GRAVE DIGGER: Interview mit Jens und Stefan

13.03.2013 | 06:33

33 Jahre GRAVE DIGGER. Die teutonischen Haudegen sind einmal mehr auf Tour gewesen.  Mit neuem Album im Gepäck und ausverkauften Hallen in der Hinterhand, nahmen wir Saitenzupfer Jens Becker und Schießbudentrommler Stefan Arnold in Bochum Ende Januar ins Gespräch, wo die Jungs ein bisheriges Resümee der Tour abgaben, den 2010er Wacken-Auftritt nostalgisch betrachteten und uns auch andere, musikalische Einblicke gaben. Am Ende kam ein überaus gemütliches, interessantes Gespräch zum Vorschein.

Vielen Dank für die Zeit, ihr Beiden. Bochum ist nicht die erste Station eurer Tour gewesen. Wie war das Feedback bis dato?

Jens: Sehr gut, überraschend gut. Berlin, Hamburg und Speyer waren beinah ausverkauft.

Ich hätte euch beinahe noch in Köln besucht, habe es am Ende aber doch nicht geschafft.

Jens: Köln lief auch nicht so gut. Das Konzert war auch unter der Woche, an einem Mittwoch. Dementsprechend war es auch nicht so voll.

Stefan: Die Grundidee, die wir bei der Tour hatten, war, dass wir hauptsächlich am Wochenende spielen wollten. Man hätte in Köln sicherlich mehr machen können, wenn die Show auch am Wochenende gewesen wäre.

Ihr seid auf der Tour mit drei anderen Bands unterwegs. Wie ist die Situation für euch als Mainact?

Stefan: Im Moment ist es wirklich angenehm, die Bands wissen, worum es geht und verhalten sich alle korrekt. Die Vorbands machen das Ganze ja jetzt auch schon lang genug. Stress gibt es da überhaupt nicht und alles verlief untereinander ziemlich gut.

Vor zwei Jahren wart ihr mit der "Power Of Metal"-Tour 2011 unterwegs, wo auch vier Gruppen am Abend auftraten. Begrenzt das die Gesamtspielzeit von GRAVE DIGGER?

Jens: Nein, wir sind ja immer noch Headliner und spielen somit unser gesamtes Programm über die vollen anderthalb Stunden. Wir könnten natürlich auch länger spielen, aber mit drei Bands, die vor uns spielen, sind 90 Minuten schon eine gute Zeit.

Fünfeinhalb Stunden GRAVE DIGGER müssen dann auch mal reichen.

Stefan: Das stimmt, aber dann hätten wir zumindest mal alle Songs gespielt. Es gibt nämlich immer einige Diskussionen um die Setliste

Apropos: Habt ihr persönlich auch Songs, die ihr gerne mal wieder nach langer Zeit spielen wollt?

Stefan: Ja schon, aber das ist jetzt kein Streitpunkt. Man äußert sich vorher, es gibt eine Besprechung und vor der Tour hat jeder sein eigenes Programm bei Chris (Boltendahl – MR) eingereicht. Die Überschneidungen haben wir logischerweise ins Programm aufgenommen. Innerhalb der Tour haben wir auch noch einmal Songs umgestellt, speziell, wenn wir merkten, dass dieser oder jene Song an manchen Stellen nicht ganz so gut passt. Aber klar hast du Recht, jeder würde gerne seinen Lieblingssong spielen. Einer meiner Lieblinge ist beispielsweise 'Warrior’s Revenge' vom letzten Album, aber da gab es keine Diskussionen. Chris entscheidet das dann final und es ist am Ende ein sehr abwechslungsreiches Programm geworden. Vorne gibt’s die neueren Sachen, mit 'Medusa' in der Mitte das Highlight der Platte und danach kommen die Klassiker. Die Leute bekommen also von vorne bis hinten alles geboten.

Das neue Album ist jetzt seit etwas mehr als einem halben Jahr in den Läden erhältlich. Wie war die Resonanz der Fans? Was habt ihr mitbekommen?

Stefan: Die einzige Diskrepanz gab es wegen dem deutschen Titel 'Zurück nach Hause', da waren die Meinungen doch recht breit gefächert. Das war aber eh nur ein Bonus.

Jens: Aber richtig negative Kritik gab es keine, nein.

Stefan: Das Thema ist sehr interessant, das Artwork ist wieder sensationell geworden und das Ding ist wirklich eine Investition wert. An der Musik gab es jetzt auch keine Kritik.

