IMMORTAL RITES: Interview mit Ralf Hauber

15.01.2005 | 20:03

Anfang letztes Jahres erschien der erste offizielle und vielbeachtete Longplayer "Art Of Devolution" des schwäbischen DM-Kommandos IMMORTAL RITES via Morbid Records. Auf Grund einiger Kommunikationsprobleme kam es leider nicht schon früher zu diesem Interview. Aber was lange währt wird schließlich und endlich gut! Bassist Ralf Hauber stand mir mit einigen Monaten Verspätung dann doch noch Rede und Antwort. Wie unschwer zu erkennen sein wird, kann hierbei von "Kommunikationsproblemen" keine Rede sein... aber lest selbst.

Oliver:
Servus. Und alles klar bei euch?

Ralf:
Servus Oliver … ja, im IMMORTAL RITES-Camp ist gerade alles bestens! Hatten am 28. November die Möglichkeit die UNLEASHED-Show in der Livearena in Münster zu eröffnen, was eine große Herausforderung war, vor allem wenn ich bedenke, dass ich 1995 zum ersten Mal UNLEASHED im Stuttgarter Longhorn live gesehen habe und heute – fast zehn Jahre später – stehen wir vor ihnen auf der Bühne! Die Show war mit 240 Zahlenden eine der besser besuchten dieser Tour und obwohl der Beginn vorverlegt wurde und wir 30 Minuten vor Ankündigung auf die Bühne mussten, waren die Resonanzen ganz zufriedenstellend. Wir hatten mal einige Eindrücke, wie eine Tour so organisatorisch läuft und haben vor allem gemerkt, dass man als Opener einen sehr harten Stand hat, dennoch eine coole Sache. Vor allem die Jungs von YATTERING waren super nett. Cheerz an sie und an Janko von der Livearena! Ansonsten läuft gerade die brandneue DARK TRANQUILLITY im Hintergrund, welche endlich wieder "back to the roots" geht...

Oliver:
Ein schlauer Kollege von mir hat mal den Spruch abgelassen "Musik ist kein Wettbewerb!". Wie stehst du zu dem Statement? Was hältst du von den ganzen Bandwettbewerben, die es so für junge Bands gibt? Wenn Musik kein Wettbewerb ist, was ist sie dann?

Ralf:
Wie heißt es so schön, "Wettbewerb belebt das Geschäft" – haha. Ich denke, ein wenig Anreiz und Motivation kann man schon daraus gewinnen, aber mal ehrlich gesagt, kotzt mich das daraus resultierende Konkurrenzdenken dermaßen an! Es gibt in dieser Szene so viele Neider und Leute, welche sich verstellen und dir später in den Rücken fallen … das finde ich sehr frustrierend, aber wir haben jetzt auch schon oft die Erfahrung gemacht, dass vor allem unter den kleinen Acts das Konkurrenzdenken BRUTAL ist, was im Prinzip der größte Schwachsinn ist. Gewisse "Musiker" haben eben ein sehr großes Ego, was nicht gerade im Sinne von "Underground" steht. Wettbewerb? Ich würde eigentlich schon sagen, dass man angesichts der Releaseschwemme eher von einem Overkill sprechen sollte, denn zum Teufel, wer kann heute noch einen Überblick wahren und wie schwer ist es heute überhaupt von einer Newcomerband ein paar Exemplare unters Volk zu bringen!?! Ich denke jeder muss sich im Ganzen seine eigenen Ziele setzen und auch seine eigene Definition von Erfolg finden. Jedenfalls sind wir mittlerweile auch schon seit 1996 dabei, so dass man auch sagen kann, dass wir in gewisser Weise abgestumpft sind und eben unser eigenes Süppchen kochen. Dieses entspricht keinem direkten Klischee, sondern lediglich unserer Vorstellung, wie IMMORTAL RITES zu klingen hat.

Oliver:
Die vorige Frage hat seinen Grund, auf eurer Homepage, bei den gelisteten, gespielten Gigs fehlt ein Gig in Fellbach. Das war auch ein Bandwettbewerb ... wieso wurde der Gig außen vor gelassen?

