GRAND MASSIVE: Interview mit Gitarrist Jochen Böllath
30.06.2017 | 12:57Vor einem Dreivierteljahr legte die aus dem Münchener Raum stammende Band ihr überaus gelungenes, sinngemäß "III" betiteltes drittes Studiowerk vor. Dieses kommt zwar eingängiger und auch zwingender aus den Boxen als die ersten beiden es taten, an Wucht hat GRAND MASSIVE jedoch nichts eingebüßt. Zeit also, die Formation, die im nächsten Jahr ihr bereits zehntes Band-Jubiläum begeht, ein wenig näher vorzustellen und Gitarrist Jochen ein bisschen auszuquetschen.
Ich hab nicht wirklich eine Ahnung davon, wie ihr zu eurem Bandnamen gekommen seid. Bestand da von Anfang Bezug auf den Klang selbst, oder gibt es einen anderen Hintergrund?
Unser Sound sollte von Anfang an auf dicken Gitarrenriffs aufbauen. Die Musik wurde damals zuerst geschrieben, ohne dass überhaupt klar war, wer den Gesang übernimmt. Deshalb habe ich mich erst einmal um die Riffs gekümmert, mit dem Grundgedanken von etwas Mächtigem: Monsterwellen oder eben ein Bergmassiv. Und um das noch zu untermauern, habe ich noch das "Grand" davor gesetzt, also doppelt mächtig.
War von Anfang an klar, dass ihr euch als Band auf die - immer noch von euch zu vernehmende - Mischung aus Heavy und Stoner Rock festlegen würdet oder ist das erst im Laufe der Zeit entstanden?
Eigentlich sollte es kein klassischer Stoner Rock sein, aber durch meine Vergangenheit und mein Label Daredevil Records ist die Bezeichnung regelrecht zu einer Etikette geworden, die man nur schwer los wird. Ich wollte einfach mächtige Musik machen, ohne jede Szenezugehörigkeit, die auf starken Riffs basiert und irgendwie die Einflüsse meiner Lieblingsbands von damals und heute beinhaltet.
Wie kam die Sache als Band eigentlich ins Rollen?Nach dem unrühmlichen Ende meiner Band DUSTER 69 hatte ich einfach das Gefühl, noch einmal was veröffentlichen zu müssen, um auch meinen inneren Frieden mit dem Thema zu finden. Daraufhin habe ich ein paar Songs geschrieben und ein paar von mir geschätzte Musiker eingeladen, mich im Studio zu unterstützen. Mehr war eigentlich nicht geplant, als dieses eine Demo zu veröffentlichen. Aber die Reaktionen waren so gut, dass Downfall Records das Demo als offizielle EP veröffentlichen wollte. Dann kam das Wacken Rocks-Angebot und noch weitere Gig-Angebote. Ich wiederum schrieb immer neue Songs. Es lief einfach gut und ich hatte kein Interesse zu bremsen.
Welche Bands würdet ihr als eure "Vorbilder" nennen?
"Vorbilder" im klassischen Sinn würde ich nicht sagen und wir versuchen auch definitiv nicht, einen Sound zu kopieren oder zu imitieren. Aber natürlich hört man eventuell unsere "Lieblingsbands" heraus. Geprägt haben uns sicherlich Bands wie CROWBAR, DOWN, COUNT RAVEN, FLOODGATE, CATHEDRAL, DANZIG, SAMHAIN und vieles aus den 90ern wie ONLY LIVING WITNESS, CHUM oder ALICE IN CHAINS. Ich höre diese Art von Musik seit über 30 Jahren, daher ist es logisch, dass man das bei uns heraushört.
Im Gegensatz zu unzähligen anderen Bands momentan orientiert ihr euch keineswegs nur an den Helden der 80er, sondern auch an Formationen die schon einige Zeit davor richtig losgelegt haben, aber auch an diversen Größen der 90er. Daraus lässt sich schließen, dass euer Klangbild einfach darauf zurückzuführen ist, dass ihr allesamt mit der Musik jener Zeit "groß" geworden seid?
Oh ja, so ist es. Zumindest wir zwei Gitarristen haben die 80er hautnah miterlebt, waren mittendrin und zehren natürlich noch heute von diesen Erinnerungen. Auch die ganzen Strömungen der 90er Jahren haben wir aufgesogen und durchlebt.
Waren die Songs für das erste Album zum damaligen Zeitpunkt (zumindest ansatzweise) schon für DUSTER 69 geschrieben oder hattet ihr einen kreativen "Anfall", um in verhältnismäßig kurzer Zeit damit an den Start gehen zu können?
Nein. Wie gesagt war nach dem Ende von DUSTER 69 erst einmal eine gewisse Leere in mir. Erst nach einiger Zeit hatte ich das Gefühl es nochmal wissen zu wollen. Der letzte Song, den wir aufgenommen hatten, war 'Going Into Red', den wir dann auch später mit GRAND MASSIVE als Single neu aufgenommen haben. Das Material für die erste EP bzw. Demo wurde komplett neu geschrieben. Reste aus der DUSTER 69-Zeit sind alle auf der Compilation "Nothing Left" verbraten worden. Überbleibsel in Form von Ideen oder Riffs gibt es nicht mehr.
