ENDSTILLE: Interview mit Mayhemic Destructor

26.09.2007 | 11:19

Um von einer Band mit "Ausnahmestatus" zu sprechen, würden die meisten wohl eher auf progressive oder altgediente Bands zurückgreifen. Wenigen würde dabei wohl eine Band wie ENDSTILLE in den Sinn kommen, die sich keinen anspruchsvollen Frickeleien hingibt und "erst" vor sieben Jahren gegründet wurde. Doch die vier Kieler haben es innerhalb kürzester Zeit geschafft, sich mit einem völlig kompromisslosen und beinahe schon abartigen Knüppelsound an die Spitze der deutschen Black-Metal-Szene zu spielen. Begleitet wurde dieser Siegeszug aber auch immer wieder von Diskussionen über die Kriegsdarstellung auf den Alben und eine etwaige politische Ausrichtung des Kieler Sturmkommandos. Auch zum neuen Album "Endstilles Reich" musste Drumsau Timm alias Mayhemic Destructor schon reichlich Stellung beziehen und Bedenken zerstreuen. Im Gespräch mit POWERMETAL.de verrät der stets grinsende Corpsepaint-Verweigerer aber auch, warum Saitenmitstreiter Wachtfels ihn nie wieder los wird und warum der Schleswig-holsteinische Landtag links anbauen muss. In diesem Sinne: Feuer frei!

Carsten:
Hi Timm, der Carsten hier von POWERMETAL.de. Alles klar?

Mayhemic Destructor:
'türlich, Alter!

Carsten:
Starten wir mit eurem neuen Album, das in meinen Ohren wieder stärker in Richtung "Dominanz" geht. Sprich: bestialischer als der Vorgänger. Wolltet ihr nach einer Hymne wie 'Bastard' der Welt wieder verstärkt zeigen, wo der Hammer hängt?

Mayhemic Destructor:
Das wollen und machen wir doch immer, hehe.

Carsten:
Ich meine mich beim Vorgänger erinnern zu können, du hättest mit "Click", also Takt im Kopfhörer, gespielt. Bist du so auch ans neue Werk ran gegangen?

Mayhemic Destructor:
Jo. Also im Probenraum hat die Clickmaschine nichts verloren. Das rockt nämlich überhaupt nicht. Aber im Studio wird dann mal eben der Kopfhörer mit'm Click aufgesetzt, damit das nicht so 'n Geöddel wird. Erleichtert die Arbeit ungemein.

Carsten:
Bei eurem Gitarristen Lars frag ich mich ja manchmal, wie der auf diese fiesen, disharmonischen Riffs kommt, die letztlich aber doch eine Art Melodie ergeben. Seid ihr im Probenraum manchmal selbst verdutzt, wenn er etwa zum ersten Mal 'Endstilles Reich' vorspielt?

Mayhemic Destructor:
Ich spiele mit Lars nun seit 13 Jahren in einer Band. Ich setze das voraus, dass da so was kommt. Ihm gehen die Ideen nicht aus, er ist immer voll dabei. Ich find's geil, und habe bei anderen Metalgitarristen immer Probleme. Ich kann also nur mit ihm Metal machen. Pech gehabt, Herr Wachtfels!

Carsten:
Kommen wir mal zum Inhalt. Der Albumtitel steht für die Stunde Null nach einem Krieg?

Mayhemic Destructor:
Allerdings.

Carsten:
Und worum geht es etwa in 'No Heaven Over Germany'?

Mayhemic Destructor:
Naja, die Kernaussage ist halt die, dass man irgendwo geboren wird, und man nichts für die Geschichte des Landes kann. Ist halt Zufall, dass ich z.B. in Flensburg geboren bin. Wäre die deutsch-dänische Geschichte anders verlaufen, wäre ich wohl Däne. Ging ja immer hin und her hier...

