Gruppentherapie: MAGNUM - "Here Comes The Rain"

03.02.2024 | 13:02

Am Ende (?) ganz oben: Wir ziehen den Hut vor Tony Clarkin.

Der erste Soundchecksieger 2024 ist ein Stammgast in Januar-Soundchecks. 2018 kam man mit "Lost On The Road To Eternity" auf Rang 7. 2020 schaffte es "The Serpent Rings" auf Platz 9. "The Monster Roars" kam dann, ja genau, anno 2022, wieder auf Neun. Und jetzt der große Sprung auf Eins (zum Januar-Soundcheck 2024).

Wir reden natürlich über MAGNUM. Vermutlich werdet ihr alle schon von Tony Clarkins überraschendem Scheiden mitbekommen haben. Wir trauern und schwelgen in Erinnerung an die wunderbare Stunden, die uns MAGNUMs Musik beschert hat. Und mit dem vielleicht letzten Album "Here Comes The Rain" (zu Tobias' Hauptreview) kann die Band noch einmal so gut wie jeden in unserer Redaktion mitnehmen. Auch in der Gruppentherapie. Eine Hommage.

Ein richtig tolles, melodisches Hit-Album ist es geworden, dieses "Here Comes The Rain", das herrlich an den letzten Langdreher anknüpft. Lustigerweise sind die letzten vier Alben jeweils im Januar im Abstand von zwei Jahren erschienen, auf MAGNUM konnte man sich in Sachen Quantität und Qualität immer verlassen, nie hat die Band länger als drei Jahre für neue Musik gebraucht – ich ziehe den Hut.

Die Musik swingt, Bob Catley ist herrlich bei Stimme, Piano, Saxophon und Trompete kommen ebenso geschmackvoll zum Einsatz wie der schöne Stadionrock-Flair und im Vergleich zeigt sich MAGNUM wieder etwas entschiedener als auf dem Monster-Album und mit 'I Wanna Live' oder 'The Seventh Darkness' gibt es diese urtypischen MAGNUM-Nummern, die die Band eben auszeichnen. So ist alles an diesem Album typisch MAGNUM – nur eben noch ein klitzeklein wenig besser als auf den Vorgängern, noch präziser auf den Punkt gebracht, dennoch mit den wunderbaren Ruhephasen und einigen sehr gefühlvollen Nummern. Ein fantastisches Artwork, ein warmer Sound, voluminöse Songs und vom tollen Opener 'Run Into The Shadows' bis zum 'Borderline'-Abschluss ist "Here Comes The Rain" ein richtig tolles Album und durchaus verdient auf der Pole.

Note: 8,0/10
[Marcel Rapp]

Natürlich höre ich die ersten Töne von "Here Comes The Rain" mit einer gewissen Traurigkeit. Der plötzliche Tod von Ur-Mitglied und MAGNUM-Gitarrist Tony Clarkin legt sich zunächst wie ein Schleier über das Album. Aber so ist das Leben: Sterben gehört dazu. Und damit enden meine philosophischen Betrachtungen auch schon, denn im Gegensatz zur bitteren Realität sprühen die englischen Hardrocker auf ihrem neuesten Werk nur so vor Lebensfreude. Sinnbildlich dafür steht der THIN LIZZY-/frühe RAINBOW-Rocker 'Blue Tango'. Da wird tief in die Rock’n’Roll-Kiste gegriffen, ein ganz klassisches Pattern, das man so oder so ähnlich schon tausendmal gehört hat, herausgekramt, aber mit der ganz speziellen MAGNUM-DNA injiziert, so dass ein gigantischer, lebensbejahender Rocker dabei herauskommt.

Einen großen Anteil daran hat natürlich auch die Ausnahmestimme von Bob Catley. Wenn ich sein spezielles Timbre höre, zaubert es mir sofort ein Lächeln auf die Lippen und ich freue mich auf die Geschichten, die er mir heute erzählen wird. Alles in allem ist "Here Comes The Rain" ein großartiges Hardrock-Album, das irgendwie zeitlos aus den Boxen dröhnt, in jedem Song erinnerungswürdige Momente hat und spätestens nach dem zweiten Durchlauf zum Mitsingen zwingt. Und das stimmt mich dann doch ein wenig versöhnlich: Mit einem schöneren Statement kann man die Erde nicht verlassen, Mr. Clarkin!

Note:
9,0/10
[Julian Rohrer]

Zwei Dinge waren es, die mich mit einem mulmigen Gefühl im Bauch vor dem ersten Höreindruck an "Here Comes The Rain" herangehen ließen: erstens natürlich der Tod von Tony Clarkin und zweitens die erste Singleauskopplung 'Blue Tango'. Eine solche schnelle Boogie-Nummer ist nicht gerade das, was ich von MAGNUM hören möchte. Und dann war da noch das Monster-Album, das nie so richtig zünden wollte. Aber diese ganz besondere MAGNUM-Glückseligkeit stellte sich gleich mit dem ersten Track 'Run Into The Shadows' ein.

