FINAL BREATH: Interview mit Heiko Krumpholz

01.01.1970 | 01:00

Wenn es um guten alten Thrash Metal geht, der seine Wurzeln tief in den Achtzigern vergräbt, schießt mir neben den Urgesteinen DESTRUCTION, KREATOR und SODOM vor allem ein Name in den Sinn. FINAL BREATH bombardieren schon seit zehn Jahren den deutschen Erdboden mit Riffsalven, die selbst den ganz Großen dieses Genres die Flötentöne beibringen. Leider Gottes sind die Jungs bislang nicht mehr als ein Geheimtipp geblieben, was sich mit der Veröffentlichung ihres neuen Albums "Let Me Be Your Tank" anno 2004 ändern soll. Nach Querelen mit ihrem ex-Plattenlabel haben FINAL BREATH nun mit Remedy Records einen potenten Partner im Rücken, der einem flächendeckenden Einschlag des Thrash-Gewitters auf die Sprünge helfen sollte. Ich habe mich in dieses Gewitter vorgewagt um vom letzten verbliebenen Gründungsmitglied, Drummer Heiko, einige Infos zum Release von "Let Me Be Your Tank" zu ergattern.

Alex:
Moin! Zunächst mal Gratulation zu eurer neuen Scheibe. Ihr habt da ja ein böses Pfund hingelegt. Irgendwelche spontanen Gedanken?

Heiko:
Vielen Dank! Endlich ein Interview, das nicht mit der üblichen Bandgeschichte beginnt...

Alex:
Ihr seid schon ziemlich lange auf der metallischen Bildfläche. Obwohl all eure Scheiben qualitativ klasse sind, finde ich trotzdem, dass ihr mit "Let Me Be Your Tank" noch mal einen großen Satz gemacht habt. 'Eyes Of Horror' glänzt zum Beispiel mit einem Riff, das sogar KREATOR aus den Latschen pusten würde. Des weiteren haut ihr heuer nicht mehr nur drauf, sondern spielt auch mit Dynamik. Das steht euch viel besser zu Gesicht. Wie kam diese Entwicklung?

Heiko:
Dynamik und Abwechslung ist und war auch schon immer unser erklärtes Ziel. Durch unsere Erfahrungen ist es bei "LMBYT" vielleicht einfach besser gelungen als vorher. Es soll der einzelne Song sowie das gesamte Album in sich immer spannend bleiben. Unser Debüt "Flash-Burnt Crucifixes" war uns selbst nach einiger Zeit zu stumpf und eintönig. Bei "Mind Explosion" haben wir dann schon mit verschiedenen Stimmungen gespielt und sind diesen Weg einfach konsequent weitergegangen.

Alex:
Ihr habt Krempel mit eurer damaligen Plattenfirma Nuclear Blast gehabt. Deswegen habt ihr die neue Scheibe erstmal eigenfinanziert. Bin ich da richtig informiert?

Heiko:
Krempel? Haha, woher stammst du noch mal? Das Wort kenne ich eigentlich nur in Bezug auf persönlichen Besitz bzw. Gegenstände... weißt schon, wenn die Freundin sagt: "pack deinen Krempel und verschwinde" oder so. Ich vermute aber, du meinst eher Ärger oder Differenzen. Egal, du hast jedenfalls ganz recht. Der Vertrag wurde seitens Nuclear Blast nicht verlängert, also sind wir wieder auf eigene Faust ins Stage One Studio gepilgert.

Alex:
Andi Classen ist ja nicht gerade der billigste Produzent. Und auch wenn ihr schon ein paar mal mit ihm gearbeitet habt, wird er euch keinen großen Sonderpreis gemacht haben. Wie habt ihr die Produktion gestemmt? Banküberfall? Prostitution? Menschenhandel?

Heiko:
Pah, dazu bedarf es keiner kriminellen Handlungen. Hier im Frankenland wachsen die Geldscheine noch an Bäumen, wir müssen sie nur abgreifen. Davon abgesehen ist Andy Classen eigentlich auch nicht unverhältnismäßig teuer. Klar, er schenkt seinen Namen und seinen guten Ruf nicht her, dafür hat man aber auch eine Art Qualitätsgarantie, quasi ein(e) Markenprodukt(ion).

Alex:
Euch zieht es also immer wieder zu eurem Lieblingsproduzenten und seinem Stage One Studio. Beschreib doch mal die Atmosphäre in seinem Recording-Tempel, bei den Aufnahmesessions und dem Mix/Mastering.