Viele Bands haben in den letzten Jahren die Setliste nicht selber zusammengestellt, sondern sich von den Fans via Internet jene zusammenstellen ließen. War das vor dieser Tour bei euch auch im Gespräch?

Jens: Jetzt für diese Tour nicht, nein. Vor wenigen Jahren haben wir das so gemacht, das müsste bei der "Ballads Of A Hangman"-Tour gewesen sein. Aber es hat sich herausgestellt, dass die Wünsche unserer Fans eigentlich immer abgedeckt werden. Wir haben das Rad mit unserer Musik ja auch nicht neu erfunden und du musst innerhalb des Programms schon Dynamik und Abwechslung reinbringen.

Euer neues Album ist auch ziemlich abwechslungsreich geworden. Obwohl ich gestehen muss, dass mir die schnellen GRAVE DIGGER-Songs immer noch die Liebsten sind.

Stefan: Ich steh auch auf die schnellen Songs, aber live ist das erstens etwas schwierig zu mischen und mit 47 auch nicht mehr ganz so angenehm zu spielen. Aber ein paar gibt es dennoch. Ein Medley haben wir auch wieder eingebaut.

Vor einigen Monaten habt ihr für die kommende Ausgabe des Wacken Open Airs zugesagt. 2010 habt ihr einen grandiosen und denkwürdigen Auftritt mit dem gesamten "Tunes Of War"-Album abgeliefert, an dem Abend hat musikalisch und atmosphärisch einfach alles gestimmt. 33 Jahre GRAVE DIGGER in Wacken. Auf was können sich Fans einstellen?

Stefan: Wir sind da noch am diskutieren, weil für keine Band die Spielzeit bisher festgelegt wurde.

Jens: Unser Problem ist, dass wir nicht wissen, ob sie uns im Dunkeln spielen lassen oder uns auf den Nachmittag 17 Uhr verlegen. Danach richtet sich dann auch unser Konzept.

Stefan: Bei dieser Tour haben wir zum ersten Mal eine Videoprojektion dabei. Wenn wir dann in Wacken auch im Dunkeln spielen sollten, würde es auch in diese Richtung gehen. Die Show 2010 werden wir auch nie vergessen.

Jens: Definitiv, es war ein absolutes Highlight unserer Karriere, das kannst du fast nicht mehr toppen.

Stefan: Wir konnten vorher in diesem Umfang ja überhaupt nicht proben. Natürlich haben wir das Set einstudiert, auch mit VAN CANTO zusammen, aber mit diesem schottischen 30-Mann-Orchester hattest du keine Chance, das vorher zu proben. Aber dafür hat es sensationell funktioniert: Die Sonne ging unter, die Dudelsäcke fingen an, vom Timing her war es einfach perfekt. Das war mit dem "Tunes Of War"-Album einfach ein absolutes Highlight in meinem Leben.

Also wisst ihr auch noch nicht, ob etwaige Gäste bei eurem Auftritt mitwerkeln?

Jens: Doch, das wissen wir schon. Der Michi von IN EXTREMO, der auch schon das Intro unserer aktuellen Scheibe eingesprochen hat, wird am Start sein. Und weitere Gäste kann man sicherlich auch erwarten. 100%ig steht das noch nicht fest. Bis dahin sind noch vielen Tourneen, da kann noch vieles passieren. Drum würde es nix bringen, jetzt schon Namen in die Runde zu schmeißen und am Ende klappt das aus irgendwelchen Gründen nun doch nicht.

Okay. Bis wann seid ihr mit der Tour noch in Deutschland und wie geht’s dann weiter? Gibt es dann überhaupt Gelegenheiten zum Regenerieren?

Jens: Am 11. Februar ist der letzte Gig in Deutschland, dann haben wir eine Woche Pause und dann geht es nach Russland für acht Konzerte. Im Mai ist Südamerika dann an der Reihe und zwischendurch spielen wir kleckerweise noch ein paar Festivalshows. Und zwischen den einzelnen Gigs ist man immer mal wieder zu Hause, das ist eine recht angenehme Art des Tourens, vor allem in unserem Alter.

Stefan: Ich geh abends immer noch gerne auf die Bühne, gerade jetzt, wenn die Hallen voll sind. Es ist eine Ehre, dass wir noch spielen können und die Leute auch noch kommen. Und bzgl. "Regenerieren": Wir trinken weniger, sind vernünftiger, trinken dann auch mal einen Tee und so schlimm ist dieser Verlust auch nicht.

