Gruppentherapie: COMMUNIC - "The Bottom Deep"

29.07.2011 | 23:18

Egal, ob trotz oder wegen ihrer stilistischen Nähe zu NEVERMORE - die Norweger COMMUNIC haben mit ihrem vierten Rundling ein in vielen Bereichen sehr ordentliches Werk verzapft, dem allerdings doch das letzte Quäntchen zum richtig großen Wurf fehlt. So zumindest die nahezu einhellige Meinung der Soundchecker, die "The Bottom Deep" dennoch auf Platz 3 im Juli wählten.

Sie waren eine Sensation, ihre beiden Folgealben liebe ich, und jetzt ist Album Nummer vier an der Reihe. Um es vorweg zu nehmen: Es kommt nicht auf's Treppchen. Ich habe lange mit mir gerungen, eine Note zu finden, denn eigentlich ist "The Bottom Deep" stark, hat die üblichen großartigen Melodien in progressivem, thrashigen Gewand mit dem bekannten sirenenhaften Gesang und die Songs brauchen noch immer ewig, um zum Punkt zu kommen (oder zum Ende). 'Flood River Blood' und 'Denial' beispielsweise gehören zum Besten, das COMMUNIC uns bislang beschert haben. Aber der Stil ist einfach bekannt, so dass jegliches Überraschungsmoment ausbleibt, auch wenn durchaus kleinere Schlenker wie in 'Voyage Of Discovery' positiv zu vermerken sind. Insgesamt bleibt es einfach nur ein sehr gutes Album, das die Erwartungen auf gutem Niveau beinahe erfüllt, aber eben auch nicht mehr. Dazu noch die Tatsachen, dass es keinen Oberhit wie 'Frozen Asleep In The Park' gibt und die eine oder andere ruhige Passage vielleicht doch ein wenig zu sehr den Schwung herausnimmt, und fertig ist ein gutes Album, das man sich ruhigen Gewissens ins Regal stellen kann, ohne dass es Gefahr läuft, sich in die Top Ten des Jahres zu spielen.

Note: 7,5/10
[Frank Jaeger]

Wo die Kollegen, die COMMUNIC schon lange begleiten, eine gewisse Stagnation wahrnehmen und sich daher nicht mehr zu Höchstnoten durchringen können, da habe ich vielleicht den Vorteil, dass ich die norwegische Band erst in den letzten Monaten etwas intensiver unter die Lupe genommen habe. Das von Frank vermisste Überraschungsmoment stellt sich zwar auch bei mir nicht ein, da auch ich Stil und Ausführung schon von den Vorgängeralben her kenne, aber ich habe jene noch nicht so verinnerlicht, dass sich bereits Abnutzungserscheinungen bemerkbar machen würden. Mich begeistert an der neuen COMMUNIC einmal mehr das wuchtige Riffing zwischen Power und Thrash Metal, das zwar modern ist, aber eben nicht so modern, dass man nicht mehr von traditionellem Metal sprechen könnte. Außerdem ist Oddleifs Gesang wirklich in jeder Hinsicht grandios und die Hooklines der vielseitigen, tief gehenden Songs graben sich tief ins Hirn ein, auch wenn sie erst einmal ihre Zeit brauchen, um sich zu erschließen. Damit gehört die Scheibe auf jeden Fall locker aufs Treppchen des Monats Juli 2011.

Note: 8,5/10
[Rüdiger Stehle]

