Gruppentherapie: FESSUS - "Subcutaneous Tomb"

04.12.2025 | 16:57

Denkwürdige Kellerparty oder nach drei Monaten wieder vergessen?

Wir bleiben tief unten in der Gruft, dem dunklen Keller des frostigen November-Soundchecks. Von dort grüßt uns FESSUS aus Österreich mit gedärmigem Death Metal, den viele Soundchecker zwischen chaotisch und langweilig aufnehmen und ebenso wie OF MICE & MEN (zur Gruppentherapie) auf Platz 18 schickten. 

Wow, so viele Gründe für eine Therapie in einem Satz!? Erstheilung für "Subcutaneous Tomb" kommt von Rüdiger, der bekanntermaßen öfter mal in der Gruft Parties feiert. Und mindestens zweieinhalb von vier Redakteuren gesellen sich mit Freuden dazu. Na, welche sind das?



Ich kann mir gut vorstellen, warum den meisten Soundcheck-Kollegen das Album "Subcutaneous Tomb" von FESSUS ziemlich auf den Sack gegangen ist. Ich habe allerdings schon immer eine Schwäche für österreichische Death-Metal-Bands gehabt, weil diese so herrlich unangepasst und räudig klingen mit einer wunderbar zynischen "Leck-mich-am-Arsch"-Attitüde.

Verantwortlich für diese morbide Liebe sind natürlich die Pioniere von PUNGENT STENCH und DISHARMONIC ORCHESTRA. Auch wenn die Herren von FESSUS auf ihrem Debüt-Album musikalisch eher in der Nähe von ASPHYX zu verorten sind, zeichnet sich auch "Subcutaneous Tomb" durch diesen typischen kaputten Charme, und diesen fiesen AUTOPSY-Gedärme-Groove aus. Das ist sicher keine Musik für jede Gelegenheit, aber im Moment, bei einem Becher Starkbier im matten Schein der staubigen Ikea-Schreibtischlampe, kommt das gerade wieder ganz gut.

Note: 7,5/10
[Martin van der Laan]

 

Ich bin bekanntermaßen kein Death-Metaller, aber unsere Gruppentherapien sind eine gute Gelegenheit, solche Feststellungen zumindest mal zu überprüfen. Und der erste Eindruck von FESSUS ist positiv. Das liegt vor allem am ziemlich natürlichen Sound; es ist heutzutage schon eine Wonne, wenn man nicht sofort von den Drums zugebombt wird, wenn man beim Riffing die Anschläge hört, Töne mal ausklingen dürfen, ja, man gar das Rutschen der Finger übers Griffbrett hört. Hierin ist der tiefe Gedärme-Gesang wunderbar integriert. So macht das Hören des ersten Songs 'Pointless Anguish' durchaus Spaß, zumal die Band geschickt zwischen doomigen, angeschrägten und flotten Parts hin- und herpendelt.

Leider verpufft dieser Effekt bei mir aber schnell. Schon nach dem dritten Lied ist mir die Musik zu monoton. Als Hörer verirre ich mich immer wieder im Riffwald, bleibe mit dem Fuß im Sumpf stecken. Die dissonanten Soli lassen machmal aufhorchen, manchmal irritieren sie aber auch. Es fehlt mir immer wieder an Stringenz im Songwriting. Und spätestens dann bin ich einfach nicht genug Liebhaber des Genres um den bloßen Sound zu genießen. Summa summarum ist "Subcutaneous Tomb" für mich deshalb ein langweiliges Album, das in drei Monaten mit höchster Wahrscheinlichkeit vergessen sein wird.

Note: 5,0/10
[Thomas Becker]

 

Ach herrlich. Wenn ich fünf Punkte abziehen würde, läge die Nachhaltigkeit vermutlich weit unter drei Monaten. Und ja: Ich glaube ebenfalls, dass mich das Album in einem Vierteljahr nicht mehr groß interessieren wird und ich dann wahrscheinlich nicht einmal mehr den Bandnamen parat hätte.

Trotzdem sollte die Bewertung etwas höher ausfallen, denn für das, was die Truppe liefern möchte, bekommt man durchaus ordentlich was geboten. Martin hat das passende Keyword schon gedroppt. Das ist Underground-Schmuddel-Death-Metal und der muss "räudig" sein und "räudig" ist er. Dazu kommt eine ordentliche Portion Abwechslung und die Growls sind für dieses Level sogar bemerkenswert vielseitig. Dennoch gebe ich Thomas Recht, dass "Subcutaneous Tomb" in der zweiten Hälfte spürbar die Puste ausgeht und die ersten beiden Tracks da schon in einer anderen Liga spielen.

Hinzu kommt ein häufiger Kritikpunkt meinerseits. Denn FESSUS schwächelt (wie viele Bands dieses Genres) nicht nur auf Albumlänge, sondern auch dann, wenn einzelne Songs zu sehr in die Länge gezogen werden. Weder 'Cries From The Ether' noch 'Yizkor' sind interessant genug gestaltet, um ihre über sechs Minuten Spielzeit wirklich zu rechtfertigen. Trotzdem für ein Debüt schon ordentlich.

Note: 7,0/10
[Stefan Rosenthal]

Death Metal, breitknieig auf dem Kohlehaufen im Keller gespielt. I like that! Die nackten Glühbirnen wackeln und bersten, als der Basser sein Griffbrett dagegen böllert, Omas Einweckgedärme purzeln auf den staubig-schmierigen Boden und wenn man straßenseitig vorbeihuscht, schlagen die Untergrundvocals an die Schienbeine.

Alles in schräg abgemischt, die Gitarren sinken in den Schlamm, und tauchen wieder auf, irgendwo auf den alten Kassetten aus den Neunzigern lässt sich auch noch ein Cover zur morbiden dilettantischen Gestaltung finden. Wahrscheinlich schimmeln da PUNGENT STENCH oder DISHARMONIC ORCHESTRA. Im Gesang verstecken sich Aufstoßer, kleine Auswürfe und er versucht sich besonders räudig durch die Texte zu wälzen. Dann kleben sich die Ideen aneinander, was einerseits recht rumpelig klingt, aber für mich als Kellerbesucher auch den Charme des Gepolters ausmacht.

Wenn sich die schnellen Parts mit den psychotischen Soli kränzen, bin ich zumeist mittendrin im druidalen Gebräu und freue mich des Lebens mit Käfern, Bodendeckern und kauernden Mumien tief im menschlichen Bewusstsein. Diese Art von Musik zeigt immer, wie klein wir eigentlich sind, verletzlich, vergammelt und verdammt. Und dabei ehrlich.

Note: 8,0/10
[Mathias Freiesleben]

Redakteur:
Thomas Becker

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