IN EXTREMO: Interview mit Michael "Das letzte Einhorn" Rhein

22.06.2016 | 15:38

"Als würde ein kleines Baby geboren werden": IN EXTREMO-Sänger Micha Rhein freut sich schon jetzt auf die Veröffentlichung des neuen Albums "Quid Pro Quo" und spricht mit uns über die Songs, die Zukunft und dumme Reporter-Fragen...

Hallo Michael. Vor Kurzem habe ich gehört, dass du auf die Frage einer jungen Reporterin, was IN EXTREMO denn mit dem dritten Reich zu tun hat, "Fick dich, du dummes Huhn" geantwortet haben sollst. Muss man als Journalist etwa Angst vor einem Interview mit dir haben?

Ach Quatsch. Aber wer dumme Fragen stellt, bekommt eben dumme Antworten. Und um eine solche Frage zu stellen... Da muss man wirklich nicht mehr alle Tassen im Schrank haben. Soweit sollte man das schon auseinanderhalten können. Mal ehrlich: Was bitte schön haben wir denn mit dem dritten Reich zu tun? In so einer Situation kann ich dann auch nicht anders, als einen genauso dummen Spruch zu bringen und einfach wegzugehen. Da habe ich nämlich auch weitaus Besseres zu tun.


Kommen wir daher lieber zu angenehmeren Themen. In wenigen Tagen ist es so weit: Am 24. Juni erscheint eure neue Scheibe "Quid Pro Quo". Seid ihr immer noch aufgeregt, wenn die Veröffentlichung eines Albums näher rückt oder ist das mittlerweile Routine für euch?

Natürlich sind wir noch aufgeregt. Das ist jedes Mal so, wie als würde ein kleines Baby geboren werden. Da kann ich für alle Bandmitglieder sprechen, wir fühlen da recht ähnlich.

 

Euer neues Album zeichnet sich vor allem durch den breiten Spagat zwischen puristischen Mittelalter-Songs wie 'Pikse Palve' und rockigen Hymnen wie 'Störtebeker' aus. Ist das euer neuer Kompromiss, nachdem "Kunstraub" vielen Kritikern beinahe zu modern war?

Eigentlich ist das genau das, was wir seit 21 Jahren jetzt schon machen. Manchmal fällt das Album dabei etwas heftiger aus, manchmal eben nicht. An "Quid Pro Quo" haben wir ein ganzes Jahr lang gearbeitet, jeder hat seinen Teil dazu beigetragen. Ich glaube, es ist uns gelungen, etwas von all unseren bisherigen Platten in die neue Scheibe reinzupacken. Aber das war auch nie so geplant, das ist einfach so gekommen.

 

Mit dem titelgebenden Track 'Quid Pro Quo' prangert ihr den Kapitalismus an, ein ungewohnt gesellschaftskritischer Song von euch. War das denn geplant? Einen politischen Song über dieses Thema  zu schreiben oder "ist das auch einfach so gekommen"?

Das war tatsächlich auch nicht geplant. 'Quid Pro Quo' ist im Proberaum entstanden. Jeder hat einfach ein paar Zeilen oder Wörter eingebracht. Aber mal ganz ehrlich: Egal, welchen Sender du dir heute ansiehst oder was du liest, du kommst um dieses Thema nicht herum. IN EXTREMO ist eigentlich keine politische Band, wir sehen uns mehr als Unterhalter.

 

Wollt ihr diesen Weg trotzdem weiterhin verfolgen, in euren Liedern auch Missstände und Probleme zu thematisieren?

Das kann ich dir noch gar nicht sagen. Immerhin veröffentlichen wir ja jetzt erst einmal ein neues Album. Aber wenn die Themen dafür auf dem Tisch liegen, werden wir das vermutlich auch tun. Aber wir wollen jetzt auch nicht mit dem erhobenen Zeigefinger die Leute belehren. Das ist auch gar nicht unser Ding, mit der Brechstange unsere Meinung durchzusetzen. Jeder soll sich seinen Teil dabei selbst denken.

