GEIST (ROCK): Interview mit Fahres Ramun, Tim Born, Oliver Rattay

20.06.2007 | 23:46

GEIST, aufstrebende Deutschrock-Band aus der Karnevalshochburg Köln, haben mit "Für alle Zeit" ihr Debüt und ein verdammt starkes Scheibchen am Start. Insofern ist es natürlich die logische Konsequenz, dass wir das Quartett mal ein bisschen mehr unter die Lupe nehmen und sie mit unseren Fragen quälen wollten. Alle, bis auf Schlagzeuger Lars Dittrich, waren anwesend und gaben uns laut eigener Angabe kuschelnd am Telefon unter der Abendsonne Auskunft über graue Eminenzen, Eigeninterpretationen, Leute, die sich den Arsch für etwas aufreißen und das Raupkopierer-Problem.


Daniel Schmidt:
Tag auch, alles klar soweit?

Fahres Ramun:
Alles klar soweit!

Daniel Schmidt:
Eine echt tiefgehende, emotionale Platte mit einer druckvollen Produktion, die in den richtigen Momenten aber auch die harte Seite raushängen lassen kann, habt ihr da am Start. Glückwunsch!

Fahres Ramun:
Danke!

Daniel Schmidt:
Die Resonanz war doch bestimmt überall positiv?! Gab es auch negative Stimmen dazu?

Fahres Ramun:
Es gab auch negative Stimmen. Wenn du bei Google mal GEIST und "Für alle Zeit" eingibst, siehst du wirklich haufenweise an Kritiken, bestimmt 30 Stück oder so, und da sind natürlich auch negative mit dabei. Aber wir sind natürlich auch sehr davon angetan, wie viel positive Kritik dabei ist. Wir sind froh, dass jetzt ganz aktuell die "Visions" einen Artikel über uns geschrieben hat und dass die auch offensichtlich angetan ist. Allgemein sind wir von dem Pressefeedback sehr angetan.

Daniel Schmidt:
Apropos druckvolle Produktion: Wie habt ihr es geschafft, dass eben diese so wird? Ich meine, für eine noch recht junge Band, wie ihr es seid, ist es doch nicht ganz einfach sich für viel Knete einen teuren Produzenten an Land zu ziehen.

Tim Born:
Wir waren richtig im Studio und mit einem befreundeten Produzenten, der ein Tonstudio hat, haben wir uns Zeit genommen und die Platte eingespielt. Vom dem her, freut mich, dass du das empfindest, dass die druckvoll ist und gut, aber das war schon so geplant.

Fahres Ramun:
Wir haben schon was investiert (lacht). Das war jetzt nicht im Kellerraum irgendwo. Wir glauben schon so an die Musik, dass wir durchaus auch größere Investitionen fließen lassen.

Daniel Schmidt:
So war das ja nun jetzt nicht gemeint ;-). Und wenn wir schon mal einmal bei der Geldfrage sind: Ein echt tolles Video zu 'Wer, wenn nicht ich' konntet ihr da abdrehen. Gefällt mir außerordentlich. Das Lied ist sowieso der totale Hammer, wie ich finde. Auch hier sieht alles wieder so professionell aus, wie habt ihr das hinbekommen?

Fahres Ramun:
Also, da haben wir Glück gehabt, dass wir tolle Freunde hatten, auch aus dem Fernseh- und Filmbereich, die einfach Bock auf die Musik hatten und die sich für kleines Geld auch den Arsch aufgerissen haben, die auch dann 48 Stunden durchgedreht haben. Jeder hat alles gegeben. Wir haben teilweise auch Geld investiert, weil wir gesagt haben, dass wir uns das nicht mehr leisten können. Es war wirklich eine ganz tolle Atmosphäre. Und die zwei Hauptmacher, die heißen Hannes und Benni, die haben auch nach dem Dreh noch wochenlang am Schnittplatz, nach ihren eigentlichen Arbeitszeiten, da gesessen und das da hergezaubert.

Daniel Schmidt:
Und wer zum Teufel ist der Typ, der da ständig rumrennt?

Fahres Ramun (lacht):
Das ist ein guter Freund von uns, ein Photograph, der schon fast zu unserer Familie gehört. Er kommt aus dem Schwarzwald und unser Video ist mehr oder weniger "sein erster Film" (lacht). Außerdem ist der auch immer dabei, wenn wir irgendwas machen. Von daher war das ganz logisch, dass er für uns die erste Wahl war. Uns war klar, dass wir selbst nicht groß eine Rolle darin spielen wollten. Und deswegen hatten wir halt mit ihm gesprochen, weil wir auch schon in Sachen Fotos mit ihm zu tun hatten. Zumal er auch Interesse geäußert hatte, dass er auch mal gerne was vor der Kamera machen wolle. Ja, und dann haben wir ihn dann auch direkt gefragt, ob er Bock drauf hat.

