GNOSTIC: Interview mit Steve Flynn (Drums)

18.08.2009 | 13:20

Schlagzeugtier Steve Flynn der Death-Frickler GNOSTIC hat sich Zeit genommen um über Jazz im Death Metal, sein Drumming und ihr neues Album "Engineering The Rule" zu plaudern. Und es gibt interessante Infos über seine Zweitband ATHEIST...

Jakob:
Was ist die Idee hinter GNOSTIC?

Steve:
Einfach brutale, technische, echte Musik zu schreiben und zu spielen, und, am allerwichtigsten, Spaß zu haben. Nach dem ich so viele Jahre bei ATHEIST (und GNOSTIC) gespielt habe, hab ich herausgefunden, dass der einzige Weg, das Musikgeschäft wirklich zu überleben, ist, es für die richtigen Gründe zu machen. Wenn du das alles machst, weil du es liebst Musik zu schreiben, Shows zu spielen und Zeit mit deinen besten Freunden zu verbringen, dann wirst du sehr glücklich und zufrieden sein. Wenn du jedoch in diesem Geschäft nur bist um Geld zu machen und Berühmtheit zu erlangen, wirst du bitter enttäuscht werden!

Jakob:
Seit ihr Gnostiker?

Steve:
Der Bandname ist hergeleitet aus dem lateinischen Wurzeln des Wortes für "Wissen": Gnosis. Zufällig handelt es sich dabei auch um eine christlichen Sekte, die aus der Bibel gekickt wurde. Falls der Name Ähnlichkeiten mit meiner Band ATHEIST aufweist, war das nicht beabsichtigt.
Aber um deine Frage zu beantworten: Wenn Gnostik das Streben nach Wissen, das Streben das Universum zu verstehen, das Streben sich selbst zu bessern ist, dann sind wir durchaus alle Gnostiker - in GNOSTIC.

Jakob:
Musstet ihr viel proben um solch ein hohes Level der Virtuosität zu erreichen?

Steve:
Erst einmal: Danke, dass du sagst, dass ich ein Level der Virtuosität habe! Das ist ein großartiges Kompliment, besonders wegen der vielen, vielen, vielen virtuosen Drummer, die die heutige musikalische Landschaft bewohnen. Aber um deiner Frage zu antworten: Um das Spiel-Level zu erreichen, das ich bis zum heutigen Punkt in meiner musikalischen Karriere erreicht habe, war reguläres Üben erforderlich. Ja! Wir proben sehr hart. Jedoch muss ich sagen, dass ich nicht genug für mich selbst übe. Die meiste Arbeit passiert mit der Band. Ich sollte wirklich bessere Soloübungs-Gewohnheiten haben! Ich wäre viel besser, wenn ich das tun würde.

Jakob:
Dies sind deine ersten Aufnahmen seit 18 Jahren. Wie war das für dich (sorry, wenn ich falsch liege)?

Steve:
Du hast recht. "Engineering The Rule" ist die erste Aufnahme an der ich beteiligt war seit ATHEISTs "Unquestionable Presence" um 1991 veröffentlicht wurde. Dies ist sicher eine lange Zeit. Im Booklet der CD erzähle ich eine Geschichte darüber, was für ein persönlicher Meilenstein diese CD für mich ist. Ich habe immer damit gerechnet wieder zu spielen, (ich habe 13 Jahre lang kein Schlagzeug gespielt nach dem ich ATHEIST verlassen habe; bis zur Gründung von GNOSTIC 2005), aber ich habe nie erwartet in zwei Bands zu spielen (ATHEIST und GNOSTIC), zwei Plattenverträge zu haben, die Welt zu umreisen und vor großen Festivalmengen zu spielen. Die letzten Jahre waren musikalisch UNGLAUBLICH für mich! Ich weiß nicht wie lang das anhalten wird, aber ich werde das Beste draus machen und es genießen so lange es geht!

Jakob:
Du sagtest in einem Interview, dass du ohne Metronom spielst. Ist das wahr?

Steve:
Das ist absolut richtig. Ich spiele auch ohne Trigger. Es fühlt sich einschränkend an mit einem Metronom zu spielen. Mein Spielen schwellt an und ab wie die Gezeiten. Es wird lauter, leiser, schneller, langsamer,  je nach Laune, Stimmung, Gebrülle der Menge usw. Kurzum, es atmet. Das wäre schwer zu erreichen, wenn mir permanent ein Sklaventreiber im Ohr sitzen würde. Der Nachteil ist, dass man mich mal langsamer und mal schneller werden hört, manchmal aber auch konstant bleibend.
Ich habe hart die letzten Jahre daran gearbeitet den Takt zu halten, während ich komplexe Parts spiele. Ich habe noch viel zu lernen. Wenn du also Fehler in meinem Spielen entdecken solltest, sind sie echt!


