EMIRSIAN: Die zerklüftete Welt des Aren Emirze
18.11.2011 | 23:16Er ist der Sänger und Gitarrist des Frankfurter Noiserocktrios HARMFUL und hat hier acht kraftvolle Alben zu verantworten. Seit 2006 und drei Alben vertont er als Solokünstler EMIRSIAN aber auch vor allem schwermütige, melancholische und zum Teil sehr düstere Geschichten. Der Mann mit den mächtigen armenischen Wurzeln im Gespräch über den Clash of Cultures, neue Solo-Live-Pläne, den Egoismus des Alters und neues Leben und wie es um HARMFUL so steht.
1 Hallo Aren, ich hoffe, dir geht’s soweit gut. Viel Arbeit gerade?
Alles in Ordnung, gerade viel Vorbereitungen auf die Live Konzerte. Demnächst in Paris, woroaf ich mich sehr freue.
> 2 Bist Du eigentlich Profi-Musiker? Ich meine dabei natürlich zeitlich und verdienst-technisch gesehen .-)?
Anders geht es nicht. Wenn Du es richtig machen willst kannst Du die Musik nicht nebenbei machen, sondern musst Dich ihr widmen, mit allem was Du hast. Klar gibt es Zeiten in denen Du alles in Frage stellst,
aber das gehört zum Kreativprozess dazu. Die lebensbedingungen müssen dies natürlich auch erlauben.
> 3 Du bist gerade hauptsächlich als Emirsian unterwegs. Apropos: Wie empfindest Du das, ist das dann der ganze Musiker Aren Emirze oder eher eine Rolle in die Du schlüpfst, oder etwa ein zweiter „seelischer“ Teil von Dir? Musst Du extra zu Emirsian werden?
Eigentlich ist es genau umgekehrt, ich muss zu Harmful's Aren Emirze werden. Emirsian fühlt sich ungemein natürlich an und Bedarf keiner Umstellung, am Ende des Tages wache ich jedoch als Aren Emirze auf gehe abends als der selbe Mensch ist Bett.
> 4 Seit wann hattest Du demnach die Idee oder das Verlangen, solch eine Ausdrucksweise zu verfolgen?
Schon immer, fühlte ich den Hang zur ruhigen Ausdrucksweise, durch den Tod meines Vaters 2003 hat sich jedoch die ganze Maschinerie in Gang gesetzt und wurde zu etwas unersetzlichem.
> 5 Wer aus Deinem Umfeld hat Dich bekräftigt, dieses eigentlich ja ganz persönliche Projekt zu starten und so strikt zu verfolgen?
Wie ich schon sagt, der Tod meines Vaters, der zu Lebzeiten auch leidenschaftlicher Musiker war und mir dadurch viel hinterlassen hat!
> 6 Gibt es eine armenische Musikszene auch in Deutschland?
Leider nicht, aber ich bin auf dem Weg eine aufzubauen, mal sehen was daraus wird!
>In den USA scheint ja offensichtlich eine recht grosse Gemeinde oder Bevölkerungsgruppe zu bestehen!
In Los Angeles wohnen mehr Armenier als in Armenien selbst, deswegen ist es auch mein Ziel dort verstärtkt Present zu sein.
> 7 Wie kam es zu der Zusammenarbeit mit dem Poeten und Sänger Vicken Tarpinian? Der scheint ja ein ziemlich großes Schwergewicht (in der Szene) zu besitzen?
"Poeten" ist etwas übertrieben. Er war einer der Sänger des Duos Hartar und die wiederum waren die Lieblinge meines VAters, deswegen bin ich mit denen aufgewachse. Vor drei JAhren beschloss ich die Beiden zu kontaktieren,
um sozusagen ihr Erbe anzutreten. Es war eine wunderschöne Zeit, da ich viel lernen konnte, bevor ich mich von ihnen emanzipierte.Harout, der 2te Teil von Hartar war mir eine Grosse Hilfe die "IN Between" Seite meines neuen Albums.
,
> 8 In einem Youtube-Kommentar habe ich gelesen, dass „Ihr Euch leider verstritten“ habt. Stimmt denn das?
Auf Vicken trifft das leider zu, sein Altersego hat ihn zu sehr vereinahmt und dadurch war kein Platz mehr für jemanden nehmen ihm. Harout ist genau das Gegenteil, fast schon Selbstlos was die Musik angeht.
Er war einfach nur glücklich einem Jungen Armenier zu helfen, einen Teil der ohenhin schon vom aussterben bedrohten armenischen Kultur weiterzugeben.
> 9 Wenn ja, warum denn?
