FOREFATHER: Interview mit Athelstan

01.01.1970 | 01:00

Den Namen FOREFATHER wird man sich in Zukunft merken müssen, denn dieses britische(!) Viking-Metal-Duo(!!) hat mit seinem vierten Album "Ours Is The Kingdom" nun endlich auch international Fuß fassen können. An Selbstbewusstsein mangelt es den beiden ebenfalls nicht, wie die in diesem Interview angesprochene Vergangenheit beweist. Und glaubt man meinem Gesprächspartner Athelstan, dann ist alles, was in der Karriere von FOREFATHER noch passieren wird, nur noch eine Zugabe, denn ihr grundsätzliches Ziel haben die beiden Brüder, so behauptet es Athelstan zumindest, schon erreicht. Nun, ob man ihm das glauben soll?


Björn:
Hi Athelstan, wie geht's denn so?

Athelstan:
Bei mir ist alles okay, vielen Dank!

Björn:
FOREFATHER – dieser Name ist ja noch gar nicht so bekannt. Was ist denn in eurer bisherigen Karriere so alles passiert?

Athelstan:
Wir gründeten die Band damals Ende '97, als wir beschlossen, ein seriöses Projekt zu starten, um unseren kreativen Energien freien Lauf zu lassen. Von Anfang an war es unser Ziel, das erste Album in Eigenregie aufzunehmen und so dem ganzen gewöhnlichen Procedere mit Demos etc. aus dem Weg zu gehen. Also nahmen wir "Deep Into Time" im Sommer 1998 auf und veröffentlichten es über unser eigenes Label Angelisc Enterprises im März 1999. Von da an haben wir zwei weitere Alben über Angelisc Enterprises herausgebracht, nämlich "The Fighting Man" 2000 und "Engly Tycome" 2002. Außerdem gab es 2000 über Millenium Music einen limitierten CD-Release namens "Legends Untold". Und nun sind wir in der Gegenwart angekommen, wo wir in diesem Jahr über Karmageddon Media unser aktuelles Album "Ours Is The Kingdom" auf den Markt gebracht haben.

Björn:
Ihr stammt aus Großbritannien und spielt Musik, die ich grob als Viking Metal einstufen würde. Das ist ja für eine britische Band recht ungewöhnlich, wie seid ihr also an diesen Stil gekommen?

Athelstan:
Wir spielen diese Musik, weil wir sie sehr gerne mögen. Ich denke, dass die britische Szene nie viel mit Viking Metal am Hut hatte, aber das ist auch nicht besonders wichtig für uns. Du musst das schreiben, was du schreiben möchtest. Wir interessieren uns schon jahrelang für die europäische Szene, weshalb wir wahrscheinlich von allen UK-Bands am europäischsten klingen.

Björn:
Wenn du jetzt mal an den Begriff "Pagan Metal" denkst, was verbindest du hiermit?

Athelstan:
Pagan Metal existiert in verschiedenen Formen. Manche Bands tendieren sehr Richtung Black Metal, singen aber heidnische Texte. Andere klingen mehr mittelalterlich und episch und manche klingen wie eine stinknormale Metalband. Der gemeinsame Faktor ist der pagan spirit in den Texten und im Image. Hinzu kommt, dass immer mehr Bands Melodien mit einbeziehen, die oftmals Einflüsse aus der Folkszene haben. Das ist eigentlich sehr ungewöhnlich im Vergleich zu den düsteren Riffs oder dem straighten Black Metal.
Es ist ein sehr vielseitiges Genre und vielleicht gerade deshalb so interessant. Ich würde unsere Band definitiv in dieses Pagan-Genre einordnen, auch wenn ich selber den Begriff "Heathen Metal" bevorzuge.

Björn:
Die meisten Bands, die derartige Musik spielen, kommen aus Skandinavien und ich denke mal, sie haben einen großen Einfluss auf eure Musik gehabt. Welche Bands haben euch anfangs inspiriert?

Athelstan:
Ja, es gibt einige Bands aus Skandinavien, die uns beeinflusst haben. IMMORTAL hatten zum Beispiel von Anfang an einen Einfluss auf den Sound von FOREFATHER, aber man würde ihre Musik nicht als Pagan Metal bezeichnen. BURZUM waren musikalisch ebenfalls ein großer Einfluss. FALKENBACH, BATHORY zu ihrer Wikinger-Periode, EINHERJER und ENSLAVED sind weitere Namen, die ich nennen müsste. Abseits davon gibt es mit IRON MAIDEN und BAL-SAGOTH auch Einflüsse aus unserem eigenen Land. Wir sind Fans von fast allen Stilistiken des Metals, von traditionellem Power Metal bis hin zu elitärem Black Metal.

