Euroblast-Festival 2013: Interview mit dem Veranstalter

02.10.2013 | 13:50

Das Euroblast-Festival 2013 - The Ninth Coming steht vor der Tür mit der Crème de la Crème des Djent, Prog- und Tech-Metals. Wir sprachen mit John Giulio Sprich ausführlich über das bevorstehende Event und über letztes Jahr.

Wie war es für euch als Veranstalter letztes Jahr?


Die ganze Vorbereitung war natürlich super anstrengend, weil es super viel zu tun gab. Aber das Festival an sich war ein riesiger Erfolg. Das Feedback danach ist es, wann einem dann wieder die Kraft gibt um ein weiteres Jahr so ein krasses aufwendiges Event zu planen. Denn wenn alle Leute und Musiker glücklich nach Hause fahren und auch von unserem Team alle glücklich sind und bei super Musik ein tolles Wochenende verbracht haben, ist genau das erreicht, was wir wollten.


Wir waren ja von unserer Seite aus das erste Mal auf dem Euroblast und waren total begeistert! Jeder sagte am Ende des Jahres, dass es das beste Wochenende des Jahres war, das hat uns einfach umgehauen! Ich bin auf vielen Festivals unterwegs, aber das Euroblast letztes Jahr hatte auf jeden Fall was Besonderes. Insofern kann ich das gut nachvollziehen, was du gesagt hast.


Das ist auch das Familiäre oder? Man weiß, dass alle Leute aus aller Welt wegen einem Grund da sind.


Ja! Ich war an den Locations [dem Underground und der Live Music Hall, JE] schon x-Mal, aber das hatte so eine besondere Atmosphäre. Man hatte den Eindruck, dass da nicht nur Musikliebhaber, sondern auch Musiknerds aufeinander getroffen sind und sich begeistert miteinander unterhalten haben. Es war weniger eine Abrissparty, wie man es von anderen Festivals häufig kennt, sondern eine richtige Musikbegeisterung, die man da gespürt hat.


Das ist es auch, was für mich einen großen Unterschied macht. Ich war auch schon auf vielen Festivals, groß und klein und ich kenne das auch, jeder kennt das wahrscheinlich: Man fährt zu einem Open Air-Festival im Sommer und die Leute hauen sich richtig weg. Ich habe dann oft den Eindruck, dass es gar nicht darum geht sich viele Bands anzugucken, sondern viele verschlafen den Mittag, die ersten Bands sowieso, die kennen sie eh nicht und es ist auch zu weit zum Festivalgelände, da läuft man nicht hin, denn man hat noch 'nen Kater und abends haben es dann endlich alle zur Hauptbühne geschafft, um zum zwanzigsten Mal IRON MAIDEN zu sehen. Das ist es auch wovon alle, die in die Planung involviert sind, weg wollen. Es geht um den Musikgenuss! Zwar auch Party und Abriss, das gab es ja auch, gerade Samstagabend letztes Jahr war ja ziemlich heftig noch. Der Fokus liegt aber mehr auf dem musikalischen Austausch und da ist es auch an der Grenze zu einer Convention, was ja mit den Workshops schon ein bisschen angeklungen ist, was wir dieses Jahr mit ein paar Besonderheiten noch erweitern werden. Und "Musiker gucken Musiker", also die Bands, die selber spielen, gucken sich auch richtig viele andere Bands an und zwar von vor der Bühne und nicht von der Sidestage. Alle Musiker, auch die Headliner gehen gerne raus und mischen sich unter und dadurch ist es viel greifbarer für die Leute, denn man kann den Musiker direkt anquatschen und muss nicht auf eine Signing Session warten. Diese zwei Welten, ist das, was mich auf den großen Festivals etwas stört. Du hast vieles, was hinter der Bühne ist, und vieles, was vor der Bühne. Alles, was vor der Bühne ist, sind Bierstände, Essenstände, Beschallung und alles, was hinter der Bühne ist, ist PR, Netzwerken, etc., das sind diese zwei Welten und das aufzubrechen, das finde ich eine gute Sache.

Ich habe zum Beispiel letztes Jahr mit AGENT FRESCO gesprochen und die meinten, sie hätten selten ein Publikum gehabt, was so genau zugehört hätte. Da waren sie wirklich angetan von. Sie meinten, dass die Leute wirklich für die Musik da sind und nicht nur für's feiern. Es war wirklich mehr ein Musikhörerlebnis und nicht so ein typisches Festival, wie du es gerade beschrieben hast. Die Sprache auf dem Festivalgelände, war meines Erachtens zum Großteil Englisch. Habt ihr eine Übersicht, wie viele Gäste ihr aus dem Ausland hattet?

