DEW-SCENTED: Interview mit Leif Jensen

24.04.2007 | 10:10

Kaum war der neue Nackenbrecher "Incinerate" eingetütet und stand pressfrisch in den Regalen, betraten die Jungs von DEW-SCENTED auch schon den Tourbus. Die jährliche No-Mercy-Festivalreihe brachte sie gemeinsam mit NAPALM DEATH, MOONSPELL und BEHEMOTH quer durch die Republik und Nachbarstaaten. Kaum zurück, steht Frontschreier Leif "Leffe" Jensen Rede und Antwort: Zum neuen Mörderalbum, KREATOR-Milles Gastauftritt und ... HipHop! ;-)

Carsten:
Ist euer neues Album eher was für Fans von SLAYER oder KREATOR?

Leif:
Ich denke "Incinerate" ist generell ein guter Griff für Extrem-Metal-Fans. Und natürlich was für DEW-SCENTED-Supporter. Ich weiß schon, worauf du mit deiner Frage hinaus wolltest, aber prinzipiell lassen wir uns nicht gerne in eine bestimmte Ecke schieben. Theoretisch dürften aber die meisten Leute, die auf SLAYER und/oder KREATOR stehen, ein gewisses Verständnis für unsere Musik haben. ;-)

Carsten:
Ihr wurdet ja bis zum Erbrechen mit SLAYER verglichen. "Incinerate" erinnert mich aber streckenweise eher an KREATORs "Enemy Of God". Nicht nur, weil Mille in 'Retain The Scars' auftaucht. Inzwischen könnt ihr satte Riffs ja ebenso leicht aus dem Ärmel schütteln wie die deutschen Vorzeige-Thrasher...

Leif:
Naja, ich weiß nicht. Das höre ich so als Vergleich jetzt zum ersten Mal. Wir standen schon immer auf KREATOR, aber ich denke nicht, dass sich die beiden Bands sehr ähneln. Selbst dass Andy Sneap unser Album gemischt hat, schiebt es meiner Meinung nach nicht allzu sehr in Richtung von den aktuellen KREATOR-Alben. Klar, prinzipiell spielen wir auch recht sauberen, modernen, riff-orientierten Thrash Metal und Mille ist auch als Gastsänger bei 'Retain The Scars' zu hören, aber ich denke das war es auch schon fast an Gemeinsamkeiten. Aber wir verstehen deine Anmerkung mal als Kompliment, also ist das sehr fein für uns.

Carsten:
Kanntet ihr Mille eigentlich schon vorher näher? Und gibt es vielleicht eine lustige Anekdote im Zusammenhang mit der Songaufnahme?

Leif:
Ja, wir kennen den Mille schon eine ganze Weile, weil wir mal einige Shows für KREATOR als Support agiert haben. Mille und Co. sind nicht nur musikalisch ein wichtiger Einfluss für unsere Anfangstage gewesen, außerdem respektiere ich ihn sehr als Persönlichkeit. Mille wohnt sogar bei mir in der Nähe, so dass wir uns ab und zu auch so mal über den Weg laufen. Wir hatten bereits bei "Issue VI" die Idee, ihn als Gastsänger einzuladen, um mal einen netten stimmlichen Kontrast zu meiner Stimme zu bilden, aber leider klappte das damals aus Gründen des Timings nicht. Diesmal hat es aber zum Glück funktioniert und so habe ich Mille in einem Studio in Essen getroffen und recht flott die Takes gemacht.
Nee, lustige Anekdoten gab es nicht wirklich zu den Aufnahmen. Ich war aber ziemlich beeindruckt, wie schnell und professionell Mille seine Lines eingeschrien hat, es sind ja einige. Und danach waren wir lecker vegetarisch essen, hahaha!

Carsten:
Hat hoffentlich gut geschmeckt, so ganz ohne totes Fleisch. Was gibt es denn sonst von der "Incinerate"-Session zu berichten?

