In der Gruppentherapie: COMMUNIC - "Payment Of Existence"
28.05.2008 | 13:20Ich war von den beiden vorherigen Scheiben überrascht und begeistert. Aber dass die Norweger da noch einen draufsetzen können, ist fast noch eine größere Überraschung und löst eine riesige Begeisterung aus. Kann man im Zusammenhang mit dem Meisterwerk "Conspiracy In Mind" wirklich die Rede vom schlechtesten Album schwingen? Und dennoch stimmt das. COMMUNIC haben ihren Stil gefunden, mit dem zweiten Album verfeinert und nun perfektioniert. Insgesamt ist man etwas atmosphärischer, hat den thrashigen, schnellen Anteil leicht zurückgefahren und dafür den Gesang deutlich verbessert. Wie schon auf dem Vorgänger bewegt sich jede Komposition in qualitativ schwindelerregender Höhe, und es würde nicht wundern, wenn wir mit "Payment Of Existence" tatsächlich das Highlight des Metaljahres bereits in den Händen halten. Einzelne Songs herauszugreifen, ist sinnlos, da sich auch nach zahlreichen Durchläufen einfach nur ein einziger Tipp herauskristallisiert: durchhören und genießen. Meine Prognose: Das Problem für die Band wird beginnen, wenn sie wieder ins Studio geht, um den Nachfolger einzuspielen. Dieses Werk werden sie unmöglich toppen können. Dachte ich aber auch von "Waves Of Visual Decay".
[Frank Jaeger]
Als vor drei Jahren das Debüt des norwegischen Trios erschien, war ich vom Fleck weg hin und weg. Und daran hat sich bis heute nichts geändert. Diese grandiose Mischung aus psychedelischen Melodien und thrashigen Riffs war ziemlich originell, war spannend und zugleich eingängig komponiert. Mit dem Nachfolger hingegen habe ich bis heute meine Probleme, da die Truppe nach meinem Empfinden einiges an Spontanität verloren hat und stellenweise relativ verkopft wirkt. Obendrein wurde der Thrash-Anteil merklich erhöht. Nun, man kann nicht sagen, dass COMMUNIC anno 2008 zahmer klingen, aber es tönt deutlich flüssiger. Die Übergänge flutschen nur so aus den Boxen, und was sofort auffällt: Die Gesangsleistung von Fronter Oddleif Stensland hat sich sensationell gesteigert. Sowohl in den massiv vertretenen ruhigen Passagen als auch hinter den knüppeldicken Thrash-Wänden bekomme ich meterdicke Gänsehaut, wenn ich nur seinem Gesang lausche. Und der war ja auch vorher schon nicht schlecht. Musikalisch glaube ich, die schlüssige Weiterentwicklung zu vernehmen, die eine ambitionierte Band durchmacht, nachdem sie sich von dem überschwänglichen Erwartungsdruck gelöst hat. Dann gelingt es sogar, den Hörer mit einer überraschenden Nummer wie 'Raven's Cry' zu begeistern. Selber hören. Jetzt.
[Holger Andrae]
Meine Güte, was für eine Suchtscheibe. Wie COMMUNIC immer wieder dieses unerklärliche Wunder vollbringen, ellenlange Songs auf die CD zu schmeißen, und dir am Ende trotzdem weismachen könnten, dass man gerade nur drei Minuten gehört hat. Mit "Payment Of Existence" ist wieder einmal der Gipfel des Eisbergs erreicht, und irgendwie ist man sich immer noch sicher, dass da mehr kommen kann beziehungsweise kommen muss. Dass die ganzen Ideen verpackt in eingängige Refrains und mitreißende Zwischenteile auch diesmal funktionieren, ist klar. Aber trotzdem macht das Album für mich - und das ist aufgrund der Vorgänger erstaunlich - mehr Arbeit. Es gibt mehr zu entdecken, mehr kleine versteckte Geschenke in der Soundcollage. Das Einzige, was mir immer noch fehlt, ist der letzte Tick Innovation, etwas Neues und Herausragendes im inzwischen festgefahrenen COMMUNIC-Stil. Oder möchte die Band auf ewig die beste NEVERMORE-Kopie sein?