Ja, auf jeden Fall. Also der Anteil an ausländischen Besuchern war letztes Jahr ca. 50%, die genaue Prozentzahl weiß ich gerade nicht. Vielleicht sogar 60%. Es gab auf jeden Fall einen überwiegenden Anteil, die von überall herkommen. Letztes Jahr waren Besucher aus 32 Ländern da und dieses Jahr haben wir jetzt schon ein paar Länder dabei, die wir letztes Jahr noch nicht hatten, von daher denke ich, dass es dieses Mal über 40 Länder werden. Das bietet sich ja auch einfach an. Wir haben zwar auch eine deutsche Festivalseite, aber die Hauptkommunikation ist Englisch, denn wir wollen auch unserem internationalen Anspruch gerecht werden. Auch die Ansagen, die ich letztes Jahr gemacht habe, waren alle auf Englisch, denn so kann es jeder verstehen. Von allen Deutschen die da waren, spricht denke ich mal ein extrem hoher Prozentsatz Englisch. Das ist auch eine Form um alles auf einen Nenner zusammen zu bringen, wie Musik ja auch diese Sprachgrenzen durchbricht. Wenn du eine polnische Band hast, die auf der Bühne mit einer australischen Band zusammenspielt, und die können sofort, sei es mit Händen und Füßen und mit einer Gitarre in der Hand, auf ein Level finden und sich austauschen. Deshalb ist es auch wichtig, dass alle alles mitbekommen und verstehen können. Mir passiert es auch oft, dass ich auf einem Festival von einem Deutschen auf Englisch angesprochen werde oder, dass wir von Leuten mit deutschen E-Mailadressen über unsere Homepage auf Englisch angeschrieben werden. So stark hat sich das schon übertragen. Wobei ich merke, dass es gerade dieses Jahr auch in Deutschland mehr angekommen ist. Das ist uns auch wichtig, denn es wäre wünschenswert, wenn in Köln beziehungsweise in ganz Deutschland die Szene mehr aufgebaut wird. Ich empfinde es ja auch stark als eine Szene von Gleichgesinnten, die jegliche Art von Musik hören, es hat ja nicht nur was mit Djent, dem Tech- oder dem Prog-Metal zu tun.


Welches Land ist denn am weitesten entfernt gewesen, aus dem eure Besucher gekommen sind?


Ich weiß nicht genau, welches Land weiter weg ist: Japan oder Australien?

Auf jeden Fall vom ganz anderen Ende der Welt.

Ansonsten gab es aber auch Besucher aus Neuseeland, Südafrika, Mexiko, Kolumbien, USA, Malaysia, Indien.


Okay, also wirklich von überall. Wo wir schon bei Zuschauern sind: War das Festival ausverkauft letztes Jahr?

Nee, es war nicht ausverkauft. Wir hatten ja letztes Jahr diese Hybridbauweise in dem Festival. Also wir hatten den Underground beim Warm Up am Donnerstag und dann Freitag auf beiden Bühnen und dann waren wir Samstag und Sonntag in der Live Music Hall und im Underground fanden die Workshops statt. Natürlich konnten wir auch nur so viele 3 Tages- Tickets verkaufen, wie auch in's Underground reinpassen, denn sonst könnten die Leute ja auch da nicht reingehen. Dementsprechend hatten wir eine Overhead Capicity für Tagestickets, aber dadurch, dass viele Leute ein 3 Tages-Ticket wollten, konnten wir die irgendwann auch nicht mehr verkaufen, aber konnten dann noch Tagestickets verkaufen. Aber in die Live Music Hall bekommst du ja 1300 Leute rein, dementsprechend war da noch Platz. Also rund 1000 Leute waren da. Also jetzt nicht verteilt auf drei Tage, aber wir haben in das Underground 700 Leute reinbekommen und an den folgenden Tagen waren es noch ein paar mehr.  

Wie lief den die Organisation an den zwei Locations? Ist es stressig ein Festival an zwei Orten zu organisieren?

