DIE BESCHMIERTEN: Die komplette Band im Interview

20.10.2014 | 07:35

Zugegeben, in meinem Review zum aktuellen Longplayer "Bock Auf Bier" war ich nicht gerade zimperlich mit dem Trio Glanemann/Gauselmann/Niepel. Allerdings hat mir die Scheibe im Anschluss irgendwie doch keine Ruhe gelassen und so konnte ich einfach nicht anders und musste den Jungs einfach ein paar Fragen stellen. Schön zu sehen, dass DIE BESCHMIERTEN Kritik gut wegstecken können und sich im Umgang mit kritischen Pressevertretern sportlich fair zeigen.

Jungs, wie eingangs erwähnt hätte mein Review zu "Bock auf Bier" aus eurer Sicht sicherlich gerne etwas positiver ausfallen dürfen. Ihr scheint euch da wohl keinen großen Kopf über kleinere Nackenschläge zu machen. Sehe ich das richtig oder wie geht ihr generell mit kritischen Reviews um? Seid ihr angepisst, ist es euch egal oder denkt man schon darüber nach, was man in Zukunft anders machen könnte?

Gausel: Wir merken, dass wir uns weiterentwickeln und Kritik nehmen wir selbstverständlich an, sie ist aber keinesfalls richtungsweisend für uns.

Wie ist eigentlich generell so das Feedback zu der Scheibe? Den Vorgänger "An der Theke" kenne ich leider nicht. Ich gehe mal davon aus, dass trotzdem deutliche Steigerungen in den Rückmeldungen zu erkennen sind. Oder?

Niepel: Die Steigerungen sind für uns selbst natürlich am deutlichsten, aber das, was allgemein wahrgenommen wurde, ist die bessere Produktion, der fettere Sound, die Einflüsse aus dem Elektrobereich und das bessere Songwriting.

DIE BESCHMIERTEN sind sicher nicht jedem unserer Leser ein Begriff. Ich wäre euch deshalb dankbar, wenn ihr ein paar Worte zur History der Band verlieren könntet. Ein paar Eckdaten genügen …

Gausel: 2007 als Akustikduo gegründet und seit 2010 als Trio unterwegs. Bis jetzt haben wir die beiden Alben "An der Theke" und "Bock auf Bier" veröffentlicht.

DIE BESCHMIERTEN ist jetzt nicht unbedingt ein alltäglicher Bandname. Was hat’s damit auf sich?

Niepel: Gausel und ich haben zahlreiche Tätowierungen, da passte der Name, zumal "ein Beschmierter" bei uns landläufig ein Synonym für "bunter Vogel" oder einfach bekloppt ist.

Bei euch dreht sich in den Texten ja ziemlich viel um das Thema Alkohol und dessen Folgeerscheinungen. Ich möchte jetzt nicht soweit gehen und von "Glorifizierung des Alkoholismus" reden, aber als Kostverächter kann man euch mit Sicherheit nicht bezeichnen. Steht ihr dem Thema grundsätzlich uneingeschränkt unkritisch gegenüber oder wo setzt ihr Eure Grenzen? Ihr lauft ja mit Sicherheit nicht dauerdicht durch die Gegend …

Gausel: Wir sind natürlich keine dauerbreiten Vollidioten, wir stehen allesamt mit beiden Beinen im Leben. Natürlich trinken wir alle gerne Bier, haben aber unsere Grenzen gut ausgelotet. Auf unseren Konzerten fließt natürlich ordentlich Alkohol, die Leute sollen Spass haben, jedoch nicht mit einer Alkoholvergiftung im Krankenhaus aufwachen. Das wäre zu viel des Guten.

Ich kann mir vorstellen, dass es doch einige Leute gibt, die so Ihre Probleme mit eurer Einstellung gegenüber Alkohol haben. Gab es da schon mal negative Worte, Anfeindungen, Übergriffe oder sonstige negative Reaktionen?

Glanemann: Nein, eigentlich nicht. Leute die uns kennen, wissen um den Anteil der Selbstironie in unseren Texten. Bühne und Privatleben sind zwei verschiedene Paar Schuhe und zur Show gehört eine gewisse Übertreibung einfach mit dazu.

Wie läuft bei euch eigentlich das Verfassen der Texte ab? Im Booklet stehen als Verfasser DIE BESCHMIERTEN. Schreibt ihr die Sachen im Kollektiv am runden Tisch oder wie muss ich mir das vorstellen?

Niepel: Bei uns läuft vieles im kollektiven Brainstorming ab. Jemand wirft ein Thema in den Raum und gemeinsam wird nach dem zündenden Etwas gesucht.

Apropos Texte. Wenn wir schon dabei sind. 'Kudma 14'. Was hat es damit auf sich? Meinem Wissen nach, ist die Kudma ein Nebenfluss der Wolga. Ist das Wort "Schimmel" ein Verlegenheitsreim auf das Wort "Pimmel"?