Wie gesagt, Altersego!
> 10 Rührt daher Dein Beschluss, diese folkoristischen Lieder als zweite Hälfte Deines Albums „Accidentally In Between“ anzulegen. Du hattest sie ja wahrscheinlich gerade in und auswendig gelernt!
Natürlich wollte ich das erlernte auch auf einem Album verewigen. Durch Vickens ausscheiden, hatte ich die Möglichkeit die "emirsianische" Handschrift noch deutlicher in Szene zu setzen.
> 11 Was eigentlich ist denn typisch „armenisch“?
Typisch armenisch ist die MElancholie die in denn Songs mitschwingt und einige Harmonische Element die etwas Typisch armenisch machen. Ansonsten sind wir vom Herzen sehr
orientalisch.
> 12 Gibt es eine gesteigerte Affinität zum Gitarrenspiel, vor dem Hintergrund Deiner Herkunft, so einer Art „kaukasischer Gitarrentradition“?
Vielleicht die Liebe zum Disharmonischen durch den Clash zweier Kulturen. System of a Down, haben das meiner Meinung nach in der härtern Musik perfekt vorgeführt.... grandiose Band!
> 13 Bist Du im Alter nun schwermütiger und nachdenklicher geworden? Im Umfeld des Pariser Konzertes vor kurzem könnte man aber auch schnell auf ein „Hippie“-Umfeld stoßen.... .-)
Durch die Geburt meiner Tochter vor 3 Jahren, ist defintiv mehr Verantwortung in meinem Leben, doch gibt es gewisse Prioritäten die niemals ihren Stellenwert verlieren werden und dazu gehört nun mal die Musik.
> 14 Was hat sich für Dich verändert...sagen wir mal...in den letzten 15 Jahren?
Ich habe mich in den letzten 15 Jahren mehrmals neu erfinden müssen, sei es von Rinderwahnsinn zu Harmful von Harmful zum "Pop" Harmful und von dort aus Richtung Anglo Armenian Folk Songwriter bis hin zum
leidenschaftlichen Vater.
> 15 Wird denn Deine Tour wieder mit Band vonstatten gehen Wer wird Dich denn begleiten?
Die Tour werde ich mit einigen Musikern bestreiten. Olli Rüger an der Gitarre, Tobias Baum als Percussionisten ,Claudia Rudek und Regina Schmitz als Background Sängerinnen bzw. Gitarre und Bass.
In den Proben hört sich alles sehr vielversprechend an.
> 16 Zu den anderen Projekten: Gibt es RINDERWAHNSINN eigentlich noch? Oder war das eine Jugendliebe /sünde?
Rinderwahnsinn gibt es seit ca. 10 Jahren nicht mehr. War definitiv eine Jugendliebe!
> 17 Der zweite Teil Deiner musikalischen Seele scheint eine ruppige, launische und laute zu sein! Woher kommt Deine Vorliebe für „Gekloppe“, Lärmwände, - welche Einflüsse stecken da dahinter?
Denke das meine damalige unbändige Liebe zu endloser Energie mich zum Metal und danach zu anderen Bands des Genres geführt hat. Manchmal habe ich auch das gefühl das zuviel Harmonie mir nicht gut tut, deswegen auch
die art und Weise wie ich Songs schreibe, sei es bei Harmful oder Emirsian. Disharmony Rules!
> 18 HARMFUL: Ihr habt Euch ja eine „kreative Pause“ bis 2012 verordnet. Seid Ihr trotzdem in ständigem Kontakt?
Wir haben uns neulich getroffen, um einen Zeitlimit unserer Pause festzulegen. So wie es aussieht fangen wir im März 2012 wieder an Songs zu schreiben.
> 19 Obligatorisch: Was ist dann von Euch als Trio zu erwarten?
Denke das wir uns wieder weiterentwickeln werden und unsere Stärken im Fokus behalten. Ich bin selber gespannt, was Papa Harmful uns bieten wird. Mal schaun...
> 20 Wir freuen uns, dich „als“ Emirsian zu erleben und auch auf neue Zeichen von HARMFUL!
> Danke für Deine Zeit und Alles Gute!
Vielen Dank und bis bald!
>
Mathias Freiesleben:
Hallo Aren, ich hoffe, Dir geht's soweit gut. Viel Arbeit gerade?
Aren Emirze:
Alles in Ordnung, gerade viel Vorbereitungen auf die Live-Konzerte. Demnächst in Paris, worauf ich mich sehr freue.
Mathias Freiesleben:
Bist Du eigentlich Profi-Musiker? Ich meine dabei natürlich zeitlich und verdienst-technisch gesehen?