Es ist nicht so stressig, wie man denkt. Aber man muss es sich ja auch nicht unnötig schwer machen. Es gab ja am Samstag und Sonntag die Konstellation mit den erwähnten Workshops im Underground und dann braucht man natürlich da eine Backline, da Soundleute, da Crew, da Leute, die sich drum kümmern und gleichzeitig waren wir in der Live Music Hall und die Leute müssen sich auch noch hin und her bewegen. Das hat das ein bisschen auseinander gezogen, aber da das nur mittags war, ging es. Denn wenn es abends gewesen wäre, wo viele Leute da sind und die Bands mit einer größeren Produktion gespielt haben, wäre das nicht mehr möglich gewesen, da wir alle Kapazitäten in der Hauptvenue gebraucht hätten. Insgesamt kann ich es mir super vorstellen, Multi-Event-Venues zu machen, das ist total gut möglich, es muss aber Sinn machen. Letztes Jahr war es nur so: Die Live Music Hall, die kann man freitags nicht wuppen wegen dieser Freisaufparty [regelmäßige Partyreihe in der LMH, JE]. Da kann man nichts machen freitags. Die Live Music Hall war für uns auch ein Experiment, weil sie deutlich größer war als die Halle das Jahrs zuvor, wo wir das Festival nur im Underground durchgeführt haben. Wir mussten also auch austesten, wie gut wir damit klar kommen. Ich würde so einen Multi-Event sofort wieder machen, dann aber irgendwie anders. Ich würde sehr viele Sache verändern, aber ich kann mir sehr gut vorstellen mit zwei Venues zu arbeiten. Ich kann mir zum Beispiel so ein Konzept vorstellen, dass man das Undergound voll bespielt und die Live Music Hall live bespielt, die Zwischenstraße über die 250 Meter sperrt und dann dort Stände hat und Workshops und so weiter. Dann könnte man auch die Werkstatt mit einbeziehen und richtig krass was reißen. Oder vielleicht auch draußen auf die Straße eine Bühne hinstellen, wenn man jetzt mal ein bisschen brainstormt, dann kommen viele Ideen, wie man das spannend gestalten kann, auch in einem urbanen Kontext. Gleichzeitig war uns aber klar, dass wir dieses Jahr in die Essigfabrik gehen, haben nur eine Venue, oben eine Bühne und unten eine Bühne.


Darauf kommen wir noch mal später. Noch mal zu den Bands letztes Jahr: Was waren denn so die Highlights für das Publikum und für euer Team, wo ihr vielleicht dachtet "da haben wir ein Glücksgriff gemacht!"?


Für viele Leute war durch die Bank AGENT FRESCO (Bild) ein Highlight. Ansonsten glaube ich, dass SKYHARBOR bei vielen gut hängen geblieben ist, weil die einen speziellen Sound haben und ihr erstes Konzert außerhalb Indiens gespielt haben und viele Fans gewonnen haben, was für viele deshalb was ganz Besonderes war. Das hat mir auch gut gefallen, denn Daniel Tompkins und seine Stimme ist einfach mega krass. UNEVEN STRUCTURE kommt auch immer super an bei den Leuten, ebenso CHIMP SPANNER, ALGORITHM. Und richtig gutes Feedback gab es auch von allen Seiten für AFTER THE BURIAL, denn die haben echt eine Ausnahmeshow gespielt. Ich habe sie mehrfach davor und danach gesehen und das war eine Ausnahmeshow, auch innerhalb der Band! Die Band spielt generell immer auf einem sehr hohen Niveau, super tight, aber die Show, die sie da gespielt haben, die war einfach irgendwie viel intensiver. Und genau diese Erfahrung habe ich mit voll vielen Leuten geteilt, die die Band auch vorher und nachher gesehen haben und auch meinten "da war irgendwas los!". Ich habe da letztens mal wieder drüber nachgedacht und ich glaube, dass es auch damit zusammenhängt, dass AFTER THE BURIAL (Bild unten) nie Headlinershows spielt. Wenn immer sie Amerika oder Europa spielen, sind sie immer mitten im Billing, das sind halt keine SUICIDE SILENCE, PARKWAY DRIVE, etc. Innerhalb dieses Kontextes, in dem sich härtere progressive Metal-Musik abspielt, hat AFTER THE BURIAL noch nicht dieses Standing Headliner zu sein. Und da waren sie letzte Band auf einem Festival mit sehr vielen anderen Bands und konnten einfach mal abgehen und die letzte Band sein. Und ich glaube, dass das denen auch ein Ansporn gegeben hat. Und sie waren auch das ganze Wochenende da, sie haben sich auch selbst schon AGENT FRESCO und andere Bands das ganze Wochenende reingezogen, sich mit vielen Leuten unterhalten, den Leuten von Ibanez usw. und konnten die Atmosphäre einsaugen, konnten sich entspannen und haben den Samstag dann einfach vernichtet. Ich weiß, wie dicht ihr Tourenplan ist, sie touren zehn von zwölf Monaten im Jahr und da war einfach mal Zeit ein bisschen aufzutanken und dass haben sie dann auch an die Menge weitergegeben.

