FARMAKON: Interview mit Toni Salminen

01.01.1970 | 01:00

Die Finnen von FARMAKON sind für meine Wenigkeit eine der Entdeckungen schlechthin - wer es schafft, auf einem Debut völlig locker mal nach OPETH zu klingen, der hat schon einiges an Respekt verdient. Wer dieses Soundgefüge dann obendrein noch mit Jazz, Funk, Latino-Rhythmen und anderen abgedrehten Ideen garniert, der muss schon im positiven Sinne einen an der Klatsche haben. Demnach lag nichts näher, als sich mit Klampfer Toni per Telefon über die neue Scheibe, finnische Trinkgewohnheiten und ungewöhnliche Bandgründungen zu unterhalten. Aus Zeitmangel leider etwas kürzer als normalerweise, aber immerhin ;-)

Rouven:
Was habt ihr denn bisher an Feedback zu "A Warm Glimpse" erhalten?

Toni:
Och, das war ziemlich gut. Ich glaube, das ist eine Scheibe, die man entweder lieben oder hassen kann. Und man muss sie verstehen. Deshalb gab es leider einige Kritiker, die einen ziemlichen Scheißdreck über uns geschrieben haben. Aber das ist mir persönlich ziemlich egal, denn das meiste Feedback ist sehr positiv.

Rouven:
Ist FARMAKON eigentlich eine ernstzunehmende Band? Wenn man sich eure History mal so durchliest, dann könnte man schnell den Eindruck gewinnen, dass ihr das alles mal so nebenher und zum Spaß macht...

Toni:
(lacht) Ja, das kann ich dir nicht übel nehmen. Es hat ja auch alles im Spaß angefangen, die Idee, Musik in diese Richtung zu machen, auch die ersten Aufnahmen. Als dann aber alles so weit im Kasten war, haben wir das einfach bei mp3.com auf die Seite gesellt, und schwupps, hatten wir einen Deal. Also haben wir eben ein komplettes Album eingespielt und veröffentlicht, und mittlerweile haben wir unsere Musik wirklich gerne. Wir haben verdammt viel Spaß daran, mit FARMAKON zu arbeiten, und ich würde mal sagen, das ist alles schon einigermaßen ernst.

Rouven:
Ihr seid ja ein recht "unnormaler" Haufen für eine Metal-Band. Der Basser spielt eigentlich eher Funk, euer Drummer ist ein Jazz-Mensch, dem ihr eben mal den Death Metal nahegelegt habt, und auch sonst glänzt ihr nicht unbedingt durch eine sonderlich metallische Vergangenheit. Würdest du mir zustimmen, dass das mit ein Grund ist, der eure Musik zu etwas Besonderem macht?

Toni:
Ja, ich glaube schon. Wir haben eben allesamt sehr unterschiedliche musikalische Vorlieben, Marko, unser Basser, kommt aus dem Funk/Jazz-Bereich und hat immer diese kranken Ideen, während ich mich eher beim Blues oder Rock'n'Roll heimisch fühle, und unser Drummer kommt dann immer mit etwas Progressivem an. Da hast du zwangsläufig eine sehr komische Mischung.

Rouven:
War das eigentlich wirklich so, dass ihr euch OPETHs "Stil Life" reingezogen habt und dann beschlossen habt eine Band in der musikalischen Richtung auf die Beine zu stellen?

Toni:
Naja, das kann man vielleicht so sagen. Es war auf jeden Fall nicht so geplant (lacht). Es war auf jeden Fall der Moment, in dem Marko und ich beschlossen, in diese Richtung Musik zu machen, nachdem ich ihn endlich von OPETH überzeugen konnte. Der Startpunkt für FARMAKON war dann eher später, als wir die restlichen Musiker endlich mal auf einen Haufen zusammen bringen konnten.

Rouven:
Finnland ist ja mittlerweile berühmt-berüchtigt für verrückte Bands wie ...AND OCEANS, WALTARI, ELÄKELÄISET oder IMPALED NAZARENE. Da fühlt ihr euch doch sicherlich prächtig wohl, oder?

Toni:
(lacht) Danke. Aber ja, ich würde mal sagen, da passen wir ganz gut rein. Immerhin würde ich uns auch als bekloppt bezeichnen. Das trifft sicherlich auch auf WALTARI zu ... aber IMPALED NAZARENE? Ich weiß nicht...

Rouven:
Naja, die sind nicht musikalisch bekloppt in eurem Sinne, aber immerhin hat der Luttinen mächtig ein Rad ab...

Toni:
Haha, ja, das stimmt auf jeden Fall. Ich war mal auf einem Konzert von denen, da hat er die Leute dazu aufgefordert sich gegenseitig die Fresse zu polieren. Sehr komischer Mensch.

Rouven:
Über was geht's eigentlich in euren Lyrics?

Toni:
Scheiße, da solltest du mich nicht fragen. Ich schreib' die gar nicht, und, um ehrlich zu sein, hab' ich mich auch noch nicht wirklich viel damit beschäftigt...das ist jetzt ein wenig peinlich. Naja, es sind ziemlich düstere Texte mit beunruhigenden Inhalten, und so weit ich weiß aus irgendwelchen Kinderbüchern ... kennst du die Stories mit den Nilpferden?

Rouven:
Nilpferde?

