Diskografie-Check: Ronnie James Dio - Teil 1 | Platz 17 - 9
25.07.2022 | 09:52Wir haben uns etwas ganz Besonderes vorgenommen. Statt das Werk einer Band zu ehren, wollen wir uns diesmal das Schaffen eines wahren Helden des Metals ansehen, der für immer einen Platz in der schwermetallischen Ehrengalerie und in dem Herzen unzähliger Musikfans rund um den Globus hat. In meinem Herzen hat er einen ganz besonderen Platz, wie ich vor einigen Jahren schon einmal anmerkte. Nun wäre Ronnie James Dio am 10. Juli 2022 achtzig Jahre alt geworden. Wir finden, das ist ein Grund, sich die Studio-Tonträger des Barden einmal genauer anzusehen und allen nachfolgenden Generationen eine kleine Anleitung zu geben, womit man sich am besten in das DIOversum katapultieren kann.
Denn auch wenn für gestandene Fans das Programm zum metallischen Kanon zählt, müssen sich nachfolgende Generationen auch die Klassiker erarbeiten. Diesbezüglich bin ich daher auch sehr glücklich, dass unser Redaktionsnesthäkchen Kenni auch mitgemacht hat. Er hört ein paar Alben tatsächlich ziemlich anders, da er ohne jeden Nostalgieballast an die Platten herangehen konnte.
Wir konzentrieren uns im Folgenden auf die Zeiten, die Ronnie bei RAINBOW, DIO, BLACK SABBATH und den Nachfolger HEAVEN AND HELL zugebracht hat. Zwar existieren drei Studioalben von ELF aus der Zeit 1972 bis 1975, aber diese sind anders, weniger metallisch, unbekannter, und würden mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit einfach die Plätze 18 bis 20 einnehmen. Deswegen haben wir beschlossen, sie nicht in die Wertung einfließen zu lassen. Ich verspreche aber, sie werden nicht gänzlich unerwähnt bleiben.
Also los, tauchen wir ein in die wunderbare Welt dieses einzigartigen Sängers, der uns etwa fünfzig Studioscheiben zu früh verlassen hat!
Platz 17: DIO - Angry Machines (1996)
Auch unter 17 guten Alben muss es eines geben, dass den letzten Platz belegt. Man darf natürlich nicht vergessen, mit welchen Granatenalben es sich vergleichen lassen muss. Aber 1996 war traditioneller Metal in den Hintergrund getreten, Nu Metal, Grunge, Crossover, neue Sounds beherrschten den rockigen Äther. DIO war normal, gewöhnlich, und leider nach sieben Alben unter dem Banner des Nachnamens des Sängers auch ziemlich berechenbar geworden. Der einzige bedeutende Unterschied war Gitarrist Tracy G, der erheblichen Einfluss auf Sound und Songwriting hatte. Dass er damit nicht so recht den Geschmack der Fans traf, wird leider immer wieder deutlich. Zwar versuchte die Band, sich mit dem Zeitgeist zu bewegen, aber damit verlor man auch den Markenkern, wobei man trefflich darüber streiten kann, ob ein weiteres Album mit der Rezeptur von "Holy Diver" eventuell größeren Erfolg gehabt hätte.
Im Vergleich zum Vorgänger "Strange Highways" wurde der Doomanteil reduziert, die raue Gitarre von Tracy G, der eigentlich Grijalva heißt, klingt in 'Big Sister', 'Double Monday' oder 'Black' unpassend und das Geschrubbe in 'Golden Rules' wirkt auch nicht gut im Kontrast zu Ronnies Stimme. So bleiben nach eingehender Betrachtung tatsächlich nur drei Lieder, denen ich das Attribut "hörenswert" auch im Vergleich mit dem Rest der Banddiskographie verleihen würde. Das sind das flotte 'Don't Tell The Kids', 'Hunter Of The Heart', das klingt, als sei es noch von "Strange Highways" übrig geblieben, aber bis auf den Gitarrensound noch am ehesten an klassisches DIO-Material erinnert, und die untypische, aber gelungene Ballade 'This Is Your Life'. Ansonsten ist erwähnenswert, dass 'Stay Out Of My Mind' nur aus der Feder von Bassist Jeff Pilson stammt, der das eigentlich gute Stück durch einen langen Instrumentalteil mit Breitwandsound erheblich und unnötig in die Länge zieht.
