IN FLAMES: Interview mit Björn Gelotte

23.12.2009 | 19:21

Das Jahr 2009 wird für IN FLAMES immer ein besonderes bleiben - sowohl im positiven wie auch im negativen Sinne. Zusammen mit Björn lassen wir das Jahr ausklingen.

Im Rahmen der "Taste Of Chaos"-Tour gastierten IN FLAMES auch in der deutschen Hauptstadt. Daher bot es sich an, Gitarrist Björn Gelotte mal auf den Zahn zu fühlen. Mit ein paar Bierchen auf dem Tisch machten wir es uns im Tourbus gemütlich und plauderten über das ausklingende Jahr, Weihnachten und zukünftige Ereignisse.

Enrico:
Willkommen in Deutschland.

Nadine:
Was schießt dir als erstes durch den Kopf, wenn du an deine "deutschen Erlebnisse" denkst?

Björn:
Wir haben so viele tolle Erinnerungen an Deutschland. Ich glaube, dass wir bisher in Deutschland sowohl die meisten als auch die größten Shows gespielt haben - wie das Wacken Open Air oder Rock am Ring/Rock im Park. Wir haben nur gute Erinnerungen, immerhin haben wir unsere allererste Tour hier gespielt. Ihr seht - jede Menge Geschichte.

Nadine:
Weil du gerade vom Wacken Open Air sprichst. Die Show war wirklich großartig und mit vielen Pyroeffekten veredelt. War es der größte Gig eurer Karriere?

Björn:
Ja, das kann man schon so sagen. Wir haben aber im Sommer wirklich viele große Festivals gespielt, wie unter anderem das Sweden Rock-Festival. Aber es macht immer jede Menge Spaß als Headliner zu spielen, weil du einfach machen kannst, was du möchtest - und das haben wir ausgenutzt. Du kannst dein eigenes Licht mitbringen, du darfst die Bühne nach deiner Vorstellung designen und du kannst soviel Pyro wie du willst in die Luft jagen. Man hat wirklich freie Hand.

Nadine:
Wer war für das Pyro-Konzept verantwortlich? Seid ihr das selbst?

Björn:
Wir haben einen sehr engen Freund, den wir schon seit unserer Kindheit kennen. Er hatte früher eine Firma für Feuerwerk und fing irgendwann an, für Bands die Pyroshows zu planen. Und er hat einige Sachen für uns erfunden, die wir auf dem Wacken ausprobieren konnten. Wirklich cooles Zeug.

Nadine:
Spielst du lieber auf großen Festivals oder in den normalen Clubs?

Björn:
Ui, da gibt es echt wahnsinnig große Unterschiede. Bei Festivals können viele unvorhergesehene Dinge passieren, vor allem was den Sound betrifft. Aber aus unserer Sicht sind Festivals schon eine tolle Sache, weil du so viele Leute mit der Musik erreichen kannst. Bei den Club-Shows ist natürlich die Nähe zu den Fans viel größer - ein wirklich großer Energieaustausch. Darüber hinaus ist der Sound meistens besser. Leider kann man nicht mit der gleichen Produktion wie bei einem Festival auftrumpfen. Es hat beides seine Vor- und Nachteile. Bei einem Festival haben wir im Vorfeld mehr zu tun, weil es alles sehr schnell von statten gehen muss.

Enrico:
Hast du dir beim Wacken Open Air auch andere Bands angeschaut?

Björn:
Wenn ich Zeit habe, versuche ich immer mir so viele Bands wie möglich anzuschauen. Ich kann mich an NEVERMORE erinnern, den Rest bekomm ich jetzt nicht mehr zusammen (lacht). Ich hab mir fast alle Bands in irgendeiner Form angeschaut. Natürlich geht nicht immer alles, weil du viele Interviews geben musst.



Enrico:
Wo siehst die größten Unterschiede zwischen den deutschen Festivals und den anderen europäischen oder gar amerikanischen Festivals?

Björn:
In den USA gibt es diese Art von Festivals nicht. Es sind Festivaltouren, bei dem es in erster Linie um das Geldverdienen geht. Beim Wacken Open Air geht es nicht um Kohle scheffeln, sondern darum, die Fans glücklich zu machen. Du hast vier Tage so viele Bands jedes Genres - das reinste Mekka für Metalfans. Es ist wirklich für das Publikum gemacht.