Heiko:
Tja, was kann man über diesen Ändi sagen... es ist ein sehr kleines, relaxtes und ruhig gelegenes Studio mit großem Sound. Trotz professioneller Arbeitsweise ist es immer lustig und locker. Beim Einspielen hat man nicht so dieses Schüler/Lehrer-Verhältnis und fühlt sich vom Produzenten nicht mit hoch erhobenen Zeigefinder permanent beobachtet. Vielmehr wirkt Andy immer motiviert und überzeugt von der geleisteten Arbeit. Die Gästewohnung direkt neben dem Studio ermöglicht zudem einen sehr flexiblen Zeitablauf. Tragisch hingegen ist der Verlust des benachbarten Supermarktes. Der Besitzer Johann Van Bemmelen (*g*) musste das offensichtlich wenig lukrative Geschäft im verschlafenen Örtchen Bühne leider aufgeben. Jetzt muss man um Nahrungs- und Bierreserven aufzufüllen ein paar Kilometer weiter in den Nachbarort fahren, also mit Bedacht einkaufen bzw. nüchtern bleiben - kleiner Wink an Andy und seine bessere Hälfte, wie sie sich ein kleines Nebengewerbe aufbauen könnten. Durstige Musiker zahlen bekanntlich jeden Preis... ;-)

Alex:
Mit Jowita Kaminska habt ihr die Painterin des letzten EXODUS-Covers in euer Boot geholt. Sie hat ganze Arbeit geleistet und ein tolles Cover aus dem Hut gezaubert. Wie kam der Kontakt zustande und wie verlief die Zusammenarbeit?

Heiko:
Ein guter Freund von mir hat uns den Tipp gegeben. Wir waren auf der Suche nach einem/r Künstler/in, der oder die malt bzw. zeichnet und nicht ausschließlich am PC arbeitet. Jowita war gleich interessiert an Musik und Texten um zu entscheiden, ob sie den Auftrag überhaupt annehmen möchte. Ich habe ihr dann unsere CD, alle nötigen Infos und unsere groben Vorstellungen geschickt. Musikalisch haben wir wohl ihren Geschmack getroffen und sie hat dann passend zum "LMBYT"-Text und unseren eigenen Ideen eine Skizze angefertigt. Wir waren auf Anhieb begeistert, also hat Jowita den Entwurf als Ölgemälde umgesetzt und uns damit gleich noch mehr umgehauen. Am fertigen Artwork gab es keinerlei Beanstandungen mehr.

Alex:
Ich möchte von euch noch ein paar private Dinge wissen. Ihr habt bislang ziemlich verbissen in der Szene durchgehalten, obwohl es schon mehrfach Tiefschläge gab. Woher nehmt ihr die Kraft weiterzumachen?

Heiko:
Das ist immer eine etwas schwierige Frage. Wir sind keine Traurigheimer, die sich ständig nur über das Schlechte in der Welt beschweren. Es gab auch schon viele positive Erlebnisse und einige große Momente. Unsere Tendenz zeigt zwar nicht steil, aber immerhin permanent bergauf. Wir glauben an unsere Fähigkeiten und haben Spaß bei der Sache, das muss erst einmal genügen.

Alex:
Viele junge Bands inklusive meiner eigenen haben es im heutigen Bandoverkill schwer Fuß zu fassen. Irgendwelche Ratschläge?

Heiko:
Nicht wirklich, denn wir haben mit genau dem gleichen Problem zu kämpfen. Letztendlich bleibt nur eine gewisse Beharrlichkeit und die Hoffnung einen Treffer zu landen. Man kann sicher auch auf Biegen und Brechen versuchen den aktuellen Zeitgeist zu treffen. Ich denke aber, zuerst muss dem Künstler selbst die Musik, die er macht, auch gefallen. Über Geschmack lässt sich jedoch bekanntlich streiten, deshalb sollte man sich da keine Gedanken machen, sondern einfach seinen Weg gehen – auch wenn‘s mal wieder etwas länger dauert. Fakt ist jedenfalls, dass es kein Patentrezept für den Erfolg gibt.

Alex:
Ich frage immer wieder gerne nach den Lebenseinstellungen und Mottos der betreffenden Personen. Wie sieht es mit dir aus? Was ist dein Leitmotiv?

