FEUERSCHWANZ: Interview mit dem Hauptmann
05.07.2023 | 10:15Die erste Hälfte des Jahres ist vorbei und die deutsche Mittelalter-Rock- und Metal-Band FEUERSCHWANZ hat schon viel erlebt. Wir sprachen mit Gründer, Sänger und Gitarrist Hauptmann Feuerschwanz über Konzerte in Übersee, eine ausverkaufte Tour und das kommende Album "Fegefeuer", welches am 7. Juli veröffentlicht wird.
Hallo Hauptmann, zunächst einmal vielen Dank, dass Du Dir die Zeit für das Interview mit POWERMETAL.de genommen hast.
Hallo Andre, sehr gerne. Worüber wollen wir sprechen?
Natürlich über das neue Album. Aber zuerst möchte ich ein paar Monate zurückblicken. Ihr seid Ende Januar zum ersten Mal mit dem "Drachenboot" über den Atlantik geschippert, weil Ihr für die "70.000 Tons Of Metal"-Kreuzfahrt gebucht wurdet. Wie waren Eure Eindrücke?
Nun, es ist schon geil, dass Metal auch richtig sonnig sein kann. Die "70.000 Tons Of Metal"-Kreuzfahrt war schon ein bisschen das Zentrum unserer Träume. Es hat uns einen Riesenspaß gemacht, in Übersee vor internationalem Publikum zu spielen.
Ihr hattet die Möglichkeit, wie die anderen Bands auch, jeweils zwei Shows vor Metalheads aus ca. 70 Nationen zu spielen. Ich habe sehr viele Crowdsurfer bei Euren Auftritten gesehen. Die Stimmung war hervorragend. Könnt Ihr Euch vorstellen, auch mal in Übersee zu touren?
Das ist die Frage. Es kommt natürlich auf die Dynamik an, auch in Bezug auf "Fegefeuer", dem neuen Album. Wir haben durch die Pandemie soviel Energie aufgebaut, das wir damit das derzeit größte Problem Deutschlands lösen könnten (lacht). Diese steckt nun im Album. Wie sich das Ganze auch international entwickelt, müssen wir einfach abwarten.
Weiter ging es dann im April mit der überwiegend ausverkauften "Memento Mori"-Tour. Auf Eurem Heimspiel im Nürnberger Löwensaal konnte ich Euch erleben, die Halle war brechend voll. Denkt Ihr darüber nach, auf der nächsten Tour in größeren Hallen zu spielen?
Das ist eine schwierige Frage. Viele Bands versuchen jetzt, größere Arenen zu buchen. Wir, also FEUERSCHWANZ, sind solide gewachsen. Es ist alles sehr teuer und riskant geworden in der heutigen Zeit, natürlich auch ein Wagnis und man weiß nicht genau, ob genug Leute kommen, um überhaupt auf null zu kommen. Also backen wir im Moment lieber kleine Met-Brötchen (kein Schreibfehler!) als die großen Fladen, die dann vielleicht auf dem Boden landen.
Ja, das verstehe ich durchaus. Die Probleme, die das Business hat, sind ja durchaus bekannt.
Ich denke, das ist vielleicht auch mal interessant für unsere Fans. Wie sieht es denn hinter den Kulissen aus? Die alten Zeiten sind leider vorbei. Die Geldtransporter kommen nicht mehr vorbei. Das hat sich alles industriell entwickelt, nicht immer zum Vorteil. Du kannst in der Szene eigentlich nur überleben, wenn Du gut vernetzt bist. Wenn Du dann zu große Sprünge machst... Also erst mal weiter mit den kleinen Met-Brötchen (lacht). Für uns ist es wichtig, dass die Qualität unserer Songs sowohl handwerklich stimmt als auch wirklich von Herzen kommt. In den letzten Jahren haben wir quasi unseren eigenen Cocktail gemixt. Irgendwann war für uns der Punkt erreicht, an dem wir etwas ändern wollten. Obwohl wir keine "gelernten" Metalsänger sind, haben wir den Schritt gewagt, uns in diese Richtung zu entwickeln. Unsere Fans sind uns von Album zu Album mehrheitlich treu geblieben und haben akzeptiert, dass dies nun unser Weg ist.
