HELLOWEEN PUMPKINS UNITED - Interview mit Andi Deris

03.10.2019 | 15:12

Der HELLOWEEN- und ehemalige PINK CREAM 69-Frontmann entpuppt sich im folgenden Interview als wahrhaft perfekter Gentleman und überaus sympathischer Gesprächspartner. So erzählt Herr Deris unter anderem von paranoiden Barden, die mit Aliens verwechselt werden, der Begeisterungsfähigkeit der Deutschen, was sich hinter den Diesel Kids verbirgt und natürlich jeder Menge aktueller Neuigkeiten aus dem Kürbislager. Ich hoffe, ihr habt beim Lesen annähernd so viel Spaß, wie wir ihn beim Interview hatten.

Hallo Andi, zuerst einmal nachträglichen Glückwunsch zum Geburtstag und zu den aktuellen Releases "United Alive" und "United Alive In Madrid". Die Veröffentlichung besticht durch erstklassiges Bildmaterial, wuchtigen Sound und einer vor Spielfreude nur so strotzenden Band!  War es von Anfang an geplant, dass ihr das Material von drei verschiedenen Konzerten, namentlich Wacken, Sao Paulo und Madrid, verwendet?

Vielen Dank, leider wird man nicht jünger sondern immer älter, haha. Die Entscheidung stand eigentlich schon von Beginn an fest. Wir wollten nicht nur einfach eine Drei-Stunden-DVD von einem Konzert veröffentlichen, denn das wird schnell langweilig. Die Idee dahinter war, dass wir vom gesamten Tour-Feeling etwas hineinbringen. Das heißt, du siehst immer die Unterschiede der drei Konzerte und dadurch wird das Ganze nicht allzu langweilig. Sonst hast du zweidreiviertel Stunden immer die gleiche Kacke und das finde ich sehr langweilig. Außerdem konnten wir dadurch auch die besten Aufnahmen von jedem Song herauspicken und mussten im Studio deshalb nur bei einem Song etwas an den Kick Drums, die nicht richtig aufgenommen wurden, nachbessern. Wir haben auch noch andere Konzerte mitgefilmt, von denen einzelne Tracks (Chile und Sofia) als Bonusmaterial vorhanden sind.

Lief alles rund bei einer so groß angelegten Tour?

Nein, natürlich nicht. In Sao Paulo zum Beispiel haben wir zwei mal hintereinander in der gleichen Halle gespielt und ich glaube es war die erste der beiden Shows, bei der wirklich alles zusammenbrach. Das heißt, die Screens waren komplett weg, dann ist die PA gelegentlich ausgefallen. Trotz der widrigen Umstände war das ein mega geiles Konzert, weil die Leute das einfach trotzdem total abgefeiert haben. Ganz nach dem Motto: eine perfekte Show sieht man öfters, aber wenn so ein paar Fuck-Ups passieren ist das doch was ganz besonderes. Ich fand auch ganz witzig, wie die Leute damit umgegangen sind. Die Stimmung war tatsächlich fast noch besser als bei der nächsten Show, bei der alles reibungslos verlief. Das war für uns schon witzig zu sehen, dass die Leute das mit Humor aufgenommen haben und uns trotzdem komplett abgefeiert haben.

Da hattet ihr meiner Meinung nach Glück, dass dies in Sao Paulo passiert ist und nicht bei einem eurer Deutschland-Konzerte, da dem deutschen Publikum bekanntermaßen der Ruf vorauseilt, gelegentlich doch etwas kritischer zu reagieren als beispielsweise das brasilianische Publikum.