Aren Emirze:
Anders geht es nicht. Wenn Du es richtig machen willst, kannst Du die Musik nicht nebenbei machen, sondern musst Dich ihr widmen, mit allem was Du hast. Klar gibt es Zeiten, in denen Du alles in Frage stellst, aber das gehört zum Kreativprozess dazu. Die Lebensbedingungen müssen dies natürlich auch erlauben.
Mathias Freiesleben:
Du bist gerade hauptsächlich als EMIRSIAN unterwegs. Apropos: Wie empfindest Du das, ist das dann der ganze Musiker Aren Emirze oder eher eine Rolle, in die Du schlüpfst, oder etwa ein zweiter "seelischer" Teil von Dir? Musst Du extra zu EMIRSIAN werden?
Aren Emirze:
Eigentlich ist es genau umgekehrt, ich muss zu HARMFULs Aren Emirze werden. EMIRSIAN fühlt sich ungemein natürlich an und Bedarf keiner Umstellung, am Ende des Tages wache ich jedoch als Aren Emirze auf gehe abends als der selbe Mensch ist Bett.
Mathias Freiesleben:
Seit wann hattest Du demnach die Idee oder das Verlangen, solch eine Ausdrucksweise zu verfolgen?
Aren Emirze:
Schon immer fühlte ich den Hang zur ruhigen Ausdrucksweise, durch den Tod meines Vaters 2003 hat sich jedoch die ganze Maschinerie in Gang gesetzt und wurde zu etwas Unersetzlichem.
Mathias Freiesleben:
Wer aus Deinem Umfeld hat Dich bekräftigt, dieses eigentlich ja ganz persönliche Projekt zu starten und so strikt zu verfolgen?
Aren Emirze:
Wie ich schon sagte, der Tod meines Vaters, der zu Lebzeiten auch leidenschaftlicher Musiker war und mir dadurch viel hinterlassen hat!
Mathias Freiesleben:
Gibt es eine armenische Musikszene auch in Deutschland?
Aren Emirze:
Leider nicht, aber ich bin auf dem Weg, eine aufzubauen, mal sehen was daraus wird!
Mathias Freiesleben:
In den USA scheint ja offensichtlich eine recht große Gemeinde oder Bevölkerungsgruppe zu bestehen...
Aren Emirze:
In Los Angeles wohnen mehr Armenier als in Armenien selbst, deswegen ist es auch mein Ziel dort verstärtkt präsent zu sein.
Mathias Freiesleben:
Wie kam es eigentlich zu der Zusammenarbeit mit dem Poeten und Sänger Vicken Tarpinian? Der scheint ja ein ziemlich großes Schwergewicht (in der Szene) zu besitzen?
Aren Emirze:
"Poet" ist etwas übertrieben. Er war einer der Sänger des Duos HARTAR und die wiederum waren die Lieblinge meines Vaters, deswegen bin ich mit denen aufgewachsen. Vor drei Jahren beschloss ich, die beiden zu kontaktieren, um sozusagen ihr Erbe anzutreten. Es war eine wunderschöne Zeit, da ich viel lernen konnte, bevor ich mich von ihnen emanzipierte. Harout, der zweite Teil von HARTAR, war mir eine große Hilfe auf der "In Between"-Seite meines neuen Albums.
Mathias Freiesleben:
In einem Youtube-Kommentar habe ich gelesen, dass "Ihr Euch leider verstritten" habt. Stimmt denn das? Wenn ja, warum denn?
Aren Emirze:
Auf Vicken trifft das leider zu, sein Altersego hat ihn zu sehr vereinahmt und dadurch war kein Platz mehr für jemanden neben ihm. Harout ist genau das Gegenteil, fast schon selbstlos, was die Musik angeht. Er war einfach nur glücklich, einem jungen Armenier zu helfen, einen Teil der ohnehin schon vom Aussterben bedrohten armenischen Kultur weiterzugeben.
Mathias Freiesleben:
Rührt daher Dein Beschluss, diese folkoristischen Lieder als zweite Hälfte Deines Albums "Accidentally In Between" anzulegen. Du hattest sie ja wahrscheinlich gerade in und auswendig gelernt!
Aren Emirze:
Natürlich wollte ich das Erlernte auch auf einem Album verewigen. Durch Vickens Ausscheiden hatte ich die Möglichkeit, die "emirsianische" Handschrift noch deutlicher in Szene zu setzen.
Mathias Freiesleben:
Was eigentlich ist denn typisch "armenisch"?