Wenn Tonys großartige Songs und Bobs wunderbare Stimme zusammenkommen, entsteht zwangsläufig Außergewöhnliches. Man fragt sich, warum haben diese Stücke nicht schon vorher im Klanguniversum existiert? Die Hitdichte auf "Here Comes The Rain" ist so groß wie auf kaum einem anderen Album der letzten Jahrzehnte. Im Moment würde ich den Langspieler sogar noch etwas stärker einschätzen als "Lost On The Road To Eternity" oder "The Serpent Rings"; und dies sind Meilensteine in der MAGNUM-Diskografie.

Bis auf 'Blue Tango', das mir mittlerweile zwar recht gut gefällt, aber immer noch eine Art Fremdkörper auf dem Album ist, höre ich praktisch nur Hymnen, die ans Herz gehen. 'Some Kind Of Treachery', 'After The Silence', 'Broken City' oder den Titeltrack könnte ich immer wieder hören. Gerade die ruhigeren Töne, die MAGNUM recht oft anschlägt, gehen unter die Haut. Und so habe ich im Moment sogar eine Tendenz, die 9,5 zu zücken. Zu Beginn des Jahres bin ich wohl noch etwas verhalten, aber die 9 Punkte kommen auch von Herzen!

Note: 9,0/10
[Jens Wilkens]

Meine bisher meistgehörte Scheibe 2024 ist "Here Comes The Rain". Bisher sind freilich "erst" drei dieses Jahr veröffentlichte Alben in die Sammlung gewandert, aber im Moment führt dieses Album auch mein aktuelles Ranking an. Nachdem mich die letzten beiden Studioalben, "The Monster Roars" und "The Serpent Rings" (beileibe kein Meilenstein), nicht ganz so gepackt hatten, konnte mich die neue Scheibe natürlich sofort mit dem wunderbaren Artwork begeistern, das wesentlich schöner ist als beim Vorgänger. Aber auch die Hitdichte ist wieder deutlich höher.

Und Catley singt einfach wunderbar - an ihm ist es eh noch nie gescheitert. Die emotional gesteigerte Komponente durch den Tod Clarkins wäre also gar nicht nötig, um zumindest die letzten Alben abzuhängen. Trotzdem habe ich das bisher bei absolut jedem Durchgang vor Augen, dass hier der Mastermind quasi parallel zur Veröffentlichung verstorben ist. Eine sehr schöne Scheibe, die zurecht in vielen Bestenlisten landen dürfte. Ein würdiger Abschied.

Note: 8,5/10
[Jonathan Walzer]



Ich bin wirklich spät (ca. 2008) auf den MAGNUM-Zug aufgesprungen und hab es bis jetzt leider nicht geschafft die gesamte Vita der Briten aufzuholen. Wie bei vielen neuen MAGNUM-Fans bin ich durch AVANTASIA erst auf diesen Sound und die majestätische Stimme von Bob Catley aufmerksam geworden. Spätestens mit 'The Story Ain’t Over' war klar, ich muss mich mit den Engländern intensiv beschäftigen. Und die letzten Alben sind durch die Bank alle ziemlich gut und gerade "Lost On The Road To Eternity" ist ein richtig starkes Spätwerk, was man nach damals 46 Jahren im Business erstmal so raushauen muss.

Dieses Level erreicht "Here Comes The Rain" zwar nicht ganz, ist aber auf der anderen Seite trotzdem wieder noch eine Spur stärker als seine beiden Vorgänger. Das fängt beim Opener 'Run Into The Shadows' an und hört bei 'Borderline' (so simple, aber effektive Melodie) auf. Das sind einfach gute Hard-Rock-Songs mit dieser unverkennbaren, märchenhaften Atmosphäre, welche kurz vor dem Kitsch immer noch gerade die Kurve kriegen (gutes Beispiel ist 'Some Kind Of Treachery').

Dabei ist diese Märchenstunde auch noch abwechslungsreicher als man es zuerst erwarten würde und liefert mit 'Blue Tango' einen Rock’n’Roll-Stempel, welcher auch DEEP PURPLEs Spätphase gut zu Gesicht stehen würde. Über allem schwebt allerdings erneut Maestro Catley, welcher mich so in die sprichwörtliche Kuscheldecke einpackt, wie sonst nur die Stimme von ROGER WHITTAKER (believe it or not). Dieses Timbre und dieses Charisma sind ein Geschenk für durchschnittliche Songs, um sie auf ein anderes Level zu heben. Wenn er dann auch noch echte Knaller einsingen darf, kommt sowas wie "Here Comes The Rain" heraus.

Wie es nun weitergeht, steht in den Sternen, aber möglicherweise besteht ja Hoffnung auf einen letzten Akt als Gedenken an Tony Clarkin (RIP) – vielleicht auch mit Unterstützung von einem kleinen Fanboy aus Fulda.

Note: 8,5/10
[Stefan Rosenthal]

 

Foto: Powermetal.de-Archiv, Frank Jäger

 

Redakteur:
Thomas Becker

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