Tim Born:
Und das war im Gegensatz zur Platte, dass hat der Fahres schon gesagt, eine Low-Budget-Produktion. Da ging's nur darum, dass wir uns dafür die gewisse Technik ausgeliehen haben. Alles andere haben die Leute für lau gemacht und auch die Schauspieler haben das alle komplett zum aller ersten Mal gemacht. Das war so eine geile Stimmung untereinander, dass da jeder für den Dreh über sich hinausgewachsen ist.

Daniel Schmidt:
Kommen wir zu den wirklich sehr durchdachten Texten. Hört man das Album nur einen Durchlauf, verbindet man viel mit verlorenen Lieben. Nach vermehrtem Hören kamen dann - für mich in Eigeninterpretation - auch kleine Gesellschaftskritiken durch. Lieg ich da völlig verkehrt?

Fahres Ramun:
Das könnte durchaus sein, aber sag doch mal, wo du die hörst.

Daniel Schmidt:
Beispielsweise bei 'Wer, wenn nicht ich', dass das so eine Art Denkanstoß für die Gesellschaft sein soll. Ist halt alles eine Eigeninterpretation, kann also jetzt auch völliger Müll sein. Vielleicht war das auch von euch ein bisschen gewollt?!

Fahres Ramun:
Nee, du hast schon Recht. Bei unseren Texten ist es ja so, dass die sich auf einem recht abstrakten Level befinden. Ich find's schön, wenn das nicht so eindeutig und klar ist, sondern wenn da auch verschiedene Arten von Interpretation möglich sind. So wie du deine eigene hast, denken andere, es geht halt nur um Männlein und Weiblein. Und es ist alles nicht und alles doch, so ungefähr. Ich find's toll, wenn das verschiedene Facetten anspricht und auch grade dieses Uneindeutige ist ein wichtiger Bestandteil dabei.

Daniel Schmidt:
Was gibt dir Inspiration für die Texte? Wer oder was ist dabei Einfluss für dich?

Fahres Ramun:
Oh, das ist eine schwierige Frage. Also, prinzipiell wenn du einen roten Faden drin sehen willst, ist es eine bestimmte Gedankenwelt. Entweder man findet sich darin wieder oder nicht. Und die Inspiration ist das Leben selbst. Jeder, der bewusst lebt und eine gewisse Sensibilität hat für das was um ihn herum geschieht, kennt glaub ich solche Gedanken. So würde ich das mal sehen...

Daniel Schmidt:
Vielleicht sind euch ja die deutschen Death Metaller von GEIST bekannt. Gab es da noch nie irgendeinen Stress wegen dem Namen?

Fahres Ramun:
Doch, doch, die sind uns bekannt. Die haben den Namen tatsächlich gewählt, als es uns schon länger gab, wir haben sie angeschrieben und gemeint "Cooler Bandname, nur haben wir den schon." (Gelächter aus dem Hintergrund). Dann hatten wir ein bisschen Email-Kontakt und wir haben uns darauf geeinigt, da die damals gar keine Ambitionen hatten groß rauszukommen, dass die ihr "i" mit einem doppelten Punkt schreiben, einem Jota. Wir fanden den Vorschlag "naja" im Zeitalter von Internet, das hat sich kaum durchgesetzt und wir wollten auch keinen Riesenstress machen, war dann auch okay. Aber im Prinzip, die Band gibt's - glaub ich - seit zwei, drei Jahren und im Moment schläft die Band auch wieder mehr oder weniger, da ist das insofern okay.

Daniel Schmidt:
Wie seid ihr denn auf diesen Bandnamen gekommen?

Fahres Ramun:
Als feststand, dass wir einen Bandnamen brauchen, haben wir uns zusammengesetzt und überlegt, was uns wichtig ist, was wir mit der Musik sagen wollen und warum wir Musik machen. Wir haben Worte oder Dinge gesucht, die uns wichtig sind und da waren halt "Emotionen", "Seele" und auch "Geist" dabei. Es ist ein Wortspiel dabei, dieses "Hoiaboh-Geist" (richtig geschrieben? - Anm. d. Verf.) und "Geist" im Sinne von "Seele". Wir fanden dieses Wortspiel auch schön und irgendwie haben wir uns da getroffen. Uns hat es irgendwas gegeben, eine Aussage oder Bedeutung gehabt, die uns gefallen hat.

Daniel Schmidt:
Und wenn wir schon mal dabei sind: Wie hattet ihr euch damals zusammengefunden?

Fahres Ramun:
Den Lars, den Schlagzeuger, kenn ich schon von der Schule und da haben wir schon verschiedene Sachen gemacht. Den Oli kenn ich vom Studio und der Tim ist seit 2004 dazugekommen. Er war auch in Köln, wir haben 'nen zweiten Gitarristen gesucht und uns da 2004 gefunden. Also peu á peu, zufällig, aber nicht durch "Einer sucht 'ne Band", das ist einfach so gewachsen.

Daniel Schmidt:
Auch hier sind wir schon halbwegs richtig beim Thema: Ihr seid bei dem recht kleinen, aber sicherlich sehr feinen Plattenlabel "Danse Macabre" untergekommen. Wie kam der Kontakt mit Bruno Kramm zustande?