Heiko:
Leben und leben lassen. Ich versuche mein eigenes Ding durchzuziehen ohne dabei engstirnig und mit Scheuklappen durch die Welt zu stolpern. Natürlich sind auch gepflegte Vorurteile manchmal eine feine Sache, aber die kann man ja gut auch zu Hause in den eigenen vier Wänden ausleben, ohne dabei gleich Gott und der Welt auf die Füße zu treten.

Alex:
Mir liegen auf der Promo leider keinerlei Textblätter bei. Kannst du mir ein wenig über eure geistigen Ergüsse berichten? Worum dreht es sich auf "Let Me Be Your Tank"?

Heiko:
Dann sei mal froh dass du die Texte nicht hast, hehehe... Es geht dabei eigentlich nicht um ein bestimmtes Thema. Es sind einfache Geschichten, oft von irgendwelchen Erlebnissen inspiriert und mit vielen Klischees gespickt vorgetragen. So handelt der Titelsong beispielsweise von einem Schlangengott, der aus der Hölle aufsteigt um alles platt zu machen (siehe Artwork). Das lässt viele Interpretationsmöglichkeiten offen, in unserem Fall eine Art Befreiungsschlag, mit dem wir nachdrücklich auf uns aufmerksam machen wollen.

Alex:
Anders als auf den vorangegangenen Scheiben ist der Gesang auch beileibe nicht mehr so tief und gezerrt. Vielmehr sucht ihr euer Heil jetzt im Shouting, was euch deutlicher als je zuvor in die Achtziger-Ecke drängt. Ich persönlich begrüße diese Entwicklung sehr! Beabsichtigt?

Heiko:
Hmm... ich finde eigentlich, der Gesang ist im Schnitt eher etwas tiefer als früher, zumindest tiefer als auf der letzten CD. Ansonsten gebe ich dir recht, die Stimme ist über weite Strecken nicht mehr völlig verstellt. Dadurch kommen aber die Vocals meiner Meinung nach wesentlich aggressiver und direkter. Zudem bringt der Ausdruck in der Stimme eine eigene Note und wirkt weniger austauschbar. Diese Entwicklung war auf alle Fälle beabsichtigt. Bei der letzten CD kam Eumel gerade neu dazu und hatte nur wenig Zeit sich vorzubereiten. Das war bei "LMBYT" anders. Wir sind ein eingespieltes Team und jeder weiß, worauf es ankommt.

Alex:
"Let Me Be Your Tank" hört sich teilweise an, als hättet ihr eure Griffel gedopt, so tight wichst ihr über die Griffbretter. Trotzdem steht die Eingängigkeit immer im Vordergrund. Jammt ihr eure Songs im Proberaum zusammen oder wie muss ich mir euer Songwriting vorstellen?

Heiko:
Nach Einnahme eines speziellen Finger-Anabolika-Präparates (eigene, patentierte und streng geheime Mixtur) trifft sich unser Gitarrist Jörg erst einmal mit mir im Proberaum. Einige Riffideen von ihm bilden dann meist die Basis für einen neuen Song oder Stoff für komplett neue Ansätze. Das Grundgerüst bauen wir dann eigentlich immer erst komplett zusammen, bevor wir das Stück unseren Mitstreitern vorstellen. Unter dem Vorwand eines leckeren Abendessens im China-Restaurant um die Ecke flößen wir ihnen dann ebenfalls eine entsprechende Dosis unseres Wundermittels ein um dann später die Feinarbeit zu erledigen wie zweistimmige Leads oder ähnliches. Jetzt noch ein Schuss Ohrwurmkonzentrat für alle und fertig ist der potentielle Hit!

Alex:
Ihr habt mit 'Sociopathically Insane' ein Re-Recording von eurem "Flash-Burnt Crucifixes"-Album mit auf "Let Me Be Your Tank". Warum?

Heiko:
Das ist ganz einfach. Unser "Flash-Burnt Crucifixes"-Album gab es damals nur in einer sehr kleinen Auflage und ist deshalb längst vergriffen. Die beiden Songs sind regelmäßig Bestandteil unseres Live-Sets, deshalb wollten wir sie in einem neuen Gewand darstellen. Speziell den Mittelteil von 'Exposed To Hatred' haben wir auch etwas verändert und in unseren Augen verbessert.

Alex:
Nenne die Haupteinflüsse der Band und die für dich als Privatperson. Was prägt dich?

