Gruppenthearpie NE OBLIVISCARIS-"Portal of I"
30.06.2012 | 15:10Silbermedaille im Juni-Soundcheck, hinter KREATOR, vor RUSH! Das ist für eine so unbekannte Band wie NE OBLIVISCARIS nahezu sensationell. Was sie für Musik machen und weshalb die meisten "Portal of I" so toll finden, lest ihr in der Gruppentherapie.
Bisher war meine Vorliebe für australische Sounds auf die modern-alternativ-progressiven Vertrerter beschränkt. Doch offenbar lohnt es sich Australien ganzheitlich im Metal zu betrachten. Denn da haben (nun ja, hatten) wir MORTAL SIN, VOYAGER und nun auch NE OBLIVISCARIS, die mit ihrem ersten Longplayer "Portal Of I" die komplette Redaktion überzeugen, RUSH auf den Bronze-Platz verdrängen und den vierhöchsten Schnitt erreichen, seit wir vor drei Jahren mit dem Soundcheck begannen. Was ist also das Besondere an den Jungs? Nun, so originell ist die Mischung aus cleanen und garstigen Vocals, aus Black Metal, Death Metal und Prog nicht mehr, seit es OPETH gibt. Nein, die Burschen schreiben einfach tolle Songs. 'Tapestry Of The Starless Abstract' schafft es über zwolf Minuten lang die Spannung hochzuhalten. Die Arrangements sind smart, dank der stetig eingesetzten Violine sehr abwechslungsreich und dynamisch. Der Song wogt wie ein Sturm hin und her, um am Ende mit fantastischen, cleanen Gesangsmelodien einen herausragenden Schlußpunkt zu setzen. Ein Song, der brutal und herzzerreißend zur selben Zeit ist. Und so etwas könnte ich auch über jeden anderen Song schreiben. Warum es dann "nur" 8.5 Punkte gibt? Ich glaube, ich habe das Album immer noch zu selten gehört, um es vollständig zu erfassen. Klar ist, hinter der Note steht eine fette Tendenz nach oben, denn auch während ich diese Zeilen tippe und dabei noch einmal "Portal Of I" höre, wächst die Scheibe. Total toll.
Note: 8,5/10
[Peter Kubaschk]
Voll auf die Zwölf! Die Australien-Frickler von NE OBLIVISCARIS sorgen im Juni für eine faustdicke Überraschung. Dürfte man bereits im Vorfeld mit einer hohen Punktzahl für KREATOR und RUSH gerechnet haben, stürmen die Burschen aus Down Under in Spitzengeschwindigkeit und mit einem überdurchschnittlichen Album auf die Treppchen-Position. Eine genreübergreifende Wundertüte, die die Herren hier in petto haben und unsere Redaktion im Sturm erobert. Todesblei, Schwarzmetall, Untergangsmusik und viel Progressivität dürften die Eckpfeiler dieses Bollwerkes sein, absolut zeitgemäß, eine Bomben-Produktion, Stücke wie 'Of The Leper Butterflies', 'And Plague Flowers The Kaleidoscope' oder auch 'As Icicles Fall', die sich bärenstark in den Juni-Himmel erheben und eine Band, die ambitioniert, motiviert erklingt und weiß, ihr Handwerk zu verstehen. NE OBLIVISCARIS rütteln mit voller Wucht an meinem musikalischen Weltbild, blicken in jeder Sekunde über den Tellerrand, ohne ihre eigentliche Richtung, ihre natürliche Note, auch nur im Entferntesten außer Acht zu lassen. Solch eine Kunst muss honoriert werden, finde ich, vergebe dementsprechend eine hohe Punktzahl und bin froh, dass ich mit dieser Meinung nicht gänzlich alleine stehe.
Note: 9,0/10
[Marcel Rapp]
Die Sensation des Monats Juni kommt aus Australien und trägt den Namen NE OBLIVISCARIS. Ich hatte zuvor noch nie von dieser Band gehört und ging mit entsprechend neutraler Erwartung an "Portal Of I" heran. Umso größer war meine Überraschung, als mich diese sechs Jünger der Dämmerung nach allen Regeln der Kunst aus den Sandaletten hauten. Eigentlich müsste ich vor diesem Album warnen, denn es macht schon nach kurzem Gebrauch extrem süchtig. Dabei ist die Musik von NE OBLIVISCARIS gar nicht so einfach zu beschreiben. Wuchtige, symphonische Schwarzkunst ist das pulsierende Zentrum dieses magischen Sounds, eingerahmt und dramaturgisch wunderbar ergänzt durch progressiv verspielte und getragen melancholische Passagen. In den hierbei entstehenden atmosphärisch unheimlich dichten, ausufernd üppig angelegten Songgebilden kann man sich wunderbar verlieren. Der Kontrast zwischen rauen Growls und melodisch versiertem Klargesang funktioniert ausgezeichnet, und das obwohl beide Stimmen oft übereinander gelegt werden. Eine wichtige, oftmals melodieführende Rolle im Klangbild nimmt das keltisch beeinflusste Violinenspiel von Co-Frontmann Tim Charles ein. So kommt ein zauberhafter, emotional bewegender, fein austarierter Cocktail heraus, der durch die vorzügliche, warme und zugleich transparente Produktion exzellent zur Geltung kommt. Dabei macht es NE OBLIVISCARIS sich und den Hörern nicht mal leicht mit dem Einstieg, denn in Form von 'Tapestry Of The Starless Abstract' und 'Xenoflux' stehen am Anfang von "Portal Of I" zwei eher sperrige Longtracks, die einige Durchläufe brauchen, bis sie sich voll erschließen lassen. Daher sollten zögerliche Interessenten sich vielleicht erstmal mit dem gigantischen 'Of The Leper Butterfly' oder dem relativ eingängigen 'As Icicles Fall' befassen. Die Zielgruppe dieser großartigen Formation sollte breit gefächert sein. Anhänger von IHSAHN und KEEP OF KALESSIN dürften hier ebenso ihre Freude habe wie aufgeschlossene Fans von so unterschiedlichen Bands wie PSYCHOTIC WALTZ, OPETH, WHILE HEAVEN WEPT, VOYAGER oder PRIMORDIAL. Ich bin mir ziemlich sicher, dass NE OBLIVISCARIS in ziemlich vielen "Newcomer des Jahres 2012"-Listen auftauchen werden. Beide Daumen hoch!!