Da muss ich dir widersprechen. Ich erinnere mich noch an unseren Wacken-Auftritt im Jahr 2011, als uns dreimal das Intro abkackte und die Leute das trotzdem sehr cool genommen haben. Da muss man schon sagen, dass da die deutschen um einiges cooler geworden sind. Ich habe mit dem deutschen Publikum sowieso ausschließlich nur gute Erfahrungen machen dürfen. Meine ganze PINK CREAM 69-Karriere hat in Deutschland begonnen und hätten wir nicht das deutsche Publikum gehabt, wären wir nie so hoch gekommen. Wenn es hier bei uns nicht geklappt hätte, wären wir damals nie weltweit veröffentlicht worden. Da muss ich schon mal eine Lanze brechen. Die Deutschen sind sehr wohl auch begeisterungsfähig. Damals in den 80ern war es für eine Newcomer-Band um einiges cooler in Deutschland zu starten, weil das Publikum um einiges geiler und dankbarer war. Hättest du zum Beispiel in England oder den USA gestartet, wo die Leute damals total übersättigt waren, hättest du mit der geilsten Band auf der Bühne stehen können und das hätte keinen wirklich interessiert. Da war es in Deutschland um einiges geiler. Da gab es zwar auch schon alles in den 80ern, aber die Szene war lange nicht so übersättigt wie in England oder Amiland, wo die Leute fast schon gelangweilt waren, auf ein Konzert zu gehen.

Ich kann mich auch noch gut an eure PINK CREAM 69-Anfangszeit erinnern und euer großer Pluspunkt war, dass ihr zu der Zeit sowohl outfittechnisch als auch musikalisch amerikanischer unterwegs wart, als manche Ami-Band selbst und sowas gab es zur damaligen Zeit bei uns noch nicht.

Das lag daran, dass wir da unten im Süden zu der Zeit quasi mit den Amis aufgewachsen sind. Ich kann mich nicht daran erinnern, dass wir damals auch nur eine Sekunde gezögert hätten, so auf die Bühne zu gehen, wie wir dies damals dann taten. Wir waren so ein bisschen vom Glam-Rock beeinflusst und dieser Sleazy-Einstellung, die wir perfekt rüberbringen wollten. Wir haben uns früher monatelang im Proberaum eingeschlossen und wie die Wilden geübt. Die Ami-Bands in unserer Umgebung probten damals wie die Schweine, was uns zusätzlich anstachelte, auch selbst immer mehr zu tun. Dann kam ja mit Dennis Ward (Bass) unser eigener Ami in die Band, weshalb wir automatisch amerikanischer klangen und uns sein Eifer auch auf das nächst höhere Level brachte. Das Ganze ging über gute drei bis vier Jahre, in denen wir uns ausschließlich auf die Musik konzentrierten. Ich kann mich noch daran erinnern, dass meine ganzen Kumpels während dieser Zeit oft auf Reisen waren, wie beispielsweise in Mexiko und ich darauf auf eine positive Art und Weise schon etwas neidisch war, weil wir tatsächlich die ganze Zeit im Proberaum verbrachten. Ich fragte mich zu der Zeit immer wieder: "Verdammte Scheiße, wann bin ich endlich mal wieder dran?" Haha. Unsere gesamte Welt befand sich während dieser Zeit unter einer verfickten Aral-Tankstelle mitten in Karlsruhe, wo sich unser Proberaum befand. Wir haben uns schon gegenseitig als die Diesel-Kids beschimpft, haha. Wir kamen aus dem Proberaum und stanken abnormal nach Diesel. Aber es hat trotz dieser Widrigkeiten sehr viel Spaß gemacht und das ist ja schließlich auch der Grund, warum man eine Band macht.

Ich muss mal kurz einschieben, dass ich dich und deine Karriere seit Anfangstagen begleite und du für mich den perfekten Frontmann und Entertainer darstellst. Sowohl stimmlich als auch deine Mimik und Gestik auf Konzerten finde ich phänomenal. Allein durch deine positive Ausstrahlung kannst du ein Publikum komplett auf deine Seite ziehen und animieren. Wieviel Routine steckt dahinter?

Dankeschön. Ich kann mich aber noch gut daran erinnern, dass ich mir damals fast vor jedem Auftritt vor Angst in die Hosen geschissen habe. Auch heute ist noch jede Menge Lampenfieber vor unseren Auftritten vorhanden. Dein Lob ehrt mich, aber selbstverständlich ist das nicht.

Wie kam die in meinen Augen perfekt zusammengestellte Songauswahl zustande? Gab es zwischen euch diesbezüglich Reibereien?