Kommen wir endlich zum neuen Album. "Fegefeuer" erscheint ja am 7. Juli bei Napalm Records. Ich hatte schon die Gelegenheit, reinzuhören. Unter uns gesagt, die Scheibe ist echt geil geworden. Die Songs handeln unter anderem vom Highlander, Siegfried dem Drachentöter und dem Uruk Hai. Ich musste googeln und bin jetzt schlauer. Es handelt sich nicht um eine Haiart. Vielmehr kommen DIE Uruk-hai in Tolkiens "Herr der Ringe" vor.
(Lacht laut) Kann ich verwenden, dass POWERMETAL.de nun DEN Uruk-Hai im Team hat?
(Lacht ebenfalls) Nun also meine Frage. Wie kommt Ihr auf die Themen? Sitzt Du zum Beispiel im Kino und denkst: "Mann, zum Highlander könnte ich mal ein Song schreiben."?
Ich saß in den 80er Jahren im Wohnzimmer meiner Eltern, Du kennst das sicher. Leicht muffiger Geruch und dann kam der Highlander im Fernsehen. Die Bilder haben mich zu meinen eigenen Abenteuern inspiriert. Du musst Dir einfach Deine eigene Fantasy-Welt erschaffen. Natürlich gab es auch die Band PUR, mit Abenteuerland, aber das war mir nicht hart genug (lacht). In den Neunzigern haben wir einfach so viele Sachen angefangen, waren in der Mittelalter-Szene, später gab es Rollenspiele. Der Highlander bekommt jetzt einen neuen Drive, FEUERSCHWANZ küsst ihm quasi den Hintern (lacht). Unsere Version ist mit sehr viel früherem Herzblut verbunden. Unser Hodi [Prinz R. Hodenherz III, Gesang, Akustik-Gitarre, Flöte - Anm. d. Red.] hat dem Song noch mal einen gewissen Tick gegeben.
Zum 'Bastard Von Asgard' habt Ihr ein aufwändiges Video in den Alpen produziert. Wie waren die Bedingungen und wer hatte die Ideen?
Wir kamen ja kurz zuvor aus Florida zurück und fuhren dann nach Österreich direkt in den Schnee. Der ganze Dreh fand in der Nähe eines Stausees in den Bergen statt. Das hat alles sehr gut geklappt mit dem ganzen Equipment und der Logistik. Die Österreicher sind da schon sehr findig. Lediglich mit dem Zeitplan von Fabienne [Sängerin und Harfenistin von ELUVEITIE - Anm. d. Red.] gab es ein paar zeitliche Probleme. Sie hat leider ihr Flugzeug verpasst. Wir haben dann einen weiteren Flug für sie organisiert. Fabienne ist einfach eine Powerelfe mit ganz viel Improvisationstalent. Wir haben es dann echt geschafft, das Video innerhalb von drei Stunden im Kasten zu haben. Der Filmemacher wusste auch ganz genau, was er tut, er hat schon Folgen für "Cobra 11" gedreht. Die filmische Kreativität kommt von unserem Hodi und seiner Frau. Die beiden sind sozusagen das Filetstück. Sie leben die Kreativität und können Dinge auch sehr schnell umsetzen. So haben wir nicht das Problem, dass wir Dinge erst aufwendig in Filmsprache "übersetzen" müssen. Dabei hilft uns natürlich, dass wir alle sehr improvisationsfreudig sind.
Du hast Fabienne schon erwähnt. Ihr arbeitet immer wieder mal mit anderen Künstlern zusammen, wie zum Beispiel mit Melissa Bonny von AD INFINITUM. Macht Ihr Euch schon beim Schreiben der Songs Gedanken darüber, wen Ihr in Euer Drachenboot holt oder ergibt sich das erst später?
Wie ich schon angesprochen habe, heute geht sehr viel über Netzwerke. Wenn wir eine Songidee haben, überlegen wir uns schon, wer dazu passen könnte und versuchen, so früh wie möglich Partner zu finden. Natürlich sind wir jetzt nicht AMON AMARTH, dass uns die Gäste die Türen einrennen. Aber wir sind dann auch mutig und schreiben ein paar Mails und hoffen auf positive Rückmeldungen. Fabienne kam über einen Kontakt von Hans [Gitarrist von FEUERSCHWANZ und AD INFINITUM - Anm. d. Red.] und Melissa zu uns.