Wie darf man sich die Bandsituation als solche generell vorstellen? Mit Proberaum und so, wie früher? Oder eher auf "modernem" Weg, gemäß dem Motto: "Ich schick mein Riff mal in die Runde und warte ab, was retour kommt"?
So und so. Bis vor kurzem hatten wir noch einen Proberaum und haben uns dort - wenn auch eher unregelmäßig - auch zum Proben getroffen. In den ersten Jahren habe ich ja alle Songs geschrieben und sie den Jungs dann vorgestellt und die haben dann daran weitergearbeitet. Mit dem zweiten Gitarristen Peter Wiesenbacher teile ich mir inzwischen das Komponieren und wenn wir was Fertiges vorweisen können, bekommt der Rest der Band das Material zur Sichtung. Zum Proben treffen wir uns inzwischen nur noch vor Gigs.
Für mich klingt "III" in Summe deutlich kompakter und eingängiger als die ersten beiden EPs. Zufall, Intention oder, ähem, Gehörschaden?
Weiterentwicklung! Auch, weil die Songs ausgefeilter sind und wir jetzt zwei Songwriter haben. Außerdem haben wir unser Stil mittlerweile gefunden und gefestigt. Und mittlerweile ist auch das Line-up stabil und man weiß, was der Andere erwartet und sagen will.
Geht ihr mit einer bestimmten Intention, einem Vorhaben an das Schreiben von Songs heran oder wartet ihr ab, was aus euch "herausflutscht"?
Es gibt keine Vorgaben oder ähnliches. Wir erarbeiten die Songs, nehmen sie auf und spielen sie dann den anderen vor um Feedback zu erhalten und gegebenenfalls Änderungen vorzunehmen. Ansonsten hat jeder seine Freiheit, den Song so zu vollenden, wie er ihn gerne möchte.
Seid ihr mit einer bestimmten Erwartungshaltung am Start und habt ihr eine Idee, was mit "III" zu erreichen sein kann?
Wir haben keinerlei Erwartungshaltungen für "III". Für unseren Status haben wir schon mehr erreicht, als wir je erhofft haben. Mit Metalville haben wir ein Label, das sich sehr um die Scheibe bemüht und einen guten Job macht. Dieses Jahr haben wir auch einige sehr gute Gigs bekommen und mittlerweile mit einigen unserer alten Helden, namentlich C.O.C. mit Pepper, OVERKILL und CROWBAR gespielt und allein deswegen hat sich bisher alles bezahlt gemacht.
Jetzt zum eigentlichen "Problemchen" von "III". Longplayer? Oder doch eher EP?
Longplayer! Natürlich gibt es einige, die eine Spielzeit von 60 Minuten erwarten, aber wir wollten einfach ein für uns perfektes Album abliefern. Eines, auf das genau diese Songs passen. Weitere Songs auf niedrigerem Niveau hätten der Scheibe wohl eher geschadet. So hat es sich für uns kompakt und gut angefühlt, ohne erst einmal zu wissen, wie viele Minuten Spielzeit es letztendlich waren. Außerdem waren die Scheiben in unserer Jugend auch nicht länger: AGENT STEEL, ABATTOIR, MANOWAR. Auch vielen Alben der Neuzeit hätte eine kürzere Spielzeit gut getan. Einige wären so vielleicht sogar zu Klassikern geworden. Eine Scheibe nur der Spielzeit wegen mit minderwertigem Material aufzublähen, ist für mich als Fan einfach nur ärgerlich.
Könnt ihr uns bitte ein bisschen was zu den Texten erklären?
Die Gesangsmelodien und Texte werden komplett von unserem Sänger Alex Andronikos geschrieben und handeln zumeist von der Vergänglichkeit des Lebens. Die Songs sind zwar konzeptartig aufgebaut, ein Konzeptalbum haben wir aber dennoch nicht am Start. Die Platte erhält aber durch die Lyrics einen "roten Faden", der von Verlust, Aufgabe und die dadurch wiedergefundene Stärke jeder Persönlichkeit handelt. Es geht um falsche Prediger, Propheten, Religion und die täglichen Hindernisse in der modernisierten Welt. Zusammengefasst also um eine moderne Odyssee, eine Irrfahrt durch das Leben und die Welt.
Werden die Texte nach den Songs selbst geschrieben, oder hat jemand schon fixe Ideen, wovon ein Song handeln soll und ihr schreibt die Musik "drumherum"?
Das Rohgerüst der Songs bekommt Alex von uns und er feilt dann an Melodien und Texten. Die Musik steht also immer zuerst.
Wer war für das Artwork verantwortlich? Gratulation, kommt super rüber!
Danke, finden wir auch! Auch hier liegt alles in den Händen unseres Sängers. Er kümmert sich inzwischen um die komplette Grafik und Außendarstellung von GRAND MASSIVE. Angefangen von den Flyern, über Sticker und das Merch bis zum Artwork.