Note: 9,0/10
[Martin van der Laan]
Holla, die Waldfee, da crasht eine Band im Soundcheck zwischen KREATOR und RUSH auf Zwei und ich hab noch nie etwas davon gehört! Natürlich ist die Erwartungshaltung bei soviel Lorbeeren enorm hoch, zumal es stilistisch offenbar in eine Richtung geht, die mir extrem taugen sollte. Und trotzdem kommt es so, dass ich, wie schon letztens bei FORCES AT WORK, etwas die Euphoriebremse treten muß. Klar, es ist intelligente, verspielte Musik mit vielen Ideen, ungewöhnlichen Momenten und verdient den Stempel "progressiv" allemal, aber es gibt für mich zu viele Störfaktoren, die den Genuss dieses hübschen Werkes schmälern. Zum einen höre ich hier alles andere als eine "exzellente Produktion", der Sound erschlägt einen fast und alles wirkt irgendwie zuviel und zusammengemantscht. Ganz schlimm ist das Schlagzeug, zunächst einmal wegen seines einnehmenden Sounds an sich (ja, Marcel, Deine "Bomben-Produktion" bombt mir nämlich die Ohren weg), dann aber vor allem an der Art und Weise, wie es gespielt wird. Es sind ganz besonders die omnipräsenten rasenden Doublebass-Passagen, die mich tierisch nerven und das wird leider nicht besser, sondern von Spin zu Spin schlimmer, was letztlich dazu führt, dass ich die Musik ausschalten muss. Vor allem, wenn die Geige eine schöne Melodie spielt und dieses Untier an Schlagzeuger alles zubollert, werde ich wütend. Dazu kommt, dass mir die Vocals allesamt, sowohl die cleanen als auch die verzerrten, gar nichts geben. Es singt eben doch kein Mikeal Åkerfeldt und folglich hört sich alles ziemlich austauschbar an und es fehlt für mich der Wiedererkennungswert. Das führt dazu, dass ich auch bei den einzelnen Songs nicht reinkomme, ich kann nicht sagen, ob und wie oft ich diesen und jenen Song schon gehört habe, es rauscht vorbei, es entstehen keine Bilder, keine Assoziationen, kein Gefühl. Das liegt wahrscheinlich einfach daran, dass ich mich nicht auf die Musik konzentrieren kann, weil das Schlagzeug KOLOSSAL nervt. Ach das hab ich ja schon erwähnt...
Okay, schlecht ist es nicht, ich kann sogar verstehen, daß viele es toll finden. Aber mit RUSH oder KREATOR hat das hier in Sachen musikalischer Ausgereiftheit und somit auch notentechnisch gar nix am Hut, sorry.
Note: 6,5/10
[Thomas Becker]
"Heiliger Bim-Bam, ist die Geige vielleicht ein tolles Lead-Instrument!", "Das knüppelt ja mal ordentlich!" und "Oh wie schön... oh wie schön..." waren wohl die zentralen Gedanken, als "Portal Of I" seine ersten Runden drehte. Viel geändert hat sich daran nicht, und ich gehe auch nicht davon aus, dass dies noch passiert. NE OBLIVISCARIS liefert hier ein wunderbar genreübergreifendes Album ab, das auf nahezu jeder Ebene überzeugen kann. Die Zusammensetzung dieser Platte haben meine Kollegen schon sehr gut umschrieben. Und wie Peter sagt: Das ist vielleicht alles nicht so unglaublich neu, klingt aber vor allem Dank des famosen sowie schlichtweg häufigen Einsatzes der Violone angenehm unverbraucht. Auch das Wechselspiel von Gebrüll und Klargesang ist mittlerweile ein alter Hut, wird hier jedoch absolut natürlich und überzeugend zelebriert. Die Kompositionen sind dabei durch die Bank ausufernd, immer fließend und in den allermeisten Momenten wirklich mitreißend. Ich bin froh, dass unsere Soundcheck-Herren dies genau so gesehen haben und hoffe, dass NE OBLIVISCARIS nun den verdienten Erfolg einfahren können. Sie haben es sich redlich verdient.
Note: 8,5/10
[Oliver Paßgang]
- Redakteur:
- Thomas Becker