FORBIDDEN: Interview mit Craig Locicero

13.10.2010 | 11:51

FORBIDDEN kehren nach 13 Jahren endlich mit einem neuen Album zurück. "Omega Wave" knüpft dabei sehr deutlich an die beiden großartigen Frühwerke "Forbidden Evil" und "Twisted Info Form" an. Grund genug, um mit Mastermind Craig Locicero über die Vergangengheit, Gegenwart und Zukunft der Band zu sprechen.


Wir beginnen natürlich bei der Gegenwart und die heißt "Omega Wave", ein Album das auch nach "Twisted Into Form" hätte erscheinen können. Eine Einschätzung, die Craig durchaus teilt: "Es ist zwar nicht so, dass wir es gezielt darauf angelegt hätten, dass "Omega Wave" so klingen würde, aber du hast Recht, es klingt sehr viel mehr nach unseren ersten beiden Alben als nach "Distortion" und vor allem "Green". Und auch wenn es jeder Musiker bei seinem neuen Album sagt, muss ich sagen, dass "Omega Wave" wohl unser bestes Album bisher ist. Ich weiß, ich weiß, alle sagen das zu einem neuen Album, aber ich meine das auch wirklich so." lacht Craig und fügt erklärend hinzu: "Wir hatten diesmal das erste Mal seit "Forbidden Evil" alle Zeit der Welt für das Album und konnten ganz ohne Druck an dem Album arbeiten. Ich habe nur an den Songs geschrieben, wenn ich wirklich inspiriert war und echte Ideen hatte. Ich musste mich zu nichts zwingen. Und ich denke, unter diesen Bedingungen ist es nur natürlich, dass das Ergebnis besser klingt, als wenn man unter Druck gesetzt wird oder Deadlines halten muss." Da spricht ein Mann, der seine Erfahrungen mit dem Business gemacht hat. "Oh, das kannst du laut sagen.", lacht Craig. "Egal, ob bei FORBIDDEN oder vor allem später bei MANMADE GOD (spätere Band von Craig, die 2003 ein Grunge-Rock-Album herausbrachte), wo wir bei einem Majorlabel waren (American Recordings - PK), hatten wir immer enormen Druck. Das Label hat in die Produktion und das Marketing des MANMADE GOD-Debüts zum Beispiel eine Millionen Dollar gesteckt. Das ist eine irrwitzige Summe und die sollten wir natürlich wieder einspielen. Und wenn das nicht funktioniert, wird man natürlich gedroppt. Wir hatten eine Single in den Charts, aber das war natürlich nicht genug. Das war in den 90ern teilweise noch viel schlimmer, gerade bei Bands wie den GUNS'N'ROSES gingen Summen über den Tisch, die man kaum für möglich hält." gibt Craig interessante Einblicke ins Musikbusiness. "Das war für mich auch der Grund, warum ich keinen Plattenvertrag wollte, bevor nicht das Album fertig ist. Ich wollte mich auf die Musik konzentrieren und die Songs schreiben, die ich mag und die zu FORBIDDEN passen. Alle Angebote, die vorher kamen, habe ich auf Eis gelegt oder gleich abgelehnt. Irgendwelche Majorlabels kamen für mich zum Beispiel nicht in Frage."

Nun sind Nuclear Blast nicht weit von einem Majorlabel entfernt, aber für Craig ist das dennoch nicht vergleichbar. "Nuclear Blast sind zwar ein großes Label, aber sie wollten uns unbedingt. Der zuständige A&R (Jaap Wagemaker - PK) ist ein riesiger FORBIDDEN-Fan und für ihn war das offensichtlich eine Herzensangelegenheit uns zu sich zu holen. Zudem wissen Nuclear Blast auch einfach wie man eine Metalband vermarktet. Sie haben ja schon etliche Bands groß oder zumindest größer gemacht." Was absolut der Wahrheit entspricht.

