Gruppentherapie: ALICE COOPER - "The Revenge Of Alice Cooper"

09.08.2025 | 17:35

Blutige Rache oder laues Lüftchen?

Mit nur 0,01 Punkten mehr im Durchschnitt liegt auf Platz fünf des Juli-Soundchecks (7,57 Punkte) das neue Album eines alten Helden alter Musik - "The Revenge Of Alice Cooper" - vor dem neuen Album neuer Helden alter Musik ("V: Lamentations" von WYTCH HAZEL mit 7,56 Punkten). Letzteres haben wir bereits therapiert (zur Gruppentherapie), doch die Wiedervereinigung von ALICE COOPER mit seiner alten Band kann man sicherlich als eines der Rockereignisse des Jahres bezeichnen. Unsere liebe Hanne war davon auch vollauf begeistert. Doch wie reagieren die jüngeren Kollegen, können die sich bei solcher Mucke noch gruseln? 


Tja, da hat der gute Alice die noch lebenden Mitglieder seiner alten Band wieder zusammengetrommelt und in Form von "The Revenge Of Alice Cooper" ein nostalgisches, aber modernes, tolles Album eingetütet. Da gehen Fan-Herzen gleichermaßen auf und auch wenn ich nicht der passenden Generation angehöre, weiß ich über die große Bedeutung dieses Albums Bescheid.

Glen Buxton, der zweite Gitarrist, starb 1997 sehr früh im Alter von 49 Jahren, ist aber dennoch an zwei Stücken beteiligt - eine wie ich finde sehr geschmackvolle und auch runde Nummer, die sich der Meister des Schocks, Michael Bruce, Dennis Dunaway und Neal Smith hier haben einfallen lassen. Die Rache ist sehr stilecht gehalten, beileibe keine Neuerfindung, sondern eher eine Hommage an die Anfänge einer ereignisreichen, legendären Karriere.

Das Album setzt mit 'Black Mamba', 'Kill The Flies', 'Blood On The Sun' oder auch 'Famous Face' genau dort an, wo "Billion Dollar Babies" oder "School's Out" einst aufhörten, kann also den Geist von einst heraufbeschwören. Ein, zwei Songs weniger hätten dem Album per se wahrscheinlich noch besser getan, da diesem am Ende ein wenig die Puste ausgeht. Trotzdem ist es ein sehr schönes Album und ein gelungener, geschlossener Kreis.

Note: 8,0/10
[Marcel Rapp]

 

Ok, ich gebe es zu; Mir war bis zu diesem Album nicht bewusst, dass es einen Unterschied zwischen ALICE COOPER, der Band, deren Songs ich vereinzelt schon mit meinem damaligen Schwarm über Minidisc im Schulbus gehört habe, und ALICE COOPER, dem Solokünstler, den ich vor kurzem noch live in Hannover gesehen habe, gibt. Ich spiele von daher ganz wie Marcel die Alterskarte und ducke mich weg.

Entsprechend ist bei mir die emotionale Bedeutung, die dieses Album für Fans der ersten Stunde hat, natürlich auch nicht vorhanden und ich muss - oder kann - das Album losgelöst von alledem betrachten. Und da erwartet mich dann ein grundsolides Rockalbum.

Den Schockfaktor hat Alice natürlich schon längst verloren und bei Songs wie 'One Night Stand' kommt schon eine gewisse peinliche Betroffenheit auf - aber hier sollte ja jedem klar sein, dass die Texte mit mehr als nur einem Augenzwinkern zu verstehen sind. Spannend finde ich, dass die zweite Hälfte des Albums gefühlt immer weiter in die Blues-Richtung abdriftet. Und klar, ein bisschen kürzer könnte die Scheibe durchaus sein, aber das hier ist für mich auch kein Album, welches ich aktiv höre, sondern eher eins, welches ich im Hintergrund anmache, wenn ich mit Freunden auf der Terrasse sitze. Und da stört mich die Länge nicht wirklich. Dem kommt dann auch zupass, dass es für mich nicht wirklich Lieder gibt, welche sonderlich herausstechen. Vorhin lief "The Revenge Of Alice Cooper" übrigens, während ich eine leckere Bolognese zubereitet habe - perfekt!

Note: 7,5/10
[Chris Schantzen]


"The Revenge Of Alice Cooper" ist das erste Album in der kompletten Bandbesetzung seit Mitte der Siebziger, und ALICE COOPER setzt da durchaus am einstigen Klangbild an, da gebe ich Marcel recht. Die Sechziger schimmern ganz stark als Einfluss durch. Wer bei ALICE COOPER an die Stadion-Rocker des Solo-Projekts denkt, der wird hier wahrscheinlich enttäuscht werden. Wer Einflüsse von Blues, THE BEATLES, THE BEACH BOYS, THE WHO und Flower Power in seinem Rock-Cocktail schätzt, der dürfte aber fröhlich durch das Album kommen.