Negative Reibereien in diesem Sinne gab es nicht. Es ging eher darum, den Klimax der Show optimal zu gestalten. Wir haben gut neun Songs mehr eingeprobt, als bei der Show letztendlich zu hören sind und die Jungs waren deshalb kurz vorm Kollaps, welches die richtigen Songs denn nun wären. Natürlich musste da der ein oder andere Song dann doch weichen, um die Höhepunkte in der Show tatsächlich so zu gestalten, dass es dann auch letztendlich funktioniert. Wir haben uns dann auf drei Spitzen geeinigt, bei denen es wirklich abgeht wie Sau und dann wieder runter geht. Da dann die richtigen Songs zu finden um das Ganze dann auch wieder hochzupushen für den nächsten Höhepunkt war natürlich dementsprechend nicht einfach. Letztendlich ist es dann die dir vorliegende Setliste geworden, die dies auch gewährleistet hat. Es gab viele Songs, die wir noch hätten spielen wollen, die aber im Gesamtkontext nicht gepasst hätten. Es wird natürlich viele Fans geben, die sagen, der ein oder andere Song wäre doch viel geiler gewesen und da mag er für seinen persönlichen Geschmack durchaus Recht haben, aber das Ziel ist, hoffentlich einen guten Kompromiss zu finden, den möglichst viele gut finden. Die Prämisse war außerdem, dass wir unter drei Stunden bleiben wollten, wobei einige Shows diese Grenze dann doch überschritten haben. Dies hing immer davon ab, wie redselig Kiske oder ich gerade waren, haha. Dann haben wir noch fünf Songs in der Rotation, damit nicht jeder Abend gleich ist. Dies funktioniert aber wirklich nur im Wechsel mit anderen, sonst wäre es viel zu langatmig geworden. Bei so einer langen Spielzeit ist dies immer ein schmaler Grat, die Stimmung oben zu halten und das Publikum nicht komplett zu verheizen, damit die Hände zum Grande Finale immer noch oben sind.

Wie lief die Vorbereitung ab?

Die Jungs haben dreieinhalb Monate ohne Michi und mich in Karlsruhe geprobt bevor wir Sänger von der Band das Ok bekamen, zu den Proben hinzuzustoßen. Während dieser Zeit haben Michi und ich es uns bei mir zuhause in Teneriffa gemütlich gemacht, um uns auch gegenseitig kennenzulernen. Du kannst dir ja vorstellen, dass das nicht so einfach ist, wenn der alte Sänger wieder einfach mit in der neuen Band ist. Wenn man sich dann noch auf eine gemeinsame, 14-monatige Welttournee begibt, sollten sich die Personen schon vorher kennenlernen. Nach Möglichkeit auch mögen oder lieben, haha. Es war schon eine coole Zeit. Während ich und Kiske hier rumgerannt sind, haben sich die Jungs in Karlsruhe einen abgenudelt. Wobei Kiske die gleiche Einstellung hat wie ich: dass die Sänger eigentlich erst zur Probe kommen sollten, wenn die Herren und Damen Musiker auch richtig spielen können. Ich habe mit Michi tatsächlich meinen Buddy gefunden. Es ist wirklich eine Macht, wenn zwei Sänger quasi mit ein und derselben Stimme reden.

In 14 Monaten 69 Shows, Hut ab. Wie hält man sich über einen so langen Zeitraum speziell als Sänger fit? Viel Party wird es da wohl nicht gegeben haben?


Nee, da musst du als Sänger schon sehr aufpassen. Während die anderen oftmals Party feiern, sind wir Sänger außen vor und klinken uns dann ziemlich schnell aus oder sind schon gar nicht mit dabei. Michi und ich haben oftmals entschieden, dass die Jungs mit den Bussen fahren und wir zwei Sänger einfach nachfliegen, damit die Stimme etwas Entlastung hat. Wobei Flughäfen und Flieger auch nicht gerade stimmbandfreundlich sind. Ich würde sogar so weit gehen und behaupten, dass Reisen um einiges gefährlicher als die Shows selbst sind. Kiske und ich saßen manchmal im Flieger mit diesen weißen japanischen Masken und wurden deshalb in Europa angekuckt wie Aliens, haha. Einige dachten, ich sei vielleicht unheilbar krank. Wir waren müde, immer wieder erklären zu müssen, nein, wir schützen uns eigentlich vor euch, haha. Als Sänger hast du immer eine gewisse Paranoia und bist angespannt und denkst dir, bitte lass keinen neben dir sitzen, der gerade Fieber oder eine Grippe hat. Das ist mir tatsächlich schon einmal passiert. Da sitzt du dann fünf Stunden im Flieger und schwitzt vor Angst. Sänger sind schon Paranoide, aber ich glaube jeder kann verstehen, warum das so ist. Mit Kiske kannst du dein Leid letzten Endes teilen und umgekehrt ist er glaube ich auch ganz froh, denn er hat die gleiche Paranoia wie ich. Wir sind das Paranoia-Team, haha.


