INTO THE MOAT: Interview mit Matthew
30.04.2005 | 11:21Nach wie vor ist das aktuelle Album von INTO THE MOAT für mich höhere Mathematik, die so ziemlich mit nichts zu vergleichen ist, was sich gerade so in der Hard'n'Heavy-Szene herumtreibt. Grindcore meets Jazz, Hardcore meets Hard Rock, alles ist möglich und alles ist logisch. Ergo war klar, dass wir hier mal nachhaken müssen, um herauszufinden, woher diese kranken aber genialen Strukturen entwickelt wurden, wer dafür verantwortlich ist und was schließlich hinter dem komplexen Stoff steht. Schlagzeuger Matthew gab mir daher vor einigen Tagen Nachhilfe in Mathematik.
Björn:
Hallo, alles klar am anderen Ende?
Matthew:
Ja, mit geht es gut. Mein Name ist Matthew und ich spiele Schlagzeug bei einer technischen Metal-Band namens INTO THE MOAT, die bei Metal Blade Records unter Vertrag steht. Wir haben vor kurzem ein Album mit dem Titel "The Design" rausgebracht.
Björn:
Ja, und genau über dieses Album wollen wir auch reden, auch wenn es schon etwas länger her ist, dass die Platte auf den Markt gekommen ist. Ich hoffe mal, das ist trotzdem okay für dich...
Matthew:
Das ist schon in Ordnung. Wir hatten bei unserem ersten Album gar nicht erst die Chance, viele Interviews zu machen, ich denke also, dass wir einiges nachzuholen haben, haha!
Björn:
Gut, dann reden wir mal über dieses Album, welches mich von der ersten bis zur letzten Sekunde arg verwirrt hat. Das ist definitiv kein Easy Listening! Woher habt ihr die Ideen für diese abgefahrenen Sounds?
Matthew:
Normalerweise kreiert Kit die meisten Riffs und die Basisstrukturen für die Songs. Danach bringt er sie mir vorbei und ich ergänze meine Drum-Parts. Meistens habe ich dann auch schon eine Idee, in welche Richtung ich den Song lenken möchte, und so werde ich entweder etwas hinzufügen oder einige Pasagen verändern. Danach geben die übrigen Mitglieder noch ihren Input und schon ist ein weiterer Song fertig.
Björn:
Ihr habt so ziemlich alles miteinander vermischt, vom Grindcore zum Hard Rock und vom Death Metal zum Jazz. Habt ihr nichtsdestotrotz eine Hauptinspirationsquelle für eure Musik?
Matthew:
Ich denke, dass die Inspiration für unsere Musik von den Sachen kommt, die wir selber auch hören. Wir mögen Bands wie ORIGIN, HATE ETERNAL und NECROPHAGIST. Außerdem ziehen wir uns Jazz-Musiker wie Pat Metheny, Oscar Peterson und Bob James rein.
Björn:
Welche Rolle übernehmen denn in dieser Liste MESHUGGAH und WATCHTOWER? Ich könnte mir gut vorstellen, dass diese Bands euch auch beeinflusst haben.
Matthew:
Ich persönlich höre mir diese Bands arg selten an, aber unser Sänger und die Gitarristen lieben MESHUGGAH. Und weil unser Gitarrist die Songs schreibt, gehe ich mal davon aus, dass MESHUGGAH in gewisser Weise auch einen Einfluss auf unsere Musik haben.
Björn:
Das Material ist derart komplex, dass ich mir vorstellen kann, dass es eine Weile gedauert hat, bis ihr die Songs geschrieben und erlernt habt. Wie lange haben die Arbeiten zu "The Design" gedauert?
Matthew:
Wir haben ungefähr ein Jahr benötigt, um die Kompositionen für "The Design" zu schreiben. Manche Nummern waren schon nach wenigen Wochen fertig, andere brauchten fast das gesamte Jahr. Wie auch immer, wir finden, dass das finale Resultat jede einzelne Sekunde der investierten Zeit wert war.
Björn:
Gibt es irgendwen bei euch, der Musik studiert hat?
