Gruppentherapie: CKY - Carver City

08.06.2009 | 10:44

Hype dank MTV und Jackass oder moderner Rock mit Anspruch? Diese Frage müssen sich CKY gefallen lassen.



Ich muss zugeben, dass mir MTV-Sendungen wie "Jackass" oder "Viva La Bam" nur am Rande geläufig sind. Folglich habe ich damit bereits eine große Chance vertan, CKY näher kennenzulernen, denn dort waren die Amis musikalischer Dauerbegleiter und teilweise sogar Mitwirkende. "Carver City" ist nun deren viertes Album und darauf gibt man erstaunlich variablen Alternative Rock/Metal zum Besten. Trotz der unbestrittenen Mainstream-Tauglichkeit der Songs gibt es etliche interessante Details zu entdecken, was man ja sonst von solcherlei Bands eher nicht erwarten würde. Geschickt werden dezente Synthie-Melodien in den gitarrenlastigen Rock eingeflochten. Außerdem ist es angenehm zu hören, dass es auch mal ohne nerviges Geschrei geht - gesanglich kommt das Ganze sehr melodieorientiert daher, was für eine beträchtliche Eingängigkeit des Materials sorgt. Härtetechnisch ist "Carver City" zwar definitiv als Leichtgewicht zu bezeichnen, aber die auf dem Album vertretenen Songs sind fast durchgängig gelungen und prägnant genug, um nicht so mir nichts, dir nichts vorbeizurauschen. Und zwischen all den ewig gleich klingenden Alternative-Bands nehmen sich CKY als erfrischende Alternative mit hörbar eigener Note ausnehmend gut aus. Negativ fällt mir einzig und allein die Nummer 'Woe Is Me' auf, da nervt der Gesang doch erheblich. Aber das bleibt eine Ausnahme, der gutklassige Rest vom Schützenfest kann durchweg überzeugen. Eine angenehme Überraschung.
8/10
[Stephan Voigtländer]

Es ist vergeudete Energie, zu spekulieren, ob CKY bei einem großen Label Unterschlupf gefunden hätten, wenn Trommler Jess Margera nicht mit Bam Margera verwandt wäre und seine Band auf die Möglichkeit hätte verzichten müssen, die infantilen MTV-Gehirnschläge oder die Skateboardaktivitäten des Brüderchens musikalisch zu begleiten. Ein paar Fakten lassen sich allerdings an die Mauer pappen: Der Major-Watz Island Def Jam hat trotz der für jede Plattenbude angenehmen Promotionsituation und eigener ergiebiger Vermarktungsressourcen letztlich das Interesse an dem Quartett verloren, und Roadrunner hofft, dass Deutschland nun bereit ist für dieses Thema. Eine Prognose zu der Wahrscheinlichkeit der erfolgreichen Etablierung im hiesigen Absatzgebiet möchte man ungern stellen, auch wenn "Carver City" kein mieses Album und über der US-Modern-Rock-Pampe aus dem Klonlabor anzusiedeln ist. Cheesige Keyboard-Parts, Captain-Future-Weltraum-Gefiepe, Fuß-auf-Monitorbox-Riffs – die Amis bieten etwas an, wobei vor allem einige der Gitarrenanschläge abgeschaut werden dürfen. Aber ihr stets unnötig verhallter, diffuser Midtempo-Heavy-Rock dringt trotzdem nicht zum Kern vor. Peripherie, Peripherie. Der Schlenderzug durch die Randbezirke offenbart durchaus eine eigenwillige Form von Lass-kommen-Lässigkeit, die man mögen kann. Und wird nachts der sternenklare Himmel angeblickt, üben 'A #1 Roller Rager' oder 'And She Never Returned' Anziehungskraft aus; bei einer Stop-and-go-Fahrt während der Rush Hour in einer beliebigen Großstadt oder beim Abschimmeln in der Schlange an der Kasse eines Discounters, wenn der betörende Schweißodeur des Vordermanns die Nase umschmeichelt, sind sie hingegen nutzlos.
6,5/10
[Oliver Schneider]