Machst du sonst noch was, wie etwa Sport, um auf Tour fit zu bleiben, oder siehst du den Auftritt als Sport?

Die Auftritte sind natürlich schon Sport, aber auf der anderen Seite eher eine einseitige Belastung. Ich bin so ein fauler Typ, der sich immer vornimmt mit den Jungs ins Gym zu gehen, der dann aber am Ende dort eher ein selten gesehener Gast ist. Aber auch da ist immer die Paranoia, eventuell zu viel zu machen und dann mit Muskelkater auf der Bühne zu stehen, was auch nicht wirklich geil ist.

Wie lief die Aufteilung eurer Gesangparts?

Das waren schon einige Sitzungen, in denen wir gemeinsam über die Texte gegangen sind. Gerade bei unseren langen Songs war es für uns beide klasse zu wissen, hey, ich muss das Ding jetzt nicht alleine singen, sondern kann den anderen Barden bitten, mit rein zu singen, das war natürlich super. Ein Beispiel ist auch der Titel 'Why', den ich nach einigen anderen anstrengenden Songs trällern muss und ich Kiske im Proberaum einfach mal fragte, ob er darauf Lust hat, mich dabei zu unterstützen. Das Ergebnis klang so geil, dass alle anderen meinten, von nun an nur noch so. Überhaupt war uns dieses gemeinsame Singen von Anfang an wichtig, um den Leuten zu zeigen, wir sind PUMPKINS UNITED, und dieses Gefühl zu vermitteln, dass wir uns nicht bekriegen, sondern ergänzen. Die Aufteilung innerhalb eines Songs hat auch den Vorteil des gegenseitigen Schützens der Stimme. Bei einer fast dreistündigen Show sollte jedem klar sein, dass dies auch eine Notwendigkeit ist. Kein Sänger der Welt kann so eine dreistündige Show durchsingen ohne dass seine Stimme am nächsten Tag im Arsch oder zumindest angeknackst ist.

Ich finde, Michi und du singt absolut phantastisch, harmoniert und es macht den Anschein, dass ihr jede Menge Spaß an dem habt, was ihr da macht und euch gegenseitig zu Höchstleistungen anstachelt.


Natürlich will keiner von uns gegenüber dem anderen abkacken, deshalb unterstützt man sich gegenseitig soweit es geht. Es gibt natürlich auch die ein oder andere Battle-Passage und das ist auch durchaus so gewollt, vor allem, wenn es in die Höhen geht. Einer versucht den anderen in der Höhe zu übertreffen und man sieht da dann auch direkt im Publikum die Reaktionen der Fans, die sich fragen, wer von uns beiden nun besser klang, haha. Es gab im Internet ja jahrelang dieses Gequatsche, wer von uns beiden der bessere Sänger ist. Dies hat uns natürlich sehr geholfen, weil jetzt viele in die Konzerte kamen und kommen, um uns beide gleichzeitig singen zu sehen. Zwischen uns spielte das aber nie eine Rolle. Es sollte für den Zuschauer einfach nur noch eine Geschmacksfrage sein, welcher Sänger einem besser gefällt, aber anerkennen, dass der andere auch klasse singt.

Einige Alt-Fans sind der Meinung, dass gerade Kais Teil etwas zu kurz im Set kommt. Konnte, durfte oder wollte er nicht mehr singen?

