FRONTSIDE: Interview mit Demon

01.01.1970 | 01:00

FRONTSIDE haben in ihrem Heimatland Polen schon einen klangvollen Namen, konnte doch ihr aktuelles Album "Forgive Us Our Sins" in seiner ersten Version, die in der Landessprache erschienen ist, den Grammy einsacken. Verwunderlich ist diese Tatsache nicht unbedingt, da die Scheibe auf einem beängstigend hohen Level mit voller Wucht ins Gehänge tritt und geschmackvoll Brücken zwischen sämtlichen Stilen des extremen Metalbereichs schlägt. Die neu überarbeitete, nun mit englischen Texten bestückte Version der Scheibe bricht dieser Tage über die Metalheadz herein und macht allein schon wegen der interessanten Geschichte ein Interview fällig. Saitenquäler Demon gibt Auskunft ...

Alex:
Moin Demon! FRONTSIDE sind ja in Polen schon längst kein kleines Licht mehr, da ihr dort "Forgive Us Our Sins" bereits im letzten Jahr in der Landessprache veröffentlicht habt. Kannst du mir ein wenig mehr über die Wurzeln FRONTSIDEs und deren Mitglieder erzählen?

Demon:
Hi Alex! Du musst etwas entschuldigen, aber wir stecken gerade mitten in den Aufnahmesessions zur neuen Scheibe und ich habe für "Forgive Us Our Sins" noch unzählige Interviews zu beantworten. So ist es halt, wenn man eine Scheibe promoten muss, die eigentlich schon über ein Jahr auf dem Buckel hat und zeitgleich schon die nächste eintütet. Aber wir sind glücklich, nach zehn Jahren voller Schweiß und Blut in dieser Situation zu sein. Aber in Ordnung, lass uns keine Zeit verlieren.
Als wir damals anfingen, waren wir keine richtigen Anfänger im musikalischen Sinne mehr. Nach haufenweise investierter Arbeit haben wir uns zumindest innerhalb polnischer Grenzen einen Namen erspielt, der über diese Grenzen hinweg noch eher auf Sparflamme züngelt. Wir starteten also als pure Crossover-Band, die möglichst brutal und progressiv an die Pforten der Hölle klopfen wollte, haha. Und ich denke, da unten dürfte es keinen geben, der die Musik FRONTSIDEs nicht gerne hören würde. Wir haben bislang drei Demos, eine Split-CD und zwei Longplayer veröffentlicht, die den Menschen in quantitativ geringeren Zahlen zugänglich gemacht wurden. Sorry, das war in aller Kürze...

Alex:
"Forgive Us Our Sins" knattert als ziemlich derber Mix aus Oldschool Death Metal der Marke DEMON (ex-Band von SYL-Drummer Gene Hoglan) und modernen Elementen des Metalcore über die Ziellinie. Kannst du das unterschreiben?

Demon:
Die Scheibe ist einfach ein äußerst heftiger Mix aus vielen brutalen Stilen und gibt der Meute das, was sie verdient, haha. Jeder Fan extremer Musik wird auf "Forgive Us Our Sins" etwas finden, das ihn begeistern kann. Wir wollen keine Gefangenen machen und wir wollen, dass die Menschen von unserer Musik getroffen werden, wie ein Tornado auf die unvorbereitete Natur trifft. Der Vergleich mit Gene Hoglans Band und Person geht natürlich runter wie Öl. Seine Partizipation in Metalinstitutionen wie TESTAMENT, STRAPPING YOUNG LAD, DARK ANGEL und DEATH sind in extremer und aggressiver Hinsicht essenziell. Die technischen Finessen seiner Schaffenskraft versuchen wir auch bei FRONTSIDE zu entfesseln. Innerhalb der Band greift momentan jedes Rädchen ins nächste und alles läuft reibungslos. Wir haben die nächsten Schritte geplant und werden sie jetzt Stück für Stück umsetzen. In diese komfortable Situation wollten wir immer gelangen und jetzt scheint alles ideal zu laufen. Aber zu guter Letzt muss ich dir gestehen, dass ich noch nie was von einer Band namens DEMON gehört habe *lacht*.

Alex:
Wie lange habt ihr seinerzeit für die Aufnahmen "Forgive Us Our Sins" gebraucht?

Demon:
Etwa vierzig Stunden für die vocals und die Instrumente und dann noch mal über einhundertfünfzig Stunden für das Mixen und das Mastering. Hier sieht man einmal, wie wenig Zeit letztendlich eine Band für das Eintrümmern einer Scheibe zur Verfügung steht. Perfekte Vorbereitung im Vorfeld eines Studiobesuchs ist heutzutage Pflicht. Leider zogen sich die Aufnahmen doch in die Länge, da jeder einzelne von uns ja noch einem Job nachgehen muss. So kamen wir also trotzdem in die dunkelrote Zone der Deadline.

Alex:
Ich hätte gerne etwas mehr über die Lyrics auf "Forgive Us Our Sins" erfahren, da mir kein Textblatt beigelegen hat. Ihr scheint aber ziemlich angepisst über manche Themen zu sein. Führ mal bitte genauer aus.

