In der Gruppentherapie: PRETTY MAIDS - "Pandemonium"
16.05.2010 | 09:41Die PRETTY MAIDS haben in den letzten Jahren vor allem von ihrem Namen gelebt. So richtig zwingend waren ihre Alben in der letzten Dekade nicht mehr. Mit "Pandemonium" knüpfen sie aber an alte Stärken an und überzeugen die komplette Soundcheck-Redaktion, was mit einem überraschenden zweiten Platz belohnt wird.
Die PRETTY MAIDS haben in ihrer fast 30-jährigen Geschichte diverse Klassiker eingezimmert. Die beiden ersten Alben "Red, Hot & Heavy" und "Future World" natürlich, aber auch das oftmals vergessene superbe 97er-Werk "Spooked", das alle vergangenen Stärken der Band in die Gegenwart katapultierte. Doch nach diesem Zwischenhoch war dann die letzte Dekade eher enttäuschend. Vor allem "Planet Panic" und "Wake Up To The Real World" waren doch etwas zäh. "Pandemonium" kann nun glücklicherweise wieder fast an "Spooked" und den ebenfalls guten Nachfolger "Anything Worth Doing Is Worth Overdoing" anknüpfen. Der eröffnende Titeltrack rockt mit viel Drive durch die Boxen, das folgende 'I.N.V.U.' ist ein exzellenter Ohrwurm und das getragene 'Little Drops Of Heaven' ist die perfekte Single-Auskopplung. Ronnie Atkins glänzt mit seiner Reibeisenstimme, die Riffs von Ken Hammer sitzen ebenfalls die meiste Zeit. Anders gesagt: die Scheibe macht richtig Laune, auch wenn den Dänen in der zweiten Hälfte nach dem Albumhöhepunkt 'Cielo Drive' (bärenstarker Up-Tempo-Rocker!) ein bisschen die Luft ausgeht. Freunde von schnörkellosem, eingängigen Heavy Rock sollten aber definitiv zuschlagen.
Note: 8,0/10
[Peter Kubaschk]
Kein zweites "Jump The Gun", klar. "Future World" selbstredend völlig außer Reichweite. Und dennoch bieten PRETTY MAIDS einmal mehr knackigen Hard Rock mit metallischen Farbtupfern, den sie seit nunmehr 26 Jahren und beständig wie ein Schweizer Uhrwerk durch den Äther pusten. "Pandemonium" ist eine gelungene MAIDS-Scheibe, die neben der konstant guten Gitarrenarbeit und dem ziemlich ausgewogenen Songmaterial mit 'Little Drops Of Heaven' eine richtige Hymne am Start hat, der ich ordentlich Airplay wünsche. Zwar ist die Nummer im Grunde recht plüschig, wird aber mit sehr viel Drive und Dynamik dargeboten. Zudem rollt der Song auf dem sanften Synthieteppich stromlinienförmig und traumwandlerisch den außergewöhnlich eingängigen Refrains entgegen, die förmlich in der Hirnrinde explodieren. Klasse! Aber auch sonst gibt es genug earcatcher, Stangenware bekommt man bei den PRETTY MAIDS anno 2010 nicht zu hören. Der Titelsong lässt noch am ehesten Erinnerungen an "Future World" zu, 'One World One Truth' könnte gar auf 'Jump The Gun' stehen, ebenso der schwere Rocker 'Beautiful Madness'. Was der Scheibe am zuträglichsten ist, ist der geniale Sound, der für die Band ziemlich heftig ausgefallen ist. Ziemlich fettes Teil, die Äxte braten im eigenen Saft und es bollert transparent und druckvoll. Das Niveau der genannten Nummern kann leider nicht konstant gehalten werden, doch wirklich negative Ausreißer suche ich vergebens. Ich werde die Scheibe auch zukünftig gerne auflegen.