Aren Emirze:
Typisch armenisch ist die Melancholie, die in denn Songs mitschwingt und einige harmonische Elemente, die etwas "typisch Armenisch" machen. Ansonsten sind wir vom Herzen sehr orientalisch.
Mathias Freiesleben:
Gibt es eine gesteigerte Affinität zum Gitarrenspiel, vor dem Hintergrund Deiner Herkunft, so einer Art "kaukasischer Gitarrentradition"?
Aren Emirze:
Vielleicht die Liebe zum Disharmonischen durch den Clash zweier Kulturen. SYSTEM OF A DOWN haben das meiner Meinung nach in der härteren Musik perfekt vorgeführt ... grandiose Band!
Mathias Freiesleben:
Bist Du im Alter nun schwermütiger und nachdenklicher geworden? Im Umfeld des Pariser Konzertes vor kurzem könnte man aber auch schnell auf ein "Hippie"-Umfeld stoßen...
Aren Emirze:
Durch die Geburt meiner Tochter vor 3 Jahren ist defintiv mehr Verantwortung in meinem Leben, doch gibt es gewisse Prioritäten, die niemals ihren Stellenwert verlieren werden und dazu gehört nun mal die Musik.
Mathias Freiesleben:
Was hat sich für Dich verändert ... sagen wir mal, in den letzten 15 Jahren?
Aren Emirze:
Ich habe mich in den letzten 15 Jahren mehrmals neu erfinden müssen: sei es von RINDERWAHNSINN zu HARMFUL, von HARMFUL zum "Pop" - HARMFUL und von dort aus Richtung "Anglo Armenian Folk Songwriter" bis hin zum leidenschaftlichen Vater.
Mathias Freiesleben:
Wird denn Deine Tour wieder mit Band vonstatten gehen? Wer wird Dich denn begleiten?
Aren Emirze:
Die Tour werde ich mit einigen Musikern bestreiten. Olli Rüger an der Gitarre, Tobias Baum als Percussionisten, Claudia Rudek und Regina Schmitz als Background-Sängerinnen bzw. Gitarre und Bass. In den Proben hört sich alles sehr vielversprechend an!
Mathias Freiesleben:
Noch einmal zu den anderen Projekten: Gibt es RINDERWAHNSINN eigentlich noch? Oder war das eine Jugendliebe/-sünde?
Aren Emirze:
RINDERWAHNSINN gibt es seit ca. 10 Jahren nicht mehr. War definitiv eine Jugendliebe!
Mathias Freiesleben:
Der zweite Teil Deiner musikalischen Seele scheint eine ruppige, launische und laute zu sein! Woher kommt Deine Vorliebe für "Gekloppe", für Lärmwände - welche Einflüsse stecken da dahinter?
Aren Emirze:
Ich denke, dass meine damalige unbändige Liebe zu endloser Energie mich zum Metal und danach zu anderen Bands des Genres geführt hat. Manchmal habe ich auch das Gefühl, dass zuviel Harmonie mir nicht gut tut, deswegen auch
die Art und Weise, wie ich Songs schreibe, sei es bei HARMFUL oder EMIRSIAN. Disharmony Rules!
Mathias Freiesleben:
Noch was zu HARMFUL: Ihr habt Euch ja eine "kreative Pause" bis 2012 verordnet. Seid Ihr trotzdem in ständigem Kontakt?
Aren Emirze:
Wir haben uns neulich getroffen, um ein Zeitlimit unserer Pause festzulegen. So wie es aussieht, fangen wir im März 2012 wieder an, Songs zu schreiben.
Mathias Freiesleben:
Obligatorisch: Was ist dann von Euch als Trio zu erwarten?
Aren Emirze:
Ich denke, dass wir uns wieder weiterentwickeln werden und unsere Stärken im Fokus behalten. Ich bin selber gespannt, was Papa HARMFUL uns bieten wird. Mal schaun...
Mathias Freiesleben:
Wir freuen uns, Dich bald "als" EMIRSIAN live zu erleben und auch auf die neuen Zeichen von HARMFUL! Danke für Deine Zeit und Alles Gute!
Aren Emirze
Vielen Dank und bis bald!
In diesem Jahr 2011 kann man den Mann noch an drei Terminen in Deutschland erleben, wo er sein aktuelles Album "Accidentally In Between" ausführlich vorstellen wird.
EMIRSIAN leibhaftig:
am 25.11.2011 im Domforum Köln
am 26.11.2011 im Kulturhaus Hamburg und
am 04.12.2011 in der Dreikönigskirche in Frankfurt am Main
- Redakteur:
- Mathias Freiesleben
1 Mitglied mag diesen Artikel.