Meinetwegen dürfte das alles aber noch einen Tick kerniger und wilder ausfallen. Mehr vom Stile von 'Kill The Flies' oder 'Crap That Gets In The Way Of Your Dreams' würde die Scheibe doch ein wenig in Richtung Hard Rock rücken. Ich denke beim Anhören oft an "Billion Dollar Babies", auch wenn hier nicht die gleiche Brillanz zu hören ist. Das Fluffige, das Rockige, das teils sogar fast swingende Flair der Scheibe gefällt mir aber gut. ALICE COOPER ist als Band zurück, und das Album hat dadurch eine ganz andere Atmosphäre als die direkten Vorgänger. Es ist eine Zeitreise, die auch klingt, als wäre sie vor fast fünfzig Jahren aufgenommen worden. Mit ein bisschen mehr Biss würde ich das Album aber wohl noch besser finden.

Note: 7,5/10
[Jonathan Walzer]




Irgendwie hat sich dieses Album schon angekündigt. Auch der direkte (Solo-)Vorgänger "Road" ging wieder verstärkt in Richtung Retro. Und anscheinend haben insbesondere Songs wie das THE WHO-Cover 'Magic Bus' (sehr gelungen, by the way) den Herrn Furnier darin bestärkt, mal wieder ein komplettes Album im Sinne seiner Frühwerke, welche er noch unter dem Band-Banner ALICE COOPER veröffentlicht hatte, herauszubringen. Also direkt mal alle alten Kollegen mit ins Boot geholt und das Ding nun richtig rund gemacht.

Das ganze Vorgehen erinnert mich sehr stark an RAGE und REFUGE und wirkt auch in diesem Fall sehr authentisch, nie erzwungen oder kommerziell getriggert. Das ganze Album klingt sehr homogen und beamt einen direkt wieder zurück in die Zeit, als Geisterbahnen und Wahrsagerinnen noch gruselig waren. Man muss sich selbstverständlich darauf einlassen können und auch in einer gewissen Stimmung sein, sonst wirkt diese Form der Rache doch sehr altbacken und Innovationen oder Hits der Marke 'Poison' sucht man eh vergebens. Auch mir gefiel "Road" mit seiner größeren Diversität und stärkerem Rock-Fokus nochmal eine Spur besser, aber als Soundtrack um den Partyraum für die nächste Halloween-Party zu dekorieren, funktioniert "The Revenge Of Alice Cooper" sicherlich richtig gut. Ich werde Ende Oktober berichten!

Note: 7,0/10
[Stefan Rosenthal]

 

Die Erwartungen sind gedämpft, ein ganz großer ALICE COOPER-Fan bin ich wahrlich nicht. Schon gar nicht von seinen Frühwerken. Doch was soll schon passieren, wenn sich die alte Garde wieder zusammentut? Also den Stream gestartet und mal schauen, was passiert.

'Black Mamba' und 'Wild Ones' stehen für einen absolut gelungenen Auftakt. Die Songs gehen gut rein und grooven anständig vor sich hin. Das gilt eigentlich für alle 14 Tracks (Bonustracks mal ausgenommen). Und das ist die eigentliche Überraschung. Wo solche Reunions sich oft mit zwei bis drei guten Songs zufriedengeben und ansonsten das Album irgendwie vollbekommen sollen/müssen, habe ich hier keine Probleme, das komplette Teil in einem Rutsch durchzuhören. Klar sind keine Supertracks wie 'Poison' oder Konsorten dabei, aber – auch wenn ich mich wiederhole – es gibt keine Magerkost innerhalb des gesamten Albums. Eine Platte für die schönen Momente des Sommers – Grillabend, Badesee, Festivalzeltplatz.

Es muss ja nicht unbedingt zum x-ten Mal 'School's Out' sein. Mir persönlich gefällt das Gesamtpaket und ich erteile hiermit der originalen ALICE COOPER BAND die Absolution, sprich Daseinsberechtigung.

Note: 8,5/10
[Frank Wilkens]

 

Ach ja, mein Musikgeschmack wird altersmüde. Ich höre dieses Album und genieße es sehr, seinen Klang, seine Atmosphäre, das Altbackene. Ich denke auch gar nicht an Grillplätze oder Halloweenparties, da würde ich fast sogar fetzigere Musik auflegen. 

Die Musik bringt mich eher zurück zur Musik meines Vaters, zum Ende der Sechziger, sogar ein wenig Elvis-Feeling kommt bei 'Intergalactic Vagabond Blues' auf. Ja, Frank mit dem W, es stimmt, ich finde, das Album hat für so ein Geronto-Comeback erstaunlich wenig Ausfälle und eine angenehme Variabilität, es wird als an keiner Stelle langweilig. Wirklich eine sehr gelungene Revenge des Herrn Cooper und seiner Band.

Note: 8,0/10
[Thomas Becker]

Fotocredits: André Schnittker (POWERMETAL.de), Fotos vom Konzert am 01.07.2024 im Nürnberger Stadionpark

Redakteur:
Thomas Becker

Login

Neu registrieren