In der Gruppentherapie: RAM - Lightbringer
18.06.2009 | 10:47Platz 2 im Soundcheck, von traditionellem Metal überzeugte Nicht-Traditionalisten. Diese Meinungen wollen wir euch nicht vorenthalten.
Die schwedische Truppe RAM, die mit ihrer EP und dem nachfolgenden Erstling "Forced Entry" vor ein paar Jahren recht euphorische Reaktionen im Underground einheimsen konnte, legt mit "Lightbringer" endlich ihren lang erwarteten Zweitling heraus. Schon das lustig betitelte Intro 'Crushing The Dwarf Of Ignorance' sorgt mit leichter VOIVOD-Schlagseite für Erstaunen. Okay, es ist nur ein Intro, allerdings ist die Verwunderung auch nach dem kompletten Genuss des gesamten Albums nicht gerade gering, denn von gradlinigen JUDAS-PRIEST-Verbeugungen hat man sich entfernt. Eher erinnern kraftvolle Nummern wie der Titelsong oder 'Titan' an frühe SANCTUARY-Tage. Und RAM erreichen auch deren Qualität. Vor allem Sänger Oscar Carlquist begeistert mit exzellenter Leistung. Hört euch nur 'The Elixir' an und sagt mir nicht, dass das nicht wie ein verlorener Sohn von MERCYFUL FATE klingt. Wer nun befürchtet, das Quintett hätte alle alten Tugenden über Bord geworfen, kann sich allerdings bei energischen Riffgewittern der Marke 'In Victory' oder 'Blood God' fröhlich die Matte von der Rübe schädeln. Oder einfach dem epischen Übersong 'Suomussalmi (The Few Of Iron)' huldigen. Das dürfte nämlich der beste Song auf diesem Sektor im laufenden Jahr sein. Und das ganz ohne Chöre, Keyboards oder sonstigen Schnickschnack. Absolut brillant. Wie das ganze Album. Für traditionell veranlagte Prog-Priester ein absolutes Pflichtalbum.
Note: 9,0/10
[Holger Andrae]
Als "True Metal Defenders" werden RAM von ihrem Label bezeichnet. Was damit gemeint ist, hört man schon an den ersten Tönen von "Lightbringer": Traditioneller Stahl (hand-)made in Sweden, eben ganz die alte Schule. Die stampfenden Riffattacken erinnern mich stellenweise an JUDAS PRIEST und rattern kraftvoll und energisch durch die Botanik. Der titelgebende Track ist so ein Beispiel, das amtlich zum Abschädeln einlädt. Im Verantwortungsbereich der Axtmänner, und das ist ja klassischerweise eine Kernkompetenz einer guten Heavy-Metal-Band, liegt auch das häufige Einstreuen verzerrter Gitarren-Soli, was das Ganze erheblich auflockert. Bei den Vocals dominieren natürlich hohe Schreie (noch eine Kernkompetenz), aber gerade der rauere, bei 'Awakening The Chimaera' sogar in Richtung Growling tendierende Gesang verpasst dem Klangbild eine interessante Note. Und das erstklassige Epos 'Suomussalmi (The Few Of Iron)' ist sowieso über jeden Zweifel erhaben und trotz seiner neun Minuten Dauer keine Sekunde zu lang ausgefallen. RAM haben mit "Lightbringer" eine Scheibe am Start, welche für diese traditionelle Ausrichtung sogar einigermaßen abwechslungsreich tönt (vor allem bei den Vocals werden immer wieder Variationen eingebaut), dem es allerdings gerade zum Ende hin dann doch an ein paar mehr zündenden Ideen mangelt. Dennoch ist der "Lichtbringer" ein gutes Album geworden, voll mit klassischem Heavy Metal, wie er bereits vor 20 Jahren und vermutlich auch noch in 20 Jahren zelebriert wird. Nichts Neuartiges oder Originelles in Sicht, aber das würde bei solch einer Band eh niemand hören wollen. Quasi Hausmannskost der gehobenen Klasse. Oder so...
Note: 7,5/10
[Stephan Voigtländer]
Der Untergrund im traditionelle Metal ist und bleibt quietschlebendig. Nach WOLF, IN SOLITUDE und CRESCENT SHIELD kommt mit RAM schon das vierte herausragende Album des Genres in diesem Halbjahr. Das schwedische Quartett begeistert dabei vor allem mit sehr frischen, abwechslungsreichem Songwriting. Klar, die Väter des Sounds sind Bands wie JUDAS PRIEST und MERCYFUL FATE, aber ein Epos wie das neunminütige 'Suomussalmi (The Few Of Iron)' grenzt sie nicht nur deutlich von den Vorbildern ab, sondern ist gleichzeitig der wohl beste traditionelle Metaltrack seit 'By The Night Sky' von PHARAOH aus dem Jahr 2006. Hammer. Das restliche Material fällt dahinter zwar ein Stück ab, ist aber immer noch auf Augenhöhe mit der eingangs genannten Konkurrenz. Vor allem das mit Death-Metal-Vocals angereicherte 'Awakening The Chimaera' und das mit feinem Solo veredelte 'The Elixir' dürften Banger aller Orten in Begeisterung versetzen. Klasse Scheibe!