Modern-alternativer Sound mit melodischem Gesang und eingängigen Refrains. Das kann man durchaus als meine Baustelle bezeichnen und "Carver City" passt da hervorragend rein. CKY wirken dabei auf angenehme Weise wenig kalkuliert und das obwohl sie sich auf durchaus radiotaugliche Vier-Minuten-Nummern konzentrieren, die zudem echtes Hitpotential aufweisen. Als Beispiele seien der Albumhöhepunkt 'The Broadwalk Body', das etwas zackigere 'Rats In The Infirmary' oder das feine 'A #1 Roller Rager' genannt. Allerdings verstecken sich unter den elf Kompositionen auch einige, die mit ihren Sci-Fi-Tasteneinschüben ein wenig den Drive missen lassen und fast orientierungslos wirken. 'Plagued By Images' gehört in diese Kategorie. Glücklicherweise sind diese aber deutlich in der Unterzahl, so dass "Carver City" für Fans des oben beschriebenen Sounds definitiv zum Objekt der Begierde werden darf. Da ist mir persönlich auch völlig gleich, ob irgendwer in der Band einen "berühmten" Bruder hat. Ein gutes Album bleibt ein gutes Album.
8/10
[Peter Kubaschk]

Das ist ja mal eine seltsame Scheibe. Da ich bislang von CKY nichts kannte, durften mich die Herren überraschen, und das taten sie sehr angenehm. Ich mag moderne, radiokompatible Sounds, die man dann ja doch nie im Radio hören wird. CKY haben "Carver City" vollgestopft mit kurzen, schönen Liedchen, die Lust auf Sommer machen. Zwar muss man sich an die sehr merkwürdigen Keyboards gewöhnen, die den Spagat über den Kitschstrom, der die 80er-Computerspielfieps von NDW-Oberflächlichkeiten trennt, nicht immer schaffen (man höre 'Plagued By Images' oder 'A #1 Roller Rager', wo sie dem Einen oder Anderen sicher sauer aufstoßen dürften), aber sonst überzeugt vor allem Sänger Deron Miller auf der ganzen Linie. Der Härtegrad könnte zwar gelegentlich etwas hochgeschraubt werden, da manche Songs doch etwas zu stromlinienförmig aus den Boxen hopsen, doch Ohrwurmchöre wie 'Rats In The Infirmary' lassen wohl niemanden kalt. Dass sie das im Prinzip können erfährt man im coolen 'Imaginary Threats', wo die Gitarre ordentlich dominiert. Nun ist nicht alles Gold, einige Songs im Mittelteil entpuppen sich nach einigen Durchgängen als höchstens vergoldet, aber ein gutes Album ist CKY auf jeden Fall gelungen. Vielleicht mit zu wenig Potential für die Major-Labels, aber mit genug Substanz, um die Empfehlung zum Reinhören locker zu verdienen.
7,5/10
[Frank Jäger]

CKY heißen also die Jungs, die meinen, modernen Alternativ Rock wie sie ihn bei 'A #1 Roller Rager' fabrizieren, mit DEEP PURPLE und anderen klassischen Rock-Legenden mischen zu dürfen. Raus kommen dabei Songs wie 'Karmaworks', die keinen Zweifel an den Hörgewohnheiten der Protagonisten lassen. Eigentlich eine gute Voraussetzung, bieten solche Helden doch einen Schatz an coolem Riffing und melodischem Rock. Bei CKY klingt das aber ein wenig anders: Deutlich weich geklopfter und zielsicher auf den Punkt gespielt, entstehen zwar nicht ob der vorhandenen Abwechslung, aber doch ob der offensichtlichen Radiotauglichkeit Falten auf der Stirn. Vielleicht ist das aber auch genau der Alternativ-Anteil, der das Fundament in den Fugen erschüttert. Tatsächlich rumpeln die Jungs denn in jenen Momenten recht gefällig aus den Boxen, wenn sie ihren Blick mal nicht auf das Radio, sondern den eigenen Spaß wenden. Heraus kommen dann Nummern wie 'Woe Is Me', die zeigen, dass da doch ein wenig Tiefe hinter den Kompositionen steckt. Zusammenfassend lässt sich also feststellen, dass hier all jene ihre Freude an dem Ding haben werden, die sich total-super-elitär mit ihrem Studentenradio beschäftigen und ab und zu auch mal ohne Schal aus dem Haus gehen ...
6/10
[Julian Rohrer]

Redakteur:
Peter Kubaschk

Login

Neu registrieren