Björn:
Eure Texte beschäftigen sich mit der anglo-sächsischen Geschichte. Was kommt dir in den Sinn, wenn du über diese spezielle Zeit denkst, mit der sich eure Lyrics befassen?

Athelstan:
Es sind die Wurzeln der englischen Geschichte und das ist der Grund, warum es so wichtig ist. Von dieser Ära an kamen englische Siedler aus Deutschland, Dänemark und anderen Ländern, und sie brachten uns die Sprache und eine einheitliche Kultur. In der modernen Zeit wird diese dunkle Periode nicht so gefeiert wie das eiserne Zeitalter, die Zeit des römischen Imperiums oder das spätere Mittelalter. Wir wollen das ändern. Die meisten Engländer wissen nur sehr wenig über die Zeiten von Beowulf, Alfred, den Seekönigen oder prächristlichen Riten. Wir reden hier über einen Abschnitt der englischen Geschichte und nicht der britischen und das ist ein großer Unterschied. Wir fühlen eine starke Verbindung zu dieser Ära, da wir sie als unser kulturelles Zentrum entdeckt haben. Davon abgesehen war es eine aufregende Zeit mit großen Seefahrern, Kämpfen, Ehre, Feuer, alten Göttern, Mystischem und Magie.

Björn:
Handeln eure Texte denn ausschließlich von solchen Themen?

Athelstan:
All unsere Texte basieren auf diesem Konzept, aber sie können viele Formen annehmen. Da sind zum Beispiel Songs über das Heidentum, Kämpfe, unsere Trennung von unserem Erbe und der Natur in modernen Zeiten, Themen über den Effekt, den die moderne Zeit auf die Bevölkerung hat (`The Folk That Time Forgot´), Songs, die sich an alter englischer Poesie orientieren (`Smashed By Fate´) und Lieder von Helden. Wir singen also nicht nur über die Vergangenheit, sondern beziehen diese Thematik auch auf die Gegenwart und die Zukunft.

Björn:
Wie sind denn bis heute die Reaktionen auf euer letztes Album "Ours Is The Kingdom"?

Athelstan:
Bisher sind die Reaktionen sehr positiv. Neue Zuhörer scheinen genauso zufrieden mit dem Resultat zu sein wie diejenigen, welche die Musik von FOREFATHER schon lange Zeit mitverfolgen. Es gibt aber auch die üblichen fünf Prozent, die unsere Musik nicht verstehen, aber sie sind unwichtig, selbst, wenn sie uns weiterhin ärgern. Ich persönlich bin auch sehr zufrieden mit dem Album und bin mir sicher, dass es unser bis dato bestes ist.

Björn:
"Ours Is The Kingdom" ist euer erstes Album für Karmageddon Media. Wie seid ihr mit dem holländischen Label in Kontakt gekommen und was war ausschlaggebend dafür, dass ihr bei ihnen unterschrieben habt?

Athelstan:
Sie kontaktierten uns im letzten Jahr, nachdem sie einige unserer CDs gehört hatten und später meldeten sie dann Interesse an einem Deal an. Zuerst haben sie nur ein Auge auf uns geworfen, doch danach machten sie uns ein Angebot. Wir beschlossen, dass es die richtige Entscheidung ist, unsere Musik auf ein höheres Level zu bringen, weil sie uns einen viel besseren Vertrieb und größer angelegte Promotion anbieten können. Zu dieser Zeit arbeiteten wir gerade an unserem vierten Album, es passte also alles zusammen.

Björn:
Ja, es ist euer viertes Album und aus unerfindlichen Gründen habe ich noch nie zuvor etwas von euren ersten Scheiben gehört. Wie klangen diese denn seinerzeit?

Athelstan:
Unser Debüt "Deep Into Time" war ein sehr raues Black-Metal-Album mit heidnischem Unterton. Der Sound war noch nicht so poliert wie auf unseren späteren Werken. "The Fighting Man" profitierte daraufhin von einer besseren Produktion und einer vielseitigeren Auswahl von Songs. Das war außerdem der Zeitpunkt, wo wir vermehrt Folk-Elemente und mehr Melodie in unsere Musik integrierten. Die Cleanvocals wurden ebenfalls weiter in den Vordergrund gestellt, im Gegensatz zu den zumeist schwarzmetallischen Screams auf "Deep Into Time". "Engla Tocyme" hatte einen noch reiferen Sound und die Produktion war noch etwas glatter. Es ist sowieso ein etwas langsameres Album, etwas mehr relaxt, obwohl es immer noch einige energische Momente gibt. Hier begannen wir auch, uns weitaus mehr mit englischer Poesie zu beschäftigen, während wir uns zuvor meist mit historischen Schlachten befasst hatten.

Björn:
Sind die alten Platten denn noch irgendwo erhältlich?