Toni:
Äh, ja, das sind so komische finnische Kinderbücher mit Nilpferden und so. Auf jeden Fall finde ich die nicht besonders für Kinder geeignet, weil es da schon um sehr ernste, teils schon verdammt düstere Themen geht. Ist auf jeden Fall was zum Nachdenken, und darüber schreibt unser Marko irgendwie seine Lyrics. Wie gesagt, frag' mich am besten nicht mehr darüber, das ist ja nur noch peinlich (lacht).

Rouven:
Okay, dann was anderes. Wie schreibt ihr normalerweise eure Songs?

Toni:
Oh, da fällt mir eine lustige Story zu 'Loosely Of Amoebas' ein, dem Opener der neuen Scheibe. Ich war mit Marko zusammen bei mir daheim, weil meine Eltern gerade im Urlaub waren. Eigentlich wollten wir nur ein paar Bier trinken und etwas jammen, aber irgendwie (lacht) ist das dann ein wenig außer Kontrolle geraten. Naja, wir waren auf jeden Fall ziemlich dicht und haben diesen Song an dem Abend fast komplett geschrieben, zumindest das meiste Riffing und den Text. Wir waren verdammt stolz. Naja, und als wir uns das Ganze dann am nächsten Tag angehört haben, dachten wir nur "Was ist das denn für eine Scheiße?" ... mittlerweile finden wir das Ganze aber wieder sehr cool, und ich muss sagen, das ist einer meiner absoluten Lieblingssongs auf der Platte.
Aber normalerweise machen wir das einfach so, dass sich jeder daheim etwas ausdenkt und wir setzen uns dann im Proberaum zusammen und schauen, wie die einzelnen Teile am besten zusammen passen. Ja, so läuft das meistens.

Rouven:
Wenn ihr nicht mal wieder "aus Versehen" zu viel trinkt?

Toni:
Haha, genau. Ansonsten weiß man nie was passieren wird...

Rouven:
Wird man euch eigentlich auch mal auf Tour bewundern können?

Toni:
Uh, da bin ich mir nicht sicher. Wir haben ja alle nebenher noch etwas an der Schule oder mit der Arbeit zu tun, und da würde das sehr schwierig werden. Wir haben uns überlegt, ob wir vielleicht für einen Gig oder so nach England fliegen, das wäre drin, aber eine komplette, zweiwöchige Tour dann eher nicht. Aber wer weiß, vielleicht beim zweiten Album, wenn das denn gut ankommt. Wir schreiben im Moment schon Songs. Ja, auch mit Trinken (lacht).

Rouven:
Was bedeutet eigentlich der Name FARMAKON?

Toni:
Das ist aus dem Griechischen. Es ist zugleich eine Medizin, aber auch ein Gift. Kommt eben auf die Dosierung drauf an. Abgesehen davon soll der Name wohl auch für einen Liebestrunk stehen, haha. Man sollte sich also unsere Musik beim Liebesspiel anhören, vielleicht wirkt das ja Wunder (lacht).

Rouven:
Mal eine dreiste Frage: Was macht euch kreativer, Rauchwaren oder Alkohol?

Toni:
Äh, dazu sag' ich hier mal nichts. Aber nur so viel: Wir rauchen nicht. Wobei ich der Meinung bin, dass Alkohol in kleinen Dosen doch schon kreativ machen kann. Kommt halt immer drauf an, wie ich auch schon vorher bei dem einen Song erzählt habe. Aber das ist jetzt nicht so bei uns, dass wir uns sagen "Hey, lass mal einen Saufen gehen, dann schreiben wir tollere Musik" ... das kommt einfach auf die Situation und Stimmung drauf an.

Rouven:
War ja nur mal Neugier. Jetzt aber mal wieder etwas, bei dem ich mich grinsend zurücklehnen kann und auf das Kreativitätspotential meines Gesprächspartners hoffen kann: Wenn eure Band eine Pizza wäre, welcher Belag müsste da drauf sein?

Toni:
(lacht) Hey, klasse Frage. Hm, da muss ich mal überlegen. Also ich würde mal sagen, die ganz normalen Sachen wie Pilze, Tomaten, Käse, Salami und so ... und ... ja, ganz wichtig: Die Pizza müsste eine dreieckige Form haben.

Rouven:
Wieso das denn?

Toni:
Ganz klar: Weil das anders ist. Etwas Besonderes. Vielleicht sogar etwas bekloppt. Und das passt wunderbar zu FARMAKON.

Rouven:
(lacht) Okay, ist klar. Fast bist du erlöst - jetzt noch die Frage nach deinen momentanen fünf Lieblingsscheiben.

Toni:
Uh, gemein. Ich höre so viel verschiedenes Zeug...und ich bin auch ein Fan meiner eigenen CD, jawoll (lacht)...also, lass mich mal überlegen....Jorn Lande finde ich klasse, da nehmen wir mal ARKs "Burn The Sun", außerdem SOILWORKs "Natural Born Chaos" und MESHUGGAHs "Destroy Erase Improve". Hm, um bei Jorn zu bleiben auch die neue MASTERPLAN und etwas von den HELLACOPTERS. Reicht das?

Rouven:
Ja, das sind genau fünf (lacht). So, zum Schluss noch - irgendwelche bedeutenden letzten Worte an unsere Leser?

Toni:
Mist, jetzt ist mein Kopf leer. Wie wär's mit "Behave yourselves, perkele!"?

Rouven:
Das passt, ganz toll (lacht). Danke für's Gespräch!

Redakteur:
Rouven Dorn

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