INTENSE: Interview mit Sean Hetherington
03.04.2007 | 23:43Nix los im metallisierten Britannien? Von wegen!
Mit ihrem aktuellen Silberling "As Our Army Grows" beweisen uns die Engländer INTENSE einmal mehr, dass auch anno 2007 von der Insel feinster melodiöser Power Metal kommt. Schon ihre Debüt-EP "Dark Season" (1998) und das im Jahre 2004 veröffentlichte Full-Length-Debüt "Second Sight" konnten voll und ganz überzeugen, so dass es dem Kenner der Truppe kaum als besonderes Mirakel vorkommen wird, dass auch der neueste Output dieser Band sehr zu beeindrucken weiß.
In der Hoffnung, ihren aktuellen Albumtitel auch als Programm verwenden zu können, haben Sean Hetherington (v.), Dave Peak (g.), Neil Ablard (dr.), Nick Palmer (g.) und Steve Brine (b.) nun mit Napalm Records endlich auch einen kompetenten Partner im Rücken, mit dem besagtes Unterfangen zu realisieren als durchaus möglich erscheint.
Sänger Sean war so freundlich, die an ihn übermittelten Fragen zu beantworten und bekam den Auftrag zunächst einmal die Bandgeschichte wiederzugeben.
Sean:
Vor 1997 haben wir unsere Freizeit in erster Linie damit verbracht, uns das Spielen der Instrumente beizubringen und nebenbei natürlich all das zu tun, was Jugendliche eben für gewöhnlich so zu tun pflegen. Aber ab 1997, genauer gesagt, ab jenem Zeitpunkt, als wir soweit waren, unsere Debüt-EP "Dark Season" einzuspielen, gingen wir wesentlich ernsthafter an die Sache heran. Ich gründete sogar ein eigenes Label, doch "Dark Season" sollte die einzige Veröffentlichung auf Full Volume Records bleiben. Die EP hat sich nicht einmal schlecht verkauft und war sogar in größeren Plattenläden zu erhalten, was ja nicht unbedingt jeder Band gelingt, die ihre Scheiben in Eigenregie veröffentlicht. Danach haben wir ein paar Demos eingespielt, aber irgendwie war ich nicht mehr wirklich mit der musikalischen Ausrichtung einverstanden. Ein Sound im Stile von MACHINE HEAD war nicht dass, was ich mir für INTENSE gewünscht und vorgestellt hatte, deshalb hatte ich eine Art Meeting einberufen um die Sache kurzfristig zu beenden. Nick, Neil und Dave waren aber ebenso dieser Meinung und schlossen sich sofort der Intention an, was aus INTENSE werden sollte. Doch schon zu diesem Zeitpunkt hatten wir am Bass keinen geeigneten Musiker im Line-Up. Dieser Umstand war auch während den Aufnahmen von "Second Sight" im Jahre 2004 nicht zu ändern. Erst seit Steve vor mittlerweile beinahe drei Jahren zu uns gestoßen ist, konnten wir das perfekte Line-up finden. "Second Sight" wurde von Underground Symphony in Italien veröffentlicht und für Frankreich konnten wir einen Lizenzdeal bei NTS ergattern, doch mehr war nicht drinnen für uns. Auf der anderen Seite muss ich aber zugeben, dass wir damals zum ersten Mal mit Karl Groom zusammengearbeitet haben, was im Endeffekt ein sehr wichtiger Aspekt für das weitere Arbeiten mit INTENSE sein würde. Obwohl wir sehr limitiert waren mit unseren Möglichkeiten, konnten wir für besagtes Album sogar einige wirklich gute Gigs spielen. So wurden wir für das "Bloodstock"- und das "13th Day"-Festival in England gebucht und konnten mit Bands wie SONATA ARCTICA, CHILDREN OF BODOM, PRIMAL FEAR, EPICA, EVERGREY, DRAGONLAND, FINNTROLL oder SKYCLAD spielen. Zudem konnten wir auch in Deutschland auftreten und zwar auf dem "Metal Bash" und dem "Dong Open Air". Kurz danach begannen wir mit dem Schreiben der Songs für "As Our Army Grows", das ebenfalls von Karl Groom aufgenommen wurde.
Walter:
Gibt es eigentlich noch andere Bands oder Projekte, bei denen die Musiker von INTENSE beteiligt waren oder sind?
Sean:
Ich denke nicht, dass es diesbezüglich viel zu berichten gibt. Ich persönlich habe mich immerzu um INTENSE gekümmert, Nick hat zwar früher in einigen anderen Truppen mitgespielt, aber auch nie besonders lange. Dave spielt in einigen Coverbands um sein Geld zu verdienen, er ist so etwas wie eine Metal-Jukebox, haha. Auch Neil hat eine Rockcoverband am Start und Steve war bereits in vielen andere Bands aktiv, von denen CARNAL RITES wohl die bekannteste gewesen ist.
Walter:
Welche Bands waren, oder sind es, die INTENSE dazu veranlasst haben, Musik zu machen, oder besser gesagt, exakt jene Klänge zu fabrizieren, die wir nun von eurer Band bejubeln dürfen?
