HELHEIM: Interview mit V'Gandr
10.07.2006 | 14:45Die Bergener Band gehört ohne Frage zu den Begründern der norwegischen Viking-Metal-Bewegung und hat sich über all die Jahre von vielen Rückschlägen nicht unterkriegen lassen. Trotz regelmäßiger Probleme mit ihren Plattenfirmen folgten V'Gandr, H'Grimnir, Hrymr & Co. stets ihrer eigenen künstlerischen Vision, die sich stark von sämtlichen Viking- und Pagan-Trends der Neuzeit abgrenzt. Nun liegt nach dreijähriger Veröffentlichungspause endlich das neue Album "The Journeys And Experiences Of Death" vor, das HELHEIM wieder einmal von der stärksten Seite zeigt. Es war also an der Zeit mit Sänger und Bassist V'Gandr alias Ørjan Nordvik Kontakt aufzunehmen:
Rüdiger:
Hi Ørjan, erstmal möchte ich dir zu "The Journeys..." gratulieren. Eine mächtige Rückkehr nach drei Jahren. Wie zufrieden seid ihr selbst?
V'Gandr:
Wir sind sehr zufrieden. Wir haben vorher noch nie so hart an einem Album gearbeitet und es ist genau so geworden, wie wir es geplant hatten.
Rüdiger:
Bei unserem letzten Interview wart ihr auf Labelsuche, weil Massacre das Interesse verloren hatten. Nun seid ihr mit HELHEIM und AETERNUS auf deinem eigenen Label Dark Essence Records gelandet...
V'Gandr:
Zuerst wollte ich die Bands und das Label nicht vermischen, aber sowohl die anderen Jungs vom Label, als auch die restlichen Bandmitglieder waren sehr daran interessiert, bei Dark Essence Records zu unterschreiben. Also hab ich zugestimmt, es aber abgelehnt, an den Vertragsverhandlungen teilzunehmen. Ich möchte nicht auf beiden Seiten des Zaunes stehen.
Rüdiger:
Sucht ihr denn jetzt immer noch nach einem anderen Label, oder bleibt's bei Dark Essence?
V'Gandr:
Das wissen wir noch nicht. Es ist wirklich noch zu früh, das zu sagen.
Rüdiger:
Die "Helsviti"-EP blieb seinerzeit wegen der Labelprobleme unveröffentlicht, nun ist sie als Bonus-CD beim neuen Album mit dabei. Steht auch eine separate Veröffentlichung an?
V'Gandr:
Nein, das wird exklusiv sein. Nur ein Bonus für die Die-Hard-Fans.
Rüdiger:
Zurück zum Album. Sollten es nicht ursprünglich mal dreizehn Songs sein? Was ist aus dem Restmaterial geworden?
V'Gandr:
Wir haben mehr oder weniger alles verwandt. Was wir nicht benutzt haben, wird niemals das Tageslicht erblicken. Ja, es sollten mal dreizehn Stücke sein. Aber als ich die Geschichten schrieb, fand ich bald heraus, dass das zu viel wäre. Also hab ich's auf neun gekürzt.
Rüdiger:
Wie zufrieden seid ihr mit dem Studiowechsel von Pyttens Grieghallen ins Conclave?
V'Gandr:
Wir haben die Vorproduktion im Conclave gemacht und herausgefunden, dass wir weiter mit dem Mann zusammen arbeiten wollten, weil er wirklich tolle Qualität ablieferte. Er hat viel Leidenschaft in das Album investiert, also sind wir ihm sehr dankbar.
Rüdiger:
Auf dem Album habt ihr zwei Gastsänger: Big Boss von ROOT und Marius "Mu" Lynghjem von CORVINE. Wie seid ihr auf die Idee gekommen?
V'Gandr:
Nun, das kam, als wir den Song 'Oaken Dragons' erschufen. Wir hatten das Gefühl, dass Big Boss' Gesang zusammen mit Mus sanfterem Gesangsstil gut zu dem Song passen würde. Wenn man so will eine Verschmelzung von Himmel und Hölle. Die Gesangslinien haben sich ganz natürlich ergeben, wir mussten wirklich nie darüber diskutieren, wer welche Parts zu singen hatte.
Rüdiger:
Meinst du auch, dass "Journeys..." etwas leichter zugänglich sein dürfte als der Vorgänger "Yersinia Pestis"?
V'Gandr:
Das weiß ich wirklich nicht. Das kann ich als einer der Schöpfer nur schwer beantworten. Ja, ich merke schon den Unterschied, aber es interessiert mich mehr zu hören, was das Publikum denkt.
Rüdiger:
Mein Lieblingssong auf dem neuen Album ist 'Oaken Dragons'. Ich hör da in den klaren Hintergrundgesängen, den klagenden Leadgitarren und dem doomigen Rhythmus einen guten Schuss BATHORY heraus. Ist das ein Tribut an Quorthon, reiner Zufall oder nur eine Halluzination meinerseits?
V'Gandr:
(lacht) Ich denke alle epischen Hymnen in der Art von 'Oaken...' werden ganz natürlich mit Quorthon, dem Vater des Majestätischen, in Verbindung gebracht. Da gibt es keinen Zweifel. Uns war klar, dass es BATHORY-Vibes haben würde, aber Absicht war das nicht.
Rüdiger:
Ihr habt diese Reihe mit durchnummerierten 'Helheim'-Stücken. Wie hängen die zusammen, und werdet ihr damit weitermachen?