1996 war DIO eine andere Band als vor dem Split 1990. Modern war nicht nur der Sound, sondern auch die Lyrik, das Personal stand schon für einen anderen Stil, und wie es im Nachhinein nicht überrascht, war das Album nicht allzu erfolgreich. Das Label BMG brachte keine Verkaufssingle heraus, diesmal aber auch nicht einmal ein Promoscheibchen. Wohlgemerkt 1994, man konnte damals noch nicht das Internet wie heute nutzen und sich informieren, aber BMG sah wohl kein Potential für Airplay. Zugegeben, ich auch nicht. Charterfolge gab es ebenfalls keine, außer durch die deutschen Fans, die das Album immerhin für eine Woche auf Platz 44 der nationalen Charts hievten. Allerdings erst den Rerelease 2020. Auf diesem gibt es eine Bonus-Live-Scheibe, die auf der "Angry Machines"-Tour aufgenommen wurde. Das sich nur zwei Lieder des Albums auch auf der Bonus-CD wiederfinden, deutet auch bereits an, dass die Band möglicherweise das Potential des Albums recht passend eingeschätzt hat. Auch bei den Live-Aufnahmen bemerkt man die neue Ausrichtung des Band, selbst Klassiker wie 'Holy Diver' bekommen einen neuen Anstrich mit Widerhaken, die mir persönlich nicht besonders munden. Tracy Gs Stil passt nicht, seine Verzerrungen geben den Songs durchaus einen eigenen Charakter, nur: Wer möchte das bei 'Heaven And Hell' oder 'Mob Rules'? Apropos Bonus: Es gibt auf der japanischen Ausgabe einen Bonussong namens 'God Hates Heavy Metal', der sich nahtlos in die Scheibe einfügt. Mit anderen Worten: Nicht wirklich Pflichtprogramm, nicht einmal für echte Fans. Man muss also nicht unbedingt sein hart verdientes Geld für diesen Japan-Import ausgeben.
In der Redaktion war man sich auch weitgehend einig, dass "Angry Machines" leider an den Schluss gehört. Gleich sechsmal gab es die rote Laterne und nur Tobias kann dem Album mehr abgewinnen und platziert es auf Nummer 12. Auch neue Hörer hören es nicht deutlich besser, Platz 14 von Kenneth reiht sich kaum vor den anderen Wertungen ein.
Platz 16: DIO - Strange Highways (1993)
Bevor die Maschinen böse wurden, befuhr Ronnie seltsame Hauptstraßen. 1992 war "Dehumanizer" erschienen, das BLACK SABBATH-Album, das Dio eingesungen hatte. Danach formte er erneut seine Band DIO, indem er wieder Schlagzeuger Vinnie Appice anheuerte und durch Tracy G., der damals in Kalifornien in verschiedenen Bands aktiv war, dessen Engagement bei DIO aber sein erster großer Schritt ins Rampenlicht war, und DOKKEN-Bassist Jeff Pilson, der bereits mit Vinny Appice gearbeitet hatte, komplettierte. Stilistisch wurde es moderner, aber auch schwermetallischer und doomiger. Langsame Monster wie der Titelsong, 'Pain' oder 'Give Her The Sun' sind eindringlich und lassen einen gewissen BLACK SABBATH-Einfluss noch durchschimmern. Der Opener 'Jesus, Mary & The Holy Ghost' war für einige Zeit ein Muss in der Setliste, überhaupt, auf der folgenden Tour bestand etwa ein Drittel des Sets aus Liedern des damals aktuellen Albums. Tatsächlich ist das Album gar nicht so schlecht gealtert und neben den drei erwähnten langsamen Liedern sind auch 'Hollywood Black' und das schnelle 'Here's To You' auch heute noch hörenswert. Ein paar Füller haben sich eingeschlichen, aber insgesamt ist der Unterschied zu dem Nachfolger eklatant zugunsten von "Strange Highways".
Kommerziell war das Comeback allerdings nicht besonders erfolgreich. Zwei Promo-Singles für 'Evilution' und 'Jesus, Mary & The Holy Ghost' zeugen von dem Versuch der US-amerikanischen Plattenfirma, nicht nur die alten Metal-Fans zu erreichen, aber als Kaufsingle wurde dann keines der beiden Stücke veröffentlicht. Ein Platz 142 in den US Billboard-Charts war alles, was das Album erreichen konnte. Immerhin Platz 79 und ein fünfwöchiger Aufenthalt in den deutschen Charts waren eine angenehme Ausnahme von der Regel, dass DIO in den Charts der Welt in den Phase mit Tracy G weitgehend nicht stattfand.