Enrico:
Ihr seid jetzt mit der "Taste Of Chaos"-Tour seit einiger Zeit unterwegs. Wie läufts bisher?

Björn:
Sehr gut. Heute ist der zweite Abend, an dem wir die Show headlinen werden. Vor dieser Tour haben wir noch einige Shows in Frankreich und den Niederlanden gespielt, bevor es dann nach Großbritannien ging, um die "Taste Of Chaos"-Tour zu zocken. Zunächst haben KILLSWITCH ENGAGE die Shows geheadlined, weswegen wir natürlich ein kürzeres Set spielen mussten. Aber jetzt ist unsere Zeit. Wir haben für die heutige Show echt eine ziemlich große Produktion vorbereitet.

Enrico:
Wann seid ihr in Berlin angekommen?

Björn:
Gestern früh.

Nadine:
Hattet ihr Zeit, den Weihnachtsmarkt zu besuchen?

Björn:
Leider nicht. Wir haben den ganzen Tag an der Show gefeilt, das Licht optimiert und viel geprobt. Im Hotel sind wir gegen Mitternacht angekommen und haben mit den Jungs von KILLSWITCH ENGAGE noch ein paar Bier gezischt und dann war es Zeit für das Bett.

Enrico:
Also gab es noch keine Bratwurst?

Björn:
Haha, leider auch nicht. Aber wir haben eine tolle Catering-Firma, die uns mit vielen leckeren deutschen Speisen versorgt. Wirklich lecker.

Nadine:
Vermisst du das schwedische Essen auf Tour?

Björn:
Ein bisschen schon. Aber es gibt auch nicht so viele Dinge, die wirklich typisch schwedisch sind, so wie die kleinen Hackbällchen. Im Grunde ess ich eh fast alles, daher trauere ich nix nach.

Nadine:
Wie schwer ist es für dich, deine Familie zurück in Schweden zu lassen?

Björn:
Das ist wirklich hart, aber es war früher noch viel komplizierter. Dadurch, dass wir in jeder Location Internet und Skype haben, sieht man seine Familie viel häufiger als früher.

Nadine:
Wie oft nutzt du Skype?

Björn:
Schon sehr oft, aber ich muss natürlich oft die Zeitunterschiede beachten. Immerhin hab ich zwei Kinder, die meist dann schlafen, wenn ich nicht arbeite. Aber meistens nutze ich mein Handy, was immer zu einer widerlich hohen Telefonrechnung führt (lacht).

Nadine:
Und um diese Rechnung zu kürzen, schaut ihr auch viele Filme, oder?

Björn:
Ja, das hat sich wohl herumgesprochen, dass wir alle große Film-Fans sind. Meist schauen wir sie aber erst nach den Shows an. Ein Teil der Jungs schaut oben im Bus Filme, während der Rest unten Musik hört und Bier trinkt.

Nadine:
Wie sieht es bei dir mit Weihnachten aus? Hast du schon ein paar Geschenke?

Björn:
Noch nicht, aber da wir einige Tage vor Heilig Abend nach Hause zurückkehren, habe ich noch genug Zeit (lacht). Sonst kehren wir oft erst am 22. oder 23. Dezember heim - das ist dann schon sehr stressig. Aber meine Freundin ist total toll und bereitet dann alles für ein wundervolles Fest vor.

Nadine:
Und dann kommst du und steckst den Weihnachtsbaum "In Flames"?

Björn:
(lacht) Ja, genau! Unsere Kinder sind immer noch ganz heiß auf Weihnachten, daher kaufen wir auch den Baum alle zusammen und verbringen dann einfach ein paar wundervolle Tage zusammen.

Nadine:
Das Jahr ist in wenigen Tagen zu Ende. Was wird hängen bleiben?

Björn:
Oh, es war ein tolles Jahr, gleichzeitig aber auch ein trauriges Jahr, weil wir nun schon fast 12 Monate ohne Jesper spielen. Das ist wirklich hart. Wir beide telefonieren fast täglich. Es war eine schwierige Entscheidung, aber sowohl die Band als auch Jesper brauchten die Zeit. Ich kann euch auch gar nicht sagen, wie es ihm wirklich geht - hoffentlich gut. Abgesehen davon war es ein super Jahr. Wir sind erneut um die Welt gereist, haben Südamerika, Australien und Japan gespielt. Wir waren zweimal auf Tour in den USA, haben zwei Europatourneen und viele große Festivals gespielt.