[Lars Strutz]
Wer COMMUNIC schon des öfteren live gesehen hat, wird vermutlich eines festgestellt haben: Das Trio steht zwar inzwischen nicht mehr ganz so stocksteif in der Gegend herum wie zu "Conspiracy In Mind"-Zeiten, doch das Stageacting wirkt immer noch sehr gehemmt, fast einstudiert. Was das mit dieser CD-Rezension zu tun hat? Nun, das zuvor erwähnte Debüt war durchaus frisch und vielversprechend, doch der Zweitling "Waves Of Visual Decay" erschien analog zur Bühnen-Präsenz für meinen Geschmack viel zu verkopft, zu starr, um wirklich mitzureißen. Und an dieser Tatsache hat sich leider auch mit "Payment Of Existence" nicht viel geändert. Vom ersten bis zum letzten Takt vermag mich keine der acht wie immer überlangen Kompositionen zu fesseln, weil vieles zu langgezogen und manches zu verhackstückelt wirkt. Und sowieso alles viel zu vertraut. Mag sein, dass die Norweger ihren Stil inzwischen gefunden haben, aber Platz für Spontanität, für ungehemmte Spielfreude oder einfach Hits, die einem nicht mehr aus dem Ohr gehen wollen, bleibt da kaum. Mehr gradlinige, wenn auch leicht düstere Brecher der Sorte 'On Ancient Ground' oder gekonnt ineinanderfließende Thrash-Schunkel-Parts, wie sie in 'Becoming Of Men' anzutreffen sind, und weniger Intellekt und schwer nachvollziehbarer Anspruch und ich könnte die Euphorie um diese Band vielleicht teilen. Aber so zündet bei mir Größtenteils - wie bereits beim Vorgänger - nur sehr wenig.
[Elke Huber]
COMMUNICs Neue, die "make it or break it"-Scheibe oder besser gesagt: der dritte Silberteller der Schweden, dem man ja nachsagt, dass er über eine positive oder negative Zukunft einer Band entscheide, wird dem Status und dem Ruf der Band jederzeit gerecht, den man wiederum schon fast als revolutionär im gemeinen Haifischbecken Metal hochstilisiert. Und es mag vielleicht übertrieben sein, COMMUNIC als Zugpferd einer neuen Welle an Acts zu beschreiben, die jenseits sämtlichen Schubladendenkens frische und unverbrauchte Pfade beschreiten, abwegig sind die Aussagen jedoch nicht ganz. Denn obwohl Bands wie NEVERMORE, SANCTUARY und FATES WARNING bereits weit vor COMMUNIC bewiesen haben, dass man Power/Thrash/Progressive mit jeder Menge Hooks und Riffs durchziehen kann, ohne jemals den Faden zu verlieren, gab es bis COMMUNIC lange Zeit nur wenig Bands, die dies regelmäßig mit ihren hochwertigen Outputs bewiesen.
"Payment Of Existence" ist einmal mehr über jeden Zweifel erhaben! Allein der Opener 'On Ancient Ground' spannt den Bogen von herb stampfendem Power Metal hin zu erhabenen majestätischen Riffs, von träumerischen Klangsphären hin zu gesetzten Thrash-Kanonaden. Kurzum: Es ist schon bei der Eröffnungsnummer alles drin, was COMMUNIC in vollem Glanz erstrahlen lässt. Was auffällt, ist die relativ düstere Gesamtstimmung des neuen Werks, die mich sehr an die Atmosphäre von NEVERMOREs "Dreaming Neon Black" erinnert, ja, zumindest mir es insgesamt sogar wie den kleinen, aber würdigen Zwilling erscheinen lässt. Das finstere 'Becoming Of Man' gerbt einem mit wabernden Hooks die Haut, während die traumatische Hymne 'Raven's Cry' alle Register melodischen Heavy Rocks zieht, ohne jemals in gängige Klischees zu driften. So könnte ich jetzt bis zum jüngsten Tag schwafeln. Ich belasse es dabei, verweise jedoch noch auf die selbstredende Überlänge aller Lieder, die jedes als Mini-Epos durchgehen lässt, und die fette, transparente Produktion, die ein spannendes Album, an dem man sich so schnell nicht satthören kann, abrundet. Apropos: Runder geht's nicht. Geile Scheibe.