Stagnation auf hohem Niveau - diesen Stempel haben also nicht wenige unserer Klangtester "The Bottom Deep" aufgedrückt. Wenn man dann im gleichen Monat eine Band, die schon eine gefühlte Ewigkeit auf mittelmäßigem Niveau stagniert, zum Soundcheck-Sieger macht... aber jetzt will ich mal nicht polemisch werden. Die drei Herren von COMMUNIC jedenfalls haben in ihrer bisherigen Karriere zwei virtuos-atemlose, heftig im Gebälk krachende Götter-Scheiben aufgenommen und zuletzt mit "Payment Of Existence" einen ersten Schritt hin zu melodischeren, nachdenklicheren und atmosphärischeren Kompositionen gemacht. Diesen Weg setzen sie nun ganz konsequent und in der Tat auf sehr hohem Niveau fort. Oddleif und Konsorten lassen ihre neuen Lieder offener und harmonischer denn je fließen, ohne dabei auf die geliebte knackige Härte zu verzichten. Tatsächlich bilden auf "The Bottom Deep" in vielen Songs eindringliche, melancholische Parts mit tollen Gesangsmelodien das Zentrum und werden von den zornigen Eruptionen mehr begleitet als dominiert. Symptomatisch für diese Entwicklung sind das aufwühlend schöne 'Voyage Of Discovery' und das entrückte 'Denial'. Das ist und bleibt moderner progressiver Metal der Extraklasse. Als weitere Anspieltipps sollten der intensive Opener 'Facing Tomorrow' (Killer-Chorus!), das tiefgründig klagende 'In Silence With My Scars' sowie das hymnische, relativ eingängige 'Destroyer Of Bloodlines' genannt werden. Bei der ganzen Geschichte sehe ich nur ein Problem: Tatsächlich rücken COMMUNIC und NEVERMORE einander stilistisch immer näher. Allerdings greifen eventuelle Plagiatsvorwürfe hier nicht, das ist vielmehr als konvergente Evolution zu verstehen. Es sei abschließend noch mal daran erinnert, dass COMMUNIC-Alben typische "Slow-Grower" sind. Wer die Geduld aufbringt, wird auch mit "The Bottom Deep" wieder einige wunderbare Stunden verbringen.

Note: 8,5/10
[Martin van der Laan]

Schon "Payment Of Existence", das letzte Album der Norweger COMMUNIC, konnte mich nicht rundherum überzeugen. Natürlich sind die Norweger weit davon entfernt eine Enttäuschung abzuliefern, aber auch "The Bottom Deep" leidet an mangelnder Weiterentwicklung. Wo die offenkundigen Vorbilder NEVERMORE & SANCTUARY sich von Album zu Album zum Teil deutlich unterschieden haben, weiß man bei COMMUNIC immer exakt, was man bekommt. "The Bottom Deep" mag ein klein bisschen kompakter ausgefallen sein, enthält aber sonst alle Ingredienzien, die auch die drei Vorgänger schon ausmachten: Oddleifs vokale Dane-Verneigung, die düster-progressiv angelegten Kompositionen und wuchtige Riffs. Das ist gefällig, aber eben nicht mehr überraschend und schon gar nicht mitreißend. Ein Urteil, das ich so auch exakt den Live-Performances der Herren geben würde. Auf einer hohen Position auf einem Festival, wo sonst NEVERMORE oder ICED EARTH spielen, sehe ich sie auch in ferner Zukunft nicht. Schade, diese Jungs hatten das Potential richtig groß zu werden.

Note: 7,5/10
[Peter Kubaschk]

COMMUNIC gilt als beachtenswerte Band im Bereich des Progressive Power Metal, doch Rundling Numero vier liefert dafür kaum überzeugenden Argumente. Es ist überhaupt nichts daran auszusetzen, dass die Norweger hier und da an NEVERMORE erinnern, allerdings fehlt für mein Empfinden schon eine gewisse eigene Identität, die ich auf "The Bottom Deep" partout nicht entdecken kann. Ein Song gleicht dem nächsten wie ein Ei dem anderen und auch wenn Gesang sowie die instrumentelle Darbietung an sich durchaus gut sind, geht einem das insgesamt überwiegend eintönige Geschwurbel mit der Zeit ganz schön auf die Ketten. Das ist genau das Dilemma - trotz ordentlichem Gesang, einigen gelungenen Melodien und ein paar wuchtigen Riffattacken (die allerdings viel zu selten zum Tragen kommen) wirkt das Ganze auf Dauer einfallslos und langweilig. Mit jedem Durchlauf wird die Scheibe uninteressanter. Das Hauptproblem ist, dass viele Songs einfach nicht aus dem Saft kommen und ewig vor sich hin dudeln, wo ihnen eigentlich mal knackiges, schnörkelloses Geriffe gut tun würde. In gewisser Weise klingt das die meiste Zeit nach angezogener Handbremse und man wartet sehnsüchtig auf den Zeitpunkt, wo COMMUNIC mal aus sich rausgehen und richtig losschwarten. In dieser Hinsicht kommt die Truppe viel zu selten mal auf den Punkt. Schade drum, die Ansätze sind definitiv gelungen und das Potenzial zu begeistern eigentlich auch vorhanden, nur kommt am Ende nicht viel dabei heraus.

Note: 6,0/10
[Stephan Voigtländer]

Redakteur:
Stephan Voigtländer

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