Ich selbst kann mich daran erinnern: Ich wollte sie eigentlich nur fünf Minuten sehen, weil ich noch auf einen Geburtstag wollte. Ich bin die ganze Show dageblieben, weil ich mir dachte "was passiert denn hier jetzt?!". Ich kann das also nur bestätigen, das war richtig fett!


Und um das ganze abzurunden, ich kann ja nur für mich sprechen, wir sind viele Leute im Team und jeder hat seine eigenen Präferenzen, aber für mich war der DISPERSE-Gig noch ganz speziell. Denn die haben noch ein bisschen was kitschiges in ihrer Musik, etwas vom 80er-Sound, aber dieser Gitarrist Jakub Zytecki (Bild links) ist ein Gitarrengott, meiner Meinung nach einer der ganz großen Talente dieses Jahrhunderts und der ist erst 19, hat gerade sein Abitur geschrieben. Bei dem Gig war ich umringt von Musikstudenten der Hochschule in Köln und Düsseldorf, weil ich ein paar Leute dort kenne. Und die standen da mit offenen Mündern und haben so Musikstudentensprüche gerissen wie "der Ausdruck! Sein Ausdruck!". Die waren auf jeden Fall hin und weg und das sind ja Leute, die auf alles bis ins letzte Detail achten. Ich bin zwar kein Gitarrist und kein Gitarrenvirtuose, aber bei mir ist auch angekommen, dass der Typ von einem anderen Stern kommt.


Gut, dann wagen wir doch mal einen Blick voraus auf das kommende Festival: Was waren die Gründe für den Umzug in die Essigfabrik?


Gründe für den Umzug gibt es viele. Es ist uns trotzdem auch schwer gefallen, denn wir haben einen starken Bezug zum Underground und der Live Music Hall und kennen die Leute, die dort arbeiten und viele Leute des Teams gehen dort gerne hin. Man kennt sich einfach und es ist vertraut und wir haben dort Erfahrung gesammelt. Es war also nicht so, dass wir einfach so in eine x-beliebige andere Location gegangen sind, es mussten schon gute Gründe her. Aber der vorhin schon erwähnte Aspekt, dass wir drei Tage nicht in einer Venue sein können, mit einer Capicity, das wir einfach sagen können, dass wir so und so viele Tagestickets verkaufen können, das macht alles einfacher. Auch einfacher den Zuschauern zu erklären. Das war schon ein Handicap, auch mit der Logistik, denn man muss die Sachen hin und her transportieren, usw. Das war eigentlich so der Hauptpunkt und dann was die Essigfabrik angeht: Wir haben oben eine Halle mit der gleichen Kapazität der Live Music Hall von 1.200-1.300 Leuten und unten haben wir den Raum, der glaube ich Elektroküche genannt wird, der hat halt eher so ein Underground-Feeling, da passen so 350 Leute rein.


Der wird aber eher selten genutzt oder?

