Ein Tag mit GRAVE DIGGER – Teil 2: Listening-Session von "Return Of The Reaper"

19.06.2014 | 16:26

Wer den ersten Teil dieses dreiteiligen Artikels gelesen hat, weiß, dass die Voraussetzungen für eine tolle Listening Session nicht besser hätten aussehen können. Man bekam ein exklusives GRAVE DIGGER-Unplugged-Konzert, Grillfleisch, kühle Getränke und einen netten Plausch mit der Band geboten, ehe sich auf die Sofas der Principal-Studios in Senden niedergelassen und der jungfräuliche Durchgang von "Return Of The Reaper" vernommen werden durfte.

Im Vorfeld war bereits bekannt, dass GRAVE DIGGER, anders als bei "Clash Of The Gods", "The Clans Will Rise Again" oder "The Last Supper", kein bestimmtes Konzept verfolgt. Hier soll schlicht und ergreifend das Hauptaugenmerk auf dem Heavy Metal liegen. Verehrte Leser, ich mache es kurz und schmerzlos: The reaper is back, gewaltiger und energischer denn je.

Return Of The Reaper

Mit einem unheilvollen Klavierintro beginnt das nunmehr 18. Studioalbum. Es regnet, es ist düster und mit einem grellen Schrei beginnt das erste Riff. Die Atmosphäre wird schon einmal in die richtige Bahn gelenkt.

Hell Funeral

Und urplötzlich beginnt der wohl beste GRAVE DIGGER-Song seit langem. Das Riff lädt zum Headbangen ein, der Jahrhundert-Refrain ist kurz und absolut ohrwurmtauglich und die Kurzweiligkeit macht den Song zu einem knackigen Hörvergnügen, an dem man sich einfach nicht satt hören kann. Die Weichen sind gestellt, the reaper is back!

War God

Nicht minder gewaltig prischt der nächste Song heran, dem ein recht erdiges Riff und ein stürmischer Charakter gegeben wurde. Zwar erscheint 'War God' anfangs etwas vertrackt, entfaltet jedoch nach gewisser Eingewöhnungsphase seine direkte Wirkung.

Tattooed Rider

Von jetzt auf gleich hat sich die erste faustdicke Überraschung auf das Album geschmuggelt: JUDAS PRIEST aus der "Turbo"-Ära trifft auf den Charme des Stadionrocks, ohne dass die Urkraft des Teutonen-Stahlwerkes auch nur ansatzweise in Mitleidenschaft gezogen wird. Ein großartiger Song, der sich trotz oder gerade wegen der Besonderheiten bestens ins Songgefüge integriert.

Resurrection Day

'Resurrection Day' beginnt zwar etwas zäh, doch sobald Axel das nächste bombensichere Riff aus dem Ärmel schüttelt, stürmen die Grabschaufler unbekümmert drauf los. Ungezügelt, schnell und mit vielen Breaks macht dieser Song den Einstieg nach Maß perfekt und spätestens beim Refrain mächtig Laune. Beide Daumen hoch.

Seasons Of The Witch

Den nächsten Song kann man am ehesten mit 'The Last Supper' vergleichen: Ein tiefes Riff, ein schleppendes Tempo und der düsterer Refrain bestimmen jenen Song, der bereits im Vorfeld auf der Homepage von Napalm Records zur Verfügung stand, obgleich er sicherlich nicht für das gesamte Album charakteristisch ist.

Road Rage Killer

Wieder geht es nicht nur dem Titel nach etwas direkter und vor allem schneller zu, doch ähnlich wie beim Vorgänger kann auch hier das anfängliche Höchstniveau nur bedingt erreicht werden. Von Mittelmaß kann hier dennoch nicht gesprochen werden, da auch dieser Headbanger definitiv viele Freunde finden wird.