Kai hat das Problem, dass seine Stimme gelegentlich live abkackt und für ihn deshalb einen gewissen Kopfstress darstellt. Da war dann die Idee mit dem Medley einfach nur genial, denn da kann er brüllen, bis der Arzt kommt und er weiß, dass es am nächsten Tag gut weiter geht, da es nur 15 Minuten waren. Es gab keinen einzigen Abend während der Tour, an dem Kai während seinem Part nicht wahnsinnig viel Spaß hatte. Es ist so eine Art Strategie von uns. Wäre seine Stimme überlastet, hätten wir ein großes Problem. Die Optionen wären dann entweder einen zusätzlichen Sänger für seinen Part einfliegen zu lassen oder ich müsste seinen Part übernehmen, wonach ich dann vermutlich wieder im Arsch wäre. Bei 'How Many Tears' oder 'Pumpkin United' teilen wir uns auch die Gesangsparts zu dritt, was ganz gut klappt.


Gibt es schon etwas über euer kommendes Album zu berichten?

Ja klar, es liegen schon einige Titel auf dem Tisch, aber welche davon schlussendlich auf dem Album landen und welche nicht, steht noch nicht fest. Wir sind ja eine Heavy-Metal-Band und wollen deshalb auch ein harmonierendes Metal-Album veröffentlichen und nicht, wie in anderen Genres oftmals üblich, ein Album, bei dem sich einzelne Songs komplett voneinander unterscheiden. Natürlich darf es kleinere Ausflüge nach links und rechts geben, wo auch was Frisches dazukommt, aber am Ende des Tages sollte es schon die Band widerspiegeln. Da muss ich zugeben, dass ich als Metaller viel zu konservativ bin. Ich will schon ordentlichen Hard Rock oder Heavy Metal hören. Gerade in der heutigen Zeit haben sich die Hörgewohnheiten vieler Menschen in die Richtung „Heute höre ich dies und morgen das“ verändert, was absolut in Ordnung ist, mich aber nicht repräsentiert.

Da es erfreulicherweise ein komplett neues Album in der PUMPKIN UNITED-Konstellation geben wird, frage ich dich, wie das Songwriting vonstatten geht.

Jeder von uns sammelt so seine eigenen Ideen und die schmeißen wir dann auf unsere HELLOWEEN-Server. Da kann dann jeder die Ideen des anderen runterziehen. Im Grunde ist das, wie wenn du 24 Stunden im Proberaum bist, dich aber jederzeit aus- und einklinken kannst. Das hat den großen Vorteil, dass du selbst entscheiden kannst, wann du Bock hast zu arbeiten und wann nicht. Der Nachteil ist natürlich, dass alles etwas länger dauert und dass eine Reaktion auf eine Gesangslinie schon mal bis übermorgen dauern kann. Prinzipiell ist es die gleiche Arbeitsweise wie im Proberaum, allerdings brauchst du halt etwas mehr Geduld.

Gibt es gesangstechnisch schon Überlegungen, ob ihr einzeln, zu zweit oder zu dritt eure Titel singt?

Ich denke, es wird eine coole Mischung geben. Ich habe bisher zwei Songs geschrieben, von denen ich denke, dass die super geil werden, wenn Michi sie singt. Des Weiteren habe ich noch zwei Songs geschrieben von denen ich denke, die könnten wir zusammen singen. Dann habe ich noch den einen oder anderen Song, von dem ich mir sicher bin, dass Michi die gar nicht singen möchte, weil die ihm zu brutal sind. Perfekt wäre natürlich ein ausgewogenes Album auf dem jeder seine eigenen Songs hat und eine Schnittmenge, wo wir zu zweit oder zu dritt singen. Bisher liegen ungefähr 23 Songs beziehungsweise Songideen auf dem Tisch, zu denen noch mindestens fünf weitere hinzukommen werden.

Wie geht es deiner Meinung nach mit HELLOWEEN beziehungsweise PUMPKINS UNITED weiter? Siehst du das eher als befristetes Projekt oder als die Zukunft der Band an?