Dennoch war ich nach dem wenig überzeugenden Auftritt beim 2008er "Bang Your Head!!!" schon noch etwas skeptisch, ob FORBIDDEN die einstige Klasse erreichen können. Was vor allem am nicht wie gewohnt grandiosen Gesang von Russ lag. "Oh, die erste Show in Balingen, ja, die war wirklich nicht so gut. Es war unsere erste Tour und von mir abgesehen, waren alle lange nicht mehr wirklich im Geschäft gewesen und hatten seit Jahren keine Shows gespielt und dann war Balingen bereits der zehnte Gig in Folge. Und du kannst dir sicher vorstellen, dass Russ seiner enormen Stimme auch mal etwas Ruhe gönnen muss und es sonst nicht funktioniert. Wenn sie diese Ruhe nicht bekommt, klingt das wie in Balingen 2008. Aber glaub mir, einen Tag später beim Graspop war es dann noch schlimmer." lacht Craig. "Dennoch war diese Show etwas Besonderes für mich, denn spätestens dort hatte ich gemerkt, dass ich wieder richtig Feuer gefangen habe und mir auch vorstellen konnte mit diesen Jungs wieder was auf die Beine zu stellen. Dann kam auch noch Steve (Smyth - gt., vorher u. a. bei NEVERMORE) dazu, der ein echter Bay-Area-Kumpel ist und dann war es klar, denn er ist wirklich ein brillanter Partner für mich.", schwärmt der Gitarrero, um kritisch anzufügen, "dass man auch ehrlich sagen muss, dass es in den 90ern innerhalb der Band auch immer wieder Konflikte und Probleme gab, die nicht ganz unschuldig daran waren, dass es einfach nicht mehr so gut lief und wir uns letztendlich getrennt haben. Wir waren nicht immer nur eine große, glückliche Familie." Ob diese Gefahr in der Zukunft wieder besteht, mag Craig nicht zu sagen: "Ich habe mir abgewöhnt, Prognosen zu treffen. Im Augenblick habe ich ein gutes Gefühl, aber wer weiß schon, was die Zukunft bringt. Ich habe so oft gesagt, dass etwas so und so laufen wird und dann kam es doch komplett anders. Machen wir noch ein Album? Ich denke schon. Aber bin ich absolut sicher? Natürlich nicht. Werden wir uns immer gut verstehen? Eher ja, aber vielleicht eben auch nicht. Ich beschäftige mich lieber mit dem Hier und Jetzt und nicht damit, was irgendwann einmal sein wird." Eine verständliche Ansicht nach den vielen Rückschlägen, die der sympathische Gitarrist schon hinnehmen musste.


Dennoch klingt es ein bisschen so, als ob sich die Band diesem Businessdruck durchaus wieder hingibt, immerhin geht es gleich nach Veröffentlichung des Albums auf Tour. "Ja, wir werden tatsächlich das allererste Mal hier in den USA auf Tour gehen. Ist das nicht verrückt? Wir haben außer in der Bay Area und in Los Angeles noch nirgends in den USA gespielt." erzählt Craig. "Nach Deutschland werden wir natürlich auch kommen. Wir hatten das Angebot beim Thrash Fest mit KREATOR, DEATH ANGEL und EXODUS mitzufahren, aber das hätte sich finanziell für uns nicht gelohnt, von daher haben wir das abgelehnt. Aber im nächsten Frühjahr werden wir sicher rüberkommen und dann natürlich versuchen im Sommer so viele Festivals wie möglich zu spielen." Dass so ein Tour immer auch ein Risiko ist, ist Craig natürlich bewusst. "Ja, die Zeiten haben sich geändert. Die Bands müssen mit den Liveshows ihr Geld verdienen und entsprechend groß ist das Angebot an Konzerten, vor allem im Frühjahr und im Herbst. Dazu kommt, dass die Leute weniger Geld haben als früher und demnach natürlich sehr selektiv sind, zu welchen Konzerten sie gehen. Aber ich glaube, gerade hier in den USA sollte es gut laufen, da es eben die erste Tour ist, die wir spielen. Ich hoffe schon, dass so 500 - 1.000 Leute zu einem Gig kommen." gibt sich Craig optmistisch.

Dass insgesamt wieder viele Bands aus der Bay Area in letzter Zeit aktiv geworden sind oder tolle Alben veröffentlicht haben, heizt dabei aber keinen Wettkampf an. "Ja, es ist schon erstaunlich, dass so viele Bands wieder aktiv sind. Sogar ANVIL CHORUS haben es geschafft, ihr Debüt endlich zu veröffentlichen. Aber darauf habe ich nie geachtet, denn sonst hätten wir uns wohl wie DEATH ANGEL und HEATHEN schon nach dem "Thrash Of The Titans"-Gig (legendäres Benefiz-Konzert zu Gunsten von Chuck Billy, bei dem sich unter anderem DEATH ANGEL, FORBIDDEN (als FORBIDDEN EVIL), VIO-LENCE, HEATHEN und S.O.D. für zunächst einen Auftritt reformierten - PK) wieder zusammentun müssen. Aber das war nicht der Fall. Ich war zu der Zeit einfach noch nicht wieder bereit, zurückzukehren. Klar, für den einen Gig war das keine Frage, aber ich konnte mir nicht vorstellen, wieder FORBIDDEN zu sein. Und letztlich bin ich es, der in der Band das Rad am Laufen halten muss. Wenn ich nicht die Richtung vorgebe, passiert bei FORBIDDEN einfach nichts.", lacht Craig.

Redakteur:
Peter Kubaschk

Login

Neu registrieren