Grave Desecrator

Ein Song, der speziell live gehörigen Spaß machen wird. Der Refrain regt zum Mitsingen an, das einfache, aber saftige Riff erledigt den Rest und eine gewisse Ohrwurmqualität kann man dem Stück auch nicht absprechen. Kalt wie eine Hundeschnauze nehmen die Grabschaufler das anfängliche Niveau allmählich wieder auf. Denn speziell gegen Ende der Platte hat die Band noch einige Asse im Ärmel.

Satan's Host

Nach dem Nackenbrecher im mittleren Tempo zieht GRAVE DIGGER das Tempo wieder merklich an. Die flinke Gitarrenarbeit Axels zieht sich von vorne bis hinten durch, sodass 'Satan's Host' zu keiner Sekunde ruht. Ein knackiges, kurzes Solo rundet dieses furiose und kurzweilige Stück gebührend ab.

Dia De Los Muertos

Chris lässt die Puppen tanzen, denn dieser musikalische 'The Grave Dancer'-Nachfolger ist mit allen Wassern gewaschen und behandelt thematisch den Tag der Toten, einer der wichtigsten Festtage Mexikos. Ein toller Groove, ein lässiges Riff und ein cooler Refrain stehen hier an vorderster Front und bilden einen Song, der live zukünftig nicht fehlen darf.

Death Smiles At All Of Us

Zugegeben, man muss sich erst an die Breaks und Tempowechsel gewöhnen, doch nach gewisser Zeit zündet der Song schlagartig. Ein markanter Refrain, ein orientalisch angehauchtes Mittelstück, abermals tolle Klampfenarbeit und ein stimmlich etwas galliger wirkender Boltendahl machen dieses Stück zu einem weiteren Highlight auf "Return Of The Reaper".

Nothing To Believe

Gegen Ende zeigt dann auch Tasten-Reaper Katzenburg, was in ihm steckt. Diese Halbballade, bei dem Chris' rauchiges Organ herrlich zur Geltung kommt, könnte das im Ergebnis eher stürmisch scheppernde Album besser nicht abschließen. Mit sehr viel Herzblut, tollen Chören und leicht theatralischem Flair versehen, gehen Gitarre und Klavier hier Hand in Hand und runden "Return Of The Reaper" eher gefühlvoll ab.

Fazit: Da das konzeptionelle Korsett ad acta gelegt wurde, entpuppt sich die Band als losgelöst und das Album als Höhepunkt in der GRAVE DIGGER-Diskographie. Die Grabschaufler agieren zwar nach wie vor routiniert und geradlinig, achten dabei jedoch stets auf Abwechslung, Härte und Spielfreude. Scheinbar den x-ten Frühling erlebend, hat GRAVE DIGGER mit "Return Of The Reaper" ein bärenstarkes Riffarsenal am Start, das sowohl seinem Namen wirklich alle Ehren macht als auch bedeutend angriffslustiger als auf den Vorgängern ertönt. Und nicht nur die Redakteursfront und beeindruckte Fanschar ist glücklich über diesen Rundumschlag, sondern auch die Band, die mit einem breiten Grinsen die Reaktionen der Anwesenden abfängt.

Sichtlich stolz nicht nur auf die Songs per se, sondern auch auf das kongeniale Artwork, die Arrangements und nicht zuletzt die wuchtige Produktion hat GRAVE DIGGER im Vorfeld nicht zu viel versprochen. Es würde mich doch sehr wundern, wenn die im Spätherbst stattfindende Tour ohne 'Hell Funeral', 'Tattooed Rider', 'Ressurrection Day', 'Grave Desecrator' und 'Dia De Los Muertos' in der Setliste auskommen sollte. Mit vielen neuen Brechern in der Hinterhand und einem vor Klassikern nur so strotzenden Backkatalog könnte die Band drei, vier Stunden am Stück spielen, ohne auch nur ansatzweise Einbußen zu verzeichnen. "Return Of The Reaper" hat hieran einen maßgeblichen Anteil.

Im dritten Teil unseres GRAVE DIGGER-Specials wird das anschließende Interview mit Frontschaufler Chris Boltendahl und Saitenzupfer Jens Becker abgehandelt. Bleibt also am Ball!

Redakteur:
Marcel Rapp

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