Tim Born:
Das war ein günstiger Zufall, kann man sagen. Der Mischer von DAS ICH, der Band von Bruno, ist auch zufälligerweise unserer. Und der hat dann bei einer Autofahrt kommentarlos unsere Platte reingeschmissen, Bruno ist direkt auf das Ding abgefahren. Und bei ihm hatten wir im Gegensatz zu anderen ein gutes Gefühl. Wir hatten auch zu anderen Leute aus der Branche Kontakt, das waren oft so - ich sag mal - "graue Eminenzen", die nicht mehr so wirklich auf Augenhöhe mit uns waren. Die wollten irgendwas anderes daraus machen oder wollten die Musik verändern und der Bruno war selber nach wie vor aktiver Musiker, fand es geil was wir machen, hatten ein gutes Gefühl, mochten uns sofort und da war es für uns kein Thema, ob das jetzt ein reines Gothic-Label ist oder nicht. Außerdem haben wir auch viele Fans aus dem Bereich.

Daniel Schmidt:
Auch was euch von anderen Bands abgrenzt, ist die Tatsache, dass ihr auf Deutsch textet. Andere Stimmen sind ja der Meinung, dass man so international keinen Erfolg haben kann, was wiederum exemplarisch durch RAMMSTEIN und dergleichen widerlegt wird. Wie steht ihr dazu?

Fahres Ramun:
Für uns ist es jetzt primär wichtig erst mal in Deutschland ein bisschen bekannter zu werden. Für uns war das auch eigentlich nie eine Frage, wir haben es uns ja nicht vorher überlegt, dass wir auf Deutsch singen, wie erfolgreich das ist, sondern weil wir halt Deutsche sind. Und in der eigenen Sprache kann man sich halt besser ausdrücken, wenn man nicht so platte Texte machen will, sondern auch was von sich selbst preisgeben oder auftragen will. Es ist halt am Direktesten, wenn du das in deiner eigenen Sprache machst. Es war kein Kalkül, dass wir gesagt haben, ob das gut oder schlecht ist. Das ist, wie die Musik, von alleine geworden.

Daniel Schmidt:
Abschließend noch eine etwas allgemeine Frage zur Musikszene: Raubkopierer werden in letzter Zeit durch Kino- und TV-Spots sowie direktem Einfluss von Labels á la Sony BMG aufgesucht und bestraft. Zurecht oder überzogener Blödsinn?

Tim Born:
Diese drakonischen Strafen, die es jetzt teilweise gibt, wenn einer einen Hollywood-Streifen kopiert, finde ich auf jeden Fall voll übertrieben. Ich meine, es muss sich halt irgendeine Lösung finden, wobei man bei der Downloaderei und Kopererei nicht völlig außer Acht lassen darf, dass dahinter noch Musiker und Leute stehen, die ihre komplette Zeit und Energie da reinstecken und diese ganzen Leute müssen auch was zum Leben haben. Ich bin weder einer, der sagt Downloads sind total illegal - klar, ich selbst habe noch nie was geladen (allgemeines Gelächter) - oder zu befürworten. Es macht ja jeder und es ist ja auch okay, denn es wird ja auch Musik dadurch transportiert, die ansonsten vielleicht keine Plattform hätte. Aber man darf nicht außer Acht lassen, wenn keiner mehr 'ne Platte kauft oder keiner bereit ist Eintritt für ein Konzert zu zahlen, gibt es irgendwann keinen mehr, der korrekte Mucke macht.

Oliver Rattay:
Ich bin so, wenn ich eine Platte geil finde, geh ich in den Laden und kauf sie mir. Man hat halt die Möglichkeit in total viele Sachen reinzuhören und selbst zu entscheiden, ob das gefällt oder nicht. Das geht auch bequem von zu Hause. Es sind nicht alle Leute so fair, die sagen, wenn die Musik gut ist, unterstütz ich die Band und kauf die Platte.

Fahres Ramun:
Eins noch dazu: Ich glaub, dass es ein bisschen ein Unterschied ist, ob du jetzt einen Song von ROBBIE WILLIAMS geil findest und diesen einfach mal saugst, weil du den cool findest oder Leute, die richtig Musik hören, das heißt, die sich mit Band beschäftigen. Selbst wenn die downloaden, dann haben die auch noch zig CDs. Ich kenn das ja von mir selber, dann hab ich auch Bock die Band zu unterstützen und will auch das Album mit dem gesamten Artwork haben. Ich glaub, dass das eine Band wie uns jetzt weniger betrifft als das jetzt total krasse Mainstream-Popper angeht.

Oliver Rattay:
Prinzipiell hoffen wir aber, dass es aber eine Lösung gibt, die allen gerecht wird. Im Moment ist es zumindest für kleine Bands schwierig, das kann man schon festhalten. Deswegen kann man nur dazu aufrufen, wenn euch was gefällt, dann unterstützt die Band.

Daniel Schmidt:
Dann möchte ich mich recht herzlich für eure Zeit und Mühen bedanken. Die letzten Worte gehören euch!

Fahres Ramun:
Wir danken euch!

Redakteur:
Daniel Schmidt

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