So bleibt einzig die Frage, welches Album Kollege Chris hier hört, denn er platziert "Strange Highways" tatsächlich auf Platz 9 der gesamten DIO-Diskographie, die wir hier betrachten. Ich verstehe ihn ja teilweise, bin ich dem Werk ja immerhin zusammen mit Jens und Timo auch überdurchschnittlich positiv gesonnen, aber ich vermute hier eine besondere persönliche Beziehung zu dem Album, die den Status für ihn erhöht. Ansonsten ist es von der Durchschnittswertung nur knapp besser als "Angry Machines", obwohl ich sagen möchte, dass zwischen diesen beiden Alben doch musikalisch ein großer Sprung hörbar ist und "Strange Highways" den Nachfolger in einer Staubwolke stehen lässt.
Platz 15: DIO - Magica (2000)
Tracy G hat die Band verlassen. War das die wichtigste Aussage in Bezug auf "Magica"? Für viele Fans wohl, und ganz besonders für Ronnie James Dios Management, denn sie sorgten dafür, dass die Band zurückkehren sollte zum alten Stil und die individuelle moderne Note, die Tracy G einbrachte, wieder verschwand. So berichtet es Tracy selbst auf seiner Webseite[1] und erwähnt dabei auch das Live-Album "Inferno - The Last In Live", das nach "Strange Highways" erschienen, aber auf der "Angry Machines"-Tour aufgenommen worden war. Dass man damals mit 'Mistreated' sogar eine Coverversion gespielt hat, ist in Anbetracht des Backkatalogs unverständlich. Aber zurück zu "Magica". Gitarrist Craig Goldie, der bereits "Dream Evil" veredelt hatte, kehrte genauso wie Bassist Jimmy Bain zurück zu dem Gesangsmeister, der sich ein Konzeptalbum vorgenommen hatte, dessen Geschichte er eigentlich später noch hatte fortführen wollen, wozu es aber wegen seines Todes 2010 nicht mehr kam.
Ein Epos also, in der Tradition der großen Geschichten vom Kampf zwischen Gut und Böse. Ja, die Lyrik kehrt zurück zur Fantasy, das Album ist dunkel und unheilschwanger, aber es ist auch ein wenig aus der Zeit gefallen. 1988 wäre das ein Killer gewesen, 2020 eventuell auch wieder, aber um die Jahrtausendwende hatte sich der Metal kommerziell noch nicht wieder erholt. So ist das herrlich normale Metalalbum, bei dem mehr als DIO-üblich Keyboards eingesetzt werden, einfach ein Wohlfühlalbum. Der Nachteil ist, dass es nahezu keine Überraschungen gibt und alles zusammen unspektakulär klingt. Dafür ist es eben nahtlos und intensiv, könnte aber von ein paar Tempowechseln profitieren. Nur der letzte Track ist wahrlich ungewöhnlich, denn in "Magica Story" erzählt Ronnie James Dio in über achtzehn Minuten die Geschichte hinter dem Album.
Das dürfte auch der Grund sein, warum "Magica" trotz so starken Liedern wie 'Fever Dreams', 'Turn To Stone', dem schweren 'As Long As It's Not About Love' und dem folkloristisch angehauchten 'Losing My Insanity' keinen überragenden Ruf hat. Auch in unserer Redaktion ist der Tenor verhalten, Peter vergibt Platz 12 und findet das Album damit etwas besser als der Rest, Jens stellt es ans Ende und ist damit der Ausreißer nach unten. Die Wahrheit liegt dann wohl bei uns irgendwo in der Mitte, nämlich auf Platz 15.
Übrigens gibt es eine Deluxe-Ausgabe des Albums aus dem Jahr 2013, das mehrere Live-Aufnahmen von Songs von "Magica" enthält und vor allem auch das Stück 'Electra', das Dio für den Nachfolger bereits geschrieben und aufgenommen hatte und das auch auf einer Compilation namens "The Very Beast of Dio Vol. 2" (2012) und dem "Tournado Box Set" als Bonus-Single enthalten war, sowie den instrumentalen Japan-Bonustrack 'Annica'.
[1] Bluemlein, Steve (20102): 9/15/02 Another informal chat from out roving correspondent Steve Bluemlein a.k.a "Axe; tracyg.com; abgerufen am 25. Mai 2022
Platz 14: DIO - Lock Up The Wolves (1990)
Das fünfte Album der Band DIO erschien 1990 und sah Ronnie nach einem großen Umbruch mit einer komplett neuen Band. Nachdem Vivian Campbell bereits 1987 gegangen war, ersetzte der Bandleader auch alle anderen Musiker zwischen "Dream Evil" und "Lock Up The Wolves". Zwar waren mit Jens Johannsson, der zuvor in den Diensten von Yngwie Malmsteen gestanden hatte, und ex-AC/DC-Drummer Simon Wright ein paar gestandene Musiker dabei, aber mit dem jungen Gitarristen Rowan Robertson und Teddy Cook als Bassist waren auch unbekannte Namen am Start. Die Wechsel der Rhythmusfraktion fanden statt, nachdem die ersten Proben für das Album bereits begonnen hatten, deswegen sind die Namen Jimmy Bain und Vinnie Appice bei mehreren Liedern noch als Komponisten aufgeführt.