Das sind nur Partys, Konzerte sind da selten. Da wurden nur ein paar Events gemacht, das heißt, dass wir da auch wieder was anderes machen, aber das ist genau das, was wir haben wollen und die Live Music Hall und das Underground auch geleistet haben. Kleinere, intime Atmosphäre, sehr viel Interaktion zwischen Band und Publikum im Underground und in der Live Music Hall die große, fette Bühne, wo man noch mehr von der Performance weggehauen wird, als von der Interaktion mit den Bands. Und da können wir jetzt beides haben in einem Raum, die Leute müssen jetzt nicht groß hin und her gehen. Man geht einmal ums Haus und eine Treppe runter und dann ist man bei der zweiten Bühne. Und wir können dort die ganze Nacht Programm machen, wir machen dieses Jahr auch Afterpartys Freitag und Samstag, das heißt wir haben das ganze Venue, das ganze Wochenende. Das wird sich so äußern, dass Freitag im Hauptraum eine Party nach dem Headliner ist und unten geht es noch weiter mit Bands bis drei/vier Uhr Nachts. Das nennt sich dann Blast Night, ist aber angelehnt an die Knüppelnacht des With Full Force-Festivals, halt in einer djent-/progressiveren Variante, wo es dann eben abgeht, unten, in diesem "Keller", sage ich jetzt mal. Samstag ist dann oben auch eine Party, aber electrolastiger, also progressiver Electro. Damit greifen wir die Affinität unserer Besucher auf, die auch gerne mal in elektronische Musik hineinzuhören und um das etwas zu kultivieren, denn Metal hat man ja schon den ganzen Tag gehabt. Und unten ist dann chillout, wo auch viel Post-Rock und ähnliches laufen wird und Sofas stehen werden, damit die Leute etwas entspannen und ausklingen können. Die Leute, die tanzen und ausrasten wollen, gehen nach oben, die Leute, die entspannen wollen, trotzdem noch coole Musik haben wollen, gehen nach unten. Das ist so das Programm. Die Unterkunft von unseren Gästen ist auch eine Problematik, denn wir sind kein outdoor-Festival - das ist übrigens echt ein guter Punkt, ein outdoor-Festival zu machen (lacht) - mit dem Jugendhotel in Deutz haben wir einen guten Partner gefunden, die auf Hotel-Niveau unterwegs sind und trotzdem Hostel-Preise haben und das ist halt zehn Minuten weit weg. Und da können die Leute für kleines Geld gut unterkommen und haben einen guten Deal vereinbart, den wir gewinnfrei an die Leute weitergeben. Es gibt auch genügend Parkplätze und wir können das Essensangebot erweitern, was auch eine sehr gute Sache ist. An der Live Music Hall gibt es eine Fressbude und mehr kann man da nicht machen. Und an dieser Fressbude gibt es als vegetarisches Gericht Pommes, ich bin zwar kein Vegetarier, aber ich glaube, dass es unter den Besuchern einige gibt, für die ist das ziemlich anstrengend. Und bei der Essigfabrik können wir eigene Essensstände machen, es ist mehr Platz für Stände von unseren Partnern, für Workshops und es ist generell mehr Platz. Und das macht es viel einfacher für uns.


Du hast jetzt schon viele Punkte vorweg genommen, die ich noch fragen wollte, das war eine sehr gute Zusammenfassung. Gehen wir zum Warm Up. Wird es ein Warm Up-Konzert dieses Jahr geben?

Ein Konzert nicht, denn ich muss sagen, dass das für das Team zu viel war.


Inwiefern?


Vier Tage lang diese Leistung auf hohem Niveau abzurufen, das haben alle gemacht und auch geschafft, aber es war einfach super anstrengend. Und wir wollen was die Bands angeht das auf drei Tage komprimiert halten, weil man sich darauf besser konzentrieren kann. Ein Warm Up gibt es vielleicht, aber in welchem Format, wo und wie, werden wir noch ankündigen. Aber definitiv nicht mit Bands.


Letztes Jahr war das Motto "The Sound Of Infinity", habt ihr dieses Jahr auch wieder eins?


Ja, "The Ninth Coming". "The Sound Of Infinity" ging so in die Richtung "entdecke die Möglichkeiten", das Universum, die Grenzenlosigkeit widerspiegeln und wie vielfältig sich diese Szene gerade entwickelt. Und das einfach alles möglich ist, weil es in dieser Szene Acts gibt wie THE ALGORITHM, die Metal mit Electro mischen, aber auch Acts wie DISPERSE, die nur clean singen und etwas nach 80er Jahre klingen oder PANZERBALLETT oder auch AGENT FRESCO. Da ist eine so große Bandbreite und die unbegrenzten Möglichkeiten, das war es, was wir letztes Jahr ausdrücken wollten. Eine Person kann fünf total verschiedene Bands, die nacheinander auf der Bühne stehen gut finden. Und dieses Jahr, "The Ninth Coming", ist zu einem daran angelehnt, dass es das neunte Euroblast ist, das wollten wir auch mal drin haben und letztes Jahr war es "Euroblast Vol. 8 - The Sound Of Infinity", wir wollten aber das "Volume" rausnehmen und gleichzeitig wollten wir auch etwas ins mystische gehen. Vielleicht auch etwas dunkler, auch von den Emotionen her, wie wir uns präsentieren. Und die Zahl 9, also 3x3 und Verschwörungen, man weiß nicht, was passiert und neue Ufer, für uns auch eine neue Location und wie ein nächster Schritt. Während "The Sound Of Infinity" dafür stand, dass wir voll was abgerissen haben und einen riesigen Sprung zum Jahr davor gemacht haben mit dem Festival, nach dem Motto: "Was kostet die Welt? Wir wollen zum Mars fliegen!", etc. und dieses Jahr bleiben wir auf derselben Größe, wollen es natürlich ausverkaufen und ich denke, das wird auch passieren, die Zeichen stehen gut. Aber gleichzeitig auch zu gucken, was wirklich dahinter steht, auch was die Musik angeht. Was werden die Bands sein, die sich etablieren und dieser ganzen Bewegung mal auf den Zahn fühlen.