Im vergangenen Jahr musste ich ein wenig Schmunzeln, als ihr mit der norwegischen Sängerin Anita Hegerland den Song 'Schön ist es auf der Welt zu sein', den sie vor vierzig Jahren mit Roy Black veröffentlichte, gespielt habt. Hand aufs Herz: Warum, wieso, weshalb?

Jens: Die Idee kam eigentlich von der Anita selber. Sie hat damals Chris kontaktiert, weil sie GRAVE DIGGER geil findet, was für uns auch sehr überrascht war. Auf dem SABATON-Festival in Schweden kam sie dann auf uns zu und da haben wir uns zum ersten Mal kennen gelernt. Sie hatte die Idee, den mit Roy Black eingesungenen Song auf rockig zu machen und wollte das mit uns machen. Sie wollte das richtig groß aufziehen mit Auftritten bei irgendwelchen Schlagershows und so.

Stefan: Und das Ganze lief ja auch nicht unter dem Namen GRAVE DIGGER, sondern unter Anita Hegerland feat. Chris Boltendahl. Und da es unsere Kindheitszeit war, haben wir da auch ruhigen Gewissens zugesagt. Das war ein absolutes Spaßding, sie hat es uns angeboten als Hommage an Roy Black, weil nach ihren Aussagen er ein Rockfan war, der auch rockige Sachen spielen wollte, dann aber in diese Schmuseecke gedrängt wurde.

Jens: Zumal der Name „Roy Black“ auch ein geiler Metal-Name gewesen wäre. Da war jetzt auch kein Eifer dahinter, damit richtig Erfolg zu haben. Es ist auch eine fantastische Sängerin, ihr hat es Spaß gemacht, uns natürlich auch und so konnten wir unser Kindheitstrauma verarbeiten ;)

Haha, okay. Meine letzte Frage: Lassen wir die neue Platte mal außen vor, was ist eure persönliche Lieblingsplatte von GRAVE DIGGER?

Jens: Also ehrlich gesagt ist meins "The Grave Digger".

Stefan: Ha, meins auch. Und mein zweites ist "Tunes Of War". Das war meine Einstiegsscheibe in die Band und es hat ungeheuren Spaß gemacht, das Album in Wacken zu spielen. Da hat man nochmal gemerkt, was für Perlen da überhaupt drauf sind.

Jens: Ja klar, ich mein, "Excalibur" ist auch noch ein geiles Album.

Wenn wir schon bei der Mittelaltertrilogie sind: "Excalibur" hab ich immer etwas außen vor gelassen, weil der Titelsong, so geil er auch live rüberkommt, auch irgendwann ausgelutscht ist. Aber da sind natürlich auch viele Perlen drauf. Und auch "Knights Of The Cross" mit meinem absoluten Favoriten 'The Battle Of Bannockburn'.

Stefan: Das war zum Beispiel einer meiner Songs, den ich auf der Liste hatte. Den würde ich gerne noch einmal live spielen. Wir haben aber einen "Knight"-Song in dem Medley verwurschtelt. (Am Ende war es 'Baphomet' – MR) Und natürlich der Titelsong; du kommst einfach nicht drum herum, die alten Kamellen zu spielen, die Fans wollen das ja auch. Ich kann mich noch dran erinnern, dass ANNIHILATOR aus Sturheit auf einer Tour 'Alice In Hell' nicht gespielt haben. Da sind die Leute Sturm gelaufen, da kannst du einfach nicht dran vorbeigehen. Das ist wie bei SODOM 'Bombenhagel'. Es gibt Songs, die musst du einfach spielen. Beim Medley konnten wir wieder kreativ sein: Da ist alles drin, von neu bis uralt. Auf der "Clans Will Rise Again"-Tour gab es auch schon ein Medley und es kam großartig an.

Sehr schön. Dann wäre ich mit meinen Fragen auch am Ende und bedanke mich vielmals für eure Zeit und wünsche euch noch einen tollen, weiteren Tourverlauf. Die obligatorischen letzten Worte gebühren euch: Was habt ihr euren Fans und unseren Lesern noch mit auf den Weg zu geben?

Stefan: Vertraut alten Männern, wir werden weiterhin guten Metal machen.

Jens: Gern geschehen. Erfahrung ist immer gut. Viel Spaß auf der Tour.

 

Redakteur:
Marcel Rapp

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