Gausel: Aber sicher doch! Es gibt ja nicht so viele Reime auf "Pimmel", da begnügt man sich mit dem Erstbesten. Spaß beiseite: 'Kudma 14' ist die Abkürzung für "klein und dünn mein Affenpimmel" - ein sehr alten Song, den wir spaßeshalber auf unserem "Bock auf Bier" Album in ein neues Kleid gesteckt haben.

'Fett' ist ein weiteres Stück auf dem angesprochenen Album. Der Song kommt auf den ersten Blick sehr spaßig daher, aber durch die zunehmende Verfettung der Gesellschaft sicher einen ganz ernsten und aktuellen Hintergrund hat. Was berührt euch an dem Thema abgesehen davon, dass es um Exzesse geht?

Glanemann: Im Prinzip geht es darum, dass viele Menschen aus den falschen Gründen essen und dass die Nahrungsaufnahme generell eine fast perverse Ebene erreicht hat. Der Hintergrund ist diesmal tatsächlich ernster Natur, doch das Thema ernst zu behandeln wäre einfach nicht unsere Art.

Ihr habt "Bock auf Bier" in den eigenen Räumlichkeiten aufgenommen und extern gemischt und gemastert. Warum das und erzähl vielleicht mal etwas generell über eure Arbeitsweise beim Proben bzw. Recorden?

Glanemann: Die Songs bei uns aufzunehmen ist ganz einfach eine finanzielle Sache. Wir haben nicht das Geld, um uns für mehrere Wochen in ein Studio einzumieten. Das hat aber auch den Vorteil, dass wir keinen Stress oder Termindruck verspüren und ganz in Ruhe arbeiten können. Zu den Proben ist zu sagen, dass wir die Zeit nutzen, um unsere Songs für die Bühne vorzubereiten und wenig Songwriting dort stattfinden lassen. Aufnahmen laufen bei uns relativ entspannt ab. Für die "Bock auf Bier"-Aufnahmen hat sich jeder von uns zwei Wochen Urlaub genommen und die ganze Session kam uns eher wie ein gemütlicher Urlaub vor.

"Bock auf Bier" erscheint im Eigenvertrieb. Absicht oder warum verzichtet ihr auf die Zusammenarbeit mit einem Label?

Niepel: Momentan befinden wir uns in Gesprächen, wollen hier aber noch nicht all zu konkret werden. Du merkst also, eine Zusammenarbeit mit einem Label ist angedacht.

In meinem Review habe ich euch als "abenteuerliche Stilmix aus RAMMSTEIN meets SUCH A SURGE mit einer Prise HÄMATOM und TIC TAC TOE (ohne Witz)" bezeichnet. Könnt ihr den Vergleich mit den aufgeführten Bands nachvollziehen?

Glanemann: Ja, auf jeden Fall. Die stumpfe Macht der RAMMSTEIN-Songs färbt ganz bewusst auf Teilbereiche unserer Musik ab. Ansonsten ist der Crossover Bereich natürlich immer sehr spannend. Und TIC TAC TOE waren ja schließlich auch zu dritt ;-)

Live habt ihr einen elektronischen Helfer als viertes Bandmitglied. Warum keine weiteren Bandmitglieder aus Fleisch und Blut? Angst euch könnte das Bier schneller ausgehen, kein Platz im Auto, keine passenden Mitstreiter bisher gefunden oder hält es mit euch Dreien niemand aus?

Gausel: Im Prinzip hast du mit allem recht. Der Hauptgrund ist allerdings, dass wir zu dritt ein megaunkompliziertes Bandleben haben und dies so beibehalten wollen. Außerdem können wir mit unserem Roland bequem auf kleinen Bühnen spielen.

Bei euren Konzerten, so steht es zumindest im Bandinfo, "artet es aus"! Ich habe euch noch nie live gesehen - was muss ich mir unter der Phrase "es artet aus" vorstellen?

Niepel: Da verweisen wir gerne auf unser aktuelles Video 'Trink es aus', welches du bei YouTube ansehen kannst. Es gibt gewisse Phrasen und Passagen in unseren Songs, bei denen in den Zuhörern Schalter umgelegt werden. Dann passieren solche Sachen wie im Video.

Was muss ein gutes Interview für euch haben? Beantwortet ihr jedes Interview oder nehmt ihr euch Freiheit ein Interview abzubrechen, wenn’s euch zu dumm wird?

Gausel: Generell beantworten wir jedes Interview. In letzter Zeit hatten wir viel mit dem  "Tank mit Frank"-Festival viel zu tun, welches wir mitorganisieren. Deshalb musstest du auch so lange auf unsere Antworten warten. Es gibt natürlich immer Standardinterviews und welche, bei denen man merkt, dass der Autor sich Mühe bei der Fragestellung gegeben hat. Dein Interview haben wir zum Beispiel sehr gerne beantwortet ;-)

O.k. ich wäre mit meinen Fragen durch. Danke fürs Beantworten. Die letzten Worte gehören euch …

Niepel: Alles klar, danke für deine Interviewanfrage. Wir hoffen dich demnächst mal im Publikum sehen zu können. Noch einen charmant angenehm pfiffigen Abend. Prösterchen!

Redakteur:
Oliver Kast

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