[Alex Straka]
Für viele sind COMMUNIC der beste Newcomer der letzten Jahre, doch all die Jubelarien konnte ich nur bedingt nachvollziehen. Klar, "Conspiracy In Mind" und "Waves Of Visual Decay" sind wirklich starke Alben, diese aber mit unumstößlichen Götterwerken Marke "Awaken The Guardian", "A Social Grace" oder "Into The Mirror Black" auf eine Stufe zu stellen, war dann doch etwas übertrieben. Zumal "Waves Of Visual Decay" wirkliche Neuerungen im Sound des Trios vermissen ließ. Das ist beim aktuellen Werk "Payment Of Existence" kaum anders. Klar, stellenweise tönt das Material etwas thrashiger, insgesamt jedoch wirkt es etwas flüssiger, doch im Großen und Ganzen ist es schlicht das nächste COMMUNIC-Album. Es gibt acht überlange Nummern im Spannungsfeld aus Thrash, Power, Progressive und einer Prise Doom Metal, die zudem mehr als einen Durchgang benötigen, um zu zünden. Genau das ist dann auch mein größtes Problem mit dem neuen Silberling der Norweger. Immer wenn ich es höre, finde ich "Payment Of Existence" und Nummern der Marke 'On Ancient Ground' oder 'Raven's Cry' wirklich gut, doch befällt mich kein ausgeprägtes Suchtverhalten, dass mich dazu zwingt, das Album wieder und wieder und wieder zu hören. Genau deshalb ist "Payment Of Existence" für mich auch nur ein gutes Album geworden. Wer allerdings schon beide Vorgänger liebte, wird auch hier mit Sicherheit sein Glück finden.
[Peter Kubaschk]
Die Norweger COMMUNIC sind als durchaus emsig zu bezeichnen, veröffentlichen sie doch mit ihrem aktuellen Streich "Payment Of Existence" ihr mittlerweile drittes Studioalbum in nur vier Jahren. "Payment Of Existence" zeigt keinerlei Abkehr vom bisher eingeschlagenen Weg, der zwischen modernem Power Metal und Progressive Metal pendelt und stets lange, aber durchgehend packende Kompositionen hervorbringt. Das neue Album demonstriert vielmehr, dass die Band ihren Stil weiter perfektioniert. Auffälligstes Merkmal von "Payment Of Existence" ist meiner Ansicht nach die gesteigerte Härte bei den Gitarrenriffs, die gelegentlich fast in Thrash-Bereichen herumstöbern. Gerade der grandiose Opener 'On Ancient Ground' (Anspieltipp) und 'Stone Carved Eyes' machen ordentlich Druck, ohne dass COMMUNIC Abstriche bei der Melodieführung oder der Eingängigkeit der Refrains machen. Eher das Gegenteil ist der Fall. Die Refrains klingen ausgesprochen mitreißend, und im Hinblick auf die Gesangsarbeit von Oddleif Stensland ist eine weitere Steigerung im Vergleich zum Vorgängeralbum "Waves Of Visual Decay" zu konstatieren. Auch bei aggressiveren Passagen agiert er gesanglich ungemein packend. Die Stücke weisen keinerlei Längen auf, und den einzigen Stück, den ich lediglich als gutklassig deklarieren würde, ist das von der Melodieführung her schöne, aber etwas unspektakuläre 'Raven's Cry'. Ansonsten bietet "Payment Of Existence" eine Stunde feinen Metal mit gewohnt deutlicher Progressive-Metal-Schlagseite bei sehr guter Produktion, für die übrigens kein Geringerer als Jacob Hansen verantwortlich zeichnet.