Diese Tatsache und weil Gitarrist Robertson, zu diesem Zeitpunkt 17 Jahre alt, ein DIO-Fan war, ist der Bruch zwischen den Alben vier und fünf nicht allzu groß. Der typische schnelle Opener 'Wild One' ist ein stilistisch bekannter, großartiger DIO-Kracher. An zweiter Stelle folgt diesmal allerdings nicht der Titelsong, sondern mit 'Born On The Sun' eine Art 'Holy Diver'-Wiedergänger, der einfach zu berechnet klingt. Diese Änderung im Rezept war wohl auch der Tatsache geschuldet, dass "Lock Up The Wolves" erstmals nicht für die Spezifikationen des Vinyls, sondern für jene der CD ersonnen wurde. Das alte Konzept des schnellen Openers, Titelsong, Midtempotrack, episches Stück zum Seitenende funktionierte nicht mehr, oder nur noch bedingt. Auch die üblichen Beschränkungen in Bezug auf die Spielzeit waren gefallen, das Album ist das längste DIO-Album, wenn man den 18-minütigen gesprochenen Part auf "Magica" außer Acht lässt. Die zusätzlichen zwanzig Minuten wurden dabei aber nicht gewinnbringend genutzt, stattdessen enthält "Lock Up The Wolves" mit 'Night Music', 'Between Two Hearts' und 'Twisted' gleich mehrere Füller mit 16 Minuten Spielzeit. Auch der Blues 'Evil On Queen Street' ist sicher kein Highlight, aber immerhin funktionieren die Lieder ausgezeichnet für Ronnies Gesang.
Es ist daher keine Überraschung, dass "Lock Up The Wolves" auch bei uns auf die hinteren Ränge verwiesen wird. Walter hört allerdings ein deutlich besseres Album und versetzt den Fünftling in die Top Ten, ansonsten sprechen Platzierungen zwischen 12 und 17 eine konsistente Sprache und machen unter dem Strich Platz 14. Und natürlich sollte nicht unerwähnt bleiben, dass "Lock Up The Wolves" das erste DIO-Album ohne Murray, das Maskottchen, auf dem Cover ist. Wenn man mich gefragt hätte, hätte ich das für ein ganz schlechtes Omen gehalten. Man hat mich aber nicht gefragt.
"Lock Up The Wolves" war das letzte Album, mit dem DIO größeren kommerziellen Erfolg einfahren konnte. Chartsplatzierungen in Deutschland mit Platz 16, UK mit Platz 28 und den US-amerikanischen Billboard 200 mit Platz 61 sowie zahlreichen weiteren Erfolgen sollten in den meisten Ländern mit wenigen Ausnahmen, darunter Deutschland, die letzten hohen Platzierungen für den Sänger bleiben. Auch die Veröffentlichungspolitilk des Labels Vertigo reflektiert noch die Achtziger, so gab es eine Maxi-Single zu 'Hey Angel', auf der zudem 'Why Are They Watching Me' sowie zwei ältere Stücke enthalten waren, letztere jedoch im Gegensatz zu früher in den Album-Studioversionen, und eine Single mit 'Walk On Water' als Rückseite. Bonussongs gibt es keine, die hatte man wohl bereits alle auf dem Album verbraten.
Platz 13: DIO - Master Of The Moon (2004)
Das letzte Album unter dem Bandnamen DIO folgt, und spätestens jetzt müssen wir von metallischem Pflichtprogramm reden, auch wenn es bei der Platzierung eventuell noch nicht den Anschein macht. Hier führe ich mal wieder unseren Youngster Kenneth ins Feld, der "Master Of The Moon" auf Platz 5 der 17 Scheiben einreiht! Der Abstand zu "Lock Up The Wolves" ist auch erheblich, daher Ohren auf und reingehört!