 

Was auf "Kunstraub" von vielen vermisst wurde, ist auf "Quid Pro Quo" gleich in dreifacher Ausführung wieder vertreten: fremdsprachige Lieder, die ja bisher immer euer Markenzeichen waren. Habt ihr euch damit den Kritikern gebeugt oder wolltet ihr die Fremdsprachen bei IN EXTREMO zurückhaben?

Wie du selbst sagst, beinhaltet jedes unserer Alben fremdsprachige Lieder. Auf "Kunstraub" haben sie es rein zufällig dann nicht geschafft. Vielleicht sind bei der nächsten Platte dann noch mehr solcher Songs dabei. Das kann man nicht voraussagen, welches Lied sich durchsetzt.

 

Neben Tavernenliedern wie 'Sternhagelvoll' schlagt ihr auf "Quid Pro Quo" auch beinahe melancholische Töne an. Ich denke da zum Beispiel an 'Lieb Vaterland, magst ruhig sein'...

'Lieb Vaterland, magst ruhig sein' ist unser Anti-Kriegs-Song. Wenn man dieses Lied hört, braucht man auch nicht viel zu erklären. Auch dieses Lied ist im Proberaum entstanden, das ist nämlich noch so ein Thema, um das man einfach nicht herum kommt. Wir wollen damit junge Leute aufrufen nicht ihr Leben für irgendwelche Kriege wegzuwerfen, die im Namen von Religion oder sonst irgendetwas geführt werden.

Ihr gehört zu den Urgesteinen des Mittelalter-Rocks, eine Szene, die im Moment einen echten Aufschwung erlebt: Überall sprießen neue Märkte aus dem Boden. Es gibt unzählige Bands, die ihre Wurzeln in der mittelalterlichen Marktmusik haben... Findet ihr euch da überhaupt noch wieder?

Veränderungen gehören zum Leben dazu, das ist nichts Schlimmes. Es interessiert mich auch gar nicht so sehr. Viele sprechen da immer gleich von neuer Konkurrenz. Aber die Zahlen sprechen da eigentlich für sich: Immerhin haben viele der Bands, die man uns da als Konkurrenz präsentiert, ca. 20.000 verkaufte Platten. Und wir sind mittlerweile bei 1,5 Millionen verkaufter CDs. Für uns gibt es keine Konkurrenz. Das muss ich einfach auch so sagen. Aber ich gehe auch nach wie vor gerne auf Mittelaltermärkte. Gerne spiele ich auch mit meinem alten Kompagnon Teufel (TANZWUT) noch inkognito auf Mittelaltermärkten. Da bin ich übrigens nicht der Einzige bei IN EXTREMO. Das hängen wir nur nicht so an die große Glocke, sondern machen das einfach nur aus Spaß.

 

Eine ganz andere Welt sind da die riesigen Festivals, auf denen ihr in diesem Jahr schon gespielt habt: Das ROCKAVARIA oder eben zuletzt ROCK IN VIENNA. Dort musstet ihr euer Set nach wenigen Songs aufgrund eines aufziehenden Unwetters abbrechen. Wie war das für euch?

In den 21 Jahren, die wir jetzt schon auftreten, haben wir bisher erst einmal ein Konzert von der Bühne aus abgebrochen. Das ist schon komisch. Aber da ist natürlich keine Veranstaltung vor gefeit, Sicherheit geht auch einfach vor.

 

Und apropos Festival: Nach eurem Jubiläumsfestival zum zwanzigjährigen Bestehen von IN EXTREMO, das ihr 2015 auf der Loreley gefeiert habt: Plant ihr noch einmal so etwas richtig Großes?

Da gibt es noch so vieles, was wir planen. Zu unserem fünfundzwanzigjährigen Bestehen werden wir natürlich auch wieder etwas machen. Nur was, wann und wo wissen wir selbst noch nicht. Aber wir sind noch für ein paar Überraschungen gut. Verlass dich drauf!

Redakteur:
Leoni Dowidat

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