Ralf:
Haha! Großer Shit, da hast du als Insider nun doch eine alte Wunde aufgerissen! Der Bandwettbewerb von der Musikschule Fellbach fehlt jedoch eher unbeabsichtigt auf unserer Gigliste. Wir wollen da nichts verschleiern, aber unterm Strich war dies ein katastrophaler Auftritt in vielerlei Hinsicht! Wir haben uns im Vorfeld auch gestritten, ob wir überhaupt diese Show spielen sollen, vor allem da wir als extremere Death-Metal-Band nicht wirklich in dieses Billing gepasst haben, was man eben auch an den Publikumsreaktionen gemerkt hat. Death Metal ist eben Musik für Freaks und nicht auf ein Publikum von Kids, welches auf eine Ska-Band wartet, haha. Aber der Fehler lag nicht beim Veranstalter usw. sondern an uns, denn wir haben selbst keinen guten Tag erwischt, waren unmotiviert und fühlten uns einfach fehl am Platz! Aber man lernt auch durch solche Geschichten dazu – der Siegerpreis ging verdient an die Gewinnerband. Aber meine Güte, jede Erfahrung macht einen klüger (oder auch nicht), d.h. wir hätten an diesem Abend auch sinnlos in irgendeiner Kneipe abhängen können. Was ist jetzt wohl mehr Rock'n'Roll?

Oliver:
Ihr hattet die Möglichkeit in diesem Jahr die MONSTROSITY-Tour komplett zu spielen. Woran ist die Sache gescheitert? Im Endeffekt könnt ihr wohl froh sein, dass nichts draus geworden ist, schließlich wurde die laufende Tour ja dann auch gecancelt.

Ralf:
Hm, MONSTROSITY tun mir diesbezüglich echt heute noch leid, denn der Tourveranstalter CRUSH Concerts war nichts weiter als ein riessen Rip–Off! Der Tourtag auf der MONSTROSITY-Tour hätte im Nightliner satte 350 Euro pro Tag (!!!) gekostet und wir hätten das komplette Equipment stellen müssen. Es wäre eine Tour mit ca. 20 Dates gewesen und es wären 50% vom Unkostenanteil auf unser Bandkonto gegangen, was schon sehr heavy gewesen wäre. Ausschlaggebend war bei uns jedoch, dass wir auf Grund der beruflichen Situation in diesem Zeitraum nicht den erforderlichen Urlaub kollektiv bekommen hätten, so dass einfach Abstriche gemacht werden mussten. CRUSH Concerts wollte uns jedoch als lokalen Opener für die Stuttgart-Show nehmen, was uns schon sehr glücklich stimmte, da MONSTROSITY einfach eine Götterband sind.
MORBID Records buchte dann unsere Labelmates DARK DISCIPLE (USA) dazu, welche einfach die Zeit und das nötige Kleingeld hatten. Jedoch stand bis zu Tourbeginn kein Equipment für beide Amibands bereit, so dass CRUSH Concerts die Tour so durchführen wollte, dass jeweils die lokale Band das gesamte Equipment stellen musste und der gesamte Tourtross sollte darauf herumklopfen – schon einmal so etwas Unprofessionelles gehört? Nun ja, MONSTROSITY und DARK DISCIPLE wurden eingeflogen und die Tour brach nach drei Tagen zusammen, da CRUSH Concerts bereits im Vorfeld dermaßen verschuldet war, dass nicht einmal die Rechnungen an den Verleiher des Tourbusses gezahlt wurden. Des Weiteren wurde nahezu kaum Werbung geschaltet, so dass MONSTROSITY im Schnitt vor weniger als 50 Nasen auftreten mussten. Beide Amibands mussten frustriert den Heimflug antreten und MORBID Records hat bis heute noch einen Rechtsstreit mit CRUSH Concerts, welcher die Kohle vom DARK DISCIPLE-Toursupport eingestrichen hat. Eine Riesensauerei, vor allem für ein kleines Label, welches eh jeden Cent 2 x umdrehen muss.