Matthew:
Wir alle hatten eine Art formales Training, außer Rob, der sich alles selber beigebracht hat. Trotzdem musste ich hinsichtlich der metallischen Stilrichtung viele Sachen im Alleingang erlernen, denn die meisten Lehrer unterstützen diesen heftigen Kram ja nicht, haha! Außerdem hatte ich das Glück, dass ein guter Freund mir beim Erlernen mancher Techniken behilflich war. Das war niemand geringerer als Derek Roddy von HATE ETERNAL.
Björn:
Ihr habt musikalisch Wege beschritten, infolge dessen euer Label den Begriff Mathcore entwickelt hat. Wie würdest du euren Stil denn nennen?
Matthew:
Um ehrlich zu sein bevorzuge ich den Begriff Tech-Metal, aber ich denke, das ist einfach nur meine eigene Meinung. Egal, diese Art Musik ist einfach nur fortschrittlicher Metal. Statt immer den Blick auf die Struktur und die Melodien zu legen, haben wir in unsere Musik Elemente eingefügt, die oft dazu führen, dass unsere Songs für den Zuhörer unvorhersehbar werden – und das ist uns schließlich auch wichtig!
Björn:
Heißt das also trotzdem, dass jede einzelne Note bei euch auf Logik basiert?
Matthew:
Nun, alle Noten kommen irgendwoher. Es ist ja nicht einfach nur irgendein zusammen gewürfelter Mist, der cool klingt. Der größte Teil unserer Musik basiert auf einer Theorie. Und diese Aspekte, welche die meisten Leute total konfus finden, sind einfach nur unser Versuch, kreativ zu sein ohne irgendwelche Harmonien zu verwenden, die schon tausend Mal benutzt wurden. Als Stravinsky mit "Rights Of Spring" debütierte, wurde er vom Publikum ausgebuht.
Björn:
Was glaubst du denn, welche Leute sich mit der Musik von INTO THE MOAT auseinander setzen werden?
Matthew:
Zunächst einmal denke ich, dass wir im Hardcore-Sektor eher akzeptiert werden als im Metal-Bereich, und das unter Umstände nur, weil wir nicht alle lange Haare haben bzw. nicht schwarz gekleidet sind. Aber ich habe überraschenderweise gehört, dass Fans von Pop-Punk-Truppen wie NEW FOUND GLORY sich ebenfalls unsere Musik anhören. Vielleicht sind wir ja die erste technische Metal-Band, von der sie gehört haben, und wir können so unter Umständen ihren musikalischen Horizont um ein großes Stück erweitern. Ich würde sehr gerne für einen so wichtigen Einschnitt im Leben eines Menschen verantwortlich sein.
Björn:
Wie lange braucht man denn im Durchschnitt, um euer neues Album komplett zu verstehen?
Matthew:
Ich behaupte einfach mal, wenn du unser Album nicht in zwei Tagen komplett verstehst, dann bist du dumm und verdienst nicht, unsere Musik zu hören. Nein, natürlich mache ich nur Witze. Ich denke nicht, dass man diesen Zeitraum genau festlegen kann, aber ich bin mir sicher, dass manche Leute es nie verstehen werden bzw. auch nicht verstehen wollen, da sie es nur deswegen geil finden, weil es chaotisch klingt. Meiner Meinung nach ist eine großartige Sache bei unserer Musik, dass die Leute bei jedem Hördurchlauf neue Sachen hören werden, weil der Stoff so komplex ist.
Björn:
Und was denkst du über solche Leute, die kein Interesse haben, sich länger mit einem Album auseinander zu setzen?
Matthew:
Natürlich darf jeder seine eigene Meinung zu Musik haben, und wenn sich jemand lieber die wöchentliche vorhersehbare AT THE GATES-Wannabe-Band reinziehen möchte, kann er das ja tun. Die Leute, die mich wirklich aufregen, sind diejenigen, welche unsere Musik hören und sagen, dass es scheiße klingt und wir kein Talent haben. Es sollte nämlich, selbst wenn man unsere Musik hasst, offensichtlich sein, dass wie sehr viel Zeit in das Songwriting gesteckt haben und eine Menge Talent in die Songs investiert haben.
Björn:
Das sehe ich ganz genau so und deshalb vermute ich, dass es gar nicht so einfach sein wird, diese Nummern live zu spielen. Habt ihr das überhaupt schon mal versucht?