Note: 7,5/10
[Alex Straka]
Als ich die Auswahl für diesen Soundcheck sah, der mit großen Namen wie NEVERMORE, ANNIHILATOR, PAIN OF SALVATION, EXODUS, ANATHEMA und SOULFLY aufwartet, hätte ich nie im Leben damit gerechnet, dass meine einstigen Smörebröd-Plüsch-Killer-Helden auch nur den Hauch einer Chance auf einen Treppchenplatz haben würde. Denn auch ich finde viele ihrer letzten Scheiben eher "gut" als "toll". Dazu gibt es auf den meisten Scheiben der Dänen einfach zu viele durchschnittliche Kuschelrocker. Umso erstaunter nehme ich den schmackigen Titelsong mit offenen Ohren auf, bekommen wir doch hier diese saftigen Gitarren in Kombination mit herrlich frischen Melodien geboten, die nur wenige Bands zu schreiben im stand sind. Obendrein hat Sänger Ronnie Atkins bis heute nichts von seiner kraftvollen Stimme verloren, welche beinahe schnulzige Schunkelrocker wie 'Little Drops Of Heaven' (toll!) oder 'Too Old To Know' zu echten Ohrwürmern ohne Schmalz werden lässt. Besonders hervorheben muss ich auf "Pandemonium" allerdings die flinken Abgeh-Nummern, denn genau in diesem Metier lagen und liegen die absoluten Stärken der hübschen Maiden. Neben dem Albumöffner muss ich in dem Zusammenhang natürlich auf das schlichtweg grandiose 'Cielo Drive' hinweisen. Ein Song, der ohne Probleme auf "Red, Hot & Heavy" stehen könnte. Und eben jenes Album steht in meinem Buch der rockenden Jodelpäpste auf Seite Eins. Ein größeres Kompliment kann ich der Band nicht machen. Anhören und wohlfühlen!
Note: 8,0/10
[Holger Andrae]
Die frühen PRETTY MAIDS-Alben "Red, Hot & Heavy" (1984), "Future World" (1987) und "Jump The Gun" (1989) sind Veröffentlichungen, die ich in stetiger Regelmäßigkeit immer wieder einmal gerne auflege, obwohl ich noch einige weitere Alben der Band im Schrank habe. Doch irgendwie greife ich immer wieder gerne auf jene genannte Highlights der altgedienten Dänen zurück. Den letzten zwei, drei Outputs der Band habe ich keine größere Beachtung geschenkt. Der neueste Output der Dänen, "Pandemonium" bietet in der ersten Hälfte starkes Material, das ich Ronnie Atkins und seiner Band in dieser Qualität ehrlich gesagt nicht mehr zugetraut hätte. Gerade der Titeltrack 'Pandemonium' erinnert sogar an glorreiche "Future World"-Zeiten und das flotte 'Cielo Drive' macht fast ebenso viel Laune. Leider halten mich die Stücke in der zweiten Hälfte dieses Albums nur mit Abstrichen effektiv bei Laune, obwohl sie objektiv betrachtet allesamt betrachtet eher gutklassig denn durchschnittlich sind. Mit dem flach arrangierten 'Breathless' und dem Süßholz-Raspler 'Old Enough To Know' gibt es allerdings einige Dämpfer, die den sehr gute Eindruck, den man zu Beginn der Scheibe gewinnen kann, etwas nach unten ziehen. Unter dem Strich ist den Dänen mit "Pandemonium" dennoch ein hörenswertes Album gelungen, das Fans nicht missen sollten.
Note: 7,0/10
[Martin Loga]
Klar, wer mal das eine oder andere Jahrzehnt dem traditionellen Metal frönt, der ist weder live noch auf Scheibe an PRETTY MAIDS vorbei gekommen, und auch kaum jemanden aus dieser Zielgruppe werden die hübschen Mädels aus Dänemark völlig kalt lassen. Dazu haben sie vor allem in den Achtzigern aber auch noch später zu viele gute Alben und unsterbliche Hymnen vom Stapel gelassen. Dennoch habe ich, die Band in den letzten Jahren mehr oder minder komplett aus den Augen verloren, und die Alben, die ich noch gehört habe, konnten mich nie auf ganzer Linie begeistern. Das ändert sich mit "Pandemonium" grundlegend. Denn hier zeigen die in die Jahre gekommenen Dänen dem ganzen Euro-Power-Nachwuchs mit voller Wucht, was Sache ist. Das eröffnende Titelstück ist trotz Keyboard und trotz viel Melodie ein echter Vorschlaghammer, der kein Auge trocken lässt. Dort, wo die Konkurrenz in ihren Mittzwanzigern und frühen Dreißigern dudelt und schunkelt als befände sie sich im Metallikantenstadel, da schaffen es Ken Hammer, Ronnie Atkins und ihre Truppe problemlos, einschmeichelnde Melodien mit knackigen Riffs und einem ganzen Sack voll Rock'n'Roll zu einer herrlichen Melodic-Metal-Einheit mit harten Rockern und schönen Balladen zu verschmelzen, die bodenständig und doch zeitgemäß kaum Wünsche offen lässt und somit völlig verdient auf dem Stockerl unseres Mai-Soundchecks landet.
Note: 8,5/10
[Rüdiger Stehle]
- Redakteur:
- Peter Kubaschk
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