V'Gandr:
Ja, auf jeden Fall. Wir haben festgestellt, dass wir diese kleinen Stücke auf jedem Album haben wollen, um das Album irgendwie zu definieren. Sie greifen die Stimmungen jedes Albums auf. Die Zahlen dahinter symbolisieren die verschiedenen Ebenen Helheims [der nordischen Unterwelt - Anm. d. Verf.], wovon es insgesamt neun gibt. Manchmal witzeln wir, dass wir uns nach dem Erreichen der neunten Ebene auflösen werden. (lacht)
Rüdiger:
Viele Fans und Bands verstehen Pagan und Viking Metal ja heute als Musik mit viel Pathos, Heldenfantasien, eingängigen Melodien und bombastischen Refrains mit Folkanstrich, während die Gründerväter des Genres, wie etwa ihr und ENSLAVED, eher den umgekehrten Weg gehen und komplexer und tiefgründiger werden. Wie stehst du zum aktuellen Wikinger-Trend? Ist HELHEIM noch eine Viking-Metal-Band?
V'Gandr:
Diese Bands sind überhaupt nicht mein Fall und ich habe dazu keinerlei Verbindung. Wir haben das Gefühl, dass wir unseren eigenen Weg gehen, dem nur wenige folgen. Wir sind eine extreme Metalband mit nordischen Texten, aber hey, nenn uns Viking Metal, damit können wir sehr gut leben.
Rüdiger:
Meine Hochachtung geht auch an Tom in Sachen Artwork. Er hat mal wieder einen tollen Job abgeliefert und zu HELHEIMs Einzigartigkeit beigetragen. Wie wichtig ist euch die visuelle Seite der Kunst im Zusammenhang mit HELHEIM?
V'Gandr:
Danke. Wir waren schon immer eine visuell orientierte Band. Sowohl in Sachen Artwork, als auch auf der Bühne. Dass Tom das Layout macht, ist einfach perfekt. So bekommen wir genau das, was wir gesucht haben.
Rüdiger:
Kurz zu deinen anderen Betätigungsfeldern: Wie zufrieden wart ihr, du und Ares, mit dem Feedback zur aktuellen AETERNUS-Scheibe "Hexaeon"?
V'Gandr:
Ja, es war in Ordnung. Hätte aber besser sein können. Es sieht so aus, als würden viele Leute das Album nicht verstehen. Aber weißt du, das kann man auch nicht von jedem erwarten.
Rüdiger:
Und wie sieht's heutzutage im Lager von DEATHCON aus? Ihr hattet bisher nur eine EP auf Perverted Taste...
V'Gandr:
Cool, dass du fragst. Wir haben unser Debütalbum "Monotremata" im Conclave Media Studio aufgenommen und es wird irgendwann im September über Dark Essence Records erscheinen.
Rüdiger:
Seit einiger Zeit geistert eine CD-Version eures Demos "Nidr Ok Nordr Liggr Helvegr" durch die Sortimente der Händler. Ist es eine offizielle Wiederveröffentlichung, und lohnt es sich für Leute, die das Original-Demo haben?
V'Gandr:
Ja, das ist eine offizielle Veröffentlichung, aber ohne Bonusmaterial. Das haben wir nur veröffentlicht, weil es vorher nie auf CD erhältlich war, sondern nur als Tape.
Rüdiger:
Wenn wir gerade bei den alten Demotagen sind: Es gab Mitte der Neunziger eine zweite Band, die ebenfalls aus Bergen stammte und auch HELHEIM hieß. Nach zwei Demos und der "Fenriz"-EP von 1996 waren die aber verschwunden. Hattet ihr mal Kontakt oder gar eine Auseinandersetzung wegen des Bandnamens?
V'Gandr:
Nein, die kannten wir nie. Streit wegen des Namens haben wir auch nicht bekommen, weil sie sich bereits kurz darauf wieder auflösten.
Rüdiger:
Eure ersten beiden Alben sind gerade nicht regulär erhältlich. Plant ihr eine Wiederveröffentlichung für die neuen Fans, die euch jetzt mit "Journeys..." entdecken werden?
V'Gandr:
Ja, wir planen zur Zeit Neuauflagen, weil wir wieder selbst alle Rechte an den Alben besitzen. Sie sind, so viel ich weiß, schon ziemlich lange nicht mehr erhältlich, also ist es Zeit, sie der Welt noch einmal zu offenbaren.
Rüdiger:
Das Songwriting zu "Journeys..." ist ja schon lange abgeschlossen. Seid ihr schon wieder am Basteln neuer Songs?
V'Gandr:
Ja, wir sind zur Zeit sehr aktiv. Es wird also nächstes Jahr ein neues Album geben. Andererseits weiß man das bei HELHEIM nie so genau.
Rüdiger:
Zum Schluss würde mich interssieren, wann ihr endlich mal wieder nach Deutschland kommt. Es wäre an der Zeit!
V'Gandr:
Danke. Ja, im November werden wir über Black Earth Promotion eine Tour veranstalten, und Deutschland ist definitiv auf der Liste.
Rüdiger:
So, das war's. Danke, dass du dir die Zeit für uns genommen hast. Noch eine Botschaft an eure Fans?
V'Gandr:
Ich danke dir. Es ist sehr schade, dass Deutschland nicht Weltmeister geworden ist. Davon abgesehen: HEIDENTUM IST WIDERSTAND!!!
- Redakteur:
- Rüdiger Stehle