Oliver:
In einem Review zur neuen Scheibe steht etwas von "ausgeprägter Eigenständigkeit", was in der heutigen Zeit ein großes Lob ist. Inwieweit stimmt ihr dem Verfasser dieses Reviews zu? Nicht falsch verstehen, ich will dessen Aussage in keinem Fall madig machen, trotzdem bin ich der Meinung, dass es in der heutigen Zeit so etwas wie Eigenständigkeit eigentlich kaum mehr gibt. Wie definiert ihr eure Eigenständigkeit?

Ralf:
Unser Sound ist keine Ausgeburt der Eigenständigkeit, aber es tut natürlich sehr gut in Reviews zu lesen, dass Schreiberlinge in "Art Of Devolution" eine eigene Mischung erkennen und sich offensichtlich dann doch schwer tun uns auf die Schnelle abzustempeln. Du hast schon recht, es ist heute nahezu unmöglich in der Metalszene etwas total NEUES aufzufahren, aber das ist auch auf keinen Fall unsere Bestimmung, sondern wir wollen eigentlich eingängige, griffige Songs schreiben, welche Ärsche treten! Ich denke, "Art Of Devolution" bietet eine große Bandbreite, da auch das Material innerhalb von fast vier Jahren geschrieben wurde und wir fahren im Prinzip von rockigen Stakkatoparts bis hin zum Blastbeat ein sehr facettenreiches Programm durch. Ich würde sagen, dass das Material viel Entdeckungsraum bietet und IMMORTAL RITES nicht zu der Gattung von Acts gehören, welche nach drei Songs die gesamte Palette an Einflüssen verschossen hat. Letztendlich will ich da aber auch kein Urteil abgeben, denn es liegt in den Händen der Hörer eine Meinung abzugeben. Es fällt einfach schwer zur eigenen Musik die richtige Distanz zu aufzubauen. Fakt ist jedenfalls, dass Eigenständigkeit kein super Kriterium ist, denn "gut geklaut" kann auch recht nett sein.

Oliver:
Wer hat eigentlich das Bandinfo zu "Art Of Devolution" verfasst? Liest sich echt abgefahren...

Ralf:
Der Text auf der Bandinfo von Morbid Records stammt aus der Feder von Markus Eck, welcher unter anderem auch ein eigenes Webzine namens Metalmessage hat und auch bei Legacy und diversen anderen Publikationen mitwirkt. Der Kollege kann's sehr gut mit Worten und Morbid wollte einfach, dass er ein Statement verfasst. Dieses ist eben sehr "lyrisch" ausgefallen, haha! Es ist jedoch cool zu lesen, wenn sich andere Gedanken über die Musik von uns machen.

Oliver:
Im Info ist von "reibungslos eingebrachten Einflüssen" die Rede. Was sind eure Einflüsse und wie werden diese zu einer reibungslosen Einheit verarbeitet, sprich wie funktioniert euer Songwriting?

Ralf:
Ich würde lügen, wenn wir nicht definitiv unsere schwedischen Vorlieben haben würden, aber wir wollen ganz klar nicht als blinde Copycat der Originale enden. Ich denke, mit der Zeit entwickelt man seine eigene Linie, wobei die einzelnen Vorlieben des Songwriter schon auch durchschimmern.
Neben der bekannten Schwedenpalette von Stockholm (ENTOMBED) über Göteborgstil (AT THE GATES, DARK TRANQUILLITY, IN FLAMES, SOILWORK) bis hin zu Florida-Gemetzel (MONSTROSITY, BRUTALITY...) stehen wir z.B. auch auf diverse Hardcore (HATEBREED), Metalcore (CALIBAN, KILLSWITCH ENGAGE, UNEARTH...) oder auch Punk-Sounds, welche sich indirekt auch im Songwriting niederschlagen, z.B. 'United Scars Anthem' hat einen relativ modernen Touch, während hingegen 'The Cadaverizer' total der alten Death-Metal-Schule huldigt.
Unser Drummer hingegen ist ein Geschwindigkeitsnarr, d.h. viel Geballer der Marke alte MAYHEM, alte MARDUK / IMMORTAL oder auch TSJUDER, 1349 oder IN BATTLE stehen auf seinem Favoritenkonto.
Unterm Strich gesagt, machen wir auch die Musik und die Eingruppierung, bzw. das Kistenstecken wird von den Reviewschreibern fabriziert und was Vergleiche betrifft, so können diese in Reviews dem Leser auch eine gewisse/n Orientierung / Anreiz geben.
In Bezug auf das Songwriting ist vor allem unser Sänger / Gitarrist der kreative Pool der Band, welcher zu Hause viel Zeit am Feilen von neuen Riffs und Ideen verbringt, welche dann im Proberaum zusammengesetzt werden. Teilweise treffen sich auch beide Gitarristen und jammen bzw. probieren aus, welches Lead eben zweistimmig besser passt usw. Ich denke der ganz normale Prozess eben.