Leif:
Naja, eigentlich nichts Spannendes, denn es war sehr locker und fokussiert. Wir waren ja nach drei Platten am Stück im Stage One Studio mit Produzent Andy Classen diesmal bei jemand anders im Studio. Jörg Uken kennt uns ja schon seit Jahren und hat uns auch als Live-Mischer manchmal unterstützt hat. Er hat die Platte in seinem Soundlodge Studio in Norddeutschland in der Nähe von Leer aufgenommen und es hat alles super funktioniert. Wir haben anschließend beim Andy Sneap gemischt. Sneap war schon immer ein Traumkandidat von uns, da wir sehr auf seinen fetten, modernen Sound stehen. Egal ob NEVERMORE, KREATOR, KILLSWITCH ENGAGE oder TRIVIUM – das klingt bei ihm alles immer sehr dick. Deswegen wollten wir mal testen wie unsere Musik in einem solchen Gewand funktioniert – und ja, wir sind sehr zufrieden mit der Produktion dieser Platte. Ansonsten verlief aber wie gesagt alles entspannt und wie geplant.

Carsten:
Der Sound ist auch in der Tat sehr fett geworten. Habt ihr eigentlich noch genug passende Albumtitel übrig, die mit "I" anfangen?

Leif:
Um ehrlich zu sein, ist es nicht wirklich so, dass wir eine Liste besitzen, die wir jedes Mal einfach nur durchsuchen. Wir fangen eigentlich immer wieder bei Null an und das teilweise auch sinnig, denn es sollte ein Titel sein, der spontan gut zur Atmosphäre des Albums passt, aber auch eine gute Brücke zum Artwork schlägt. Bei "Incinerate" waren wir uns eine ganze Zeit gart nicht so einig, so dass wir auch im Internet aufgefordert haben, uns Ideen zu schicken. Und da kamen auch ein paar nette und interessante Sachen zusammen. Aber generell denke ich schon, dass es noch ausreichend konzept-passende Titel dort draußen gibt. Und falls nicht, dann wird die Titelreihe halt abgeändert, so eng sehen wir es auch nicht. ;-)

Carsten:
Fühlt ihr euch selbst eigentlich eher dem Thrash oder dem Death Metal zugehörig? Obwohl ich jetzt eigentlich schon fast eine Antwort wie "Hip Hop" erwarte...

Leif:
Ich würde sagen, dem Thrash Metal. Die Riffs und die Art und Weise des Songwritings hat seine Ursprünge im Thrash, aber wegen Härtegrad, Geschwindigkeit und auch dem Gesang könnte ich auch damit leben, wenn man uns mit Death Metal umschreibt. Ich denke, die Wahrheit liegt wie so oft mal wieder in der Mitte. Ich denke, Anti-Hip-Hop wäre eine gute Bezeichnung für unsere Musik, hahaha!

Carsten:
Aber richtig harter Anti-Hip-Hop, hehe. Könnt ihr inzwischen eigentlich von eurer Musik leben?

Leif:
Nee, nicht wirklich, aber wir leben mit ihr, hahaha! Die Musik ist wohl doch zu kompromisslos und unkommerziell, um davon alleinig zu überleben. Aber wir haben uns ja schon seit einigen Jahren dran gewöhnt und versuchen, klug unsere Jobs an die Musik anzupassen. Dafür muss man flexibel sein, aber auch gut planen können. Ist finanziell nicht immer leicht. Aber so lange uns die Musik so viel Spaß macht und sich weiterhin gute Möglichkeiten für Tourneen, Plattenaufnahmen usw. anbieten, werden wir versuchen, so viel Zeit wie nur möglich für die Band zur Verfügung zu stellen und der Musik somit höchste Priorität einzuräumen.

Carsten:
Kaum stand "Incinerate" in den Regalen, ging's für euch ja schon auf zur alljährlichen "No Mercy"-Tour. Wie war's denn auf dieser bunt gemischten Tour, bei der ihr als einzige die Thrash/Death-Fahne zwischen Grindcore-, Black-Metal- und Düster-Metal-Bands hochgehalten habt?