Heiko:
Wir sind schon alle hauptsächlich im Heavy Metal der härtern Gangart verwurzelt, besuchen Konzerte, kaufen und sammeln CDs, etc. Mich prägt aber eigentlich alles, was mich anspricht, ob das nun ein gefälliger Popsong ist, R’n’B, Hard Rock oder härterer Stoff - man kann überall Inspiration und Ideen sammeln. Kommt dann nur noch darauf an, wie man diese Einflüsse verarbeitet.

Alex:
Wie sieht es nach dem Release von "Let Me Be Your Tank" mit Touraktivitäten aus? Irgendwas spruchreif?

Heiko:
Wir werden in diesem Jahr noch so viele Einzelshows als möglich spielen, einige Termine stehen auch schon fest und können auf unserer Homepage abgerufen werden. Für das erste Quartal 2005 versuchen wir einen Platz als Support auf einer Tour zu bekommen, da hat sich bisher allerdings noch nichts konkretes ergeben. Im Sommer 2005 werden wir dann auf alle Fälle einige Festivals bereichern, da laufen auch schon diverse Gespräche. Aber wie schon gesagt, diesbezüglich kann man sich auf die immer aktuellen Livetermine auf unserer Homepage verlassen. Einfach öfter mal vorbeisurfen.

Alex:
Wie muss ich mir einen Livegig von FINAL BREATH vorstellen? Beschreib mal die Atmosphäre und die Magie deiner Band im Live-Geschehen.

Heiko:
Da stellst du mich jetzt vor eine sehr schwierige Aufgabe, ich habe uns nämlich noch nie live gesehen, hahaha! Ich kann nur soviel sagen, wir spielen sehr gerne live und uns wird eigentlich immer ein gutes Zusammenspiel und eine gute Präsenz attestiert. Unsere Musik ist auf alle Fälle sehr bühnentauglich.

Alex:
Ihr steht jetzt bei Remedy Records unter Vertrag, die dafür bekannt sind alles für ihre Schützlinge zu geben. Bist du glücklich über diese Situation?

Heiko:
Bisher schon. Remedy sind sehr engagiert und wir haben einen guten Kontakt zum Label. "LMBYT" ist jedoch unsere erste Zusammenarbeit, es wird sich also noch zeigen, ob diese auch Früchte tragen wird.

Alex:
Ich habe ja bereits die Tiefschläge in eurer Karriere angesprochen. Ich denke, du bist mittlerweile Realist und kannst ganz gut die Situation einschätzen. Was erwartest du vom Release der neuen Scheibe?

Heiko:
Ach, das lasse ich einfach mal auf mich zukommen. In erster Linie bin ich schon froh, wenn wir unseren Namen in der Szene wieder ein Stückchen weiter festigen können und vielleicht den einen oder anderen Fan dazu gewinnen.

Alex:
Und noch einmal Realist: Wo wollt ihr mit FINAL BREATH noch hin? Was ist die große Zielsetzung?

Heiko:
Wie schon gesagt, wir wollen uns erst einmal einen festen Platz in der Szene sichern. Ich weiß, dass wir mit dieser Musik wohl kaum die Charts stürmen werden, aber was möglich ist, werden wir ausloten und versuchen auch ein Maximum rauszuholen. Wir möchten jedenfalls nicht auf der Stelle treten.

Alex:
Da wir uns jetzt innerhalb eurer Zukunftspläne befinden: Wie sieht die jetzige Planung aus? Schnellstmöglich einen Longplayer nachschieben oder erst mal runterfahren?

Heiko:
Naja, die schnellsten Songwriter sind wir nicht gerade. Wir warten jetzt die Reaktionen auf unsere neue CD ab, versuchen live zu spielen was geht und setzten auch alles daran schnellstmöglich eine neue CD nachzuschieben. Vor 2006 sollte man damit jedoch eher nicht rechnen.

Alex:
Thanx for the interview und viel Glück mit "Let Me Be Your Tank". Ich persönlich kann diesen fulminante Klotz nur weiterempfehlen und denke, dass die Scheibe gut einschlagen wird. Irgendwelche letzten Worte an unsere Leser?

Heiko:
Och nö.... das Interview war doch jetzt wirklich lange genug, oder? ;-)
Die üblichen Phrasen wie "kauft unsere CD, besucht unsere Konzerte, bla bla" kann ich mir sparen, das ist irgendwie selbstredend.
Ich bedanke mich bei dir und bei Powermetal.de für die fette Unterstützung und dieses unterhaltsame Interview!

Alex:
Diesem schönen Schlusssatz und einem wortgewandten und witzigen Inti kann ich auch nichts mehr hinzufügen...

Redakteur:
Alex Straka

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