In 'Berzerkermode' merkt man, dass Ihr nicht ganz ohne Augenzwinkern und etwas Comedy auskommt, oder? (Textauszug: "Wer braucht schon viel Grips, Mit einer breiten Brust aus Stahl, Pumpen wie ein Donnergott, Der Rest ist scheißegal…")
Jetzt, wo mir das bewusst wird, habe ich das Gefühl, dass der Hodi mich mit dem Text mächtig verarscht (lacht). Mit meiner Rüstung trage ich ja eine Brust aus Stahl. Das kommt einem erst so in den Sinn, wenn man den Song mehrmals hört und singt. Du kennst ja bestimmt auch das Video. Natürlich haben wir uns Gedanken darüber gemacht, ob wir nicht Grenzen überschreiten, wenn wir Jesus zusammen mit den Wikingern pumpen lassen. Wir wollen den Leuten, die die nordische Kunst verehren, nicht auf die Füße treten, aber wir denken, dass die Leute in Walhalla auch gute Partys gefeiert haben.
Hast Du einen Lieblingssong auf "Fegefeuer"?
Als Sänger hat mich das etwas ruhigere Lied 'Valkyrien' gereizt, weil ich hier dem Grafen von UNHEILIG ein wenig nacheifern konnte. Als Mann, der tief singt, sein Herztürchen öffnet und über seine Gefühle zum Tod spricht. Mein Vater ist letztes Jahr gestorben und so konnte ich auch ein wenig Ahnenarbeit leisten. Das Lied gibt mir auch die Gelegenheit, mich ein wenig mit der Ahnengeschichte im Allgemeinen zu beschäftigen. Es ist einfach ein Gefühl tiefer Verbundenheit und dafür bin ich sehr dankbar.
Mit "Memento Mori" habt Ihr es 2021 auf Platz 1 der Albumcharts geschafft. Spürt Ihr einen gewissen Druck, diesen Platz mit "Fegefeuer" wieder erreichen zu müssen oder zu wollen, oder geht Ihr das eher locker an?
Natürlich spüren wir den Druck und versuchen, diesen locker in unsere Rüstung zu massieren (lacht). In der Szene laufen ordentliche Geschütze rum und wir haben versucht, mit der Veröffentlichung am 7. Juli, den größten Panzern aus dem Weg zu gehen. Mal schauen, ob wir uns unter dem Radar auf die "1" beamen können. Vielleicht haben wir auch noch den einen oder anderen Warrior-Trick im Köcher. Letztendlich ist völlig offen, wo wir in den Charts landen, wir lassen uns überraschen.
Das Mediabook von "Fegefeuer" enthält eine Bonus-CD mit dem Wacken-Konzert vom letzten Jahr. Euer letztes eigenständiges Live-Album habt Ihr 2015 als DVD mit dem Jubiläumskonzert von 2014 veröffentlicht. Können sich Eure Fans 2025 auf eine neue DVD zum 20-jährigen Jubiläum 2024 freuen?
Puh, das ist eine gute Frage. 20 Jahre FEUERSCHWANZ ist schon hart an der Grenze zum Wahnsinn (lacht). Wir überlegen derzeit, wie wir den Geburtstag feiern. Nach 20 Jahren denken wir, dass wir richtig große Drachen steigen lassen können. Wir machen uns natürlich Gedanken, wie wir das feiern, aber mehr können wir noch nicht verraten.
Ok, dann sind wir mal gespannt und lassen uns überraschen, was das nächste Jahr mit FEUERSCHWANZ so bringt. Ihr habt ja bereits die ersten Termine für die "Fegefeuer"-Tour bekanntgegeben. Ich denke, es werden noch einige dazu kommen, oder?
Ja, natürlich, aber auch hierzu kann ich noch keine Details verraten.
Hauptmann, vielen Dank für das Gespräch, es hat mir sehr viel Spaß gemacht. Viel Erfolg auf den kommenden Festivals und natürlich mit dem neuen Album.
Ich habe zu danken. Viel Spaß mit dem neuen Album. Wir sehen uns bestimmt bei einem der nächsten Konzerte.
Photo Credit: Andre Schnittker
'Bastard Von Asgard' feat. Fabienne Erni (ELUVEITIE)
- Redakteur:
- Andre Schnittker