Alles in allem ein überdurchschnittliches Album, das meiner Ansicht nach gegenüber dem tollen Vorgängerwerk "Waves Of Visual Decay" die Nase vorn hat. Runde Sache!
[Martin Loga]
Nach zwei großartigen Werken voller Ohrwürmern und genialen Melodien stehen COMMUNIC nun vor der schwierigen Aufgabe, hier noch was draufzulegen. Dass das bei so vielen Hits eine Herausforderung werden würde, war eigentlich klar und so steht man erst einmal mit einer sehr hohen Erwartungshaltung vor dem dritten Album 'Payment Of Existence'. Natürlich sind COMMUNIC immer noch die fantastischen Musiker, die sie schon immer waren, natürlich gibt es auch dieses Mal wieder ordentlich Power und viele proggige Elemente, gepaart mit sanften Klangbögen und thrashigen Passagen, doch scheitert der Hörfluss bei mir an einer Kleinigkeit: Auch nach mehrmaligem Hören mag mir kaum ein Song so richtig im Gehör hängen bleiben, mag sich kein Stück als DIE Übernummer mit Ohrwurmfaktor outen, die man eigentlich schon bei jedem COMMUNIC-Album erwartet. So bleibt unterm Strich ein gutes Album, welches zwar mit schönen Songs wie 'On Ancient Ground' oder 'Ravens Cry' (für mich noch am ehesten der Hit des Albums) glänzt, jedoch nicht ganz an die Eingängigkeit der Vorgänger anknüpfen kann.
[Caroline Traitler]
Das ist es also, das dritte Album der Norweger von COMMUNIC. Normalerweise wird dem Drittwerk einer Formation stets erhöhte Aufmerksamkeit zuteil, in diesem Falle wäre es aber vermessen, dies zu behaupten: Schließlich dürften das Debüt "Conspiracy In Mind" sowie dessen Nachfolger "Waves Of Visual Decay" mit die am meisten beachteten Veröffentlichungen im metallischen Sektor der letzten Jahre darstellen. Ob "Payment For Existence" deshalb für die weitere Entwicklung der Band unwichtiger sein wird, sei mal dahingestellt.
Fakt ist, dass der dritte Streich des Trios um Nuancen modifiziert aus den Boxen dröhnt. So ist Oddleifs Gesang fast durchgehend mindestens gedoppelt, auch schleichen sich hin und wieder Shouts oder gar Chöre ins gesangliche Bild ein - schicke Sache, nur livehaftig unter Garantie nicht umsetzbar. Schade.
Überhaupt habe ich das Gefühl, dass COMMUNIC frisches Blut nicht schaden würde: So toll die Riffs, Licks oder Melodiebögen auch sind, sie kommen mir stets bereits bekannt vor, tragen überdeutlich Oddleifs Handschrift und lassen keinerlei Überraschungen aufkommen. Hinzu kommt, dass in meinen Ohren viele Tracks dieses Mal künstlich in die Länge gezogen wirken, eine Tatsache, die ich mir zu Debüt-Zeiten in Sachen COMMUNIC nie hätte vorstellen können.
Unter'm Strich lässt sich sagen, dass ich mir mehr Weiterentwicklung, mehr packende, neue Ideen gewünscht hätte - "Payment For Existence" ist ein starkes Album, das ich persönlich doch als Enttäuschung werte, da ich mir von einer Band wie COMMUNIC schlichtweg mehr erwartet habe.
[Rouven Dorn]
- Redakteur:
- Holger Andrae