DIARY OF DREAMS: Interview mit Adrian Hates

30.11.2017 | 21:29

Was wäre, wenn eine uralte Maschine uns steuern würde? "Eden" hat Adrian Hates den Mittelpunkt dieser Frage genannt. Ob es nun die Hölle in Eden ("Hell In Eden") ist, um die sich das neue Album von DIARY OF DREAMS dreht, oder ob es "Hell in Eden" wird - darüber sprachen wir mit dem Mastermind im Interview.

Dabei ist Adrian Hates ordentlich im Stress, als wir endlich zum Interview zusammenfinden. Kein Wunder: Die Tour zum neuen Album hat gerade erst begonnen, die Eindrücke des ersten Wochenendes mit den neuen Songs sind gerade erst verarbeitet und schon wieder müssen die Taschen gepackt werden. Umso höher rechnen wir es dem Frontmann von DIARY OF DREAMS an, dass er sich die Zeit nahm, um mit uns zu sprechen. Der ist von den ersten Gigs hörbar beeindruckend. Überraschend gut, so meint er, sei die Tour zu "Hell In Eden" gestartet. "Es ist immer schwer abzuschätzen, wie es funktioniert, wenn man mit frischem Material auf Tour geht", beginnt er seine Ausführungen. Das Feedback sei jedoch vor allem in Frankfurt sehr frenetisch ausgefallen. "Ich glaube, wir haben dort vor Ort Rekordzahlen erzielt, was unseren Zulauf in Frankfurt betrifft", schätzt er. Für gewöhnlich gehörten die Gothic-Hochburg Leipzig sowie Hamburg zu den Tournee-Highlights von DIARY OF DREAMS, doch... "Nach dieser Tour muss ich das noch einmal ernsthaft überdenken", so Adrian Hates. Gerade in der Börsenmetropole sei man es gewöhnt, mehr für eine Reaktion des Publikums arbeiten zu müssen.

Aufgeregt ist der passionierte Musiker dabei jedoch nur noch in Maßen. "Natürlich entwickelt man schon eine gewisse Erfahrung - die Aufregung ist nach mehreren hundert Gigs nicht mehr dieselbe, wie jene, mit der man zu Beginn auf die Bühne gegangen ist", sagt er ehrlich. Dennoch: Gar nicht mehr aufgeregt zu sein, das fände auch der Sänger äußerst beunruhigend. "Gerade live kann ja unglaublich viel passieren." Viele Fragen, die sich vor allem zu Beginn einer Konzertreise stellten: Sind alle Musiker mit dem neuen Material schon vertraut genug? Funktioniert die neue Technik? Umso erleichterter sei Adrian, dass schon der Tour-Auftakt derart locker und entspannt über die Bühne ging. An Rückenwind für den Rest der "Hell In Eden"-Tournee mangelt es also bei Weitem nicht.

Doch am Tag unseres Gespräches lohnt sich nicht nur der Blick auf kommende Ereignisse. Denn just am 19. Oktober jährte sich auch die Veröffentlichung des Herzensprojekts von Adrian Hates, "The Anatomy Of Silence" zum fünften Mal. "Davon wird es auch definitiv eine Fortsetzung geben", verspricht Adrian. Schließlich habe das Album etwas sehr Privates, Persönliches - die Songs gewinnen durch die Neuinterpretation ihren ganz eigenen Zauber. Doch auch "Hell In Eden" fesselt die Zuhörer schon mit dem bombastischen Opener 'Made In Shame' und entführt in wahrhaft epische Klangwelten. "Viele Fans sagen, dass wir gar nicht mehr wie früher klingen", gibt Adrian zu. Dies sieht er allerdings nicht per se als Kritik. "Schließlich entwickeln auch wir uns ja permanent weiter und bekommen mit der Zeit ein ganz anderes Gefühl für Musik." Vieles, was sich auf den ersten Alben von DIARY OF DREAMS befinde, würde seinen heutigen Ansprüchen nicht mehr genügen. "Nicht, dass ich es schlecht finde. Aber heute habe ich alleine schon mit meinem Equipment ganz andere Möglichkeiten", stellt Adrian klar.

Die meisten Songs von DIARY OF DREAMS entstünden am Klavier, wobei der Komponist sich davor hütet, irgendwelche fremden Erwartungen erfüllen zu wollen. "Ich schätze die kreative Freiheit, ins Blaue arbeiten zu können." Musikalisch wie textlich sehe er sich mehr als der kritische Beobachter der Entwicklungen, die unsere Welt macht. "Damit will ich gar nicht mit dem Finger auf irgendjemanden zeigen", betont Adrian. "Doch wenn wir nicht bald begreifen, was in der Welt schief läuft, ist es bald zu spät, um das Ruder noch rumzureißen." Doch was hat die Menschheit überhaupt zu der rücksichtslosen, bisweilen grausamen Gesellschaft werden lassen, die nicht nur Adrian derartiges Kopfzerbrechen bereitet? DIARY OF DREAMS geht mit "Hell In Eden" einer interessanten Theorie nach. "Ich habe mir vorgestellt, dass es vielleicht eine Maschine ist, die in unseren Köpfen uns und unsere Gedanken verändert - der Ursprung der Dinge und auch unserer Träume", erklärt Adrian. Eine Maschine, so alt wie die Zeit - "Eden" eben.

Nicht nur thematisch ist "Hell In Eden" damit schwere Kost. Auch musikalisch webt sich ein dichter Klangteppich um die tiefgründigen Texte - ein Schwanken zwischen Melancholie und Bombast, Zorn und Sanftheit. "Ich genieße diese Gegensätze", sagt Adrian und verweist dabei auch auf "Grau im Licht", einer weiteren Verbeugung vor den Zwischentönen abseits von Schwarz und Weiß. Diese spiegeln sich auch im Titel des Albums wider: Was ist es denn nun? Wird es denn "Hell In Eden" oder ist die Menschheit zur "Hell In Eden" verdammt? "Das ist die Interpretation jedes Einzelnen", so Adrian mit einem Augenzwinkern. Auch wenn er auf Konzerten auf die Doppeldeutigkeit des Namens angesprochen werde, ermutige er die Menschen dazu, "Hell In Eden" genauso auszusprechen, wie sie es für richtig halten.

"Wir haben das große Glück, dass viele der Fans sich sehr intensiv mit dem Album und der Musik auseinandersetzen und nicht einfach nur konsumieren", erzählt Adrian. DIARY OF DREAMS berühre viele Seiten in den Menschen, ihm werde viel zugetragen. "Auf eine besondere Art und Weise werde ich so Teil ihres Privatlebens - viele haben das Gefühl, dass jemand ihnen da aus 'der Seele' schreibt", erklärt er. Es sei eine Verantwortung, die man mit einer derart persönlichen Musik übernehme. Eine Verantwortung, der er sich durchaus bewusst sei. "Ich verbringe viel Zeit damit, Nachrichten zu beantworten und auf die Fragen, die die Menschen haben, wirklich einzugehen." Eine Haltung, die ihm gar nicht hoch genug anzurechnen ist.

Redakteur:
Leoni Dowidat

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