Es ist sehr schwierig, dies genau zu beurteilen, da Kai mit GAMMA RAY ja noch seine eigene Band mit tollen Musikern am Start hat. Eine Tour mit HELLOWEEN dauert halt schon mal 14 Monate, während denen GAMMA RAY dann leider auf Eis liegt. Ich persönlich würde mir wünschen, dass es diese Konstellation so lange gibt, wie uns das Ganze Spaß macht. Wir sind mittlerweile alle in einem Alter, in dem keiner mehr von uns sein Ego durchziehen muss. Selbst wenn ich mal einen blöden Tag habe, nehmen die anderen das eher mit einem Grinsen wahr, als dass sie deswegen aggressiv werden würden. Jeder hat mal einen blöden Tag und früher hat man da dann halt manchmal sauer reagiert, aber heute ist dies ein kollegiales, freundschaftliches Miteinander, bei dem man sich gegenseitig unterstützt. Solange diese positive Chemie da ist, sollte man das auch weiter durchziehen.

Gibt es bereits Planungen für eine etwaige nächste Tour? Michi spricht im Interview auf der DVD davon, dass ihr im Falle einer weiteren Tour locker eine andere Setliste mit 70% Prozent alternativer Songs auf diesem Niveau zusammenstellen könntet. Deshalb meine Frage, gibt es diesbezüglich schon Überlegungen oder liegt euer aktueller Focus auf eurem kommenden Studio-Album?

Soweit ich weiß, beginnt unsere nächste Tour im kommenden Frühherbst und wird sicherlich wieder ca. 14 Monate lang gehen. Es gibt noch einige alte Gassenhauer, die nur darauf warten, gespielt zu werden, was aber bedeutet, dass einige der aktuellen Songs weichen werden. Wichtig wird sein, die Mischung, wie wir sie dieses Mal hatten, beizubehalten. Michi hat prinzipiell vollkommen Recht – es sind verdammt viele Songs, die wir eigentlich noch spielen müssten und die wir eigentlich auch schon auf dem Plan haben. Ich denke, dass bestimmt elf bis zwölf neue Titel den Weg ins Programm finden werden.



Ich persönlich vermisste schmerzlichst 'King For A 1000 Years', welches die "Keeper"-Trilogie perfekt vervollständigt hätte.


Haha, dann sind wir bei drei Stunden und zwanzig Minuten. Nein, der Titel ist auf alle Fälle auch schon auf notiert, wobei intern Stimmen laut wurden, die meinten, daraus ein tolles Medley zu machen. Das würde zwar insgesamt schon 20 Minuten fressen, aber dafür hättest du ein geiles Medley mit der gesamten "Keeper"-Trilogie. Unser Fanclub Pumpkinheads hat betreffs unserer Setliste auf unserer Homepage übrigens auch noch ein Wörtchen mitzureden. Wenn die beschließen, dass der ein oder andere Song unbedingt gespielt werden sollte, werden wir dies natürlich auch berücksichtigen. Hinzu werden ungefähr drei bis vier der neuen Songs kommen, mehr würde ich auf keinen Fall machen, da es ja keine Werbetour zur neuen Platte ist. Früher bist du auf Tour gegangen um deine neue Platte zu promoten, damit die sich gut verkauft und heute bringst du eine neue Platte raus um die Tour zu bewerben, weil man da mittlerweile mehr verdient. Da ich sehr gerne live spiele ist mir der Grund, aus dem ich auf Tour gehe, eigentlich relativ Wurst, haha.

Du hast insgesamt drei Solo-Alben veröffentlicht, die ich allesamt sehr stark finde. Vor allem dein 1997 erschienenes Album "Come In From The Rain" hat es mir angetan und läuft in regelmäßigen Abständen in meinem Player. Gibt es diesbezüglich Hoffnung, dass wir irgendwann ein neues Album unter deinem Banner erwarten dürfen?

Momentan ist da gar nichts in Planung. Jetzt steht erstmal unser gemeinsames Album an vorderster Stelle. Wenn ich mal wieder 13 oder 14 Titel in der Schublade habe, die für HELLOWEEN zu poppig sind, die ich aber trotzdem geil finde, kann es natürlich passieren, dass ich irgendwas zusammen bastle. Im Moment habe ich da überhaupt keinen Bock drauf, da ich mich in einer richtigen Faulphase befinde, haha.

Woher stammt deine Faszination für KISS bzw. Gene Simmons, dessen Shirts du in der Vergangenheit oftmals getragen hast? Glaubst du daran, dass dies tatsächlich die letzte KISS-Tournee sein wird?