Oliver:
Zwischen der MCD "Beyond ..." und eurem aktuellen Longplayer "Art Of Devolution" liegen immerhin fünf Jahre... verdammt lange Zeit. Was habt ihr dazwischen so getrieben?

Ralf:
Hm, ja also Ende 2000 kehrte bei uns etwas Flaute ein, was z.T. auch an der beruflichem Umorientierung von unserem Drummer, sowie generellen zeitlichen Umständen lag, was darin gipfelte, dass wir die Teilnahme an der Minitour mit FALLEN SAINTS und SOUL DEMISE kurz vor knapp canceln mussten.
Die Band lag einige Zeit auf Eis, aber ohne dass wir jedoch gänzlich untätig waren, d.h. unser Sänger / Gitarrist hat dennoch fleißig und mit Herzblut Parts geschrieben. Anfang 2002 haben wir dann eine unserer besten Shows in Luzern / Schweiz gespielt, bevor wir uns dann voll auf Songwriting gestürzt haben. Wir hatten einige Diskussionen, wie wir mit der Band verbleiben wollen und von einigen Leuten wurde IMMORTAL RITES auch schon begraben, aber Fakt war, dass wir uns dazu entschlossen haben nochmals alles auf eine Karte zu setzen, d.h. nochmals selbst RICHTIG für eine Aufnahme zu investieren. Der weitere Verlauf der Geschichte ist ja bekannt.

Oliver:
"Art Of Devolution" ist bereits im November '03 in den USA erschienen. Bei welchem Label? Wie sind die Verkaufszahlen dort?

Ralf:
Unser US-Label heißt KHAOSMASTER Productions und hat seinen Sitz auf Puerto Rico, eine Insel, welche an die USA angegliedert ist. Der KHAOSMASTER hat bisher unter anderem Material von DISPATCHED, EMBRACING, CARDINAL SIN (USA) veröffentlicht, wobei es sein Label erst seit 2003 gibt. Zuvor hat unser Kollege schon eine lange Vergangenheit als Fanzinemacher, Konzertveranstalter usw. in der Szene hinter sich.
Bei der US-Version handelt es sich um eine Digiversion mit zwei Bonustracks von der "Beyond The Gates Of Pain"-CD. Wir haben in der Tat zuerst in den USA und dann in Europe veröffentlicht, es war eine irre Sache plötzlich das Album als Digipack in den Händen zu halten. KHAOSMASTER nahm damals die Lizenz für Mexiko und Nordamerika von uns und war auch betreffend der vertraglichen Abmachungen sehr korrekt. Er hat einen tollen Job für uns gemacht und das Verhältnis zu ihm ist sehr freundschaftlich. Von der US-Version gilt die erste 1000er Pressung als ausverkauft, wobei man sich vor Augen halten muss, wie groß und undurchsichtig die US-Szene ist. Drüben funktionieren die meisten Medien z.B. nur gegen Anzeigengeld und das fängt unter anderem bei Reviews schon an (Bei solchen geschäftigen Ideen hätte Powermetal.de ausgesorgt - Anm. d. Verf.).

Oliver:
"Art Of..." ist eure Debütscheibe auf Morbid Records. Was erwartet ihr euch von dem Deal und hat sich mit Deal mittlerweile schon offensichtlich was verändert?