Leif:
Ja, die Tour ist gerade am vergangen Wochenende zu Ende gegangen. Es war super! Ich fand die Mischung von Bands mit NAPALM DEATH, BEHEMOTH und MOONSPELL attraktiv, weil es mal was anderes war. Aber klar, stilistisch war das schon 'ne schwierige Mischung. Wir haben ja die Thrash-Metal-Fahne gehisst und somit war jede Band voneinander verschieden. Die Gemeinsamkeiten der Bands lagen aber darin, dass alle Acts starke Live-Bands sind, wir uns sehr mögen auf persönlicher Ebene und vor allem, dass alle Bands sehr lange bereits aktiv sind und immer eine langfristige und ehrliche Karriere vor Augen hatten. NAPALM DEATH sind Szene-Originale und alte Helden von uns, die jeden Abend richtig Arsch getreten haben! BEHEMOTH sind eine unserer Fave-Bands im Black/Death Metal und sehr nette Typen, so dass es toll war, zweieinhalb Wochen mit ihnen zu verbringen in den Metropolen Europas. Wir haben viele neue Freunde auf dieser Tour gemacht und das Timing - mit dem Start der Tour am Veröffentlichungstermin unseres neuen Albums "Incinerate" – hätte kaum besser sein können. Wir freuen uns jetzt schon auf die nächste Tour im Juni mit MISERY INDEX und COLDWORKER.

Carsten:
Was fehlt dir denn auf Touren am meisten?

Leif:
Nichts so wirklich. Ich bin auf Tour recht ruhig und genügsam und genieße die Reisen und die "Auszeit" vom Leben zu Hause. Aber generell fehlen mir natürlich meine Freundin und der Luxus eines eigenen Badezimmers. ;-)

Carsten:
Und umgekehrt: Was vermisst du, wenn du wieder zu Hause bist?

Leif:
Die Bühne und die Ferne! Es ist halt oft so, dass man gerne wieder zu Hause wäre, wenn man auf Tour ist bzw. gerne wieder auf Tour, wenn man zu Hause ist. Das ist ganz menschlich! Ich denke, dass wir deswegen so oft und gerne unterwegs sind mit DEW-SCENTED. Wir stehen auf Tourneen und die Erfahrungen, die man on-the-road so sammeln kann. Und wie gesagt, wir freuen uns jetzt schon auf die nächste Tour.

Carsten:
Dann steht der Festival-Sommer an, wobei ihr euch mit dem Earthshaker, Metalcamp und Hellfest einiges vorgenommen habt. Bevorzugst du's eigentlich, jeden Abend eine andere Stadt zu sehen – sprich: zu touren – oder ein Wochenende lang mit anderen Bands abzuhängen?

Leif:
Naja, wenn ich ehrlich bin, finde ich Day-Offs bei einer Club-Tour nicht ganz so spannend, weil sie halt dennoch Geld kosten und oft "öde" sind, wenn man nicht wirklich in einer attraktiven Stadt landet, sondern auf einmal 20 Stunden lang an einer gottverlassenen Autobahnraststätte rumhängt. Bei Festivals würde ich mir aber manchmal schon wünschen, etwas länger bleiben zu können, um Leute zu treffen, andere Bands zu sehen und einfach mal das Wochenende zu genießen. Leider ist das oft wegen anderer Gigs nicht machbar. Zum Beispiel wäre ich sehr gerne das komplette Wochenende auf dem diesjährigen Hellfest, denn das Line-Up ist Killer und dort werden zig meiner persönlichen Lieblingsbands spielen. Aber leider werden wir - wie beim letzten Mal vor Ort, als es noch Fury Fest hieß - nur an dem Tag unseres eigenen Auftritts anwesend sein und danach weiterziehen müssen. Ähnlich auch beim Metalcamp in Tolmin, welches ich als super-schönes Gebiet in Erinnerung habe, von dem Mal, als wir vor einigen Jahren dort gespielt haben. Aber leider waren wir auch nur für eine Nacht letztes Mal dort, und so wird es in diesem Jahr scheinbar auch wieder sein. Festivals im Sommer sind aber definitiv eine tolle Zeit, um zu feiern und Kumpels wieder zu treffen. Ich freue mich schon auf den baldigen Beginn der Open-Air-Saison! Ansonsten sieht man sich hoffentlich bald auf Tour irgendwie, irgendwo und irgendwann. Thrash it up!

Redakteur:
Carsten Praeg

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