IN FLAMES: Interview mit Peter Iwers, Daniel Svensson und Niclas Engelin

05.09.2014 | 17:55

"Schweden haben schon immer verstanden, dass Missgunst niemandem einen Vorteil bringt."

Diese und andere wahre Worte geben Peter, Daniel & Niclas für POWERMETAL.de zum Besten.

15. Juli 2014. Die deutsche Nationalmannschaft kehrt als Weltmeister aus Brasilien zurück und wird in der Bundeshauptstadt von weit mehr als 500.000 Menschen bejubelt und sorgt zudem mit Bus & Truck dafür, dass der Innenstadtverkehr am Vormittag weitestgehend zum Erliegen kommt. Fast mittendrin: die Schweden von IN FLAMES, die unweit der Fanmeile im Gibson Showroom für Interviews zur Verfügung stehen.

Schadlos sind auch die Göteborger nicht davongekommen. Der Weg vom Hotel zum Showroom hätten sie besser zu Fuss zurückgelegt. Statt zehn Minuten waren sie mehr als 90 Minuten unterwegs. "Es ist wirklich völlig unglaublich, was hier gerade los ist.", zeigt sich dann auch Niclas Engelin verblüfft vom riesigen Fanauflauf in Berlin. "Die Straßen waren ja förmlich überflutet von Menschen in Deutschland-Trikots. Aber das hat die Mannschaft nach diesem verdienten Sieg bei dem Turnier natürlich auch verdient.", lobt Niklas. Recht hat er. Und während wir auf seine Kollegen Peter Iwers (b.) und Daniel Svensson (dr.) warten, nutzen wir die Gelegenheit auch noch kurz über ENGEL zu sprechen. "Ja, da sind wir gerade mitten in der Produktion zum neuen Album, welches dann Ende 2014 oder Anfang 2015 erscheinen wird."


Doch kommen wir zu IN FLAMES. "Siren Charms" zeigt erneut ein leicht verändertes Gesicht, das in den Grundzügen aber durchaus immer noch als IN FLAMES zu identifizieren ist. "Ja, ich denke, dass man das so sagen kann.", steigt Peter in das Gespräch ein. "Bisher haben wir uns auf jedem Album ein wenig verändert oder entwickelt, weil wir einfach kein zweites "Whoracle", "Reroute To Remain" oder "Clayman" machen wollen. Unser Anspruch an uns als Musiker ist immer, dass wir versuchen, etwas Neues in unseren Sound zu integrieren, aber dennoch IN FLAMES bleiben. Ich denke, dass man auch auf "Siren Charms" hört, dass Björn hier Gitarre spielt, genauso wie man erkennt, dass Daniel am Schlagzeug sitzt und ich den Bass bediene. Wir sind in dieser Besetzung seit 16 Jahren zusammen, da wäre es schon traurig, wenn wir uns keine eigene Identität erspielt hätten." Dabei schließt er Niclas ausdrücklich mit ein, der ja erst seit 2010 wieder fester Bestandteil der Band ist. "Ach, irgendwie war Niclas immer Bestandteil der Band, weil er uns häufiger mal live ausgeholfen hat. Niclas gehört seit 1997 zur Familie.", lacht Daniel.

Diese Nachhaltigkeit mit der IN FLAMES vor allem in Deutschland gewirkt hat, ist wahrscheinlich auch der Grund, warum es in Deutschland - gemessen an den Chartpositionen - am besten läuft außerhalb von Schweden. "Ja, da ist schon etwas dran. Wir haben den deutschen Markt kontinuierlich beackert. Wir waren immer sehr präsent, haben nicht nur neue Alben eingespielt, sondern sind regelmäßig durch Deutschland getourt und haben die Leute offensichtlich mit unseren Shows überzeugt. Die deutschen Fans scheinen Beständigkeit zu mögen. Egal, ob auf der Bühne, auf der Platte oder in der Zusammensetzung der Band. Und wir können das alles bieten.", erklärt Peter.


Das gilt auch wieder für "Siren Charms". Ein Album, das noch mehr Hits im Köcher hat, noch weiter weg vom Melodic Death Metal früherer Tage ist, aber dennoch niemanden wirklich überraschen dürfte, der die Entwicklung des Quintetts in den letzten 10-15 Jahren verfolgt hat. Dennoch ein Song wie 'Through Oblivion' wäre anno 2006 wahrscheinlich noch nicht möglich gewesen. "Ja, ich denke, das kann man so stehen lassen.", stimmt Daniel zu. "Normalerweise sind ja die melodischen Gitarren unser Markenzeichen, aber 'Through Oblivion' sticht auch deshalb heraus, weil die Nummer mehr auf den Groove setzt und eine völlig andere Atmosphäre verbreitet."

Auch ein Song wie 'When The World Explodes' ist ziemlich untypisch für IN FLAMES, auch wenn weibliche Gastvocals nicht das erste Mal vorkommen. "Ja, wir haben das in der Vergangenheit zwar schon einmal gemacht, aber das war nicht nur lange her, hier hat es sich auch einfach angeboten. Wir haben dann Emilia Feldt gefragt, ob sie sich vorstellen könnte, uns bei der Nummer zu unterstützen. Emilia ist in Schweden eine ziemlich populäre Opernsängerin und wir wussten sofort, dass ihre Stimme hervorragend zu dem Song passen würde. Glücklicherweise hat sie das genauso gesehen.", freut sich Peter.


Der stete Wandel im Sound hat IN FLAMES aber nicht nur Freunde beschert, sondern mittlerweile auch eine Vielzahl enttäuschter Fans am Wegesrand zurückgelassen, die sich nicht mehr in der Musik der Göteborger wiederfinden. "Gut, das ist ja auch völlig normal. Ich kann die Fans von "Lunar Strain" oder "The Jester Race" schon verstehen, wenn sie heute nichts mehr mit unsere Musik anzufangen wissen, aber wir können ja nicht aus Rücksicht auf die Fans immer wieder die gleiche Platte machen. Es gibt viele Bands, die das tun und bei einigen funktioniert das auch sehr erfolgreich, aber für uns ist das einfach nie in Frage gekommen. Wir starten nie den Songwritingprozess mit der Frage, wie wir unsere Fans glücklich machen können, sondern mit der Frage, welche Musik wir gerade machen wollen und wie wir damit glücklich werden. Der Rest kommt dann eigentlich von ganz alleine. Deshalb können wir auch immer noch sagen, dass wir auf jede einzelne Platte stolz sind. Sie alle haben IN FLAMES zu einem bestimmten Zeitpunkt festgehalten und so wie sich die Frisuren und Klamotten auf den Fotos geändert haben, so hat sich eben auch die Musik geändert.", erklärt Daniel nachvollziehbar.

Bleibt die Frage, wie die Band denn im schwedischen Kollegenkreis ankommt. Es gibt viele andere Bands, die mit IN FLAMES oder kurz darauf ihre Karrieren begonnen haben, aber nie den Erfolg einheimsen konnten, den die Göteborger für sich verzeichnen. "Ach, in Schweden gibt es keinen Neid. Das ist etwas, was nicht in unserer Kultur verankert ist. Wir alle haben nebenbei noch in anderen Bands gespielt, viele der Musiker sind mit uns befreundet und ganz generell ist die schwedische Szene - vor allem in Stockholm und Göteborg - sehr miteinander verstrickt. Unser Erfolg wird uns von allen gegönnt und ist gleichzeitig auch ihr Ansporn, dass dies auch für die anderen Bands möglich ist. Schweden haben schon immer verstanden, dass Missgunst niemandem einen Vorteil bringt."

Redakteur:
Peter Kubaschk

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