FALCONER: Interview mit Stefan Weinerhall

05.10.2006 | 18:08

Darauf haben Fans lange Zeit gewartet: Mathias Blad ist nach dreijähriger Auszeit zu FALCONER zurückgekehrt und soll den zuletzt etwas unambitionierten Sound der Folk-Metal-Brigade wieder gehörig aufpeppeln. Allerdings ist "Northwind" dennoch nicht der erhoffte Kracher geworden und kann den hohen Erwartungen an dieses Comeback bei weitem nicht gerecht werden. Bandchef Stefan Weinerhall war daher auch ein wenig genervt, als die Diskussion auf den aktuellen Sound seiner Truppe kam, gab aber dennoch bereitwillig Auskunft über die aktuellen Ereignisse und ihre Folgen für die Zukunft von FALCONER.

Björn:
Es ist einige Zeit vergangen, seit ihr euer letztes Album "Grime vs. Grandeur" veröffentlicht habt, und seitdem hat sich eine Menge getan. Das wichtigste Ereignis war dabei sicher die Rückkehr eures ursprünglichen Sängers Mathias Blad. Wie konntet ihr ihn davon überzeugen, erneut Mitglied von FALCONER zu werden?

Stefan:
Ich fragte ihn, und er sagte zu, so einfach ist das. Bereits als ich im letzten Sommer die neuen Songs geschrieben habe, hatte ich seine Stimme im Kopf, weil das Material wieder zurück zum Original-Sound von FALCONER ging. Ich wusste, dass niemand das Material besser singen könnte als Mathias, also was sprach dagegen, ihn zu fragen? Schließlich würde niemand gegen diese Entscheidung sein.

Björn:
Ich erinnere mich noch sehr gut an den Moment, als Mathias die Band verließ und hätte damals nie gedacht, dass ein Comeback eines Tages möglich sei. Allerdings wurde sein Nachfolger auch nie so ganz akzeptiert und immer wieder mit ihm verglichen, was diesen ja sicher auch nicht sonderlich glücklich machte. Welchen Einfluss hatten die Meinungen der Fans bei diesem Entschluss?

Stefan:
Ich kann nicht leugnen, dass die Wünsche der Fans diese Entscheidung beeinflussten, aber erst als ich mir im letzten Jahr selber sicher war, dass es der beste Schritt sein würde, hatte ich nichts mehr zu riskieren und zog es dann auch durch. Ich würde niemals etwas tun, wenn ich nicht selber voll und ganz dahinter stehen würde, denn dafür sind die Spielräume in diesem Business einfach zu klein. Die beste Bezahlung, die du für deine Musik bekommen kannst, ist die eigene Zufriedenheit. Der Zuspruch der Fans ist lediglich ein großer Bonus, der bei guter Arbeit hinzukommt.

Björn:
Viel Kritiker waren der Meinung, dass Kristoffer Göbel die alten Songs nicht so performte, wie sie eigentlich hätten dargeboten werden sollen. Wie denkst du darüber?

Stefan:
Nun, er hat so einiges auf seine eigene Art gemacht. Ich kann mir zwar vorstellen, dass ein Sänger auf der Bühne niemanden imitieren möchte, doch mich überrascht es auch nicht, dass die Fans seine Interpretationen nicht sonderlich mochten, weil es nicht das war, was sie in ihr Herz geschlossen hatten.

Björn:
Wie schaut es denn nun mit den neueren Songs aus? Wird Mathias einige davon bei zukünftigen Live-Shows singen, oder fallen sie komplett raus?

Stefan:
Wir werden sicherlich mal den einen oder anderen Song aus dieser Ära spielen. Allerdings passen viele Songs einfach nicht zu seiner Stimme, wohingegen andere wiederum nicht mehr unseren aktuellen Sound repräsentieren. Ich könnte mir gut vorstellen, dass Mathias 'Child Of The Wild' singen wird. Weil wir gerade unser fünftes Album veröffentlicht haben, wird garantiert die Hälfte des Songs aus Nummern dieser Platte bestehen. Und da wir in der Regel eine Spielzeit von 40 Minuten zugesprochen bekommen, bleibt auch nicht viel Zeit, um die anderen vier Scheiben abzudecken.

Björn:
Dann reden wir mal über das neue Album und die Entwicklung, die ihr seit "Grime vs. Grandeur" gemacht habt. Meines Erachtens habt ihr euch ein ganzes Stück von euren Folk-Wurzeln entfernt und diese zugunsten von noch mehr Melodic-Metal-Arrangements eingetauscht. Würdest du mir hier zustimmen?

Stefan:
Bist du sicher, dass du das richtige Album gehört hast? Tut mir leid, aber da kann ich dir absolut nicht zustimmen. Ich finde, dass "Northwind" prall gefüllt ist mit Folkmusik und mittelalterlicher Atmosphäre, wobei man noch einige Elemente des letzten Albums wahrnehmen kann. Aber gut, das zeigt, dass Geschmäcker sich bisweilen unterscheiden mögen.