Nadine:
Was waren denn die Highlights der US-Tour?

Björn:
Las Vegas ist immer großartig. Wir lieben es Poker zu spielen und Bier zu trinken.

Enrico:
Und Geld zu verlieren?

Björn:
(lacht) Das gehört dazu. Aber es gibt immer Hochs und Tiefs.

Nadine:
Aufgrund der andauernden Tourneen bekommt ihr sicherlich die Unterschiede der Fankulturen mit. Welche gefällt dir am besten?

Björn:
Das hätte ich vor einigen Jahren noch direkt beantworten können. Aber heute hat sich vieles vereinheitlicht. Das Publikum ist überall sehr energiegeladen. Dennoch hat sich der Lifestyle schon in jedem Land anders entwickelt. In den USA ist alles sehr Hardcore-orientiert und sie besitzen auch eine eigene Art des Moshens, während man in Deutschland gerne springt, mitsingt und einfach ein bisschen betrunken sein möchte.

Enrico:
Und mit der Faust in die Luft haut.

Björn.
Ganz genau (lacht). Aber die Menschen wirken heutzutage viel agiler als früher, daher fühlen wir uns wirklich überall wie zu Hause.

Nadine:
Hast du einige Vorsätze für 2010?

Björn:
Das Rauchen hab ich mir zum Glück schon abgewöhnt. Nicht mehr zu trinken steht gar nicht zur Debatte.

Nadine:
Ist für Silvester was Spannendes geplant?

Björn:
Ich bin sowieso eher ein Familienmensch, daher wird auch Silvester gediegen ablaufen. In den letzten sieben Jahren waren meine Familie und ich immer bei einem guten Freund, wo wir einfach bei ein paar Bier und gutem Essen entspannen. Party kann ich schließlich jeden Tag auf Tour haben (lacht).

Enrico:
Wie schauen die Pläne für 2010 aus?

Björn:
Zunächst gehen wir noch einmal auf Tour, bevor wir uns dem neuen Album widmen wollen. Unser Ziel ist es, bis zum Ende des Jahres die Songs aufgenommen zu haben.

Enrico:
Also können wir 2011 mit einem neuen Album rechnen?

Björn:
So ist der Plan. Aber so was braucht auch immer seine Zeit. Wir werden sehen.

Nadine:
Wie schaut es eigentlich mit deinen Deutschkenntnissen aus?

Björn:
Eigentlich dürften sie gar nicht so schlecht sein, weil die Worte teilweise recht ähnlich sind. Aber ihr tut sie in eine seltsame Reihenfolge, daher klingt das total bescheuert, wenn ich etwas auf Deutsch sage (lacht). Ich kann aber ein paar Dinge auf österreichisch sagen. (er redet österreichisch und wie bei einem echten Österreicher versteht man nur Bahnhof - Anm. d. Verf.)

Nadine:
Dafür können wir einige Dinge auf schwedisch. Willst du es mal hören?

Björn:
Na klar, leg los.

Nadine:
Jag vill knulla

Björn:
Ja, das ist wirklich nett (lacht).

Nadine:
Jag är gravid.

Björn:
Ja genau, das kommt danach.

Nadine:
Sug min kuk.

Björn:
Ihr habt echt nur die guten Sachen drauf (lacht).

Nadine:
Ich hab auch was Normales: Ja vill ha kaffe.

Björn:
Das war wirklich richtig gut. Den Satz nutz ich auch, die anderen eher weniger. Obwohl der erste Satz sicherlich funktionieren würde (lacht).

Nadine:
Kommen wir zur letzten Frage: Wenn In FLAMES eine Suppe wäre, was wäre alles drin?

Björn:
Definitiv Fleisch. Richtig dick und schwer!

Enrico:
Hast du noch ein paar abschließende Worte für eure deutschen Fans?

Björn:
Wir werden auf jeden Fall zurückkehren, da uns Deutschland sehr am Herzen liegt. Unsere ersten Gigs außerhalb von Schweden waren hier bei euch. Euch allen ein frohes Fest und einen guten Start ins Jahr 2010.

Redakteur:
Enrico Ahlig

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