Ralf:
Es ist heutzutage keine Selbstverständlichkeit mehr, dass man als deutsche No-Name-Band gesignt wird und Morbid Records sind das Risiko eingegangen, welches andere gescheut haben. Das bedeutet uns sehr viel, vor allem da wir in unserem Status keine Band sind, welche eine große Klappe riskieren braucht.
Wir haben uns mit der fertigen Promo zum Album bei über 200 Adressen beworben und es ist z.T. sehr deprimierend, was gewisse Leute in dem Business für eine Einstellung haben: $$$.
Der zündende Kontakt zu Morbid kam übrigens durch unseren Kumpel Tom von Grau Mailorder zustande, welcher uns an Morbid empfohlen hat – Thanx mate!
Ein Name wie IMMORTAL RITES benötigt Aufbauarbeit und bisher sind wir mit Morbid und den ersten Resonanzen auf das Album mehr als zufrieden. Klar ist die Zeit noch jung, aber wir hoffen, dass sich die Dinge gut entwickeln. Uns ist sehr wohl bewusst, dass dieses Label bei der Vermarktung von richtig derben Acts ein sehr gutes Händchen hat, aber eine Band wie wir kann auch neue Kundschaft zu Morbid locken, so we will see!
Fakt ist jedenfalls, dass seit die Promotion anläuft, wirklich einige Interviewanfragen bei uns eintreffen, vom In-, sowie Ausland. Auch die Reviews sind bisher definitiv im oberen Drittel, z.B. 8/10 in Rock Hard oder 13/15 im Legacy, wobei wir möchten, dass sich die Leute dennoch selbst auch ihre eigene Meinung bilden.
Schon allein die Tatsache bei einem Label zu sein, welches Anzeigen macht, uns bewirbt und die CD in die Läden bringt, ist für uns ein Riesenschritt, von welchem wir vor ein paar Jahren nur geträumt hätten.
Persönlich gefallen mir aus dem Labelstall insbesondere OBSCENITY, HAEMORRHAGE, HYPNOS, DISINTER und die kanadischen NEURAXIS sind auch eine Band mit Zukunft.
Leider spielt überall auch Business mit und wir sind mal gespannt, wie wir am Ende dastehen werden. Es gibt noch ein paar offene Punkte im Vertrag mit Morbid Records, welche jedoch nichts in Interviews zu suchen haben und die Verhandlungen über ein weiteres Album bei Morbid sind durchaus am laufen.

Oliver:
Ihr seid eine Band, die sich über die Jahre kontinuierlich aus dem Underground heraus entwickelt hat und nach oben gearbeitet hat. Das verdient in der heutigen Zeit großen Respekt. Was waren auf diesem Weg wichtige Stationen und was sind Dinge die ihr noch erreichen wollt?

Ralf:
Als kleine Band bleibt dir heute eben gar nichts anderes übrig. Du musst ständig ein aktiver Pol sein, d.h. nicht nur im Proberaum, sondern auch in der Medienpräsenz, sowie in der Undergroundbasis mit all der ganzen Kontaktarbeit zu Fanzines, Webzines, Szeneleuten ... dies ist ebenfalls ein sehr wichtiger Bestandteil.
Gemessen an Bands wie z.B. PURGATORY, welche ja ständig live spielen, sind wir jedoch eine eher verhaltene Truppe, da bei uns eben der Faktor Zeit nicht wirklich mitspielt. Wir sind dank der Promotion von Morbid Records in Bezug auf "Art Of Devolution" in eine ordentliche Ausgangsbasis bekommen, d.h. wir hatten z.B. nach dem Release bis heute ca. 45 Interviews, was doch gute Basisarbeit war. Des Weiteren hatten wir 2004 das Glück auf dem FUCK THE COMMERCE, dem SUMMER BREEZE sowie den MORBIDEN Festspielen zu zocken, welches alles gut beworbene Events sind.
Wichtige Stationen? Ich denke, jeder einzelne der uns angeschrieben und sich auf irgendeine Weise mit IMMORTAL RITES beschäftigt hat war bisher eine wichtige Station, die einen wichtigen Stellenwert hat. Da brauchen wir keine weiteren Einzelereignisse herausfiltern.
Was wollen wir (noch) erreichen? Ich sehe das eher so, dass wir für uns persönlich mit der Musik schon durchweg ein paar Träume erfüllt haben, was bei der Bandgründung 1996 bestimmt niemand geglaubt hätte. Wir krampfen deshalb jetzt auch nicht herum, sondern ziehen weiter unser Ding durch – man kann nichts erzwingen, aber wir bleiben nach unseren Kräften am Ball!