Carsten:
Den Text von 'Vorwärts! (Sturmangriff)' habt ihr ja an Gedichte von August Stramm und Paul Celan angelehnt. "Aus dem Graben, in den Graben", die Sinnlosigkeit des Krieges also. Wenn Krieg so sinnlos ist, wozu dann immer noch die ganze Thematik und das Interesse daran auf euren Alben?

Mayhemic Destructor:
Viele finden es ja scheinbar nicht so sinnlos. Also, Bedarf an solchen Texten ist immer vorhanden. Es ist doch sehr interessant, was Krieg mit Menschen anstellt. Menschen werden mitunter zur Bestie im Krieg, Traumata, Psychosen, Zerstörung, Chaos usw., man könnte diese Aufzählung ewig weiterführen. Das sind doch gerade interessante Themen, über die man schreiben kann.

Carsten:
Diese Kriegsthematik hat ja oft Kritiker auf den Plan gerufen, auch wenn der nun von euch zitierte Paul Celan aus einer jüdischen Familie stammte. Aber für den Albumtitel "Endstilles Reich" musstest ihr euch sicherlich schon vor der Veröffentlichung rechtfertigen, oder?

Mayhemic Destructor:
Klar. Ist aber auch okay. Die Leute haben Klärungsbedarf und der wird gedeckt. Es gibt ja auch viele Vollpfosten, die einfach alles tolerieren. Und wenn wir provokativ daher kommen, bleibt man wenigstens wachsam und schluckt nicht jeden Mist. Die Bands, die es anzuprangern gilt, versuchen es ja von hinten durch die Brust ins Auge...

Carsten:
Erst neulich kam mir das Gerücht zu Ohren, aus eurem Probenraum würde schon mal das Horst-Wessel-Lied ertönen. Üble Nachrede?

Mayhemic Destructor:
Definitiv. Wir haben uns den Probenraum auch mit Nazi-Bands geteilt, unser Bassist hat einen Nazi-Mailorder und er ist übrigens auch ein Kinderschänder, usw. Was ich schon alles gehört habe. Man, man, man... Sogar ich selbst soll mit Lars, bevor ENDSTILLE gegründet wurde, in einer Rechtsrock-Band gespielt haben. Wir haben auch 'ne eigene Partei gegründet. Die ist so ultrarechts, das man im Schleswig-holsteinischen Landtag schon links anbaut, so rechts sind wir. Für alle PC-Heinis: Das war Ironie!

Carsten:
Okay, soviel zu dieser Problematik. Themawechsel: Live konntet ihr ja selbst in Norwegen, dem Heimatland des Black Metal, überzeugen. Nun wollt ihr auch nach Japan und in die USA. Die Japaner haben bekanntlich ein Faible für alles Düstere, aber wie groß rechnest du dir eure Chancen bei den Amis aus? Selbst die hier kommerziell erfolgreichen DIMMU BORGIR sind dort ja nur eine kleine Nummer.

Mayhemic Destructor:
Wir wollen nach Japan, weil wir dahin wollen. Nicht weil wir davon ausgehen, dort viele CDs zu verkaufen, aber einfach mal in Japan zocken. Mehr nicht. Regain hat gute Vertriebswege im europäischen Ausland und in den USA. Also warum sollte es nicht klappen? Und wenn nicht, kein Problem. Ich will einfach nur Mucke machen. Wenn man dann noch rumkommt, ist das doch geil!

Carsten:
Und du bist guter Dinge, dass euer neues Label "Regain Records" die Weichen in die richtige Richtung stellt?

Mayhemic Destructor:
Klar. Ansonsten hätten wir da nicht unterschrieben, es kann nur besser werden. Und wenn nicht, geht's nach Vertragserfüllung woanders hin.

Carsten:
Besten Dank für deine Zeit, man sieht sich!

Mayhemic Destructor:
Lässt sich wohl nicht vermeiden. ;-) Hau rein und gute Nacht.

Redakteur:
Carsten Praeg

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