Note 8,5/10
[Peter Kubaschk]
Genauso, wie 'Prelude To Death', der letzte Song der aktuellen RAM-Platte "Lightbringer" in den ersten Song 'Crushing The Dwarf Of Ignorance' nahtlos übergeht, genauso kann ich die Platte immer und immer wieder am Stück hören. Zuletzt haben WOLF ein derartig geiles Heavy-Metal-Zauberstück vollbracht. Coole Melodien und Riffs verbinden sich mit energischem Drumming zu einem echten Glanzstück der Metal-Underground-Szene. Und da möchte man den Schweden gar nicht glauben, dass sie sich erst im Jahr 1999 gegründet haben. Vielmehr klingen sie wie eine jener Bands, die schon JUDAS PRIEST auf Tour waren und die Groupies mit IRON MAIDEN geteilt haben. Überhaupt ist JUDAS PRIEST und vor allem Halford ein gutes Stichwort: In Teilen verbeugt sich Oscar Carlquist bis zum Boden vor dem großen, alten Meister. Dabei klingt er wie Robs 20-Jahre jüngere Version. Und das ist cool. Richtig cool.
Auf "Lightbringer" deckt die Band eine gute Bandbreite von Hymnenhaften Songs wie dem sehnsüchtigen 'In Victory' bis zu echten Krachern wie dem Titeltrack und 'Blood God' ab. Die Ideen wie zum Beispiel in den Songs auch mal verzerrte Stimmen als Duettpartner einzusetzen, sind wohl dosiert und gut platziert. Dadurch ist auch das richtige Maß an Abwechslung garantiert. Alles in allem kommt sofort Atmosphäre auf, es werden Soli aus den Boxen gepfeffert, Gitarren an der Wand zerschmettert und die Stimmbänder bis zum Limit gefahren. Um es mit einem Song der Band zu beenden: "Suomussalmi!!!"
Note: 8.5/10
[Julian Rohrer]
Inspiriert durch Genre-Legenden wie JUDAS PRIEST oder auch MERCYFUL FATE haben die Schweden RAM mit "Lightbringer" ein klassisches Metalalbum gezimmert, das trotz seiner überaus traditionellen Ausrichtung nicht altbacken klingt. Zu den Highlights dieser Veröffentlichung avancieren 'Awakening The Chimaira' mit seinem deutlich durch MERCYFUL FATE inspirierten Songwriting, das knallige 'Blood God' oder der Opener 'Lightbringer', welcher die musikalische Handschrift von JUDAS PRIEST trägt. Frontmann Oscar Carlquist erinnert mit seiner Stimme ebenfalls nicht selten an Rob Halford. Kompositorisch durchaus ansprechend bei guter Produktion schmiedet die Underground-Kapelle zumeist wertigen Stahl. Leider überzeugen die Stücke 'The Elixir' sowie 'Prelude To Death' nur mit Abstrichen. Ein weiterer Schwachpunkt von "Lightbringer" ist die geringe Hitdichte. Obwohl das Songmaterial sehr gitarrenorientiert arrangiert ist, hat es die Band leider versäumt, beim Mix das Augenmerk stärker auf einen sägenden, massive Gitarrensound zu legen. Die Klampfen braten zu wenig für meinen Geschmack.
Echte Granaten, wie sie einst JUDAS PRIEST oder MERCYFUL FATE der Metalwelt bescherten, haben RAM auf "Lightbringer" nicht anzubieten - weshalb dieser Rundling aus meiner Sicht zwar als rundum gutklassig und hörenswert, keineswegs jedoch als überragend zu werten ist.
Note 7,5/10
[Martin Loga]
Mit der Debüt-EP hatten mich die jungen Schweden von RAM vor einigen Jahren aber mal richtig weggeblasen. Das erste vollständige Studioalbum hat mir dann ebenfalls ganz gut gefallen, doch mit der stilistischen Fixierung auf das Konzept "wir machen einen auf Schmerztöter für enttäuschte PRIEST-Fans" machten sich schon erste ganz leichte Abnutzungserscheinungen breit, zumal das Material von der EP eben nicht getoppt werden konnte.
So war mir um den Lichtbringer im Vorfeld ein wenig bange, und im Gegensatz zu vielen anderen Fans der Band sah ich es als Hoffnungsschimmer, dass die Jungs im Vorfeld der Veröffentlichung ankündigten, sich stilistisch erweitern und etwas düsterer und moderner werden zu wollen. Wer deswegen schon den Teufel bzw. KOVENANT und CRADLE OF FILTH an die Wand malte, der kann beruhigt durchatmen, denn "Lightbringer" ist absolut 100% traditioneller Heavy Metal in Reinkultur, wie wir ihn von RAM erwarten dürfen.
Das Tolle daran ist aber, dass sich die Widderreiter nicht selbst und damit nochmals JUDAS PRIEST kopieren. Sie schreiben etwas vertracktere Songs, arbeiten mit mehr verschiedenen Stimmunge, nutzen eine an MERCYFUL FATE erinnernde Gruselatmosphäre und variableren Gesang. Das alles sorgt für mehr Tiefgang und durch den Abwechslungsreichtum einfach auch für mehr Spaß, so dass die neue RAM im traditionellen Sektor bis jetzt ganz weit vorne mit dabei ist.
Note: 9,5 / 10
[Rüdiger Stehle]
- Redakteur:
- Peter Kubaschk