Da fühlen wir der Bewegung doch mal auf den Zahn: Die stilistische Ausrichtung, wird sie breiter?


Ja!


Das sehe ich auch so, denn mit DER WEG EINER FREIHEIT habt ihr ja sogar eine Black Metal mit am Start, das dürfte ja ein Novum sein des Line Ups.


Richtig! Aber das ist erst der Anfang. Die Anfangszeiten vom Euroblast waren ja sehr Death Metal- und Black Metal-lastig mit lokalen Bands. Das Euroblast hat ja angefangen mit befreundeten Bands aus Nordrhein-Westfalen, die zusammen spielen wollten. Das ist aber noch mal eine ganz andere Geschichte, wie das Euroblast angefangen hat. Und irgendwann kam dann der Wunsch auf, nachdem wir wussten wie es nun funktioniert, dass wir Bands holen wollten, die wir selber auch cool fanden. Und dann fing das 2009 an mit TESSERACT und TEXTURES und HACRIDE und viele andere progressive Acts aus Frankreich, die es da ohne Ende gibt und die es auch kaum nach Deutschland schaffen. Letztes Jahr war es so das Djent-Flagship-Event: Alles, was in dieser Szene gerade gehypt wird, war da, das war der Plan. Für dieses Jahr macht bezeichnender Weise DER WEG EINER FREIHEIT den Anfang für eine Freiheit. Das ist nämlich die Aufgabe des Veranstalters, so wie ich es zumindest sehe, aber auch viele im Team, das zu antizipieren, was den Festivalbesucher auf lange Frist glücklich machen wird. Das sozusagen vorauszunehmen, denn der Besucher weiß vielleicht gar nicht, dass er das cool finden wird. Unsere Vision ist es ja, diese Grenzen zu durchbrechen. Nur so konnte der Besucher eine Band wie AGENT FRESCO sehen, die sonst nie dahin gekommen wäre, weil die nicht in der Szene ist. Die haben wir dahin gesetzt und die fanden alle geil. Du setzt den vor, was sie nicht kennen und den einzigen Anspruch, den wir an den Besucher haben ist, dass sie sich mal was reinziehen sollen, was sie gar nicht kennen und sich einfach mal flashen lassen sollen. Denn das, was emotional passiert, wenn du eine Band hörst, die du noch nicht vorher gehört hast und die dich total umhaut, das ist einfach ein Erlebnis! Dieses Erlebnis konnte ich auf Konzerten schon ganz oft machen, dass ich irgendwo hin gegangen bin, eine Band gesehen habe und auf einmal dachte "was passiert hier?!"


Bezeichnender Weise hatte ich das letztes Jahr durchgehend. Ich kannte vorher drei Bands glaube ich, dann stehst du da und dann kommt THE ALGORITHM, MONUMENTS, TESSERACT und AFTER THE BURIAL und du stehst da und denkst "hört das denn irgendwann mal auf?". Ich hatte so einen durchgehenden Kick dadurch.

Und das wollen wir jetzt breit machen! Wir wollen die Juwelen, auch Szene losgelöst, der modernen härteren Musik, im weitesten Sinne. Härter oder progressiver, das sind die zwei Regler. Weil härter kann bedeuten: DER WEG EINER FREIHEIT. Die sind progressiv, die sind frisch, die sind neu. Sie haben essentielle Texte, kommen aus Deutschland und sehen aus wie du und ich, der Gitarrist hat gerade das Wochenende sehr schön mit uns verbracht (lacht), wir haben uns auf der Musikmesse angefreundet und es war Liebe auf den ersten Blick. Alle Euroblast-Fans und alle DER WEG EINER FREIHEIT-Fans sind wie zwei Magneten, aber das ist eine andere Geschichte. Die sind am härteren Regler und passen ja eigentlich auch nicht in die Black Metal-Szene rein.


Im Metal-Underground sind sie ja auch etwas verrufen als "Studentenband" oder wie auch immer. Wenn sie lange Haare und Corpse Paint hätten, würden sie dort wahrscheinlich abgefeiert werden.