Oliver:
Wie hat sich aus eurer Sicht die Undergroundszene im Death Metal über die Jahre entwickelt?

Ralf:
Hm, es gibt ja immer verschiedene Stimmen, vor allem der Spruch "Früher war alles besser" fällt oft. Klar war es für mich 1993/94 auch reizvoller, als ich diese Szene für mich entdeckt habe. Fakt ist aber, dass dennoch jedes Jahr in diesem Genre einige wirklich gute Scheiben auf den Markt rollen, was zwar gemessen an der momentanen Veröffentlichungsflut ein kleiner Trost ist. Dennoch hat es mich z.B. 2004 erfreut, die Scheiben von NECROPHAGIST, PAGANIZER, FACEBREAKER, DISINTER, CHAOSBREED, BEHIND THE SCENERY, BEHEMOTH usw. zu ergattern. Mein Highlight bleibt die neue THE HAUNTED – welche jedoch eher eine Thrash-Nummer ist! Im Underground selbst denke ich, dass Death Metal wieder mehr im Licht steht als Ende der '90er. Vor allem diese US-Style-Gurgelschiene ist immer noch groß im Rennen. Ich finde es halt nur schade, dass man es nach wie vor als deutsche Newcomerband total schwer hat, überhaupt auf Akzeptanz zu stoßen, da die meisten Leute doch irgendwie nach Schweden oder in die USA schielen. Da freut es mich z.B. sehr, dass es deutsche Bands wie CALIBAN oder HEAVEN SHALL BURN doch in einem anderen Genre – Metalcore (hüstel!) – an die Spitze geschafft haben.

Oliver:
Ich persönlich finde das Cover zur neuen Scheibe recht abstrakt, hat aber irgendwie etwas. Was mich allerdings stört, ist euer Bandlogo, dass irgendwie nicht so recht zum Rest passen / harmonieren will. Kannst du das irgendwie nachvollziehen?

Ralf:
Nun ja, das Bandlogo stammt noch aus der Zeit von 1997 und wir haben uns nach dem Studio auch gefragt, inwiefern dieses, vor allem durch den gewissen Black-Metal-Anstrich, überhaupt noch repräsentativ für die Band ist!?! Aber wir wollten nicht alles umwerfen, denn ich weiß noch selbst, dass ich es als Fan auch gehasst habe, als z.B. TIAMAT und ENTOMBED plötzlich die alten Logos eingetauscht haben. Wir können uns jedoch durchaus vorstellen in Zukunft das Logo – eben auch auf Grund der "Unleserlichkeit" - nicht mehr direkt auf dem Cover zu verwenden. Sehr angetan, sind wir von dem von DRAGON DESIGN entworfenen IR-Tribal-Symbol, welches der CD-Aufdruck bei "Art Of Devolution" ist.
Zum Thema Cover: Das Bild selbst haben wir aus einer Galerie von fertigen Werken ausgesucht, wobei wir in erster Linie kein typisches DRAGON DESIGN-Fantasy-Bild wollten, sondern ein Pic, welches Entdeckungsraum und keine direkte Zuordnung zu einem gewissen Stil spontan erkennen lässt.
Eine direkte Message hinter dem Cover gibt es nicht, wobei Mike / DRAGON DESIGN selbst sagt, dass dieses Bild einfach spontan, in einer kreativen Phase ohne sonderliche Hintergrundgedanken entstanden ist. Ein Kumpel von mir meinte, dass man den Schmetterling rechts im Bilde als Symbol für Entwicklung deuten könnte und der abgestorbene Wald im Hintergrund wohl das Gegenteil repräsentiert, d.h. irgendwie landet man bei "Art Of Devolution".

Oliver:
Auf der neuen Scheibe gibt's auch Unterstützung in gesanglicher Art und Weise - Liv Kristine und Alex Krull. Kein Wunder, ihr habt ja auch in dessen Studio aufgenommen. Wie war die Arbeit im Studio und seht ihr solche Art Guestvocals als Faktor an, der eine Scheibe promotechnisch gesehen pushen kann?