Athelstan:
Alle Angelisc-Alben sind komplett ausverkauft, aber du wirst sie möglicherweise noch bei irgendwelchen Vertrieben rund um den Globus finden.

Björn:
Jetzt, wo ihr bei Karmageddon Media unter Vertrag steht, wäre es doch interessant, die alten Sachen über dieses Label neu aufzulegen, oder nicht?

Athelstan:
Genau das ist gerade geschehen. In den letzten Monaten sind alle Scheiben bis auf das limitierte "Legends Untold" von Karmageddon Media neu veröffentlicht und zugleich mit neuem Artwork und jeweils zwei Bonustracks versehen worden. Diese Tracks sind Demos von alten Songs bzw. unveröffentlichte Stücke.

Björn:
Das heißt also, ihr seid noch immer komplett zufrieden mit eurem alten Stoff?

Athelstan:
Ich bin nie mit irgendetwas zu hundert Prozent zufrieden, aber ja, zu einem bestimmten Grad bin ich mit den alten Scheiben zufrieden. Ich würde es mal so sagen: Ich bin mit "Ours Is The Kingdom" weitaus zufriedener als mit den älteren Werken. Ich habe keine Probleme mit den Songs, sondern vielmehr mit einigen Elementen der Produktion.

Björn:
FOREFATHER bestehen ja nur aus euch zwei Brüdern. Sind denn noch nie mehr Mitglieder in der Band gewesen? Und wie sieht das diesbezüglich in Zukunft aus?

Athelstan:
Wir waren zu Beginn ein Trio, als wir noch einen Schlagzeuger hatten, aber es lief nicht ganz rund mit ihm. In kreativer Hinsicht gab es immer nur uns beide und ich denke, das wird sich bestimmt nicht ändern, auch wenn man niemals weiß, was passieren wird. Jegliche Extra-Mitglieder in der Zukunft werden Session-Musiker sein, falls wir live auftreten sollten. Aber auf kreativer Basis brauchen wir keinen weiteren Musiker mehr hinzufügen.

Björn:
Ihr habt auf "Ours Is The Kingdom" ja einige mächtige Chöre. Wie habt ihr die denn dann hinbekommen? Ebenfalls mit Session-Musikern?

Athelstan:
Wir haben viele Spuren genommen. Auf unseren letzten Alben waren wir ein wenig konservativ im Hinblick auf die Vocals, aber dieses Mal haben wir einfach so viele Spuren wir möglich übereinander gelegt und Harmonien hinzugefügt, um so einen wuchtigeren Sound zu erschaffen. All diese Vocals wurden von Wulfstan übernommen.

Björn:
Eure Musik ist ja einerseits sehr aggressiv, andererseits anhand der vielen Melodien aber auch sehr traditionell angelegt. Was ist denn schlussendlich wichtiger: die Aggressivität oder die Harmonien?

Athelstan:
Beide Seiten sind sehr wichtig. Wir wollen die harten, extremen Kanten bewahren, obwohl wir viele Melodien einstreuen. Ich finde, dass uns dies eine sehr kraftvolle Kombination beschert, die Power und die Schönheit. Power ist sehr wichtig im Heavy Metal. Du musst sie immer wieder aufs Neue einfügen und damit vermeiden, überladen oder cheesy zu klingen. Wir versuchen immer die perfekte Balance zu behalten, aber ob uns dies gelungen ist, müssen nun andere entscheiden.

Björn:
Wenn du dies mal berücksichtigst, wie sollte dann der perfekte FOREFATHER-Song klingen?

Athelstan:
Nun, es gibt verschiedene Sorten von FOREFATHER-Songs, aber ich denke mal `The Shield-Wall´, `Ours Is The Kingdom´ `To The Mountains They Fled´ oder `The Fighting Man´ wären gute Kandidaten.

Björn:
Die Viking-Metal-Szene ist momentan angesagt und Bands wie BORKNAGAR oder VINTERSORG werden von Tag zu Tag populärer. Ich komme gerade vom Wacken Open-Air zurück und habe dort gesehen, wie eine Band wie AMON AMARTH, die für meinen Geschmack die führende Gruppe diese Genres ist, von tausenden Menschen abgefeiert wurde, und das, obwohl sie als letzte Band um zwei Uhr morgens auf die Bühne mussten. Glaubst du, dass FOREFATHER auch vom Erfolg dieser Bands profitieren können?

Athelstan:
Ich denke schon, dass wir das können. Der Viking/Pagan-Stil wächst auf jeden Fall in seiner Popularität, aber auch in der Kreativität. Es würde mich aber auch nicht stören, wenn wir davon nicht profitieren würden, denn die Musik habe ich ja trotzdem geschrieben. Aber wenn man durch solch hilfreiche Umstände mehr Leute erreichen kann, dann ist das natürlich sehr gut.

