Gruppentherapie EXMORTUS - "Slave To The Sword"

06.02.2014 | 22:21

Erster, etwas unerwarteter Soundcheck-Sieger 2014, ist EXMORTUS. EX-Wer? Die Gruppentherapie gibt Antworten!

"Slave To The Sword", das dritte Album der amerikanischen Band EXMORTUS, wird etwas unerwartet Soundchecksieger im Januar 2014. Die Therapeuten berichten von einer nicht von jedem gelobten stilistischen Kurskorrekur. Sie debattieren zudem über die Notwenigkeit der Neuinterpretation eines bekannten Klassikstücks. Im weiteren gibt es Einblicke in den Alltag der van der Laan'schen Metal-Akademie, ihr erfahrt, wie Kollege Passgang staubsaugt, und Kollege Rapp verrät euch einen Trick, überschüssige Pfunde loszuwerden. Nichts ist unmöglich mit EXMORTUS!





Huch, nun bin ich aber doch überrascht! Zum einen darüber, dass EXMORTUS bei uns die Spitzenposition erreicht, und zum anderen darüber, dass gerade ich die schlechteste Note vergebe. Wobei schlecht natürlich relativ ist, denn sieben Zähler sind schließlich weit von der Kategorie "Höre ich mir nach dem Soundcheck auf gar keinen Fall mehr an!" entfernt. Warum sollte ich das auch wollen? Schließlich bekommt man hier ein wuchtig produziertes, dynamisches und energiereiches Riffbrett geboten, das in seiner Gesamtheit absolut kurzweilig ist. Der harsche Gesang, die feinen Gitarrenleads sowie der Bangfaktor aller Songs sorgen für einiges an Spaß. Da bekommt man beim Putzen Lust, den Staubsauger zur Klampfe umzufunktionieren und die Bude nachher eher dreckiger zu hinterlassen, als sie vor dem Auflegen von "Slave To The Sword" war. Was also fehlt zu einer höheren Wertung? In meinem Fall bleibt von den Songs - trotz durchaus wiedererkennbarer Merkmale - etwas zu wenig hängen. Zudem gewöhnt sich das Ohr auch schnell an den Sound von EXMORTUS; das mag man jedoch auch auf der Habenseite verbuchen. Doch ob man Beethoven wirklich anpacken muss, sei mal dahingestellt. Jedoch hätte diese Variante der Mondscheinsonate auch deutlich schlimmer ausfallen können. So bleibt unterm Strich ein gutes Album, dem, ganz unserer Notendefinition entsprechend, einfach der letzte Kick fehlt, um es dauerhaft auflegen zu wollen.

Note: 7,0/10
[Oliver Paßgang]



Olivers Einschätzung zu "Slave To The Sword" habe ich anfangs auch geteilt. Aber dem ist nicht so! Denn trotz etlicher Gitarrensoli schafft es EXMORTUS, gute Songs zu schreiben, die nicht hinter der atemberaubenden Gitarrenarbeit zurückbleiben. Nein, die Soli sind gut eingebettet und lassen dem kräftigen Gesang Conans genug Raum und Ausdruck. Dass der Gesang im Vergleich zu anderen Power-Metal-Kombos wenig melodiös ausfällt, passt mir bestens ins Klangbild. Oft werde ich an die neoklassische Ausrichtung früherer CHILDREN OF BODOM erinnert - bloß ohne Keyboard und in Power-Metal-Ausgabe. 'Warrior Of The Night' - nicht nur vom Titel her an die Kinder Bodoms angelehnt - ist mein Höhepunkt des Albums. Genial, was die Herren aus Kalifornien hier abziehen. Im Januar hätte es ganz klar keinen anderen Soundcheck-Sieger geben dürfen.

Note: 8,5/10
[Jakob Ehmke]





Ohne lange um den heißen Brei herum zu reden: "Slave To The Sword" ist ein geiles Album geworden und heimst wohl zu recht die Goldmedaille ein. Die Gründe hierfür liegen klar auf der Hand: Eine immens druckvolle und klare Produktion, wieselflinke Power-Thrash-Metal-Stücke, die abwechslungsreich und ausdrucksstark vorgetragen werden, sowie eine höchst agile Truppe, die mit Eiern in der Hose ein kaltschnäuziges Album eingetütet hat. Auf "Slave To The Sword" hebt sich zwar kein einzelnes Stück im Besonderen hervor, dafür ist das Niveau durch die Bank weg am oberen Level angesiedelt und entfacht ein Trommelfeuer vom Allerfeinsten. So lässt man sich von insgesamt zehn wetterfesten Stücken berieseln, die ein enormes Hörvergnügen bereiten und meine Lebensgeister nach den ermüdenden Weihnachtsfestlichkeiten wiedererwecken. Falls man sich also in den vergangenen Wochen ein wenig gehen ließ, eignet sich "Slave To The Sword" bestens dafür, beim gepflegten Rauslassen der Sau überschüssige Pfunde loszuwerden.