Ralf:
Die Produktionskosten von "Art Of Devolution" sind definitiv ein heikles Thema, aber für uns hat sich das Risiko ausgezahlt, d.h. wird sind als unsigned Band ins Studio und haben vorerst alles komplett selbst bezahlt, um anschließend auf Labelsuche zu gehen. Wir waren satte drei Wochen im Stuttgarter MASTERSOUND-Studio und im Nachhinein betracht hattet die Produktion den Wert eines Kleinwagens. Aber dafür kann ich dir sagen, dass die Aufnahmen für uns ein unvergessliches Highlight bleiben werden. Es war zum ersten Mal, dass wir richtig professionell betreut wurden.
Das MASTERSOUND-Studio, welches von den ATROCITY-Leuten geleitet wird, liegt nur ca. 50 km von unserem Heimatort entfernt, d.h. wir müssen nicht zwanghaft für jeden Aufnahmetag Urlaub nehmen und auch ansonsten ist dieses Studio in Bezug auf Einrichtung, Equipment usw. absolut professionell. Schon allein der Aufenthaltsraum mit Mega-Großbildfernseher, Playstation, PC und dem Piranhiabecken von ATROCITY-Basser Chris ist der Brüller. Wir haben da wirklich einige nette Abende verbracht und viele Playstation-Fußballmatches gegen Krulle & Co. gezockt. Die gesamte Studiocrew war absolut cool und hat uns als total unerfahrene Band auch richtig unter die Arme gegriffen. Alex ist sehr enthusiastisch, wenn es um seine Produktionen geht und er versucht wirklich das Beste aus dem Möglichen zu machen, d.h. kein typisches Businessverhalten, in welchem es nur um die Kohle geht.
Apropos Gitarren: Wir konnten für die Aufnahmen die Tourinstrumente von ATROCITY benutzen, was wohl auch mehr als nur eine nette Geste war.
Es war definitiv kein Lottogewinn hinter der Produktion, sondern wir haben alle verflucht hart hierfür gespart und wie gesagt, der Faktor Produktion ist und bleibt in der heutigen Zeit ein sehr wichtiges Kriterium, wo man keine Kompromisse machen sollte. So blöd es auch klingen mag, aber der Name eines bekannten Produzenten kann für eine unbeschriebene Band wie uns auch eine gute Starthilfe sein.
Andererseits war es einfach auch für uns ein Traum, den wir uns erfüllt haben. Denn wir können nun ein Debüt in der Hand halten, mit welchem wir uns nicht verstecken müssen – Stolz! Haha!
Die Sache mit den Gastauftritten ergab sich hierbei eher spontan. So lieh uns z.B. Alex bei 'United Scars Anthem' im Chorus die zweite Stimme, was sich als Experiment sehr gut eignete. Alex war für die Gesangsaufnahmen eine gute Stütze für Philipp und hat ihn auch mit vielen Tipps versorgt.
Liv Kristine ist bekanntlich die Frau von Alex und war somit ab und an auch im Studio, so dass wir ebenfalls ins Gespräch kamen. Liv ist absolut super nett und eine sehr professionelle Musikerin. Sie hat ihren Gastbeitrag, welcher auch spontanen Charakter hatte, innerhalb von wenigen Minuten perfekt aufs Band gezimmert und gab dem Track 'Mirror Reflections' hierbei eine ganz besondere Marke.
Der Song selbst ist sehr catchy und eingängig gehalten – kritisch betrachtet fast schon ein Kommerzsong, haha.
Aber man sollte sich auch vor Augen halten, dass viele Leute einfach das Einfache lieben.
Promotechnisch war das ganze im Vorfeld nicht so angestrebt, sondern es hat sich einfach ergeben. Ich denke, man hätte mit den Namen werbetechnisch noch mehr machen können. Vor allem wenn ich bedenke, dass LEAVES EYES nun bei ROADRUNNER in den Staaten sind und Liv u.a. auch auf der neuen CRADLE OF FILTH zu hören ist... aber that's the way it is!