Jakob:

Wie lange spielt ihr zusammen?

Steve:
GNOSTIC wurde im Januar 2005 gegründet.

Jakob:
Wie schreibt ihr eure Songs? Alle zusammen in einem Jam? Oder habt ihr einen (oder mehrere) Hauptsongschreiber?

Steve:
Normalerweise passiert es so: Jemand kommt mit einem Haufen Riffs und/oder Ideen. Anschließend werden wir als Gruppe uns hinsetzen und sie spielen, arrangieren, verändern, bis sie wie ein Song klingen, auf den wir stolz sind.


Jakob:

Wie habt ihr zueinander gefunden?

Steve:
Das ist eine interessante Geschichte. Als ich mich 2005 entschied, wieder zu spielen (die ATHEIST-Reunion war bisher noch kein Thema), schrieb ich eine Kleinanzeige auf einem schwarzen Brett für Musiker in Atlanta, Georgia, wo wir leben. Innerhalb von ein paar Tagen erhielt ich eine Mail von Sonny Carson und unserem ersten Basser (Stephen Morley), die mit machen wollten. Stephen war ein großer ATHEIST-Fan aus den 90ern und meinte, er könne nicht glauben dass ich nur rumsitze mit niemandem zum Spielen. Wir trafen uns zum Essen und dann zum Spielen. Ich wusste, das wird was Gutes, und der Rest ist Geschichte wie man so schön sagt. Hier sind wir!

Jakob:
"Engineering The Rule" hat viele jazzige Parts. Die sind großartig, aber wie kam es dazu? Wer hatte die Idee?

Steve:
Ich denke, es ist eine Kombination von Einflüssen. Meine Einflüsse sind immer noch da - ich meine die Einflüsse, die mich so zum Spielen brachten wie vor 18 Jahren bei ATHEIST. Auch alle anderen Bandmitglieder mögen verschiedene Arten von Musik und bauen verschiedene Nicht-Metal-Einflüsse in die Songs ein. Es ist eine kollektive Leistung. Wir haben es aber nie darauf angelegt jazzige Parts zu spielen. Wir arrangieren einfach Songs und schreiben Parts, von denen wir denken, dass sie zusammen passen. Einige haben dabei halt ein jazziges Feeling.

Jakob:
Ernsthaft, wie viele Takes waren durchschnittlich notwendig um das Album aufzunehmen?

Steve:
Auf "Engineering The Rule" sind drei Songs, die ich in einem Take eingespielt habe, sie sind auf dem Album exakt so, wie ich sie gespielt habe. Einige andere Songs brauchten, sagen wir mal, 2-4 Takes, bis alles stimmte. In der heutigen Pro-Tools-Zeit muss man nur noch bestimmte Parts neu einspielen, nicht den ganzen Song.


Jakob:

Was sind deine Lieblingssongs auf "Engineering The Rule" und warum?

Steve:
Das ist eine schwierige Frage! Ich mag verschiedene Songs aus verschiedenen Gründen. Ich liebe den Song 'Composition', weil er mich in der Art, wie er arrangiert ist und in einigen Riffs, an einen RUSH-Song erinnert. Ich mag auch 'Sleeping Ground', weil er brutal, heavy und komplex ist, Drums-und-Bass-Breaks und sogar einige kurze Blasts hat. Ich denke, dass 'Isolate Gravity' einer unserer originellsten und musikalischsten Songs ist. 'Wall Of Lies' ist wahrscheinlich der heftigste Rip-Your-Head-Off-Song den wir haben, besonders live!

Jakob:
Death Metal gleicht einem Konkurrenzkampf: je schneller und komplexer, desto besser. Ist für euch der "sportliche" oder eher der musikalische und künstlerische Aspekt wichtig?

Steve:
Unser Fokus liegt klar auf den musikalischen Aspekten. Das ist ganz einfach: Schnell und komplex heißt nicht automatisch gut.

Jakob:
Was sind die Zukunftspläne von ATHEIST? Habt ihr bereits neues Material geschrieben?

Steve:
ATHEIST arbeiten gerade an ihrem ersten Album seit 1992! Es wird mit GNOSTICs zweitem Album Ende 2009 oder Anfang 2010 veröffentlicht werden. Haltet nach beidem Ausschau und kommt raus und seht uns live. Viel wichtiger, kommt rauf und sagt Hallo!

Redakteur:
Jakob Ehmke

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