Sean:
Die wichtigsten Formationen sind ICED EARTH und NEVERMORE, aber auch DREAM THEATER, IRON MAIDEN oder KAMELOT sind für INTENSE ein wichtiger Einfluss. Dazu kommen natürlich noch einige mehr, aber ich denke, die wichtigsten Formationen habe ich genannt.
Walter:
Weshalb hat es denn so lange gedauert, ehe wir "Second Sight" hören durften. "Dark Season" erschien ja bereits fast sechs Jahre zuvor. Was habt ihr denn in jenen Jahren so getrieben?
Sean:
Es stimmt, da liegt in der Tat eine sehr große Zeitspanne dazwischen. Der Fast-Split, den ich bereits erwähnt habe, war wohl in erster Linie dafür verantwortlich. Es war also nicht unbedingt einfach für mich, INTENSE am Leben zu halten, dazu kam auch noch die Tatsache, dass ich zu Beginn dieses Jahrtausends meine Mutter verloren habe, was auch nicht einfach für mich war. Ich musste mich regelrecht neu sammeln und mich dazu motivieren irgendetwas Vernünftiges zu tun. Doch die Musik hat mir dabei geholfen, darüber hinweg zu kommen. 'Final Breath' von "Second Sight" ist einzig und allein ihr gewidmet.
Walter:
Und stellt einen der Höhepunkt jenes Albums dar, auch wenn mir diese Tragödie als Inspiration bislang nicht bewusst war. Wie lässt sich denn die musikalische Entwicklung von INTENSE seit den Anfängen beschreiben?
SEan:
Ich denke, dass "As Our Army Grows" ein wichtiger Schritt in der Bandgeschichte sein wird. Man hört diesem Album an, dass unsere Zusammenarbeit mit Karl Groom nun schon sehr professionell abläuft und dass wir uns nunmehr im Studio wesentlich wohler fühlen als früher. Mit Karl und seinem Kompagnon Richard West zu arbeiten, ist immer wieder eine sehr lehrreiche Erfahrung, aber auch innerhalb der Band sind wir gereift. Das Songwriting-Team Dave, Nick und ich haben in der Zwischenzeit allesamt Heimstudios eingerichtet, so dass es nun kein Problem mehr darstellt, etwaige Ideen sofort festzuhalten. Das klappte bei "Second Sight" noch gar nicht, weswegen ich sehr wohl von einer positiven Entwicklung sprechen kann. Auch an den Instrumenten sind wir nun besser und gereift, was man dem neuen Album anhören kann.
Walter:
Stimmt, besser, und vor allem intensiver, klangen INTENSE nie zuvor. Es würde mich interessieren, ob ihr es auch schafft, diese Intensität auch auf der Bühne rüberbringen zu können. Über Konzerte von INTENSE ist aber noch nicht wirklich viel bekannt. Eure Highlights bisher waren wohl die bereits erwähnten Festivals?
Sean:
Auf jeden Fall. Das "Bloodstock"-Festival war diesbezüglich der absolute Höhepunkt in unserer Karriere. Wir mussten zwar bereits zur Mittagszeit auf die Bühne, aber entgegen allen unseren Erwartungen, wurden wir regelrecht abgefeiert, da die Stimmung bereits bestens war. Ein einzigartiges Erlebnis! Auch die Festivals in Deutschland waren im Endeffekt ein guter Erfolg, auch wenn es ungleich schwerer für uns war, da wir einfach bei euch noch nicht so bekannt waren. Aber daran wird sich wohl nun etwas ändern, zumindest hoffen wir das.
Walter:
Das sollte mit "As Our Army Grows" problemlos klappen. Mit "Second Sight" war die Band diesbezüglich aber auch limitiert, da jenes von Underground Symphony leider nicht weltweit aufgelegt wurde. Mit Napalm Records wird euch das mit Sicherheit nicht mehr passieren. Wie seid ihr denn mit diesem Label überhaupt in Kontakt gekommen?
Sean:
Das Schicksal hat uns offensichtlich lieb gewonnen, haha. Wir haben unzählige Labels bemustert und Napalm haben sich im rechten Moment interessiert gezeigt. Da wir uns selbst eine Deadline gesetzt hatten, wie lange es daueren dürfte, ehe wir das Album veröffentlichen wollten, hat das Glück diesbezüglich mitgespielt. Ich habe bereits ernsthaft darüber nachgedacht "As Our Army Grows" über mein Label zu veröffentlichen. Nachdem wir einige Shows in England, aber auch in Belgien und Deutschland, wo wir unter anderem zweimal für RUFFIANS eröffnen durften, spielen konnten, war plötzlich ein sehr konkretes Angebot von Napalm in meinem Briefkasten. Bereits einige Tage später war alles unter Dach und Fach, vor allem die Tatsache, dass der Labelboss persönlich sein Interesse an der Band zeigte, machte mir die Entscheidung im Endeffekt sehr einfach.
Walter:
Glaube ich dir, aber war es nicht zu bedenken, dass Napalm bislang noch nicht wirklich viel mit Power-Metal-Bands zu tun hatten?