Oliver:
Mittlerweile liegt die Produktion von "Art Of Devolution" schon eine ganze Weile zurück, d.h. ihr habt mit Sicherheit die ein oder anderen neuen Stücke geschrieben. Ist da schon was spruchreif bzw. gibt's Pläne für eine neue Scheibe?

Ralf:
Nun ja, wir sind bedingt durch die Situation, dass zwei Mitglieder der Band Schichtarbeit machen, und zu allem Übel unser Drummer noch selbstständiger Unternehmer ist, zeitlich etwas limitiert, d.h. die Mühlen mahlen bei uns etwas langsamer, aber wir haben zur Zeit vier fertige neue Tracks, welche in Bezug aufs Songwriting wesentlich fließender, eingängiger, aber dennoch drückend sind. Ich denke die Zeit im Studio hat uns schon gezeigt, wo unsere Stärken liegen und diese werden wir auch verfolgen. Die neuen Tracks sind facettenreicher, teils moderner, aber vor allem eher liveorientiert, d.h. wir sehen keinen sonderlichen Sinn mehr darin Songs zu technisch zu machen, damit wir uns live so gut wie gar nicht mehr bewegen können.
Uns schwebt für 2005 durchaus eine neue Aufnahme vor, aber wo diese stattfindet und wie sie unters Volk kommt ist zum jetzigen Zeitpunkt noch nicht spruchreif. Einen Teil der neuen Tracks spielen wir auch schon live und wir werden Anfang 2005 auch wieder verstärkt in der lokalen Ecke spielen. Werft einfach mal einen Blick auf unsere Homepage.

Oliver:
Dieses Jahr wart ihr livetechnisch, wie vorher schon von dir erwähnt, unter anderem auf dem SUMMER BREEZE zu Gast, sicher eine Erfahrung, an die man als Band noch länger denkt. Wie war's für euch dort zu spielen?

Ralf:
Klar war der 2004-Auftritt auf dem SUMMER BREEZE für uns eine ganz große Sache – wir konnten sogar auf der großen Hauptbühne spielen und die Kulisse war einfach der Hammer! Die Organisation läuft da ultra professionell ab, schon allein die ganzen Bühnentechniker sind Profis vom Fach. Nun ja, unseren Auftritt selbst werte ich schon als Erfolg, wobei es schon schwierig ist, als unbekannte Vier-Mann-Combo ohne sonderliche Showelemente (unser Auftritt fand um 12 Uhr mittags statt, d.h. kein Licht usw.) auf dieser Riesenbühne zu bestehen. Uns war es in erster Linie auch wichtig, dass wir unser Material möglichst sauber unters Volk ballern und die Resonanz war positiv, vor allem waren für diese unmenschliche Festivalzeit schon einige Leute vor der Bühne. Überhaupt für dieses Festival als kleine Band ausgewählt zu werden, war schon eine große Ehre und in Sachen Promotion war das ein großes Ding für uns, was man auch an Zugängen auf unserer HP während dieser Zeit bemerkt hat. Danke nochmals ans SUMMER BREEZE Team für diese Möglichkeit!
Ach ja, das Feiern kam natürlich nicht zu kurz, wobei mir vor allem die ultra besoffenen Dänen von HATESPHERE und MNEMIC bestimmt lange in Erinnerung bleiben – CHEERZ!

Oliver:
Okay, dann wäre ich auch schon am Ende. Danke für deine Zeit. Die letzten Worte gehören dir...

Ralf:
Danke Oliver für diesen Support und nochmals sorry, dass sich dieses Interview so ewig gezogen hat. (Ende gut, alles gut - Anm. d. Verf.)
Checkt doch einfach mal die MP3-Samples auf unserer Homepage und macht euch euer eigenes Bild über "Art Of Devolution". Jeder ist eingeladen unser Gästebuch zu signen. In diesem Sinne: Up the Irons und Cheerz an alle, die uns bisher supportet haben!

IMMORTAL RITES
c/o: Ralf Hauber
Emerlandweg 11
D – 73529 Strassdorf
Hauber666@gmx.de
http://www.immortalrites.de

Redakteur:
Oliver Kast

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