Zuerst einmal fällt auf, dass Ronnie seine alte Struktur wieder hervorgekramt hat. Das mag nicht für jeden wichtig sein, aber für alte DIO-Jünger ist es quasi ein wohliges Heimkommen, wenn man mit einem schnellen Opener wie dem großartigen 'One More For The Road' überfallen wird und danach das schwere, mitsingbare Titellied serviert bekommt. Ein guter Song in Form von 'End Of The World' und ein brillantes Lied namens 'Shivers' geleiten den Hörer in das langsame, epische 'The Man Who Would Be King'. Auch der Rest des Albums erinnert an die alten Zeiten, es ist sicher kein Zufall, dass Lied sechs 'The Eyes' heißt, der Sechser hieß auf "The Last In Line" noch 'Evil Eyes'. Wie früher gibt es auch wieder ein paar flottere Stücke und zum Abschluss natürlich wieder ein langsames, schwerfälliges Stück namens 'In Dreams'. Bis auf das etwas schwächere 'I Am' besteht "Master Of The Moon" tatsächlich aus klassischen, starken DIO-Stücken.
Das ist nicht ganz verwunderlich, wenn man bedenkt, dass mit Bassist Jeff Pilson und Craig Goldy an der Gitarre zwei alte Wegefährten zurückgekehrt waren. Außerdem ersetzt Simon Wright erneut Vinnie Appice. Man kannte sich, man vermochte eben die typischen DIO-Lieder zu schreiben und verbog sich nicht. Im Kielwasser des Vorgängers "Killing The Dragon" konnte "Master Of The Moon" daher sogar erneut in die Charts vorstoßen, wenn auch die Platzierungen nur in kleineren Ländern und Deutschland wirklich beeindruckend waren. Im UK konnte kein Album nach "Lock Up The Wolves" in die Charts steigen und Platz 199 in den Billboard 200 in den USA ist auch keine Erfolgsgeschichte.
"Master Of The Moon" erschien in Japan mal wieder mit einem Bonustrack, dem unspektakulären 'Prisoner Of Paradise'. 2020 wurde das Album als Mediabook neu aufgelegt und enthielt auf einer Bonus-CD neben diesem Lied auch noch vier Stücke, die auf der Tour zum Album aufgenommen wurden, darunter auch 'The Eyes', die zwar keinen hervorragenden Sound haben, aber trotzdem diese Ausgabe zur Empfehlung machen, wenn man das Album noch nicht im Schrank stehen haben sollte.
Platz 12: DIO - Killing The Dragon (2002)
An dieser Stelle schüttele ich verständnislos den Kopf, denn für mich und Rüdiger ist "Killing The Dragon" deutlich besser als Platz 12. Allein die ersten vier Lieder gehören zum Besten, was DIO je veröffentlicht hat: Der kraftvolle Titelsong, der ein würdiger Titelsong eines DIO-Album ist, denn das waren fast immer großartige Epen; das flotte und eingängige 'Along Comes A Spider', in dem Ronnie großartig und intensiv singt; 'Scream' mit seinem tollen Groove und einer fantastischen Gesangsmelodie; und dann das schnelle 'Better In The Dark', das sind etwas mehr als sechzehn Minuten DIO-Perfektion. Später folgt noch ein solches Kleinod in Form von 'Push'. Auch wenn die anderen Songs durchaus abfallen und 'Cold Feet' und 'Throw Away Children' tatsächlich schwach und 'Rock & Roll' deutlich zu lang geraten sind, meldete sich DIO 2002 in einer frischen Form zurück, die man kaum für möglich gehalten hatte nach dem ordentlichen, aber zu sehr im Midtempo agierenden "Magica" zwei Jahre zuvor.
An der Gitarre darf diesmal Doug Aldritch für Craig Goldy die Saiten übernehmen, der aus privaten Gründen eine Auszeit nahm und zum folgenden Album zwei Jahre später wieder zurückkehren sollte, zu den Kompositionen trug er allerdings nicht mehr allzu viel bei, die Hauptakteure waren Ronnie Dio und Jimmy Bain. Eine echte Singleauskoppelung gab es nicht, aber zu dem Lied 'Push' existiert ein Musikvideo, in dem TENACIOUS D, also Jack Black und Kyle Gass, zu Beginn einen witzigen Auftritt haben.
Hier spielt eine Band mit Biss und Spaß, variiert Tempo und Stimmung, ohne ohne dabei zu verkopft auf Epik zu setzen, etwas, dass zwei Jahre zuvor eventuell noch ein Grund für die musikalische Uniformität gewesen sein mag, weswegen "Killing The Dragon" in jeder Hinsicht für unsere Redaktion das bessere Album darstellt und alle bis auf Peter bessere Plätze geben als dem 2000er-Album.