Interessant finde ich auch, dass ihr eure Scheiben nicht über Daredevil Records veröffentlicht. Warum eigentlich nicht?
Bis auf unsere zweite Vinyl-Single 'Sleepwalker' ist bisher nichts über Daredevil Records erschienen. Ich wollte das von Anfang an auch ganz klar vom Label trennen und anderen, kompetenteren Leute Platz machen. Wenn man das eigene Label der eigenen Band ist, wird man eventuell etwas limitiert und in der Gesamtsicht eingeschränkt. Viele Bands, ja auch mittlerweile größere Namen, wollen alles in eigener Hand haben, aber ich bin froh, wenn dieser große Aufwand und die Verantwortung nicht komplett in meinen Händen liegt. Und bisher hatten wir mit Downfall Records aus Schweden, 7 Hard und Metalville auch super Partner.
Wie seid ihr mit 7 Hard Records bzw. Metalville in Kontakt gekommen?
Wir hatten uns "ganz normal" beworben. Der klassische Weg also. Und wir sind stolz, ein Teil von beiden Labels zu sein! Beide Firmen haben einen sehr guten Job gemacht bzw. machen das immer noch.
Die nächsten Gigs in Deutschland sind bereits gebucht. Bestehen auch Pläne bei GRAND MASSIVE sich auch im Ausland live zu präsentieren?
Nein leider nicht, außer einem Auftritt beim "Dome Of Rock"-Festival in Salzburg [Dieses findet vom 6.-8. Juli statt. - Anm. d. Red.]. Für Anfragen und Ideen sind wir immer offen und wollen uns nicht von vornherein auf Deutschland beschränken. Wenn das passende Angebot oder Interesse kommt, dann sehr gerne. Wir reisen nämlich auch ganz gern!
Liegt bei Euch die Priorität momentan ausschließlich bei GRAND MASSIVE oder gibt es noch weitere Bands / Projekte, die ihr am Start habt?
Meine Priorität liegt ganz klar bei GRAND MASSIVE und ich wüsste auch gar nicht, wo ich noch Zeit für eine weitere Band hernehmen sollte. Ich bin mit GRAND MASSIVE total ausgelastet, weil ja auch die ganze Arbeit abseits der Musik in meinen Händen liegt. Die anderen vier Jungs haben auch noch andere Bands am Laufen und das ist auch super so. Für mich persönlich wäre es aber nicht realisierbar.
Wie läuft es denn generell mit Daredevil Records?
Nun ja, für kleinere Labels wird es natürlich immer schwieriger, aber nach einer kleineren Durststrecke vor ein paar Jahren läuft es mittlerweile wieder ganz gut. Wir haben mit WARPED CROSS, die aus SUBVERSION hervorgegangen sind, eine Band zurückgeholt, die die Anfangszeit von Daredevil Records stark mitgeprägt hat. Darauf sind wir sehr stolz. Außerdem haben wir mit BLACK MOOD eine der interessantesten Newcomer aus Deutschland unter Vertrag genommen und haben mit diesem Release wieder total viel Boden gutgemacht.
Zuletzt sind das zweite SHOTGUN VALIUM-Album und das MOUNT ATLAS-Debüt auf den Markt gekommen und sehr gut angekommen. Demnächst kommt mit MAGMA RISE, die sich aus meinen alten Helden STEREOCHRIST und MOOD zusammensetzt und mit Karl Agell (der u.a. das C.O.C.-Album "Blind" eingesungen hat) einen starken Gastsänger aufweisen kann, ein weiterer persönlicher Höhepunkt auf den Markt. Darum geht es mir auch, denn die Verkäufe können die Unkosten und die aufgewendete Zeit nur ganz selten abdecken. Daher liegt mein Hauptaugenmerk mit Daredevil Records darauf, mit solchen Bands zusammenzuarbeiten bzw. diese zu unterstützen. Nicht umsonst gibt es Daredevil Records schon seit 1999, also bald 20 Jahre! Darauf kann man schon stolz sein! Auch weil wir weit vor dem ganzen Vinyl-Trend schon 1999 auf Vinyl gesetzt haben, zu einer Zeit, als das nur der innerste, der härteste "Szene"-Kern haben wollte.
Habt ihr schon Ideen / Pläne, wie es in Zukunft weitergehen wird / soll?
Wir werden demnächst wieder einige Shows spielen, unter anderem mit MOTORJESUS, COLOUR HAZE und RAGE. Da freuen wir uns riesig darauf! Außerdem sind die Drumtracks für die kommende Scheibe bereits aufgenommen. Jetzt geht es an die Ausarbeitung der Gitarren- und Gesangsspuren. Und zu guter Letzt werden wir zeitnah eine kleine Überraschung veröffentlichen, mit der ein Teil von uns sich einen Herzenswunsch erfüllt hat. Details dazu wird es bald auf unserer Webseite geben.
So, das wär's fürs Erste. Besten Dank für die Zeit und alles Gute für die Zukunft!
Danke Walter. Danke für die Unterstützung und macht weiter so!
- Redakteur:
- Walter Scheurer