Demon:
Es handelt eigentlich immer vom Gleichgewicht zwischen Gut und Böse und das im Kontext der gesamten Menschheit. Wir schreiben über Dinge, die von jedermann bemerkt werden, aber trotzdem zu keiner Änderung führen. Wir schreiben über Dinge, die unserer Meinung nach nicht differenziert genug dargestellt sind und unserer glasklaren Darstellung bedürfen. Die weißt selbst, wie viel essenziell Böses uns umgibt. Und seine Quelle ist kein anderer als der Mensch selber. Es reicht für die Entstehung eines packenden Textes völlig aus, mit offenen Augen auf die Straße zu gehen oder einfach die Abendnachrichten einzuschalten. Meistens ist es leider so, dass der Mensch beim Säen böser Gedanken, Gefühle oder Taten völlig neben sich steht und erst erwacht, wenn ihn die Konsequenz daraus zu verschlingen droht. Jeder Mensch hat seinen eigene Art, die schlechten vibes zu manifestieren. Wir tun das über unsere Musik, dem Spiegel unserer Seelen. Somit versuchen wir, die Welt mit unserer höllischen Maschine heimzusuchen und auf ewig in den Untiefen der Hölle zu binden *lacht*.

Alex:
"Forgive Us Our Sins" hat soundtechnisch einen ziemlich fetten Arsch und schneidet schön scharf und dynamisch durchs Fleisch. Wo und mit wem habt ihr die Scheibe produziert?

Demon:
Wir haben im Mamut-Studio nahe unserer Heimatstadt aufgenommen. Der Sound wurde von Maciek Mularczyk poliert, einem persönlichen Freund der Band, der auch schon den Sound der polnischen Legende KAT veredelte. Wir hatten eigentlich gar nicht einen solch brutalen und massiven Sound erwartet, was uns jetzt natürlich voller Vorfreude in die Zukunft blicken lässt. Ohne Zweifel werden die zukünftigen Veröffentlichungen auch soundtechnisch killen! Maciek hat unser volles Vertrauen, denn sein Sound bleibt in der Fachpresse nicht unbeachtet. Vielleicht hat er eines Tages in Polen ein solches Metalrecording-Mekka wie das Morrissound oder das Sunlight. Das wünschen wir ihm mehr als alles andere.

Alex:
Das Artwork der Scheibe ist ebenfalls sehr geschmackvoll ausgefallen. Kannst du mir etwas über den Zeichner berichten?

Demon:
Das Artwork der Scheibe wurde wie alle unsere bildlichen Ergüsse von den sickos von www.mentalporn.com angefertigt. Es handelt sich um eine kleine Firma, die Fotographien, Artworks und Webdesigns erstellen, geführt von unserem Freund Qras. Momentan ist er sozusagen das sechste Mitglied der Band, voll verantwortlich für den visuellen Aspekt der Band FRONTSIDE. Wenn du das Artwork von "Forgive Us Our Sins" schon mochtest, wirst du aber niederknien, wenn du das der neuen Scheibe erblicken wirst. Die Grafiken entwickelt Qras eigentlich immer in enger Zusammenarbeit mit seinem Fotographen Adam, der mit seinem Blick für die Dinge töten kann. Ein wahrer Mörder! In wenigen Tagen wird unsere Homepage wieder hochgeladen und es werden völlig neue Grafiken zu bewundern sein. Ich lade euch hiermit zu einem Besuch ein. www.frontside.alpha.pl wird euch in die Welt FRONTSIDEs entführen, während www.mentalporn.com beziehungsweise mailtechnisch qras@mentalporn.com in die kranke Welt der graphischen Einfälle meiner Freunde entführt, die langsam aber sicher die Welt der polnischen Extremmetalszene erobert.

Alex:
Polen ist ja eigentlich bekannt für seine Fülle an Extremmetalacts. Kannst du mir ein wenig Licht in die Abgründe des polnischen Undergrounds bringen?

Demon:
Unsere Szene hat sehr tiefreichende Strukturen. Hinter den wirklich international erfolgreichen Acts wie VADER und BEHEMOTH existieren schon in der zweiten Reihe weitere Hammerbands wie DIES IRAE, die wie die beiden bereits genannten demnächst mit erstklassigen neuen Scheiben vorstellig werden. Und aus der dritten Reihe feuern wir aus allen Rohren. Bands wie LOST SOULS, ESQUARIAL,TRAUMA, PARRICIDE, NEUMA, NYJA, ANTIGAMA, MOJA ADRENALINA und 1125 stehen zur Stelle, wenn es um Arschversohlen aus dem Hinterhalt geht. Haltet Ausschau nach diesen Acts, sie machen ihren Job verdammt gut.

Alex:
Wie geht es Doc von VADER. Alles wieder im Lot?

Demon:
Er wird, so wie es aussieht, pünktlich zur Herbsttour VADERs wieder am Start sein. Momentan macht es ihm sein Unfall unmöglich, seine Funktion als Drummer wahrzunehmen. Aber bald wird er zurück sein und Europa zeigen, wer der Beste innerhalb dieser Grenzen ist.