Ja, da bin ich mir eigentlich ziemlich sicher. Paul kann leider nicht mehr singen, was auch immer da passiert ist. KISS ohne Paul ist für mich unvorstellbar, dann wäre ja quasi nur noch Simmons als Original auf der Bühne und das kann ich mir überhaupt nicht vorstellen. Meine Vorliebe für KISS kommt tatsächlich von einem Bravo-Heft. Als ich ungefähr 14 Jahre alt war, zierte KISS mit voller Schminke und Montur das Cover. Irgendwann kam meine Mutter ins Zimmer, sah das Cover und meinte: "Ohje der Teufel, der Teufel" und ist wieder raus. Ich dachte mir, oh wie cool, wenn meine Mutter sagt, das sei der Teufel, muss ich unbedingt mal reinhören. Zur damaligen Zeit hatte ich auch angefangen die ersten Schritte auf der Gitarre zu machen und habe dann festgestellt, dass es da Songs von KISS gibt, die ich verstand, selbst zu spielen. Alleine dieses Erfolgserlebnis, als Gitarrenanfänger dazusitzen und etwas von einer bekannten Band nachzuspielen war schon großartig. 'Detroit Rock City', 'I Stole Your Love' oder 'Love Gun' hatte ich nach stundenlangem Probieren endlich raus, das war damals das größte Gefühl überhaupt. Dann habe ich mir hauptsächlich wegen der Gitarre nur noch KISS reingezogen und habe deren Songs dadurch wirklich lieben gelernt. Deshalb bin ich bis zum heutigen Tag großer KISS-Fan. Dann fing ich noch mit der Singerei an und habe dann meinen eigenen Gesang über Akkorde gelegt, die meiner Meinung nach ganz gut klangen, obwohl ich weiß, dass es scheiße war. So hat bei mir alles begonnen. Ich habe dann immer wieder Paul nachgesungen und dann kam noch JUDAS PRIEST. Bei Rob Halford wurde das Nachsingen dann um einiges schwieriger. Zwischen meinem 14. und 16. Lebensjahr waren Paul Stanley von KISS, Rob Halford von JUDAS PRIEST und RONNIE JAMES DIO meine großen Idole, durch die ich dann singen gelernt habe. Einer davon weilt leider schon nicht mehr unter uns und Paul Stanley kann leider nicht mehr. Steven Tyler von AEROSMITH mit über 70 Jahren macht mir hingegen Hoffnung, dass nicht jeder Rock-Metal-Sänger mit 60 oder 70 Jahren nicht mehr singen kann, denn der singt noch immer brillant. Mein großer Traum ist es, eines Tages auf der Bühne tot umzufallen und gut ist es.

Welche deiner bisherigen 19 Veröffentlichungen nehmen in deinem persönlichen Ranking die Plätze 1 bis 3 ein? Antworte einfach aus deinem Bauchgefühl heraus.

Natürlich unser Debutalbum mit PINK CREAM 69, "Master Of The Rings" und "Time Of The Oath" mit HELLOWEEN. Das sind meine persönlichen Meilensteine, an die ich noch sehr viele und gute Erinnerungen habe.

Deine Top 3 Eigenkompositionen, auf die du besonders stolz bist.

Keine Ahnung Alter, haha. Vielleicht 'If I Could Fly', 'Nabataea' und 'Forever And One'.

Andi, du hast bei mir nun die Möglichkeit, deine absolute Traumband sowohl mit noch lebenden als auch schon verstorbenen Musikern zusammenzustellen. Wer wäre mit von der Partie?

Wenn ich mit den Menschen jung starten dürfte, also quasi immer auf dem Zenit ihres Schaffens, wären das wohl Paul Stanley und ich selbst. Wir würden uns dabei Gitarre und Gesang teilen. Geezer Butler von BLACK SABBATH am Bass wäre der Knaller und Cozy Powell am Schlagzeug, das wäre schon meine Traumband.

Vielen herzlichen Dank für das tolle Gespräch und alles Gute für die Zukunft. Die letzten Worte gehören dir.

Ich bedanke mich bei dir und euren Lesern, ohne die 30 Jahre Heavy Metal überhaupt nicht möglich gewesen wäre.

Fotos: Frank Hameister

Redakteur:
Mahoni Ledl

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