Platz 11: DIO - Sacred Heart (1985)
Das dritte DIO-Album auf einem so niedrigen Rang? Kann das wirklich sein? Ja, es kann, und es beweist einmal mehr, dass die Diskographie des kleinen, großen Sängers einfach überragend ist. Wieder beginnt er mit einem flotten Song, 'The King Of Rock 'n' Roll', und folgt dann mit dem großartigen Titelsong. 'Another Lie' nimmt den Fluss wieder auf und ist ein typischer DIO-Song dieser Zeit, bevor das überragende 'Rock 'n' Roll Children' die A-Seite beschließt. Auch 'Hungry For Heavy' ist Topmaterial, wenn auch mit einer Überdosis Synthesizern arrangiert. Danach folgen vier Lieder, die alle gut sind, aber nicht ganz das Niveau halten können. Darin dürfte der Grund liegen, dass "Sacred Heart" nicht den gleichen Status einnehmen konnte wie die beiden Vorgänger, denn im direkten Vergleich zieht es zu häufig den Kürzeren. So ist 'The King Of Rock 'n' Roll' eben kein 'Stand Up And Shout' oder 'We Rock', 'Sacred Heart' nicht 'Holy Diver' oder 'The Last In Line', 'Hungry For Heaven' kein 'Straight Through The Heart' oder 'Evil Eyes' und vor allem fehlt ein epischer Kracher der Marke 'Don't Talk To Strangers' oder 'Egypt'.
Das macht "Sacred Heart" jedoch zu keinem schlechten Album, davon ist es weit entfernt. Der kommerziellere Ansatz und die vermehrten Keyboardeinsätze machen es aber zu einem gradlinigeren, vielleicht auch einfacheren Album, was sich eben in einem kleinen Sinken in der Fangunst ausdrückt. Der Grund für diese Korrektur in der musikalischen Ausrichtung mag kommerzieller Natur gewesen sein, aber vielleicht lag es auch an Schwierigkeiten innerhalb der Band, die sich wohl hauptsächlich um finanzielle Angelegenheiten drehten. Nach dem Album sollte Gitarrist Vivian Campbell mitten während der Tour seinen Hut nehmen, doch die Probleme begannen bereits bei den Aufnahmen.
Kurzfristig sollte die neue Ausrichtung Erfolge verzeichnen, denn die beiden Single-Auskoppelungen 'Rock 'N' Roll Children' und 'Hungry for Heaven' konnten im UK bis Platz 26 beziehungsweise 72 in die Charts stiegen und das Video zu 'Rock 'N' Roll Children' lief häufig auf MTV. Das Lied war die erfolgreichste DIO-Single im UK und beide Auskopplungen konnten auch in den US in die Top 30 der Mainstream Rock Charts steigen. Das Album selbst erreichte großartige Chartpositionen mit Platz 9 im UK, Platz 12 in Deutschland bei 11 Wochen in den Charts und Platz 29 in den USA. So gesehen hatte man alles richtig gemacht, zumindest kurzfristig, aber im Nachhinein war die Langzeitwirkung ganz offensichtlich nicht so intensiv wie bei den Vorgängeralben, auch wenn in der Redaktion zwischen meinem Platz sechs, der auch nostalgisch beeinflusst ist, und Platz 14 von Stefan und Jhonny eine erhebliche Spannbreite herrscht.
Für Sammler gab es damals übrigens noch etwas zu entdecken, Singles und Maxi-Singles enthielten oft zusätzliche Songs, die man nicht auf den Alben finden konnte. So enthielt die 'Rock 'N' Roll Children'-Single eine Live-Aufnahme von 'The Last In Line' aus Philadelphia als B-Seite, die Maxi zusätzlich noch 'We Rock' vom gleichen Konzert. 'Hungry For Heaven' enthielt die Studioaufnahme von 'King Of Rock And Roll', konnte in den Niederlanden aber mit einer Live-Aufnahme des Liedes 'Rainbow In The Dark' vom Festival in Castle Donnington 1983 aufwarten, die zusammen mit 'Holy Diver' vom gleichen Auftritt auch auf den Maxi-Single-Ausgaben enthalten war. Parallel gab es noch eine Live-Single zu 'Like The Beat Of A Heart', dessen Aufnahme aus Philadelphia 1985 stammt, wobei das Lied auf einer Maxi aus dem UK bereits einmal Verwendung gefunden hatte. Die beiden anderen Live-Songs, 'The Last In Line' und 'Holy Diver', sind die gleichen wie bei den zuvor erwähnten Singles. Hier wurden ein paar Aufnahmen in verschiedenen Regionen parallel verwurstet.
Erwähnenswert ist noch, dass 2012 eine Deluxe-Edition des Albums erschienen ist, die auf einer zweiten CD neben dem Non-Album-Song 'Hide In The Rainbow' alle drei Live-Aufnahmen sowie die komplette 1986er Live-EP "Intermission" enthält.