So werden sie auch abgefeiert, aber anders. Jetzt passiert es langsam, dass sie sich etablieren und Headliner Show spielen. Aber wie gesagt, es ist auch einfach mal eine Band, die was anderes reinbringt. Nichts ist schlimmer, als ein Festival, wo eine Band nach der anderen kommt und keine Emotionen auslöst. Es muss immer ein Kick sein, der darf auch gerne immer ein anderer sein. Das ist auch total wichtig bei der Line Up-Komposition und der Running Order. Das sind wie verschiedene Level oder wie Achterbahnfahren, wie durch ein Computerspiel gehen oder wie ein Film. Du hast so bestimmte emotionale Höhepunkte, härter, softer, treibender, usw. Nichts ist schlimmer, als wenn es sich immer wiederholt, denn dann bekommt man einen Tunnelblick und dann berührt einen das nicht mehr. Ich war vor zwei Wochen auf dem UK-Tech Metal-Fest, habe auch eine richtig gute Zeit gehabt. Mittags habe ich mir dann ein paar Bands reingezogen, es spielten irgendwie vier Bands nacheinander und nach drei Bands konnte ich nicht mehr, denn es waren vier so typische UK Tech-Bands. Alle waren mega technisch, polyrhythmisch, gefrickel und gescreame die ganze Zeit, so mathcore-ig. Und das vier Mal nacheinander. Und ich konnte einfach nicht mehr, ich musste gehen, ich musste flüchten. Das sind so die Feinheiten. Und dann gibt es ja noch den progressiven Regler und da werden wir auch noch etwas dran rumdrehen. Die Zukunft vom Euroblast ist zum Beispiel progressive Akustikgitarristen auf dem Festival zu haben oder progressive elektronische Acts, THE ALGORITHM ist ja nur der Anfang und wird wahrscheinlich ziemlich groß damit werden. Vor allem in der elektronischen Musik gibt es viele Leute, die sehr progressiv sind und die Grenzen durchbrechen. Olafur Arnalds ist ein gutes Beispiel dafür.


Aber der macht doch eher Neoklassik oder?


Ja, der macht viel mit Liveloops, hat natürlich Streicher dabei und ist eigentlich Metalschlagzeuger. Dann hat er irgendwann entdeckt, dass er ein Piano- und Kompositionsgenie ist. Der AGENT FRESCO-Sänger hat auch einen Gastauftritt auf seinem Album und sind auch Freunde.


Die Welt ist klein!


Ja, genau. 80% der isländischen Bevölkerung spielen ein Musikinstrument. Aber solche Sachen eben. Da geht es auch um Entspannungsphasen während des Festivals. Das wäre halt die Traumvorstellung, wenn man eine Band hat, zu der man tanzen, eine zu der man weinen kann und eine wo man sich die Virtuosität der Band mit offenem Mund einverleibt und dann geht es so weiter. Und am Ende habe ich verschiedene Facetten, die mich angesprochen haben und bin dadurch viel glücklicher, als wenn ich nur eine Sache gehört habe. AGENT FRESCO waren zum Beispiel auch sehr angetan und meinten, dass hier ja was ganz anderes abgehen würde. Das Publikum kannte sie ja auch nicht. Es passiert also was auf beiden Seiten und ist wieder eine Form von Interaktion. Und das kann man noch weiterspinnen. Deshalb wollen wir auch in Zukunft immer Artists reinbringen, die die Leute nicht kennen, aber besonders sind.


Wenn ich das jetzt so höre, habe ich den Eindruck, dass es nicht um ein Festival an sich geht, sondern immer um eine Entwicklung. Um eine Entwicklung für Bands und Zuhörer und für euch als Festivalveranstalter. Der Weg ist das Ziel?


