen Dank für das Interview.
- Redakteur:
- Stephan Voigtländer