Platz 10: HEAVEN AND HELL - The Devil You Know (2009)
Im Jahre 2005 ergab es sich, dass von Rhino Records ein Projekt geplant war namens "Black Sabbath - The Dio Years". Dafür sollte Tony Iommi unveröffentlichtes Material beisteuern, doch es gab keine solchen Aufnahmen. Daher wurde der Entschluss gefasst, dass BLACK SABBATH mit Ronnie zwei neue Lieder komponieren und aufnehmen würde. Daraus entstand aber noch viel mehr, nämlich eine zweite Wiedervereinigung des "Mob Rules"-Line-Ups, als Schlagzeuger Bill Ward musikalisch unzufrieden war und sich auch nicht vorstellen konnte, anschließend auf eine ausgedehnte Tour zu gehen. So wurde Vinnie Appice angeheuert, der Bill Ward bereits 1980 bis 1982 und 1991 bis 1992 bei BLACK SABBATH ersetzt hatte. Tony Iommi bestand allerdings darauf, das Projekt nicht BLACK SABBATH zu nennen, obwohl die Compilation unter diesem Namen erschienen war, denn die Band arbeitete parallel auch an einer Reunion mit Ozzy Osbourne. Also entschied man sich für den Namen HEAVEN AND HELL und ging auf Welttournee, bei der die Band auch zwei Auftritte in Deutschland absolvierte, einer davon war auf dem Bang Your Head Festival 2007. Von der Tour gibt es mit "Live From Radio City Music Hall" auch ein Dokument auf CD und DVD. Das sollte eigentlich alles gewesen sein, denn sowohl Ionni als auch Dio hatten noch vertragliche Verpflichtungen zu erfüllen, doch 2008 vernahm die Rockwelt die Ankündigung, dass HEAVEN AND HELL ein neues Album aufnehmen würde. Das Resultat ist "The Devil You Know".
Die Frage, die sich alle Fans stellten und stellen, ist natürlich, wie sich dieses Album im Vergleich zu den drei BLACK SABBATH-Alben mit Ronnie am Mikrophon behaupten würde. Nun, die Mehrheit in unserer Redaktion sieht in "The Devil You Know" nur das viertbeste der genannten Alben, auch wenn ein paar Ausreißer den Abstand verringern. Dabei wirkt "The Devil You Know" tatsächlich wie aus einem Guss, hier scheinen die vier Musiker die gleiche Vision gehabt zu haben, eine Vision, die sich irgendwo zwischen BLACK SABBATH und DIO einordnet, mal kommt BLACK SABBATH durch wie in der Single 'Bible Black', mal dominiert ein DIO-Sound wie in 'Rock And Roll Angel' und manchmal schafft es die Band, beides zu verbinden wie in 'The Turn Of The Screw'. Auffällig ist, dass die beiden flotteren Lieder an den Positionen sieben und neun weit nach hinten geschoben wurden. Hatten die Fans eventuell ein 'Neon Knights' oder ein 'Turn Up The Night' als Opener erwartet? Das intensive, aber langsame 'Atom And Evil' könnte da bereits eine Enttäuschung gewesen sein, aber das ist auch ein Hinweis, dass dies eben nicht die Reinkarnation der "Mob Rules"-BLACK SABBATH war, sondern eine eigene Band mit beinahe zwei Jahrzehnten mehr Erfahrung als bei der letzten Zusammenarbeit.
Unter den zehn Stücken findet sich kein einziges, dass den Titel Füllmaterial verdient. Aber sehr wohl ein paar Brüche wie das eher fröhliche 'Rock And Roll Angels', das wirkt wie ein Tropfen Pink auf einem schwarzen Shirt, oder das flotte 'Neverwhere', dem die Intensität des anderen Materials abgeht. Andererseits stellt man sich unwillkürlich die Frage, wie das Album empfunden worden wäre, hätte man die Trackliste umgestellt und mit 'Eating The Cannibals' begonnen. Nachdem das Album sowieso das Flair des Achtziger-Metals versprüht, hätte eine solche Anlehnung an die anderen Alben eventuell die Fanfreude noch gesteigert. Könnte eine solch subtile Änderung einen Einfluss auf die Rezeption gehabt haben? In jedem Fall wirkt das langsame Tempo schwer, bedrohlich, aber auch etwas einförmig und macht aus HEAVEN AND HELL eine Doomband, was BLACK SABBATH mit Ronnie am Mikrophon vorher im Kern sicher nicht war.