Björn:
Ja, allerdings, ich finde jedenfalls schon, dass ihr rein musikalisch einen großen Schritt weg von dieser Musik gemacht habt, für die ihr ja allgemeinhin schon als Markenzeichen galtet. Wie würdest du denn überhaupt die Entwicklung seit der letzten Scheibe beschreiben?

Stefan:
Es war ein ganz natürlicher Prozess. Auf der letzten Platte wollten wir ein wenig härter werden, weil dies besser zu Kristoffers Stimme passte, aber insgesant waren wir dabei ein wenig orientierungslos zu Gange. Unser Ziel für dieses Album war indes, die Keyboards ein wenig zu orchestrieren und die Produktion professioneller zu gestalten. Vielleicht ist es ja das, was du eben gemeint hast.

Björn:
Möglicherweise. Nun, ihr wehrt euch ja auch schon seit einiger Zeit gegen die Stilbezeichnung Folk Metal. Was spielt ihr denn deiner Meinung nach sonst?

Stefan:
Ich kann mich nicht erinnern, unseren Sound mal Folk Metal genannt zu haben, sondern einfach nur melodischen Metal, eben das, wofür du unser neues Album hältst. Dies ist es, was ich schon immer für unseren Stil hielt.

Björn:
Ich hätte dich jetzt eigentlich fragen wollen, ob du glaubst, dass eure treuen Fans das neue Album ebenso lieben werden wie eure älteren Werke, weil der Folk-Anteil reduziert wurde, aber da sind wir ja unterschiedlicher Meinung...

Stefan:
Oh ja, sie werden es lieben, um es mal etwas zynisch zu sagen, haha. Ich denke es reicht, dass Mathias zurück ist. Das klingt hart, ist aber sicherlich auch Fakt. Aber ich bin schon davon überzeugt, dass ihnen die Musik gefällt. Weiterentwicklung ist ein natürlicher Part im Leben einer Band, und ich denke, dass wir eher noch ein paar Sachen hinzu addiert statt reduziert haben. Aber es stimmt schon, das ist auch immer eine Sache des Geschmacks und der jeweiligen Meinung.

Björn:
Glaubst du, dass euer Debüt heute noch genauso klingen würde, wenn ihr es nun aufnehmen würdet?

Stefan:
Nein, ganz bestimmt nicht. Jeder Künstler entwickelt sich stetig fort, und ich kann mir nicht vorstellen, dass jemand in der künstlerischen Evolution irgendwelche Rückschritte machen möchte.

Björn:
Eine andere Sache, die zu Debützeiten ständig thematisiert wurde, sind eure Touraktivitäten. Mathias hatte damals nicht die Freiheiten, eine längere Tour zu bestreiten, was ja auch häufiger zu Unstimmigkeiten führte. Mit Kristoffer hingegen hattet ihr die Chance, euch live zu präsentieren, wenngleich ihr auch nicht andauernd auf den Bühnen zu sehen wart. Wie sieht es nun aus? Bedeutet Mathias' Rückkehr gleichzeitig auch wieder ein Tour-Embargo?

Stefan:
Tourneen? Nein. Festivals und besondere Shows? Ja! Für mich ist das auch okay, denn die Musik ist perfekt, und das ist das Wichtigste. Für dieses Jahr ist allerdings nichts mehr in diese Richtung geplant.

Björn:
Die folkigen Klänge sind in den letzten Jahren immer beliebter geworden, allerdings auch meist im Zusammenhang mit aggressiveren Vocals. Bands wie ENSIFERUM, WINTERSUN und FINNTROLL zum Beispiel sind auf einen Schlag sehr populär geworden. Ihr schwört indes weiter auf die melodischen Gesänge und bleibt damit auch einzigartig. Wenn du auch mal die Zeit bei deiner letzten Band berücksichtigst, hattest du da nie mal den Gedanken, auch wieder auf aggressive Screams zurückzugreifen?

Stefan:
Nein. Diese Art zu singen fügt dem Sound nichts Wesentliches hinzu. Im Gegenteil: Es raubt der Musik die Möglichkeit des melodischen Gesangs.

Björn:
Könntest du dir denn vorstellen, eines Tages doch eine Tour zu bestreiten, und dann mit diesen Bands?

Stefan:
Nun, ich denke schon, dass dies ziemlich gut zusammenpassen würde. Ich könnte mir vorstellen, dass wir dieselben Fans haben, wobei ich nicht weiß, ob das für eine Tournee gut oder schlecht ist. Eine Tour erfüllt den Zweck, den eigenen Namen weiter zu verbreiten. Es geht nicht ausschließlich darum, für die Fans zu spielen, die man bereits hat. Bei einem kleinen Folk-Package wäre die Kombination definitiv überlegenswert, obwohl ich ihre Musik nicht wirklich gut kenne.

Björn:
Was erwartest du dir denn von FALCONER in den nächsten Monaten?

Stefan:
Nichts Besonderes. Ich warte einfach mal ab, was in den Reviews zur neuen Scheibe steht, dann sehen wir mal weiter.

Redakteur:
Björn Backes

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