Björn:
Welche Erwartungen hast du denn in Sachen Erfolg, oder gibt es so was gar nicht?

Athelstan:
Ich habe wirklich keine Erwartungen oder Ziele. Ich versuche einfach nur, die bestmögliche Musik zu komponieren und hoffentlich werde ich auch weiterhin Alben herausbringen können. Unser erstes Ziel war einfach nur, die Unterstützung eines größeren Labels zu bekommen, nachdem wir uns ein gutes Following auf unserem eigenen Label erspielt hatten. Wir haben das nun erreicht und ich habe keine weiteren Ziele mehr. Es wäre nett, als eine High-Quality-Band betrachtet zu werden, also zur Elite zu gehören.

Björn:
Du sagtest ja, dass ihr euch ab und zu Session-Musiker heranholt, weil es sonst schwierig wäre live zu spielen. Habt ihr denn schon einmal live gespielt?

Athelstan:
Wir haben noch nie live gespielt. Bis jetzt waren wir eigentlich sehr glücklich damit, nur ein Studioprojekt zu sein, weil wir nicht so interessiert an der Live-Szenerie sind. Es wäre auch eine Menge Arbeit, dies zu organisieren. Ich kann nicht sagen, was diesbezüglich in der Zukunft passieren wird. Vielleicht wird es ja eines Tages doch geschehen.

Björn:
Falls dieser Moment irgendwann dann doch kommt, wie wolltest du FOREFATHER live präsentieren?

Athelstan:
Ich denke, ein sächsisches Langboot würde sich sehr gut im Hintergrund der Bühne machen, aber es ist unmöglich, so etwas zu besorgen. Eine interessante Idee wäre es außerdem, einige Bildschirme zu installieren, auf denen dann Schlachten und Bilder von Seefahrern gezeigt werden.

Björn:
Hört sich gut an, aber geplant ist es eben nicht, oder?

Athelstan:
Nein!

Björn:
Gäbe es denn in Großbritannien überhaupt Clubs, wo ihr solche Musik spielen könntet?

Athelstan:
Ja, einige wenige gibt es und die sind natürlich in den größeren Städten. Underground Metal ist in England nur sehr klein, aber er ist da. Es ist bei weitem nicht so groß wie in Deutschland, obwohl wir 50 Millionen Einwohner haben. Mit dem wachsenden Interesse an Rockmusik kommen auch wieder mehr Leute, die Metal hören, auch wenn sie anschließend so einen Müll wie LINKIN PARK bevorzugen.

Björn:
Bis auf die alten Haudegen von IRON MAIDEN, JUDAS PRIEST und SAXON gibt es auch kaum noch Metalbands in England. Denkst du, daran wird sich eines Tages wieder etwas ändern?

Athelstan:
Sicherlich ist die Popularität der Tage, als SAXON und MAIDEN noch sehr groß waren, vergangen, doch die ziehen immer noch viele Zuschauer. Es ist wahr, mir fallen auch nur wenige englische Bands ein, die in der letzten Dekade für Aufsehen sorgen konnten. Bis auf CRADLE OF FILTH und PARADISE LOST war da jedenfalls nicht viel. Ich würde sagen, die britische Szene ist tot und es fühlt sich weitaus kälter an als noch in den Achtzigern. Ich glaube auch nicht, dass sich daran etwas ändern wird, weil Metal in der Bevölkerung auf wenig Gegenliebe stößt.

Björn:
Du hast anscheinend eine sehr negative Einstellung zur britischen Szene.

Athelstan:
Die britische Szene ist ein wenig verwirrend und keiner weiß, in welche Richtung sie gehen wird. Das hat meiner Meinung nach mit der geringen Anzahl von Leuten zu tun, die dazugehören. Wir haben sicherlich einige gute Bands, aber es sind zu wenige, denen das auffällt. Wie es scheint, ist die europäische Szene viel lebendiger und kann so auch sehr viele Bands aus den verschiedensten Genres hervorbringen.

Björn:
Wie sehen eure Pläne für das kommende Jahr aus?

Athelstan:
Unsere dringlichsten Pläne sind, neues FOREFATHER-Material zu komponieren. Wir sind noch in der Demo-Phase, aber es hört sich schon sehr gut an. Dieses Mal wollen wir die Aggression von "Ours Is The Kingdom" bewahren, gleichzeitig aber auch eine etwas dunklere Atmosphäre wie auf "Engla Tocyme" erschaffen.

Björn:
Gibt es sonst noch etwas zu sagen?

Athelstan:
Hail to the supporters in Germany! Ich hoffe, euch gefällt das neue Album. Besucht unsere Homepage und haltet euch auf dem Laufenden über FOREFATHER!

Redakteur:
Björn Backes

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