Das Album erschien in einer limitierten Ausgabe mit einer DVD mit Interviews und Behind-The Scenes-Filmchen. Außerdem gibt es eine Vinyl-Single zu dem Lied 'Bible Black' mit einer Live-Aufnahme von 'Neon Knights' auf der B-Seite, die allerdings von "Live From Radio City Music Hall" stammt. Die Promo-Single zu dem gleichen Lied enthält eine gekürzte Version des Songs, anscheinend erhoffte man sich von dem Lied Airplay. Das klappte nicht, aber immerhin war für das Album ein Platz 17 und acht Wochen Aufenthalt in den deutschen Albumcharts drin und auch die beiden Live-Alben charteten bei uns.
Platz 9: DIO - Dream Evil (1987)
Zurück zu DIO. Der Nachfolger von "Sacred Heart" nennt sich "Dream Evil" und steht erneut und sogar wieder mehr in der Tradition der ersten beiden Alben der Band, angefangen bei dem schmissigen Opener 'Night People' über den mal wieder hervorragenden Titelsong bis zum epischen Vinylseitenende, das in diesem Fall 'All The Fools Sailed Away' heißt. Natürlich war das in gewissem Sinn eine kreative Sackgasse, aber immerhin kehrte man zu härteren Sounds zurück und verfolgte den kommerziellen Ansatz nicht weiter, der für "Sacred Heart" zwar zu guten Verkaufszahlen, aber auch Fankritik geführt hatte. Auch sind 'Sunset Superman' und 'Faces In The Window' stark, 'Overlove' gut und schnell, die Single 'I Could Have Been A Dreamer' und der Rausschmeißer 'When A Woman Cries' dann aber doch wieder zu seicht und zu sehr keyboarddominiert, um zu beeindrucken.
Zurück zu beinahe alter Stärke also. Was war geschehen? Gitarrist Vivian Campbell hatte die Band verlassen und war durch Craig Goldy ersetzt worden, der von ROUGH CUTT kam wie zuvor auch Keyboarder Claude Schnell. Beide waren in das Songwriting maßgeblich involviert, was dahingehend interessant ist, dass Schnell auch auf den Vorgängern "Sacred Heart" und "The Last In Line" bereits an den Tasten gestanden hatte, aber an den Kompositionen nicht beteiligt gewesen war. Besonders aber Goldy scheint einen positiven Einfluss auf die Lieder gehabt zu haben, denn beispielsweise 'Sunset Superman' und 'Dream Evil' wurden nur von Dio und Goldy komponiert. Das Ergebnis ist dann kommerziell auch wieder beachtlich, zahlreiche gute Chartplatzierungen wie Platz 8 im UK, 43 in den USA und 12 in Deutschland sind Zeugnis dafür. Allerdings sollte es das letzte DIO-Album sein, dass sich solche Erfolge auf die Fahne schreiben konnte.
Zwei Singles wurden aus dem Album ausgekoppelt. Zum einen ist da 'I Could Have Been A Dreamer', das im UK und den USA auch eine Chartsingle war, sowie 'All The Fools Sailed Away', wobei beide Lieder zu diesem Zweck gekürzt wurden. Auf den Rückseiten aller Singleveröffentlichungen finden sich ausschließlich Songs, die auch auf dem "Dream Evil"-Album zu finden sind, sodass die Singles nur wegen der Radioversionen für Sammler interessant sein könnten. Das Album wurde 2012 in einer Deluxe-Version mit Bonus-CD veröffentlicht. Darauf findet man 'Hide In The Rainbow', überflüssigerweise erneut, nachdem es bereits auf der entsprechenden Version von "Scared Heart" zu finden ist, die Radioversion von 'I Could Have Been A Dreamer' und dreizehn gute Live-Aufnahmen von den Auftritten in Donnington 1983 und 1987. Dass die zweite Radioversion fehlt, die man einfach statt des erneuten 'Hide In The Rainbow' hätte pressen können, ist einfach lieblos. Trotzdem sind die Live-Versionen eine durchaus wertvolle Zugabe.
In Bezug auf die Einordnung von "Dream Evil" ist sich unsere Redaktion ziemlich uneins. Platzierungen zwischen sechs und zwölf springen immer hin und her, es ist auch kein Muster zur erkennen. Irgendwie ist es besser als die meisten anderen DIO-Alben, kommt aber an die beiden Meisterwerke nicht heran, und wir scheinen uns nur bei der Einordnung in die Gesamtdiskographie nicht einig zu werden. Nur einer tanzt hier aus der Reihe, denn Timo findet "Dream Evil" drastisch besser als "The Last In Line". Sorry, Timo, das ist leider nicht richtig. Also, das sage ich ganz unvoreingenommen und völlig objektiv, natürlich. Ist ja klar, oder?
Hier geht es zum zweiten Teil der Diskographie.
- Redakteur:
- Frank Jaeger