Alex:
Was hast du für eine Einstellung zum Leben und was ist der Grund, warum du solch heftige Musik aus den Speakern hämmerst?

Demon:
Diese Art von Musik hat so viel Energiepotenzial, dass es eine wahre Schande wäre, seine Power nicht zu schmecken, zu spüren und sich darin zu suhlen. Man kann außerdem wunderbar von den Alltagsproblemen abschalten, wenn man abends volles Rohr in die Instrumente drischt. Heavy Metal lässt das Individuum in jedem reifen und gibt uns die Möglichkeit, aggressives Potenzial in wertvolle Bahnen zu lenken, anstatt sie in tumben Gewaltaktionen verpuffen zu lassen. Jedes der Mitglieder hat sein eigenes Leben, dem es tagsüber seine volle Zuwendung zukommen lässt. In dieses eigenen Leben fließen genug schöne und auch nicht schöne Dinge, die wiederum jeder einzelne abends in die Band einfließen lässt. In dieser aufgeheizten Atmosphäre ermöglicht uns unser roher Sound förmlich emotional zu explodieren. Am Ende stehen dann eine tiefe Zufriedenheit und ein glücklicher Zustand über den Umgang mit der Power der Musik. Ein wahrer Kreislauf, der ganz eng mit den Gefühlen tief in unseren Herzen zusammenhängt. Das ist der Weg, auf dem extremmetallische Meisterwerke entstehen!

Alex:
Wie entstehen eigentlich eure Songs? Jammt ihr sie oder kommen die Mitglieder mit vorproduzierten Songstrukturen in den Proberaum?

Demon:
Ich entwickele eigentlich sämtliche Ideen und schleppe sie als Rohfassungen in den Proberaum. Jeder einzelne partizipiert dann am Entstehungsprozess der Tracks und hat Einfluss auf den schlussendlichen Sound des Tracks. Es gibt wenig Raum für Querelen und unnütze Diskussionen innerhalb des Songwritings. Die Arrangements und einzelnen Elemente stammen von mir und danach geht es an den gemeinsamen Endschliff. Bisher hat diese Arbeitsweise wunderbar funktioniert und wir werden daher auch nichts daran ändern.

Alex:
Was hat ein Besucher eines FRONTSIDE-Livegigs zu erwarten?

Demon:
Der Sound FRONTSIDEs ist wie ein entfesselter Typhoon, der einzig Chaos und Zerstörung bringt. Jeder, der uns schon mal live erlebt hat, wird dies ohne Probleme unterschreiben. Wir haben während eines Gigs einen sehr intensiven Kontakt mit dem Publikum. Sie machen dann die ganzen verrückten Sachen, fangen an, von der stage zu diven und schlussendlich artet es immer in Moshpits direkt aus der Hölle aus. In dieser hitzigen Atmosphäre treiben uns die Fans mit ihren Gesängen unumgänglich zu Höchstleistungen an, die für immer in unseren Erinnerungen und den Erinnerungen der Fans verankert sind. FRONTSIDE spielen Shows, in denen sich Schweiß und Blut vereinen!

Alex:
Wie sieht es mit Tourplänen aus? Momentan schraubt ihr ja an der neuen Scheibe. Aber im Anschluss ist doch Deutschland sicherlich mal reif oder?

Demon:
Wenn es nach uns gehen würde, wären wir jeden Abend bei euch aktiv. Aber im Moment brauchen wir noch Zeit und vor allem Unterstützung. Wenn ein Trip zu euch möglich werden sollte, werden wir sofort kommen. Das verspreche ich dir. Und dann werden wir bis an unsere Grenzen gehen und den Hundertprozentlevel jederzeit voll ausfüllen. Uns dürstet nach dem Feedback aus eurem Land. Die Zeit wird zeigen, wo es hingehen soll. Aber wir denken positiv.

Alex:
Pläne für die Zukunft?

Demon:
Definitiv! Wir versuchen so viele Gigs wie nur irgend möglich zu spielen, um unsere Performance zu verfeinern und möglichst viele Menschen zu erreichen. Ich will dir aber noch nicht zu viel verraten, da wir ja im Moment am Kronprinzen der letzten Scheibe arbeiten. Bleibt aber am Ball, es wird sich lohnen.

Alex:
Demon, ich danke dir für die Zeit, die du dir trotz des Recordingstresses für die POWERMETAL.de-Leser genommen hast. Grüß die Jungs und macht, dass ihr nach Deutschland kommt. Irgendwelche letzten Worte?

Demon:
Haltet euch gut fest, wenn wir eure Grenzen durchbrechen! Wir erwarten einige heiße Abende in eurem Land und wir arbeiten daran, diese Events demnächst zu ermöglichen. Ich danke dir auch für die Möglichkeit, über POWERMETAL.de in Deutschland vorstellig zu werden und freue mich schon, eure Leserschaft live zu beglücken. Expect the storm ...

Redakteur:
Alex Straka

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