Matthew:
Ja, wir haben schon verschiedene US-Tourneen absolviert, und manchmal kann die Live-Performance schon ganz knifflig werden, insbesondere wenn wir in heruntergekommenen Clubs spielen und uns auf der Bühne nicht gegenseitig hören können. Trotzdem proben wir zwischen den Tourneen immer sehr oft und lange, damit wir im Ernstfall perfekt aufeinander eingespielt sind.
Björn:
Und was hat das Publikum währenddessen gemacht? Hat es einfach nur mit offenem Mund dagestanden oder ist so richtig die Post abgegangen?
Matthew:
Es ist schon sehr komisch, denn auf den bisherigen Tourneen war das Album entweder noch nicht erschienen oder aber gerade erst auf dem Markt. Deswgen hatten die Leute noch nicht die richtige Zeit, um die Songs intensiver zu hören und die einzelnen Breaks kennen zu lernen. Lediglich bei den Songs unserer ersten EP war die Menge in Bewegung, bei den neuen Stücken hingegen haben sie uns nur angestarrt. Andererseits ist es so, dass die Leute ihr breites Grinsen während unseres neuen Materials nicht mehr aus dem Gesicht bekommen haben und auch ohne Unterbrechung auf die Bühne schauen mussten. Das macht mich ebenfalls sehr zufrieden!
Björn:
Kann man denn zu den Songs überhaupt richtig headbangen?
Matthew:
Klar, ich denke schon, wir machen es auf der Bühne ja auch jeden Abend, haha! Wir haben haufenweise Riffs, die nicht direkt im Chaos enden und eher straighter sind. Trotzdem weiß ich, dass man die Songs erst mal genauer gehört haben muss, bevor man sich so richtig mit ihnen anfreunden kann.
Björn:
Weitere Touraktivitäten werden ja jetzt enorm wichtig sein. Habt ihr da schon wieder irgendwas in Planung?
Matthew:
Wir sind gerade in den Staaten mit PSYOPUS, ANIMOSITY und SUMMERS END unterwegs. Das wird noch einige Wochen dauern, dann haben wir eine ganz kurze Pause und werden im Juli mit SOILENT GREEN losziehen. Diese Tour wird noch ein bisschen weiter ausgedehnt sein, und wir werden in Städten spielen, in denen wir noch nie zuvor aufgetreten sind.
Björn:
Habt ihr auch Ambitionen, nach Europa zu kommen?
Matthew:
Wir hoffen sicher, dass wir es schon bald nach Europa und Japan schaffen werden. Das Label ist zufrieden mit uns, weil sich unser Album recht gut verkauft, und daher wird das in Zukunft garantiert ein Thema sein.
Björn:
Was können unsere Leser denn dann von euch erwarten?
Matthew:
Ich würde unsere Musik als chaotischen Death Metal mit Hardcore- und Jazz-Einflüssen bezeichnen. Wem das aber eine zu lange Beschreibung ist, dem kann ich sagen, dass wir wie eine Mischung aus SUFFOCATION und THE DILLINGER ESCAPE PLAN klingen.
Björn:
Und was heißt das im Bezug auf die Shows?
Matthew:
Wenn wir live auftreten, wollen wir den perfekten Mittelweg zwischen dem simplen Spielen der Songs und der eigentlichen Stage-Performance erreichen. Wenn jemand aber erwartet, dass wir das Album live genauso herüberbringen, dann aber feststellt, dass dem nicht so ist, wird er sicher enttäuscht sein, aber in diesem Fall kann er sich das Album ja dann besser auch zu Hause anhören.
Björn:
Und wie sieht es mit euren Erwartungen an die Fans härterer Musik aus?
Matthew:
Nun, ich hoffe zumindest, dass diese Leute respektieren, was wir mit unserer Musik zu erreichen versuchen. Es wäre natürlich noch besser, wenn ihnen unsere Musik gefällt und sie ihren Freunden davon erzählen.
Björn:
Ein sehr schönes Schlusswort. Möchtest du dem ergänzend noch etwas hinzufügen?
Matthew:
Vielen Dank für dieses Interview, wir freuen uns wirklich sehr über euer Interesse an der Band. Schaut euch bei Gelegenheit mal unsere Website unter http://www.intothemoat.com an. Take care!
- Redakteur:
- Björn Backes