Ja. Ja, genau. Das finde ich spannend, dass du das so sagst, aber es ist genauso. Genauso wie die Bands sich entwickeln. Dadurch, dass wir einige Bands ja auch immer wieder eingeladen haben, haben wir konkret mit Bands Entwicklungsschritte durchgemacht, also wenn ich jetzt mal Bands wie MONUMENTS oder TESSERACTherausnehme: TESSERACT (Bild) haben vier Mal auf dem Euroblast gespielt und zwar mit vier verschiedenen Sängern. MONUMENTS werden mit diesem Jahr vier Mal auf dem Euroblast gespielt haben, einmal instrumental und mit drei unterschiedlichen Sängern, beziehungsweise einmal mit zwei Sängern. Das heißt, auch die Bands entwickeln sich. Viele Bands hatten wir auf dem Festival, bevor sie Plattenverträge hatten. Das heißt, wir haben deren Potential erkannt, bevor es die Plattenindustrie erkannt hat, was eigentlich schon mal eine coole Sache ist. Wir fanden die Bands cool und uns war es egal, ob sie zehn oder zehn Millionen Tickets oder CDs verkaufen, wir finden die Musik gut, deshalb laden wir sie ein, das ist der Hauptbeweggrund. Und das wurde dadurch dann bestätigt, dass diese Bands dann durch Labels, durch Professionalisierung der Strukturen einer breiteren Masse zugeführt werden. Das ist für uns auch eine Art Bestätigung und Legitimation dafür, dass es auch gute Musik ist. Denn man muss einfach sagen, es gibt auch unglaublich viele schlechte Musik, die in den Massenmedien verbreitet wird, aber wenn Musik richtig gut ist, dann verbreitet die sich auch von selbst.


Von welchen Bands erwartet ihr denn selbst auf dem Euroblast dieses Jahr so richtig was?


Ich freue mich auf MONUMENTS mit dem Chris, dem neuen Sänger. Als die Anfang des Jahres mit THE HAARP MACHINE unterwegs waren, wo er ja gesungen hat, standen wir im Publikum und dachten "der müsste bei MONUMENTS singen!". Früher war er ja auch bei PERIPHERY. Chris Baretto, übrigens auch Sohn von Ray Baretto, einer Latin-Percussion-Legende!


Das ist ja verrückt!


Ray Baretto hat auch einen Grammy gewonnen für ein Album.


Ja, gut, dann liegt das ja etwas im Blut (lacht).


Und er ist in der Latin Hall Of Fame und mit Ehren des Kulturmusikinstituts wurden seine Reste als er gestorben ist, vor sieben Jahren glaube ich, nach Puerto Rico überführt. Ich habe letzte Woche mit MONUMENTS und der Rasselbande, wie ich sie immer nenne, in London viel Zeit verbracht. Und der [Chris, JE] ist so professionell, das ist erschreckend. Der macht so Operngesangsübungen 45 Minuten lang vor der Show, er säuft nicht an Abenden vor der Show. Er hat mit 15 schon mit seinem Vater in Europa auf Tour Saxophon gespielt und ist einfach ein super Mensch in jeglicher Hinsicht.


Und wenn wir von MONUMENTS jetzt mal absehen? Weitere Highlights?


Also ich bin mir 100% sicher, dass dieses Jahr THE ALGORITHM noch mehr abgefeiert wird, weil da eine Professionalisierung stattgefunden hat. Sie haben jetzt auch eine Live-Gitarre dabei. Die machen auch noch ein Special auf dem Euroblast, das wird auch richtig gut, dazu sagen wir aber noch nichts. Bei TEXTURES weiß ich ja, dass die immer aufräumen, deswegen sind die auch Headliner. Mit [trap] gibt es noch einen weiteren Schritt in Richtung progressiv und electro und natürlich SKYHARBOR. Und MESHUGGAH werden das Festival beenden. Das ist die logische Konsequenz, denn welche Band könnte denn noch nach MESHUGGAH spielen? Weitere Highlights sind EVER FORTHRIGHT, die andere Band mit Chris Baretto, die spielen das erste Mal in Europa, genau wie CIRCLES und TWELVE FOOT NINJA. BENEA REACH werden ziemlich überzeugen, da bin ich mir ziemlich sicher. Die haben auch noch nicht die Wertschätzung bekommen, die sie verdienen. BEAR spielen dieses Jahr auch wieder und zwar mit einem deutlich prominenteren Slot und werden wohl auch ziemlich vernichten. Die Band hat einen starken Hardcore-Background, sind alle über 30 und zeigen noch mal wie hart eine Liveshow sein kann. Blutende Nase und krasse Verletzungen sind keine Seltenheit. Der Rausch ist die Musik.


Noch abschließende Worte für eure Besucher oder für die, die es sich noch überlegen wollen?


Wenn man mal Lust hat, musikalisch über den Tellerrand zu blicken und ein Wochenende komplett umgeblasen zu werden, dann sollte man zum Festival kommen!

HIER geht's zum tollen Trailer für das Euroblast-Festival 2013!

Alle weiteren Informationen zum Festival gibt es HIER!

Durchführung des Interviews: Oliver Passgang

Bearbeitung und Transkription: Jakob Ehmke

Redakteur:
Jakob Ehmke

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