Sean:
Ich glaube nicht, dass sich das als Nachteil für INTENSE entwickeln wird. Egal mit wem ich mich auch über dieses Label unterhalten habe, alle haben nur Positives von Napalm berichtet, weshalb ich sehr sicher bin, dass die Zusammenarbeit gut klappen wird. Da Napalm bisher immerzu sehr intensiv Promotion betrieben haben, egal für welchen Act und welche Art von Musik, bin ich sogar der Meinung, dass es nur gut sein kann, wenn das Label auch einmal eine völlig anders klingende Band unter Vertrag nimmt.
Walter:
Der bereits mehrfach erwähnte Karl Groom, aber auch sein THRESHOLD- und Produzenten-Kompagnon Richard West scheinen so etwas wie eure Mentoren geworden zu sein.
Sean:
Definitiv. Ich denke, ich darf die beiden mittlerweile als Freunde bezeichnen. Im Musikbusiness findet man wohl kaum dermaßen nette und hilfsbereite Personen wie diese beiden Typen. Wir sind nicht nur stolz darauf mit ihnen arbeiten zu können, sondern auch dankbar für alles, was wir von ihnen bislang lernen konnten.
Walter:
Was die Musik und den Background betrifft, hätten wir nun so ziemlich alles durchgeackert. Zu den Texten wurde bislang noch nichts gesagt.
Sean:
Die Texte behandelen recht unterschiedliche Themenkreise. Zusammenhängend ist an sich nur 'Chronicles Of The New Flesh', die Trilogie am Ende des Albums, in der Nick David Cronenbergs "Videodrome" aus den 80er Jahren als Inspiration hatte und er diesen Film mehr oder weniger musikalisch umzusetzen versuchte. Ansonsten steht jeder Song für sich und es existiert auch keinerlei Konzept. 'Anger Of The Ancients' handelt von "Tomb Raiders", 'Our Last Hope' basiert auf der Serie mit Christopher Walken, während 'You Die Today' vom nahenden Ende handelt und daher wohl nicht näher beschrieben werden muss. 'Insanity's Call' ist jenen Mitmenschen gewidmet, die es immer wieder schaffen, dich in den Wahnsinn zu treiben. Allesamt keine besonderen Themen also, derer wir uns bedienen.
Walter:
Aber immerzu perfekt zur Musik passend, wie auch das Cover.
Sean:
Das hat Mattias Noren gezeichnet. Es sieht super aus, oder?
Walter:
Ja, das tut es. Jetzt braucht man das Album nur noch absetzen und alles ist in Butter. Wo wird denn die "Army" am stärksten wachsen können, um es mit euern Worten auszudrücken?
Sean:
Na hoffentlich überall auf dieser Welt, haha. Nach den bisherigen Reaktionen auf INTENSE zu urteilen, werden es mit Sicherheit Kanada, die USA, Südamerika und Europa sein, wo wir einen entscheidenden Sprung nach vorne machen können. Für Japan ist unsere Musik wohl nicht ausreichend unterhaltsam genug, denn "Happy Metal" bekommt der Fan von INTENSE definitiv keinen geboten.
Walter:
Brauchen wir ja auch gar nicht. Eine Tournee wäre jetzt noch eine super Sache, im Idealfall gleich zusammen mit THRESHOLD, die ja auch gerade mit einem neuen Album aus den Startlöchern gekommen sind.
Sean:
Leider existieren noch nicht einmal Pläne für eine Tournee von uns, aber wir sind im Moment dabei uns einen Booking-Agenten anzulachen und vielleicht geht ja dann was. Zusammen mit THRESHOLD auf Tour zu gehen, wäre natürlich sehr cool, aber ich denke, da gibt es schon eine Warteliste, denn wir sind wohl nicht die einzige Band, die das möchte.
Walter:
Nun denn, wollen wir nur das Beste für euch hoffen, damit es mit einer Tournee klappt. Wie werdet ihr euch die Zeit vertreiben, ehe es losgeht?
Sean:
Schwierig zu beantworten. Wir werden uns den Arsch aufreißen, wenn uns die Chance auf eine Tournee geboten würde. Zudem werden bereits erste Ideen für das dritte Album gesammelt, damit INTENSE zumindest auf diese Art in Erinnerung gehalten werden. Das Wichtigste zum derzeitigen Zustand der Band ist es, nicht allzu lange zu brauchen, egal was auch immer wir tun werden!
Walter:
Das hat was. Auffällig ist auch noch, dass aus eurer Heimat England endlich wieder einige traditionell beeinflusste Metal-Bands weltweit für Furore sorgen.
Sean:
Stimmt. Traditioneller Metal und Power Metal sind wieder einigermaßen angesagt! Die Szene ist an und für sich zwar noch immer recht trendverseucht, aber es tut gut, zu wissen, dass sich fernab von Metalcore und Emo auch der Power Metal gut halten konnte und dass dieser nun auch wieder geschätzt wird!
Walter:
Und da sage noch einer, Engländer hätten keinen Geschmack...
- Redakteur:
- Walter Scheurer