Note: 9,0/10
[Marcel Rapp]



EXMORTUS mit CHILDREN OF BODOM vergleichen und in die Power-Metal-Schublade stecken? Als ich Jakobs Worte las, hab ich mir zunächst meinen Teil gedacht (bei aller Sympathie, die ich für den netten Hamburger hege). Doch jetzt, nachdem ich die neue Scheibe der Jungs aus Kalifornien ein paar Mal rotieren lies, muss ich ihm kleinmütig beipflichten! Jakob, ich stimme dir zu, das ist astreiner Power Metal! 'Warrior Of The Night' klingt tatsächlich so, als wäre der Track von Alexi Laiho 1999 geschrieben worden. [Die letzten beiden Sätze sind jetzt aber ein Widerspruch in sich, oder nicht? - Anm. d. Lektors] Was ist nur aus EXMORTUS geworden? Wo ist die leicht verwaschene Aggressivität der Thrasher geblieben? "Beyond The Fall" war für mich noch eine astreine Thrash-Scheibe, die ONSLAUGHTs Eingängigkeit und die Rauheit von DESTRUCTION vereinigte. "In Hatred's Fall", das Debüt, lief bei mir sogar noch unter progressivem Melodic Death Metal. Nichts davon ist auf "Slave To The Sword" geblieben. Als hätte man einen Rohdiamanten geschliffen oder ein Stück Holz gehobelt, um es von den Splittern zu befreien. Da die Produktion so glasklar ist, sticht natürlich Conans Stimme besonders hervor. Das beginnt nach geraumer Zeit, zu nerven. Technisch ist das Album wirklich super, kein Zweifel! Aber für mich hat die Band mit der neu gewonnenen Klarheit etwas an Charme eingebüßt. Darum gibt es nur sieben Zähler von mir!

Note: 7,0/10

[Michael Sommer]





Der Name EXMORTUS kam bei mir bis vor vier Wochen lediglich in der Kategorie "peinliche Bildungslücken" vor (also peinlich für mich natürlich). Folglich konnte ich auch gänzlich unbelastet von Erwartungshaltungen an "Slave To The Sword" herangehen. Trotzdem hat mich dieses Album zunächst einmal ziemlich verwirrt. Ein nüchterner Blick auf die belegbaren Fakten sagt, dass die Kalifornier auf ihrem dritten Longplayer eigentlich nur Dinge tun, die mir für gewöhnlich sehr gut gefallen. Es gibt druckvolle, höchst eingängige Uptempo-Songs, verpackt in bombastische Arrangements mit kernig-modernen Reibeisen-Vocals und viele, viele furiose Leads. Ja, und die ganzen Vergleiche zu den Kids vom BODOM-See stimmen natürlich auch; der 'Warrior Of The Night' ist ganz offensichtlich der kleine Bruder des knapp 17 Jahre älteren 'Deadnight Warrior'. Warum nur begeistert mich dieses Album dann trotzdem nicht so wirklich, warum bleibt es bei wohlgefälligem Nicken anstelle einer desaströsen Nackenwirbel-Demontage? Ich habe nur eine plausible Erklärung: Die Songs wirken einfach zu sehr wie am Reißbrett konstruiert. Ich komme mir manchmal vor wie in der Meisterklasse einer Heavy-Metal-Akademie, im Fortgeschrittenenkurs für zeitgemäßen Power Metal. Und im Geiste höre ich den Kompositionslehrer erklären: "...und hinter den zweiten Chorus (nie zu komplex gestalten) setzen Sie am besten ein solches Break (wirkt dynamisch und kraftvoll), nach zwei Takten dann mit dem virtuosen Solo beginnen, raffiniert wäre ein melodisch-klassischer Kontrast zum düster-harten (aber niemals zu bösen) Hauptriff, das Sie nach dem Solo natürlich sofort wieder aufnehmen, zwei, drei, vier und ab in die nächste Strophe...!" Eine gute, solide Arbeit will ich EXMORTUS ja gar nicht absprechen, aber in meiner Wahrnehmung fehlt es "Slave To The Sword" sowohl an Raffinesse als auch an Authentizität und Stallgeruch.

Note: 7,0/10
[Martin van der Laan]



Angefangen als technisch versierte Thrash-Rüpelcombo entwickelt sich EXMORTUS in eine für Altfans wohl immer bedenklichere Richtung. Anders ausgedrückt, das Quartett öffnet seinen Stil noch etwas weiter und bringt die Redaktion offensichtlich in eine gewisse Erklärungsnot, was das denn genau sei. Zwar kommt der Thrash immer wieder durch, trotzdem fühlt man sich bei Nummern wie 'Immortality Made Flesh' eher an superschnellen Melodic Speed Metal erinnert. Anders sollte man den Begriff "Power Metal", der hier doch aufs große Ganze gesehen etwas merkwürdig anmutet, auch nicht verstehen. Naheliegend ist da doch viel eher der CHILDREN OF BODOM-Vergleich, aber halt! Der Keyboard-Kleister fehlt hier völlig und der Song 'From The Abyss' schafft es, mich glatt etwas an NECROPHAGIST oder OBSCURA zu erinnern. Jedoch, für das Death-Metal-Etikett ist der Thrash-Metal-Einfluss, wie zum Beispiel im Titelstück, einfach immer noch zu präsent. Der Parforceritt durch obige Genres ist in eine Produktion verpackt, die den schieren Überfluss abgefahrener Leads und Soli glasklar wiedergibt. Endlich mal wieder eine Band, die es kapiert: Je mehr Leadgitarren, desto mehr Spaß macht ein Album! Leider hinkt das Songwriting dem technischen Wahnsinnsniveau etwas hinterher. Einen weiteren Schwachpunkt stellt Sänger Conan dar, der zwar für einen gewissen Härtegrad mit verantwortlich ist, gleichzeitig jedoch gewöhnungsbedürftig flach und wenig charakteristisch klingt. Bis der Hörer das aber wirklich realisieren wird, hat EXMORTUS ihn schon ins absolute Solo-Nirvana gefrickelt. Auf wen das nicht zutrifft, der wird diesem Album höchstwahrscheinlich sowieso nichts abgewinnen können.

Note: 8,5/ 10
[Christian Schwarzer]

Mehr zu diesem Album:

Soundcheck 01/2014
Review von Martin Loga

Redakteur:
Thomas Becker

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